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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,
  • Date: Tue, 03 Mar 2015 19:21:54 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Die interessante Frage ist doch die: Arne behauptet "Die Rechtsbeziehung (!) bringt die Leute dazu etwas zu tun, zu unterlassen oder zu erdulden. Ohne diese Aktivitäten würde jede Idee gleich im Sande verlaufen.“

Heißt im Klartext: wenn es keine Rechtsbeziehungen gibt, sitzen die Affen auf den Bäumen und kauen Blätter, denn es mangelt an dem „etwas“, was "die Leute dazu bringt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu erdulden.“ Mit der logischen Konsequenz, dass jede "Idee gleich im Sande verlaufen“ muss. Ergo: Kein Rechtssystem, keine Aktivität, alles verläuft im Sande….

Wenn dem aber so wäre (und dem offensichtlich nicht so, denn wie du darlegst gab es eine laaaaange Zeit ohne Rechtssystem (oder gar ein niedergeschriebenes), indem die Menschen trotzdem sich genötigt sahen, „etwas zu tun, zu unterlassen oder zu erdulden.“

Es kommt drauf an, was man unter "Rechtsbeziehung" versteht: nur eine vertragliche Verpflichtung zwischen Eigentümern? Oder auch z.B. eine informelle Solidarpflicht gegenüber Familienmitgliedern.

Verpflichtungen zwischen Leuten, die einen dazu bringen, was zu tun oder zu unterlassen, gibt es m.E. in allen Gesellschaften und unter Tieren auch (siehe vergleichende Verhaltensforschung bei Tieren, z.B. Aufzuchtsverhalten etc.). Das würde ich aber nicht als "Rechtsbeziehung" bezeichnen, sondern einfach als soziale Verpflichtungsbeziehung.

Verpflichtungen zwischen Leuten, die als abstrakte Zahlen (auf Zetteln oder Computerbuchungen, ist wurscht) weitergereicht werden, als "Ding" gehandelt werden mit dem Ziel, daraus eine höhere abstrakte Zahl zu machen ("Gewinn"), nicht.

SOLCHE Beziehungen (z.B. Wechsel, ABS, CDOs etc.) setzen Vertragsrecht voraus: Eigentum, Vertrag, Schuldrecht. Das ist keine universale, sondern eine historisch und kulturell sehr spezifische (und historisch junge) Form zwischenmenschlicher Verpflichtungen.

Das hat mit dem Vorhandensein eines Rechtssystems so gut wie nichts zu tun, das fällt eher in die Kategorie „fact of life“.

Ja.

Und ich gehe jede Wette ein, dass auch zu dieser Zeit schon Sachen einen „Wert“ hatten, der sich eben nicht aus einer Rechtsbeziehung - oder gar eines „Eigentumsrechtes“ in heutigen (deutschen) Sinne - ergab (mangels Existenz), sondern schlicht, weil die Leute „eines Morgens auf die Idee gekommen sind“, dass dieses oder jenes besonders begehrenswert sei.

Sagen wir, die Leute haben Gegenständen immer schon einen Gebrauchswert zugeschrieben. Vielleicht sogar immer schon einen Tauschwert (das ist schon viel weniger sicher).

Aber mit Sicherheit nicht immer schon einen abstrakten /Vermögenswert/, ausgedrückt in einer abstrakten Zahl, mit der sich beliebige Vermögenswerte beliebiger "Dinge", einschließlich "verdinglichter Beziehungen zwischen Menschen" in Gestalt von "Wertpapieren", zusammerechnen lassen, verrechnen lassen, etc.

Und zwar NICHT, weil damit ein „Eigentumsrecht“ verbunden wäre - oder sie es tauschen konnten - sondern wegen des Objektes an sich. Die leckere Frucht am Baum, will man nicht haben, um den Bestand an Eigentumsrechten zu erhöhen, sondern einfach, weil sie lecker ist. Man will die Frucht ihrer selbst wegen haben.

Das nenne ich den Gebrauchswert.

Ich denke, die strikte Fixierung auf die Rechtsbeziehung geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Ich wiederhole: Der Eigentumsbegriff ist ein juristisches KONSTRUKT, und beliebig gestaltbar. Er hilft den Juristen bestimmte Sachverhalte juristisch einzuordnen und zu bewerten, und so zu (pseudo-)objektiven Urteilen zu kommen.

Sie ist entscheidend für "VERMÖGENSwerte" - die sind etwas kulturell und historisch spezifisches, nichts universelles.

Gebrauchswerte und vielleicht sogar "Tauschwerte" (relative Tauschraten: "für Deine Flasche Bier geb ich Dir meine halbe Flasche Orangensaft, dem Arne geb ich sogar noch ein Glas O-Saft extra dazu") sind vermutlich universell. Aber das sind keine abstrakten Vermögenswerte, und sie haben nichts mit zu Vermögenswerten verdinglichten sozialen Beziehungen zu tun ("Wertpapieren").
Natürlich hat in einer komplexen modernen arbeitsteiligen Gesellschaft das Rechtssystem seine Bedeutung und seinen Einfluss, aber dabei darf man nicht die faktische Ebene aus den Augen verlieren.

Ja, genau.

Nein, es geschieht nicht alles der Rechte wegen - die meisten Leute haben (wie beim Geld) keinen blassen Schimmer, welche juristischen Konsequenzen ihr tägliches Tun so hat.

Umgekehrt: wer von den juristischen Beziehungen und Konsequenzen keine Ahnung hat, kann niemals Kaufmann oder Banker sein, aber jederzeit innerfamiliale Solidarpflichten erfüllen - z.B. zu Weihnachten seinen Kindern etwas schenken.

Und jeder Porsche- oder Mantafahrer wird auch heute bestätigen, dass er seine Karre nicht deswegen lieb hat, weil er sich an seinem Eigentumsrecht daran ergötzt, sondern weil er es sonntäglich einwachsen und dann damit (gefühlt) die Damenwelt beeindrucken kann.


Die Ebene der Gebrauchswerte und Tauschwerte verschwindet ja durch die Rechtsbeziehungen nicht. Es ist also kein Entweder-Oder, sondern die Frage:

Gibt es ZUSÄTZLICH zur universellen, in allen Kulturen existenten Bedeutungsdimension der Gebrauchswerte die Dimension vertraglicher Rechtsbeziehungen, "Wertpapiere" (als Beziehungen zwischen Personen in handel- und verrechenbarer "Dingform") und des bilanzierbaren "Vermögenswerts"?

Wenn ja, sind wir in einer Geldwirtschaft oder einem Kapitalismus. Wenn nicht - dann gibt es eben nur ANDERE Formen sozialer Verpflichtungen.

Die Beziehungsform "Vertrag" (zwischen Eigentümern) ERSETZT ja auch nicht verwandtschaftliche Solidarpflichten und hoheitliche Abgaben- und Schutzpflichten, sondern tritt HINZU bzw. überformt dann diese beiden anderen Beziehungsformen, weil "Eigentum und Vertrag" eben universalistisch und abstrakt konzipiert sind: sie beruhen auf dem Konzept der GLEICHHEIT (vor "dem Recht").




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