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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,
  • Date: Wed, 04 Mar 2015 10:34:30 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Arne,

Was ich ausdrücken möchte ist, dass eine rechtliche Bindung Menschen ganz anders zum Tun, Unterlassen oder Erdulden zwingt, als eine nicht rechtliche Bindung, die man - wenn man keinen Bock mehr hat - einfach fallen lassen kann.

Klar - aber ich finde, man muß dann präzisieren, welche Art von rechtlicher Bindung man genau meint. Dabei helfen Rechtsanthropologie und Rechtsgeschichte (das Buch von Uwe Wesel ist dazu sehr gut).

Kapitalismus basiert auf einer besonderen Art von Recht, die allerdings ziemlich eng mit unserem (westlichen) Begriff von "Recht" und "Gerechtigkeit" verknüpft ist. Für Aristoteles (=Westler) ist GeRECHTigkeit "Gleichheit".

Es ist das Recht der Gleichheit und Freiheit, in other words: Zivilrecht (Eigentum und Vertrag), das zu Kapitalismus (Hegel/Marx: "Bürgerliche Gesellschaft", lat. "civis"=Bürger, daher "Zivilgesellschaft") und den für diesen charakteristischen Zwängen führt. Dieses Recht ist abstrakt und besteht aus allgemeinen Sätzen. Seine Fürsprecher legitimieren es, indem sie aus (angeblich) unhinterfragbaren abstrakten Prämissen ("Sätzen a priori") deduktiv Folgerungen ableiten (Prototyp dieses Typs von Denken: Immanuel Kant; Wurzeln: römisches Recht, antike griechische Philosophie).

Dieses Recht und dieser Typ von Denken ist dezidiert anti-religiös. Es ist westlich-aufklärerisches Denken.

Davon unterscheiden möchte ich monarchisches Feudal-Recht: das ist eng mit Religion verknüpft und basiert NICHT auf Gleichheit, sondern auf religiös legitimierten "Klassenunterschieden" (hie Gottkönig als Stellvertreter eines Himmelsgotts auf Erden - der Papst ist nur EIN Beispiel, das hier für viele steht) und Naturalabgaben sowie Naturaltausch.

Und davon unterscheiden möchte ich einen dritten Typ, nämlich Stammes-"Recht", das ich besser Sitte/Gewohnheit nennen will. Es kennt überhaupt keine abstrakt formulierten Gesetze, sondern basiert einfach auf verwandtschaftlicher Solidarität und ebenfalls auf "religiös" begründeten Sitten und Traditionen.

Sie dich um! Es ist letzt endlich das Netz aus rechtlichen Bindungen, das viele Menschen stärker fesselt und zu einem bestimmten Verhalten zwingt, als das je Ketten und Sklaverei vermochten.


Um uns herum können wir ein Gemisch aller drei Formen sozialer Verpflichtungen sehen. Zu Weihnachten beschenken wir uns - das ist quasi verwandtschaftliches Stammes-"Recht". J

Jedes Jahr *muß* jeder seine Steuererklärung machen. Steuerrecht ist obrigkeitliches / herrschaftliches Steuer- und Abgabenrecht - eine säkularisierte Variante monarchischen Feudal-Rechts. Demokratisch legitimiert statt religiös - aber Demokratie ist eine Herrschaftsform und hat etwas mit Politik (Staat) zu tun, nicht mit dem Markt. Steuerrecht ist öffentliches Recht, und dessen Grundprinzip ist der Befehl von oben nach unten, also Herrschaft.

Und auf dem Markt schließlich gilt Zivilrecht: Eigentum, Vertrag, Schuldrecht. Hier ist das Grundprinzip nicht "Herrschaft", sondern "Vertrag". Und daraus ergeben sich Zwänge, die in Gesellschaften, die Eigentum und Vertragsrecht NICHT kennen, völlig unbekannt sind - und die nach außen hin auch völlig "unsichtbar" sind (weil eben, wie Du sagst, rein rechtlich - und als solche von den Leuten "verinnerlicht"). Die meisten Stammesmitglieder sehen von außen nur den materiellen Reichtum der westlichen Gesellschaften und wollen den natürlich auch. Die damit verbundenen Zwänge sehen sie natürlich auf der Oberfläche nicht - die spüren sie erst, wenn sie einige Zeit in der westlichen Zivilisation gelebt haben.

Heißt im Klartext: wenn es keine Rechtsbeziehungen gibt, sitzen die Affen auf den Bäumen und kauen Blätter, denn es mangelt an dem „etwas“, was "die Leute dazu bringt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu erdulden.“
Nein, das heißt es nicht. Natürlich werden viele Dinge aus innerem Antrieb und mit Spaß an der Freude getan. - Aber die entscheidende Frage ist, welche Bindungen (rechtlich oder nicht rechtlich) unsere Gesellschaft am Laufen halten.

Aus meiner Sicht und Erfahrungen sind es die rechtlichen Beziehungen.

Die spielen eine wichtige Rolle - aber die Zwänge des "Marktes", um die es hier ja geht ("Geldwirtschaft/Kreditwirtschaft") ergeben sich nicht allein aus dem Recht, sondern auch und gerade aus der Konkurrenzsituation, die das Prinzip "Eigentum und Vertragsfreiheit" schafft.

Die rechtlichen Beziehungen, aus denen sich die treibenden Motive und Zwänge für EINZELNE ergeben, kann man an seiner Bilanz ablesen:

Aktiv: Eigentumsrechte und Forderungen (=Rechtsbeziehungen zwischen Rechtssubjekten, also Menschen)
Passiv: Verbindlichkeiten.

Gruß
Wolfgang




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