ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,
- Date: Wed, 4 Mar 2015 12:41:23 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
> Am 04.03.2015 um 11:34 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:
>
> Hallo Arne,
>
>> Was ich ausdrücken möchte ist, dass eine rechtliche Bindung Menschen ganz
>> anders zum Tun, Unterlassen oder Erdulden zwingt, als eine nicht
>> rechtliche Bindung, die man - wenn man keinen Bock mehr hat - einfach
>> fallen lassen kann.
>
> Klar - aber ich finde, man muß dann präzisieren, welche Art von rechtlicher
> Bindung man genau meint. Dabei helfen Rechtsanthropologie und
> Rechtsgeschichte (das Buch von Uwe Wesel ist dazu sehr gut).
>
> Kapitalismus basiert auf einer besonderen Art von Recht, die allerdings
> ziemlich eng mit unserem (westlichen) Begriff von "Recht" und
> "Gerechtigkeit" verknüpft ist. Für Aristoteles (=Westler) ist GeRECHTigkeit
> "Gleichheit“.
Hallo Wolfgang,
Rechtsbeziehungen sind im allgemeinen inhärent asymmetrisch. Auf der einen
Seite z.B. der Eigentümer, der alle Anderen von der Nutzung seines Eigentums
ausschließen kann. Auf der einen Seite der Gläubiger und auf der Anderen
Seite der Schuldner. Rechtsbeziehungen sind i.a. so aufgebaut, dass auf der
einen Seite eine Forderung besteht und auf der anderen Seite eine
Verbindlichkeit.
Im Ergebnis schaffen und zementieren Rechtsordnungen Ungleichheit.
Selbst die „Gleichheit“ vor dem Gesetz wird dort zur Ungleichheit, wo
zwischen den Vertragspartnern und Prozessgegnern substantielle Ungleichheit
besteht. Ich denke wir sind uns einig, dass ein Konzern mit eigener
Rechtsabteilung ganz andere Möglichkeiten und Ressourcen hat „sein Recht“
durchzusetzen, wenn der Prozessgegner ein normaler Bürger ist.
Die Gleichheit von der du sprichst ist m.E. in vielen Fällen Augenwischerei
oder bezieht sich auf den exklusiven Club derjenigen, die andere zur
rechtlosen Sache erklären. Siehe Gefangene auf Guantanamo.
Gerechtigkeit und Gleichheit ist m.E. nach wie vor die große Herausforderung
für ein demokratisches Rechtssystem.
> Es ist das Recht der Gleichheit und Freiheit, in other words: Zivilrecht
> (Eigentum und Vertrag), das zu Kapitalismus (Hegel/Marx: "Bürgerliche
> Gesellschaft", lat. "civis"=Bürger, daher "Zivilgesellschaft") und den für
> diesen charakteristischen Zwängen führt. Dieses Recht ist abstrakt und
> besteht aus allgemeinen Sätzen. Seine Fürsprecher legitimieren es, indem
> sie aus (angeblich) unhinterfragbaren abstrakten Prämissen ("Sätzen a
> priori") deduktiv Folgerungen ableiten (Prototyp dieses Typs von Denken:
> Immanuel Kant; Wurzeln: römisches Recht, antike griechische Philosophie).
>
> Dieses Recht und dieser Typ von Denken ist dezidiert anti-religiös. Es ist
> westlich-aufklärerisches Denken.
>
> Davon unterscheiden möchte ich monarchisches Feudal-Recht: das ist eng mit
> Religion verknüpft und basiert NICHT auf Gleichheit, sondern auf religiös
> legitimierten "Klassenunterschieden" (hie Gottkönig als Stellvertreter
> eines Himmelsgotts auf Erden - der Papst ist nur EIN Beispiel, das hier für
> viele steht) und Naturalabgaben sowie Naturaltausch.
>
> Und davon unterscheiden möchte ich einen dritten Typ, nämlich
> Stammes-"Recht", das ich besser Sitte/Gewohnheit nennen will. Es kennt
> überhaupt keine abstrakt formulierten Gesetze, sondern basiert einfach auf
> verwandtschaftlicher Solidarität und ebenfalls auf "religiös" begründeten
> Sitten und Traditionen.
>
>> Sie dich um! Es ist letzt endlich das Netz aus rechtlichen Bindungen, das
>> viele Menschen stärker fesselt und zu einem bestimmten Verhalten zwingt,
>> als das je Ketten und Sklaverei vermochten.
>
>
> Um uns herum können wir ein Gemisch aller drei Formen sozialer
> Verpflichtungen sehen. Zu Weihnachten beschenken wir uns - das ist quasi
> verwandtschaftliches Stammes-"Recht". J
>
> Jedes Jahr *muß* jeder seine Steuererklärung machen. Steuerrecht ist
> obrigkeitliches / herrschaftliches Steuer- und Abgabenrecht - eine
> säkularisierte Variante monarchischen Feudal-Rechts. Demokratisch
> legitimiert statt religiös - aber Demokratie ist eine Herrschaftsform und
> hat etwas mit Politik (Staat) zu tun, nicht mit dem Markt. Steuerrecht ist
> öffentliches Recht, und dessen Grundprinzip ist der Befehl von oben nach
> unten, also Herrschaft.
>
> Und auf dem Markt schließlich gilt Zivilrecht: Eigentum, Vertrag,
> Schuldrecht. Hier ist das Grundprinzip nicht "Herrschaft", sondern
> "Vertrag". Und daraus ergeben sich Zwänge, die in Gesellschaften, die
> Eigentum und Vertragsrecht NICHT kennen, völlig unbekannt sind - und die
> nach außen hin auch völlig "unsichtbar" sind (weil eben, wie Du sagst, rein
> rechtlich - und als solche von den Leuten "verinnerlicht"). Die meisten
> Stammesmitglieder sehen von außen nur den materiellen Reichtum der
> westlichen Gesellschaften und wollen den natürlich auch. Die damit
> verbundenen Zwänge sehen sie natürlich auf der Oberfläche nicht - die
> spüren sie erst, wenn sie einige Zeit in der westlichen Zivilisation gelebt
> haben.
>
>>> Heißt im Klartext: wenn es keine Rechtsbeziehungen gibt, sitzen die Affen
>>> auf den Bäumen und kauen Blätter, denn es mangelt an dem „etwas“, was
>>> "die Leute dazu bringt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu erdulden.“
>> Nein, das heißt es nicht. Natürlich werden viele Dinge aus innerem Antrieb
>> und mit Spaß an der Freude getan. - Aber die entscheidende Frage ist,
>> welche Bindungen (rechtlich oder nicht rechtlich) unsere Gesellschaft am
>> Laufen halten.
>> Aus meiner Sicht und Erfahrungen sind es die rechtlichen Beziehungen.
>
> Die spielen eine wichtige Rolle - aber die Zwänge des "Marktes", um die es
> hier ja geht ("Geldwirtschaft/Kreditwirtschaft") ergeben sich nicht allein
> aus dem Recht, sondern auch und gerade aus der Konkurrenzsituation, die das
> Prinzip "Eigentum und Vertragsfreiheit" schafft.
>
> Die rechtlichen Beziehungen, aus denen sich die treibenden Motive und
> Zwänge für EINZELNE ergeben, kann man an seiner Bilanz ablesen:
>
> Aktiv: Eigentumsrechte und Forderungen (=Rechtsbeziehungen zwischen
> Rechtssubjekten, also Menschen)
> Passiv: Verbindlichkeiten.
Mein Reden!
Gruß
Arne
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, moneymind, 03.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, moneymind, 03.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Entstehung von Banken , was: Currency vs. Credit, moneymind, 04.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, Axel Grimm, 04.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Entstehung von Banken , was: Currency vs. Credit, Rudolf Müller, 04.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Entstehung von Banken , was: Currency vs. Credit, Rudolf Müller, 04.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, moneymind, 03.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, Arne Pfeilsticker, 04.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, moneymind, 04.03.2015
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,, Arne Pfeilsticker, 04.03.2015
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