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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen


Chronologisch Thread 
  • From: David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen
  • Date: Wed, 18 Feb 2015 08:40:31 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hey ukw,


Am 18. Februar 2015 um 00:30 schrieb ukw <ukw AT berlin.com>:
Am 18.02.2015 um 00:11 schrieb David Finsterwalder:
Das selbe Phänomen der Anerkennung hast du auch bei Macht etc auch (das ganze Sozialwesen ist ja letztlich ein "Kampf um Anerkennung").

Holla ! jetzt bin ich aber erstaunt. Du kämpfst um Anerkennung? Du erklärst jeden sozialen Impuls final als Machtkampf um Anerkennung? Geht es um den High Score? Hast Du Computerspiele gespielt und/oder Deine gesellschaftliche Prägung im neoliberalen Leistungsdenken entgegengenommen? Jedenfalls bist Du keine Mutter.
Ich sehe noch andere Impulse.
Wie wäre es mit folgendem:
Lasst uns miteinander lernen?


Genau das was du gerade tust ist ein "Kampf um Anerkennung". Du verstehst den Begriff "Kampf" als eine zu deinen Überzeugungen und Gefühlen entgegenstehende Anschauung. Als Anfeindung. Du antwortest mit passiv aggressiven Suggestivfragen, da du meinst deine Weltanschauung verteidigen zu müssen. Du verteidigst dich indem du potenzielle Pathologien bei mir suchst: Computerspiele als Ursache. Neoliberales Leisungsdenken. Du musst mich als irgendwie "gestört" wahrnehmen, damit du meine vermeintliche Weltanschauung nicht anerkennen musst. Du würdigst mich - aus Selbstschutz - herab. Durch diese Handlung schaffst du dir eine Basis von der aus du dich sicher fühlen kannst. Geschütz vor eine vermeintlichen Kaltherzigkeit (Jedenfalls bist du keine Mutter) die du fürchtest in deine Welt hereinbrechen zu sehen. Du machst erst alle emotionalen Schotten dicht. Du versicherst dir erst mal deine eigenen Anerkennung durch dich selbst, bevor die dich auf mich einlassen kannst. Erst von dieser emotional geschützen Position aus, erst nach Absicherung, dass du meine Position nicht zwangsläufig Anerkennen must und deine Anerkennung nicht gefährdet ist, bist du bereit auf mich zu zugehen und fragst nach einem konstruktiven Dialog.

Aber halt!

Leider ist die Formulierung von mir ohne Kontext total unglücklich: "Kampf um Anerkennung" ist ein Buchtitel von Axel Honneth (daher auch in Anführungsstrichen). "Kampf" aufgrund seiner historischen Wurzeln in einer Metapher in Hegels "Phänomenlogie des Geistes", die auch Marx Denken prägte und auch im Klassenkampf auftaucht. Marx und Hegel beeinflussten maßgeblich die "Frankfurter Schule" (und die gesamte Soziologie) sowie die 68er Bewegung. Damals war der "Klassenkampf" noch "präsenter". Auch sollte man "Kampf" deutlich harmloser im Sinne der Dialektik zu verstehen. In aller erste Linie einfach nur mal als ein Konflikt. 

Es geht dabei ganz und garnicht um eine Verteidigung des "neoliberalen Denkens". Ganz im Gegenteil: Es ist eine Analyse was zu derartigen "Störungen" wie "neoliberales Denken" führt ("Entfremdung"). Anerkennung wird hier auch in sehr weitem Sinne verstanden und schließt dabei auch zwischenmenschliche Verhältnisse wie Liebe, Zuneigung, Achtung, Vertrauen, aber auch das Verhältnis in einem Rechtsstaat untereinander mit ein. Der "Kampf" oder der Konflikt tritt mehr oder weniger in einer Ermangelung der Anerkennung auf (aber einfach auch ganz harmlos, etwa weil man sich nicht kennt und das Gegenüber nicht einschätzen kann). Gerade unsere "Leistungsgesellschaft" hat hier in meine Augen wirklich starke Defizite. Wenn du nicht jung, dynamisch, attraktiv und sportlich bist - bist du nichts wert. Das suggeriert einem der Kapitalismus die ganze Zeit durch Werbung. Überhaupt hat "wert sein" ganz viel damit zu tun, dass um uns rum dauernd Güter bewertet werden und wir dadurch - der Mensch ist eben Gewohnheitstier -  unsere Mitmenschen und uns selbst ähnlich wie Güter bewerten. Sei "Spitzen 1A Qualität" aber wehe dein "Mindesthaltbarkeitsdatum" ist abgelaufen! Der "Warenfetisch" und "Geltungskonsum" sind allgegenwärtig. 

Aber meine Meinung zu deinen Fragen

Ja, ich kämpfe um Anerkennung und ich glaube, dass das die meisten in unsere Gesellschaftform tun. Im neoliberalen Turbokapitalismus gibt es immer weniger Raum für eine positive natürliche Entfaltung von Anerkennung. Du musst dich anpassen und mitmachen, du musst funktionieren. Sonst bist du nichts wert. 

Nein, ich erkläre nicht jeden sozialen Impuls aus einem Kampf (und schon gar nicht einem Machtkampf). Durchaus aber mit der "Anerkennung" oder der Ermanglung derselben. 

Nein, es geht nicht um den Highscore, sondern um einen positiven Selbstbezug. Wie man diesen erreicht - oder zu erreichen meint - ist mannigfaltig.

Ja, ich habe Computerspiele gespielt. Aber ich denke es ist offensichtlich, dass ich den Begriff "Kampf" nicht daher habe. Bei Onlinespielen spielt natürlich auch Anerkennung eine Rolle. 

Ja, ich habe eine gesellschaftliche Prägung im neoliberalen Leistungsdenken. Das neoliberalen Leistungsdenken prägt uns alle unweigerlich und niemand kann diesem entfliehen ("Es gibt kein richtiges Leben im Falschen"). Ich lehne es aber ganz entschieden und halte es für eine pathologische Störung.

Nein, ich bin keine Mutter (und auch kein Vater). Für meine zwei kleinen Neffen hege ich aber durchaus väterliche Gefühle. 

Ja. Ich möchte miteinander lernen.  Was ich aber viel lieber machen möchte ist diese ziemlich verkorkste Welt ein Stück besser zu machen. Weniger Kampf um Anerkennung, weniger Leistungsdenken, weniger krank eben! 

Ich glaube auch dass die Symptome für ein kranke Gesellschaft immer deutlicher werden und hauptsächlich Thema der Finanzpolitik sind (Stichwort: Volkskrankheit Depression im Sinne Fromms: https://www.youtube.com/watch?v=Dt09hfllNc8 )


Grüße ;-)
David






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