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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen
- Date: Tue, 17 Feb 2015 21:11:37 +0100
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Am 17.02.2015 um 06:36 schrieb David
Finsterwalder:
Hey Rudi2,
Sorry, die Aussage "die Bank sichert das Geld mit ihrem Eigenkapital
ab" hatte ich anders aufgefasst. Du hast mich falsch verstanden. Das Eigenkapital der Bank sichert nicht das "erschaffene Geld" sondern nur mögliche Kreditausfälle der Bank selber ab. Ich behaupte keine Geldschöpfung "ex nihilo" - GANZ IM GEGENTEIL! Was passiert denn wenn du zur Bank gehst und einen Kredit über 1.000.000 € willst. Der Bankangestellte fragt: welche Sicherheiten haben sie.... Und genau da ist der springende Punkt der beim "Fiat" Geld übersehen wird. Es ist die Kreditsicherheit die das Geld "deckt". "Mit der Erteilung eines Kredites stellte die Bank das allgemeine Vertrauen, welches sie bezüglich ihrer Zahlungsfähigkeit in der Bevölkerung genoss, auch ihrem Kreditkunden in Höhe des Kreditbetrages zur Verfügung." http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Liquidit%C3%A4t_der_Banken Absatzmakierung (40) Dieser Sachverhalt wird beim Avalkredit noch sehr deutlich. Ein Handwerker muss bei der Schlussrechnung von öffentlichen Aufträgen i. d. R. einen Sicherheitseinbehalt von 3 % hinnehmen. Er stellt 10.000 € in Rechnung und bekommt jedoch nur 8.700 € ausbezahlt. Legt er jedoch eine "Bankbürgschaft" über 300 € vor, erhält er den Rechnungsbetrag komplett. Der öffentliche Auftraggeber hat Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Bank, jedoch nicht in die Zahlungsfähigkeit eines jeden Auftragnehmers. Die Bank lässt sich diese Bürgschaft jedoch vom Handwerker vergüten. Die Bonität des Handwerkers spielt bei der Gebührenhöhe wiederum eine entscheidende Rolle. Im Endeffekt leiht die Bank dem Handwerker ihren Kredit im Sinne von "Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit". Das Problem dabei ist, dass die Sicherheit
nirgendwo - außer im Kreditvertrag - offensichtlich auftaucht
(an Patrik: deswegen ist Schuldrecht von so immenser Bedeutung
für die VWL)
Dieses Beispiel wirkt auf mich sehr konstruiert. Die Bank hält
jedoch von jedem Kreditzinsertrag einen gewissen Betrag als
kalkulatorische Risikokostenmarge ein. Mit diesem Betrag kann sie im
Durchschnitt die Ausfälle bedienen. Nehmen wir also an, die Bank räumt dir den Kredit über eine Million ein, da du ein riesiges Stück Land hast. Mit deinem Land passiert dabei erstmal garnichts. Rechtlich bist du weiterhin sowohl Besitzer als auch Eigentümer. Aber es gibt einen Eintrag ins Grundbuch und das Stück Land wird belastet ist. Laut Hegel offenbart sich das Wesen einer Sache in ihrem Verschwinden und genau so ist aus auch beim Kredit(geld): Wirklich offenbar wird das nämlich erst wenn du deine Million nicht zurück zahlen kannst und ein Insolvenzverfahren beginnt. Dann verschwindet nämlich dein Eigentum. Dein Stück Land wird Zwangsvertsteigert. Da die Bank aber keine vollkommen bekloppte Zockerbank sondern eine erzkonservative Kreisssparkasse ist, hat die natürlich aufgepasst, dass du auch gute Sicherheiten hast und dein Stück Land bringt in der Zwangsversteigerung ganze 990.000€ ein. Die restlichen 10.000 € schreibt die Kreisssparkasse dann von ihrem Eigenkapital ab. Und siehe da! Gerade mal 1% Eigenkapitalquote dafür nötig. Also nochmal: Das Eigenkapital deckt nur Verluste aus Kreditausfällen ab. Das Geld wird aber über die Kreditsicherheit "gedeckt". Der Vorteil von derart geschöpftem Geld ist, dass der Halter der "Note" sich nicht um den Wert des Stück Lands kümmern muss (und der Eigentümer des Stück Landes dieses nicht verkaufen muss, sondern nur beleihen muss um etwa eine Vorabfinanzierung für eine Investition zu bekommen). Unabhängig vom Kreditgeschäft bleibt der Wert der
Note erhalten. Bei der "klassischen Notenbank" war ja explizit
aufgedruckt, dass man dafür "Eigenkapital" der Bank bekommt
(Gold/Silber). Dennoch war auch damals die Absicherung für die
Bank die Kreditsicherheit. (Aber: Geld aus dem "Nichts" kann
schon auch vor kommen. Und zwar dann wenn sowas passiert: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/ba/P060708_22.03-02-retouched.jpg
- das verschwindet aber in der Regel Recht schnell im Nichts -
vgl auch mit John Laws Papiergeld)
Danke für Deine Links zu englischen Texten, die leider bei mir
größtenteils vergebens sind, da sie sich mir, mangels entsprechender
Sprachkenntnisse, nur sehr mühsam erschließen. Absolut lesenswert in dieser Hinsicht: Sir James Steuart (1767) "An Inquiry into the Principles of Political Economy" Book IV Of Credit and Debts Beste Grüße Rudi2 Zitat Chap. IV (fett von mir): "Let it be observed, that I do not consider the original bank stock, or the interest arising from that, as any part of the profits of the bank. So far as it regards the bank, it is their original property; and so far as it regards the public, it serves for a collateral security to it, for the notes issued. It becomes a pledge, as it were, for the faithful discharge of the trust reposed in the bank: without such a pledge, the public could have no security to indemnify it, in case the bank should issue notes for no permanent value received. This would be the case, if they thought fit to issue their paper either in payment of their own private debts, or for articles of present consumption, or in a precarious trade. When paper is issued by a bank for no value received,
the security of such paper stands upon the original capital
of the bank alone; whereas when it is issued for value
received, that value is the security on which it immediately
stands, and the bank stock is, properly speaking, only
subsidiary.
I have dwelt the longer upon this circumstance, because
many, who are unacquainted with the nature of banks, have a
difficulty to comprehend how they should ever be at a loss
for money, as they have a mint of their own, which requires
nothing but paper and ink to create millions. But if they
consider the principles of banking, they will find that
every note issued for value consumed, instead of value
received and preserved, is neither more or less, than a
partial spending either of their capital, or profits on the
bank. Is not this the effect of the expence of their
management? Is not this expence paid in their notes? But did
ever any body imagine that this expence did not diminish the
profits of banking? Consequently, such expence may exhaust
these profits, if carried far enough; and if carried still
farther, will diminish the capital of the banking stock."
Der gute Mann verstand mehr von Banken als Generationen von Ökonomen nach ihm. Genau da ist auch das Problem der ganzen Quantitätstheoretiker die glauben in unserem Geldsystem könne einfach so eine Hyperinflation passieren. Solche Spacken wie BuBa Chef Jens Weidmann der dauernd vor Inflation gewarnt hat und gerade einfach die Welt nicht mehr versteht. Der schwarze Pfeil ist Weidmanns Inflationsangst:http://www.zerohedge.com/sites/default/files/images/user5/imageroot/2015/02/liquidity%20cliff.jpg Tja, Jens, selbst wenn die EZB morgen den Leitzins auf -100% absenkt würde ich keine Million Kredit bekommen, weil ich persönlich eben keine Sicherheiten habe, sondern Lohnsklave am Kreditlimit bin. Im Kreditcrunch inflationiert nichts und der niedrige Leitzins wirkt auf Dauer sogar deflationär, da er die Rendite aller assets drückt. Wenn die Nettorendite in quasi allen Anlagen klassen negativ wird, werden die Assets liquidiert und die Deflation in ihrem Lauf hält weder Draghi noch der Weidmann auf. In diesem Sinne: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/72328/umfrage/entwicklung-der-jaehrlichen-inflationsrate-in-der-eurozone/ ......Ach alles gut. Billiges Öl kurbelt doch die Realwirtschaft an!.... http://www.bloomberg.com/quote/BDIY:IND . .... naja, die Weltwirtschaft implodiert....ähh....kühlt vielleicht schon ein wenig ab, aber die ZBs können doch .... http://www.zerohedge.com/sites/default/files/images/user5/imageroot/2015/02/Government%20Debt%20Net%20Issuance%202015.jpg ....naja aber die chinesische Wirtschaft ist doch..... http://www.zerohedge.com/sites/default/files/images/user3303/imageroot/2015/02/20150209_chininfl1.jpg ....Naja China ist ja nicht so wichtig für uns. Deutschlands Hauptabnehmer ist ja Frankreich und da ist doch ... http://imgur.com/G1A5y68 (quelle: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&plugin=1&language=en&pcode=tipspd10 ) ....naja, aber die Eurogruppe wird doch sicher zur Vernunft kommen und merken, dass sie schnell was tun muss und vielleicht.......... http://weknowmemes.com/generator/uploads/generated/g1424139879892859779.jpg Game Over! Have a nice day! Am 17. Februar 2015 um 04:32 schrieb
Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>:
Hallo David,
ein anschauliches Beispiel zu der von Dir erwähnten Funktion einer Bank, in einer Zusammenfassung von Martin Scheytts Werk "Theoretische Grundlagen der bankgeschäftlichen Kreditgewährung" http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php/Martin_Scheytt:_Grundlagen#Geld Die Absicherung mit dem Eigenkapital hört sich zwar theoretisch gut an, aber bei einem Eigenkapitalkern von 2 % erscheint mir diese Zuordnung fragwürdig. Beste Grüße Rudi2 Am 16.02.2015 um 23:38 schrieb David Finsterwalder:
Und ich hab diesem Punkt auch nie
wiedersprochen.
In der ganz realen Welt haben wir aber nicht nur Gütertausch sondern auch ziemlich immobile assets wie etwa Land. Die englischen Zettelbanken haben deshalb funktioniert. weil der Zettel kein Eingriffsrecht auf das Land, sondern auf in das Eigenkapital (gold/silber) der Bank darstellte. Dieses Auseinanderfallen der Haftung ist die zentrale "Leistung" der Bank. Ohne Goldstandard passiert das immer noch, nur ist es nicht mehr so leicht nachvollziehen, da das Zahlungsmittel kein offensichtlich Eingriffsrecht mehr aufgedruckt hat. Es ist aber IMMER NOCH das entscheidende, dass im Bankkredit die Haftung auseinander fällt und die Bank sichert das Geld mit ihrem Eigenkapital ab. (Naja in der Neoliberalen Realität ist es ja nicht mehr so, .... aber du weißt wie es gemeint ist). In gewisser weise ist ein Bank ja nichts weiter als ein Kreditausfallversicherer und die Noten sind so ne Art "Credit default swap" bei der dein Risiko als Notenhalter von der Bank abgesichert wird. Auch im "abstrakten" Notenbankgeld bleibt es eben so wie einst bei den Zettelbanken (wo es einem ins Gesicht springt), dass die Haftungsebene auseinander fällt. Die Bank versichert Kredite und macht diese Kredite damit für ein breites Publikum interessant und "umlauffähig". Grüße David -- AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik |
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Marco Schmidt, 18.02.2015
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- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, David Finsterwalder, 18.02.2015
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