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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen


Chronologisch Thread 
  • From: Rolf Müller <rolf.mueller9 AT t-online.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen
  • Date: Fri, 13 Feb 2015 13:17:10 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 13.02.2015 um 12:06 schrieb moneymind:
Hab ja schon mein eigenes Kurzschluss-Denken kritisiert (Stützels GleichSCHRITT ist was völlig anderes als ungleiche Vermögensverteilung).

Aber wenn der Fokus mit Kauf/Verkaufsungleichgewichten nun wieder auf der "realen" Güterebene liegt ... dann könnte man sich die Marx'sche Theorie doch daraufhin nochmal neu angucken, v.a. Band III des "Kapital", wo es um Kredit geht.

Wäre interessant zu hören, was Rolf dazu meint, vielleicht hat er das schon gemacht. Oder vielleicht hast Du dazu sogar auf Deinem Blog schon mal was geschrieben, Rolf?
Rolf hat keinen Blog. In den letzten Tagen hast Du schon öfter 2 Personen verwechselt. Rolf Müller und Rudolph Müller sind verschiedene Personen.

In der Tat ist die monetäre Werttheorie für mich der Schlüssel für ein wirkliches Verständnis der Marxschen Theorie. Und ich lese derzeit Marx (vor allem aber auch die Literatur von Michael Heinrich, und anderen Autoren der sogenannten 'Neuen Marx Lektüre') erneut und verstehe nun auch auf einer ökonomischen Ebene dass sein Werk keine Politische Ökonomie ist sondern eine Kritik der Politischen Ökonomie darstellt.
Ich hatte eigentlich gedacht das Du auf meinen entsprechenden Verweis hierauf ein Feedback dazu liefern würdest. Neben mir, warst Du innerhalb unserer AG schließlich der einzige dem aufgefallen ist, dass scheinbar weit und breit keine valide Werttheorie auszumachen war, und mithin die notwendige kategoriale Grundlage der Ökonomie fehlt.  Ich verweise also hier noch einmal auf den betreffenden Beitrag.

Am 12.11.2014 um 19:57 schrieb Rolf Müller
Hallo Thomas,

wie Du weißt halte ich die Werttheorie für den 'Missing Link' der Politischen Ökonomie. Solange diese nicht identifiziert ist, hängen unmittelbar die Preistheorie, die Verteilungstheorie und mittelbar alle anderen Bereiche der Ökonomie unverbunden in der Luft - verwendete Kategorien (Preis, Geld) bleiben metaphysisch. Auf meiner Suche nach einer validen Werttheorie bin ich insofern fündig geworden, als ich in Form der 'Monetären Werttheorie' eine Theorie entdeckt habe, die nach meiner Überzeugung valide beschreibt wie innerhalb kapitalistischer gesellschaftlicher Reproduktion Wert entsteht. Damit ist man aber noch weit entfernt davon eine Theorie zu haben die geeignet ist in "vernünftiger" Weise die Grundlage für die gesellschaftliche Reproduktion zu bilden; Gleichwohl halte ich die Marxsche Analyse für den Hebel um den inhärenten Widersprüchen des Kapitalismus auf den Grund zu gehen und eine damit eine Basis für eine Bewertung von Reparaturvorschlägen (Postwachstumsökonomie, Gemeinwohlökonomie ...) zu erarbeiten.
"Vernünftig" meine ich das hierbei relativ zu dem größten gemeinsamen Nenner auf den wir uns verständigen können, denn mit den Worten von Precht stehen hinter jeder Wirtschaftstheorie eine Weltanschauung, ein Menschenbild und ein gesellschaftliches Ideal.

Am 10.11.2014 um 12:47 schrieb thomas:
...
Die Marx'sche Kritik der Arbeistwerttheorie halte ich für seine
bedeutendste theoretische Errungenschaft.
Ich würde den Begriff Arbeitswerttheorie nicht verwenden. Dieser ist durch die substantialistische Interpretation des orthodoxen marxistischen Mainstreams und deren eher peinlichen Versuchen sie gegen die gelungene Falsifizierung durch Sraffa zu verteidigen diskreditiert. Auch die ebenfalls substatialistische Verwendung dieses Begriffes durch klassiche Ökonomen fordert falsche Assoziationen heraus.
vgl. Michael Heinrich: Was ist die Werttheorie noch wert? Zur neueren Debatte um das Transformationsproblem und die Marxsche Werttheorie.
http://www.oekonomiekritik.de/302Transformationsproblem.rtf
Falls Du AWT im Sinne einer monetären Werttheorie meinst, hast Du meine volle Zustimmung hinsichtlich der Betonung der Bedeutung.
    „Ein Arbeitsprodukt, für sich isoliert betrachtet, ist also nicht
Werth, so wenig wie es Waare ist. Es wird nur Werth, in seiner Einheit
mit andrem Arbeitsprodukt, oder in dem Verhältniß, worin die
verschiedenen Arbeitsprodukte, als Krystalle derselben Einheit, der
menschlichen Arbeit, einander gleichgesetzt sind.“ – [Karl Marx]

Der Wert hat selbstverständlich etwas mit Bewertung zu tun und dieser
ist ein kultureller "Prozess". Natürlich beinhaltet kapitalistische
Kulturprägung ein Präferenz der Bewertung in Marktpreisen.
Der Schlüssel zum Verständnis ist die Unterscheidung zwischen konkreter und abstrakter Arbeit:
"Der Unterschied zur Wert- und Geldtheorie von Klassik und Neoklassik (wie auch der „Arbeitsmengentheorie“ des traditionellen Marxismus) ist also ein doppelter. Zum einen läßt sich Wert gerade nicht als substanzialistische Eigenschaft an der einzelnen Ware festmachen,[10] Wert existiert nur in der Beziehung von Ware auf Ware und diese Beziehung ist in ihrer Allgemeinheit nur möglich durch die Beziehung von Ware auf Geld. Zum anderen ist aber auch Geld weit mehr als eine bloße Recheneinheit. Der Formunterschied von Ware und Geld ist fundamental: Waren sind Gebrauchswerte, die auch Wert besitzen. Das Ding, das als Geld fungiert, gilt hingegen als unmittelbare Verkörperung von Wert, es ist in seiner Besonderheit Wert. In der Erstauflage des Kapital hatte Marx dafür einen anschaulichen Vergleich gewählt:

„Es ist als ob neben und außer Löwen, Tigern, Hasen und allen andern wirklichen Thieren, die gruppirt die verschiednen Geschlechter, Arten, Unterarten, Familien u.s.w. des Thierreichs bilden, auch noch das Thier existirte, die individuelle Incarnation des ganzen Thierreichs.“ (MEGA II.5: 37, Herv. im Original)

Müssen sich die Waren, insofern sie als Wertgegenstände gelten sollen, auf Geld beziehen, dann heißt dies für die Waren produzierende Arbeit: sie kann nur dann wertbildende „abstrakte“ Arbeit sein, wenn sie sich, wie Marx gegen Ricardo hervorhebt, „in Geld darstellt“. Geld ist für Marx daher die „unmittelbare Existenzform“ der abstrakten Arbeit (MEW 13: 42), anders als in Geld läßt sich abstrakte Arbeit gar nicht ausdrücken. Dies ist auch der Grund, warum die unmittelbare Arbeitszeitrechnung der verschiedenen „Stundenzettler“, gegen die Marx sich wendet, unmöglich ist.[11]

Geld ist für Marx also weit mehr als nur das Rechen- und Zirkulationsmittel, als das es von Klassik und Neoklassik aufgefaßt wird. Es ist das notwendige Medium der Vergesellschaftung atomisierter Warenproduzenten: nur mittels der sachlichen Gestalt des Geldes können sie sich auf einander beziehen. Diesen von Marx herausgestellten Zwang der ökonomischen Verhältnisse sich in einer bestimmten Weise zu verhalten, wird von Klassik und Neoklassik in der Tradition der bürgerlichen Vertragstheorien zum Resultat intentionalen und rationalen Handelns umgedeutet: die Warenbesitzer tauschen ihre Waren in bestimmten Relationen, weil diese Waren für sie bestimmte Arbeits- bzw. Nutzenmengen verkörpern, sie verwenden Geld, weil es den Tausch erleichtert („die Transaktionskosten senkt“) etc. Da Geld somit keine eigenständige Bedeutung hat, sondern lediglich als eine technische Erleichterung des Tausches gilt, betrachten Klassik und Neoklassik monetäre Größen daher auch nur als „Schleier“, der über der „Realsphäre“ von Arbeitsmengen und Kapitalgütern liegt, und von dem auf einer grundsätzlichen theoretischen Ebene abstrahiert werden kann."

Zitat aus Michael Heinrich, Monetäre Werttheorie
http://www.oekonomiekritik.de/306Monetaere-Werttheorie.htm

Sowenig wie es die bürgerliche Ökonomie gibt und es für uns selbstverständlich absurd wäre Neoklassik und Heterodoxe Ökonomien über einen Kamm scheeren zu wollen, gibt es den Marxismus.
Vom Mainstream des orthodoxen, weltanschaulichen Vulgärmarxismus werden, wie Steve Keen es imho in 'Debunking Economy' treffend bemerkt, keinerlei Impulse für eine valide Ökonomische Theorie des 21. Jahrhunderts ausgehen. Neoklassik und orthodoxen Marximus eint die Vorstellung der Neutralität des Geldes.

Bene hat mich übrigens daraufhingewiesen, daß der Arbeitskreis Plurale Ökonomik Hamburg in dem er aktiv ist Michael Heinrich zu einer Ringvorlesung eingeladen hat:
http://www.plurale-oekonomik-hamburg.de/index.php/ringvorlesung/

Vielleicht ist ja für den einen oder anderen die Tatsache dass der Arbeitskreis, ganz unabhängig von meinen Bemühungen den 'Missing Link' zu finden, ebenfalls auf ihn gestoßen sind, ein Anhaltspunkt dafür dass eine Beschäftigung mit der monetären Werttheorie und der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie fruchtbar sein könnte.
Die verlinkten Texte sind wohl für ein tieferes Verständnis zu wenig. Literaturtipp von mir: Michael Heinrich, Kritik der politischen Ökonomie - Eine Einführung; Michael Heinrich, Kommentierte Literaturliste www.oekonomiekritik.de/110KommLitverzeichnis.rtf und natürlich Karl Marx, Das Kapital :) (in dieser Reihenfolge).

-- 
instead of focusing on our differences, 
we should look at what we all have in common...
http://www.youtube.com/watch?v=qLci5DoZqHU

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