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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen
- Date: Fri, 13 Feb 2015 11:06:11 +0000
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hab ja schon mein eigenes Kurzschluss-Denken kritisiert (Stützels GleichSCHRITT ist was völlig anderes als ungleiche Vermögensverteilung).
Aber wenn der Fokus mit Kauf/Verkaufsungleichgewichten nun wieder auf der "realen" Güterebene liegt ... dann könnte man sich die Marx'sche Theorie doch daraufhin nochmal neu angucken, v.a. Band III des "Kapital", wo es um Kredit geht.
Wäre interessant zu hören, was Rolf dazu meint, vielleicht hat er das schon gemacht. Oder vielleicht hast Du dazu sogar auf Deinem Blog schon mal was geschrieben, Rolf?
moneymind schrieb:
Hi David,
klar, je simpler eine Erklärung und je größer die Zahl der Einzelphänomene, die sie erklären kann, desto eleganter.
In meinen Augen muß sie aber auch dem, was sie erklären soll, angemessen sein. Was wir erklären/verstehen wollen, sind soziale Handlungszusammenhänge. Insofern muß die Erklärung für mich die Form einer "Geschichte" haben, mit Akteuren und Motiven.
Aber das nur am Rande. Ich hätte dazu eine ganz andere Idee:
Wenn die zugrundeliegenden Fundamentalphänomene Ungleichgewichte von Käufen und Verkäufen von GÜTERN/DIENSTLEISTUNGEN sind, und Banken von diesen Ungleichgewichten leben (und daher an ihrer Existenz interessiert sein müssen): dann kann man doch Karl Marx' "Kauf und Verkauf der Arbeitskraft" und die darauf beruhende Mehrwerttheorie ganz neu betrachten und im Kontext einer realitätsgetreueren Werttheorie (als der Arbeitswerttheorie) ganz neu aufrollen und re-interpretieren, d.h. das Phänomen "Ausbeutung" besser erklären, als auch die Arbeitswerttheorie in ihrem relativen Erkenntnisgehalt bewahren.
Denn für Marx ist ja DAS "ungleichgewichtige" Kaufs/Verkaufsverhältnis der Lohnkontrakt ("Arbeitsvertrag").
Gruß
Wolfgang
David Finsterwalder schrieb:
Hey Wolfgang,
Nochmal die Herleitung der Binomialverteilung am Beispiel vom (idealen) Münzwurf:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/17/Pascal%27s_triangle%3B_binomial_distribution.svg
Die zweite Reihe wären die Ausgänge nach einem Münzwurf. Die möglichen Kombinaten wären Kopf (fortan K) oder Zahl (fortan Z).
Nach zwei Münzwürfen gibt es insgesamt vier mögliche Ausgänge. Die möglichen Kombinationen wären: ZZ,ZK,KZ,KK.
Wenn wir die Reihenfolge der Kombination ignorieren (also die Kombination Kopf-Zahl und Zahl-Kopf zusammenfassen) haben wir einmal ZZ (Beide würfe Zahl), zwei mal ZK (bei beiden Würfen je einmal Kopf und Zahl) und einmal KK (Beide würfe Kopf). Nach drei Würfen dann 1 mal KKK, 3 mal KKZ, 3 mal KZZ und 1 mal ZZZ usw.....
Das unterste Reihe in dem Bild stellt alle möglichen Ausgänge nach 8 Münzwürfen dar. Die 70 in der Mitte sind exakt fifty-fifty für Kopf/Zahl. Das heißt es gibt Kombinatorisch 70 von insgesamt 256 Kombination bei denen 4 mal Kopf und 4 mal Zahl kommt. Ganz außen wären dann 8 mal Kopf bzw 8 mal Zahl (man kann daraus auch immer gleich die chance ablesen. 8 mal Kopf wäre 1:256 etc).
Wenn du diese Münzwurfspiel bis in alle Ewigkeit fortsetzt (dank Infinitisimalrechnung bleibt einem das empirisch erspart ;-) ) dann wird aus der Binomialverteilung eine Normalverteilung (=Gaußsche Glockenkurve).
Trivialisiert man nun die gesamte Wirtschaft auf Gewinnen/Verlieren bei Münzwürfen so gilt
Bei der breiten Masse hält sich gewinnen/verlieren so ziemlich die Wage (Mitte der Kurve). Um so weiter man nach außen geht wird dann aber häufiger gewonnen als verloren (bzw anders rum).
Nun gibt es aber beim Verlieren den Haken: dass es nicht beliebig oft geht. Irgendwann ist man Pleite.
Bildlich kannst du dir das auch klar machen, wenn du dir die Glockenkurve einfach ansiehst:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/03/Gauss_dichtefunktion.svg
Links der Null sind alle Armen die haben nix und hätten (umso weiter man nach links geht) noch weniger als nix (wenn es denn gehen würde). Umso weiter man nach rechts geht umso reicher ist man. GAAAANZ außen sind dann die paar wenigen Super reichen. Das entspricht jetzt aber natürlich nicht der Vermögensverteilung sondern der "Menschenverteilung über das Vermögen" .....
Die resultierende Vermögensverteilung ist dann keine Normalverteilung mehr sondern eine lognormalverteilung:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/5/53/Verm%C3%B6gensverteilung_Deutschland_2002_und_2007.svg/500px-Verm%C3%B6gensverteilung_Deutschland_2002_und_2007.svg.png
Mathematisch am einfachsten ausgedrückt wenn man f(x)=0 \/x<0 setzt (also schluss wäre, wenn man nur 1 mal mehr verliert als gewinnt). Die "echte" Vermögensverteilung ist natürlich komplexer zu berechnen, aber meine Herleitung umschreibt den gesamten "Mechanismus" schon vollständig.
Die Vermögensungleichverteilung nimmt damit so sicher zu wie die Entropie.
Und das "Tolle" dieses Naturgesetz gilt in jedem (!) Finanzsystem in dem man Gewinne proportional zum Vermögen und keine beliebigen Verluste machen kann. Wie in der Thermodynamik braucht man keine genaue Kenntnis der Mikrozustände. Dieser Effekt ist so sicher wie sich eben Wärme (wie durch eine "unsichtbare Hand") in einem Raum verteilt. Die "unsichtbare Hand" in der Wirtschaft verteilt aber immer schön von unten nach oben (wobei im "echten" Kapitalismus durch Pleiten eine Umverteilung von oben nach unten passiert).
Da sich das ganze wie die klassische Thermodynamik alleine aus Kombinatorik herleitet noch ein passenden Zitat von Einstein dazu:
"A theory is the more impressive the greater the simplicity of its premises is, the more different kinds of things it relates, and the more extended is its area of applicability. Therefore, the deep impression that classical thermodynamics made upon me. It is the only physical theory of universal content concerning which I am convinced that, within the framework of the applicability of its basic concepts, it will never be overthrown."
In diesem Sinne. Die Entropie nimmt immer zu ... Vermögen auch.....
Grüße
David
moneymind schrieb:
Hey David,
super, daß Du hier einsteigst.
Wenn Käufe und Verkäufe im Gleichschritt stattfinden, entsteht kein nennenswerter Kreditbedarf. Der Kreditbedarf ist also ein reines Vorsprungphänomen.JAJAJA!
Bedeutet das nicht im Umkehrschluß: wenn wir die gegenwärtige Situation als "Schuldenkrise" oder wahlweise auch "Guthabenkrise" wahrnehmen und die Ursachen im "Geldsystem" vermuten - übersehen wir dann nicht die sozusagen darunter verborgenen Kaufs-/Verkaufs-____Ungleichgewichte, die sozusagen das Primärphänomen wären?
Ganz genau das ist mir damals bei der Diskussion im Gelben Forum zum "fehlenden Zins" wie die Schuppen von den Augen gefallen (Der Zins fehlt ja nicht, er ist ja als Forderung im Buch des Gläubigers - Gesamtwirtschaftlich also nur "woanders") .
Ja, ich erinnere mich. Wobei mir das damals noch nicht so allgemein klar war, wie ich es oben formuliert hab.
Und aus diesem Grund würde auch ein Kreditloses Geldsystem alleine nichts bringen.Genau, denn Kredit entsteht ja nicht nur per Geldschöpfung, sondern bei jedem Kauf ohne gleichzeitigen Verkauf - also bei Nicht-Gleichschritt von Käufen und Verkäufen.
Das Problem ist, dass sich beim Vermögen immer eine Lognormalverteilung einstellt.Ok, der Herleitung kann ich nicht ganz folgen, aber empirisch scheint es so zu sein. Es BRAUCHT also auch so gesehen zwingend "surplus recycling mechanisms" (Varoufakis), und ein staatliches Besteuerungssystem ist eine Möglichkeit, das umzusetzen.
Hier die Herleitung in Kurzform:
1. Bei chancengleichem Handeln (50%/50% Gewinn/Verlust) sind Gewinner und Verlierer über eine Normalverteilung verteilt (Mathematisch korrekt wäre eigentlich Binomialverteilung da über diskreter Menge).
2. Gewinne und Verluste wären somit erstmal auch Normalverteilt. (Gewinne und Verluste seien proportional zum Vermögen)
3. Verluste können aber nicht unendlich sein (und das gilt unabhängig vom Geldsystem: Ob durch "Überschuldung" limitiert oder bei Schuldfreiem Geldsystem durch 0 spielt hierfür kein Rolle)
4. Die Normalverteilung verschiebt sich somit immer zur Lognormalverteilung.
5. Ohne irgendeine Form der Umverteilung (Steuern/Pleiten/Spenden/__Heiraten/Raub/Geld verbrennen/Whatever) hat im Grenzwert einer alles und der Rest nix.
Die Herleitung macht hierfür nur minimale Annahmen. Das mag erstmal nach einem Klein-Erna Modell aussehen, aber bei genauerem Hinsehen sollte schnell klar werden, das eine große Zahl möglicher Ökonomien diese Prämissen erfüllen. Ist Handeln nicht chancengleich sondern asymetrisch verschärft sich das Problem nur.
Gruß
Wolfgang
--
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- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Christoph Mayer, 12.02.2015
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