ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
- To: AG AG-Geld <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht
- Date: Fri, 16 Jan 2015 23:32:03 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Das klingt etwas hart, ist nicht so gemeint.
Um auf einen Zusammenhang hinzuweisen, den man gemeinhin nicht sieht ist es
oft notwendig, erst mal anhand eines vereinfachten Modells zu erklären
(didaktische Reduktion). Das wird dann Stück für Stück wieder auf die
Realität ausgeweitet. Daher bitte nicht die ersten Sätze in Kritik stellen,
diese beschreiben eine Vereinfachung, nicht die Wirklichkeit.
> Am 16.01.2015 um 19:20 schrieb Christoph Mayer
> <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>:
>
> Marco,
>
> die ersten 50 Zeilen hättet Du Dir sparen können, das ist ein Stück für
> Stück aufgebautes Erklärungsmodell, das von didaktischer Reduktion
> ausgehend ein Problem aufzeigt und erst im Verlauf ins komplexere überführt.
>
> Und unten wird’s auch nicht sehr produktiv. Von einer Geldmengensteuerung
> habe ich nämlich überhaupt nichts erwähnt und das ist auch überhaupt nicht
> das was das Konzept tut.
>
>> Am 16.01.2015 um 19:05 schrieb Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>:
>>
>>
>> Am 16.01.2015 um 15:50 schrieb Christoph Mayer:
>>> Für mich macht es den Eindruck, als sei Erkenntnisstand und meist auch
>>> der Diskussionsstil jetzt geeignet, nochmal den Ursprungskern der
>>> Überlegungen zu erläutern, wie Kreditschöpfung wirkt und wie das
>>> transformiert werden kann:
>>>
>>> • Reduzieren wir die Wirtschaft mal auf ihre einfachste Form: 10
>>> Haushalte, die arbeiten und konsumieren, keine Bank, kein Staat.
>>> • Das Dorf hat z.B. 1000 Silberlinge als Geld.
>> Der Knackpunkt ist immer wieder: wo kommen die her und unter welchen
>> Gesichtspunkten werden/wurden sie verteilt, wenn sie einfach "da" sind.
>> Annahme 1: Der Helikopter hat gekreist und den Kram irgendwie abgeworfen
>> Annahme 2: Die Menschen haben tief in der Erde nach seltenem Edelmetall
>> gebuddelt und das dann in Münzform geprägt
>> Annahme 3: Die Menschen haben sich untereinander in Höhe der Summe
>> verschuldet.
>>
>> Es gibt bestimmt noch mehr Ansätze, aber ein Modell muss soweit rund
>> sein, dass es solche Fragen beantworten kann, ohne inkonsistent zu
>> werden. Axel hat das als "Singularität" bezeichnet - da gibt es halt
>> einfach einen Sprung: "und plötzlich war etwas da..." Das sind
>> Erklärungsversuche, die nach demselben Strickmuster ablaufen, wie man
>> Kleinkindern erzählt, dass das neu geborene Geschwisterchen der
>> Klapperstorch gebracht hat. Klar ist es überspitzt, aber es hat schon
>> was von Märchenstunde ;-)
>>> • Egal wieviel die Menschen arbeiten, das Geldvermögen kann nicht
>>> steigen. Das gilt auch heute: Durch Arbeit kann Geld nicht entstehen
>>> sondern nur verteilt werden.
>> Das, was wir heute als BSP messen, kann sehr wohl gesteigert werden.
>> Einen schnelleren "Umlauf" klammere ich dabei einmal aus. Jemand kann
>> mit einem Versprechen auf zukünftige Leistungserbringung *jetzt*
>> Waren/Dienstleistungen konsumieren. "Bezahlt" bzw. Leistung erbracht
>> wird später. Diese Art der (Neu-)"Verschuldung" ist der Grundstein des
>> modernen Geldsystems. Man hat mit der Bank eine Stelle geschaffen, die
>> das ganze ausführt und dokumentiert. Die Verschuldung/das Versprechen
>> wird verbrieft und bei Erfüllung wieder getilgt/vernichtet.
>>> • Die geschaffenen Güter, Immobilien, … wachsen aber ständig.
>> Wie kann mehr Output erzeugt werden, wenn zur Entlohnung immer nur
>> derselbe Betrag zur Verfügung steht? Produktivitätszuwachs schön und
>> gut, aber wer konsumiert das "Mehr"? Wo ist der Anreiz, überhaupt mehr
>> zu schaffen? Ganz schön vertrackt.
>>> Das bedeutet, der gleichen Menge Geld steht immer mehr erwerbbares
>>> gegenüber. Die Folge ist eine Geldaufwertung oder Deflation.
>>> • Eine Geldaufwertung bietet Anreiz für Geldhortung und führt zu
>>> einer Kontraktion der realwirtschaftlichen Geldmenge.
>>> • Die Kontraktion der Geldmenge führt zur Behinderung des
>>> realwirtschaftlichen Austausches.
>>>
>>> Fügt man in dieses System eine Bank ein und das vorhandene Geld hat eine
>>> Schuldentsprechung (also Kreditschöpfung), fließen automatisch 50 der
>>> 1000 Silberlinge jährlich zur Bank. Das führt zu einer verstärkten
>>> Kontraktion in der Realwirtschaft. Über das Kreditwesen wird nun ein Teil
>>> des Geldes als Ausgaben zurück fließen. Ein Teil wird nicht zurückfließen
>>> und „gelagert“ bleiben.
>> "Gelagert" ist in dem Moment nur eine Umschreibung für "gespart". Die
>> Bank hat Ausgaben, ihre Mitarbeiter geben ihr Einkommen wieder aus, usw.
>> Ist so lange alles gut, bis einer anfängt und Geld zurückhält. Man kann
>> das "horten" nennen oder "lagern", aber der allgemein gültige Begriff
>> dafür ist sparen.
>>> Dieser muss gegen Zinszahlung ausgelöst werden. Der Zins ist um so höher,
>>> je mehr Mangel in der Realwirtschaft herrscht.
>> Den einzigen Zusammenhang, der in diese Richtung geht, wäre steigendes
>> Kreditausfallrisiko, da vermehrt Kredite ausfallen (da das Geld nicht
>> zum Ursprung der Entstehung zwecks Tilgung zurückfließt).
>>> Ist dann der Mangel noch größer, sinkt der Zinssatz weil sonst alle in
>>> Konkurs gingen (Stand heute).
>> Mit "Mangel" ist wie vorhin auch die Sparrate v.a. der vermögenden
>> Haushalte gemeint. Warum sollen jetzt plötzlich Angebot und Nachfrage
>> nicht mehr gelten? Das Sinken geschieht nicht aus einer Not heraus,
>> sondern ist zum überwiegenden Teil nachfrageinduziert. Und wo keine ist,
>> kann an nicht vergebenen Krediten auch nichts verdient werden. Man kann
>> das "lagern", "horten", "sparen" auch umgehen, indem man neue Kredite
>> aufnimmt - und die sind gerade günstig wie nie :-) Das war die Lösung
>> in der Vergangenheit, die Netto-Neuverschuldung entsprach mehr oder
>> weniger der Sparrate. Sind die Kreditzinsen aber einmal niedrig, braucht
>> man ungeheuer viel an Neukrediten, um dieselben Sparzinsen wie gewohnt
>> zahlen zu können - an den Vermögen hat sich ja erstmal nichts geändert.
>> Die logische Konsequenz: der Zinssatz sinkt.
>> In der Gegenrichtung sorgt eine zunehmende Netto-Neu Kreditaufnahme für
>> ein Einnahmen-Plus, was als höherer Zins an die Sparer weitergegeben
>> werden kann. Da das ein sich selbst verstärkender Effekt ist, kommt nach
>> dem Boom eben auch der Bust. Außer man erzeugt anderweitig / exogen
>> weitere Blasen...
>>> Die Gesamtmenge der Zinszahlungen steigt also in der Anfangsphase und
>>> bleibt dann auf einem hohen Niveau.
>>>
>>> Da die Gütermenge und das Dienstleistungsangebot ständig wächst, muss
>>> darüber hinaus neues Geld in Umlauf gebracht werden, damit die
>>> Geldvermögen mit dem Angebot steigen. Nach Keynes ist es sinnvoll, etwas
>>> mehr neues Geld zu erzeugen, damit eine leichte Inflation entsteht und
>>> der Geldanleger durch Hortung Geldwert verliert, dadurch einen Anreiz zum
>>> Ausgeben und Anlegen hat.
>> Ich dachte, die Geldmengensteuerung sei ein alter Hut, längst als
>> unwirksam abgetan. Die ZB kann nur die Reservekonten der GBn aufblasen,
>> in der Realwirtschaft braucht es aber frische, noch unverbrauchte
>> Kreditnehmer, die neue Kredite aufnehmen und damit Geld erzeugen.
>> Der Zusammenhang "Oh, es gibt ja jetzt mehr Güter und Dienstleistungen,
>> also nehme ich mal schnell noch etwas mehr an Kredit auf" ist nicht
>> vorhanden. Die ZB kann wie gesagt im Normalfall auch nicht in die
>> Realwirtschaft durchschieben. Also hängt es von den Nachfragern ab, ob
>> mehr Geld entsteht. Und neue Kredite nehmen die nur auf, wenn sie
>> positive Zukunftsaussichten haben (steigende Reallöhne als Beispiel).
>> Das ist m.E. als Erklärung dann "rund".
>> Dann gibt es Länder wie D, wo man der Meinung ist, dass man selbst keine
>> neuen Kredite braucht und trotzdem wachsen kann. Die Kehrseite hat
>> Flassbeck heute beschrieben:
>> http://www.flassbeck-economics.de/bravo-deutschland-15-prozent-wachstum-2014-mit-ueber-200-milliarden-euro-neuen-schulden/
>>>
>>> Dazu kommt noch:
>>>
>>> - Die Geldmenge kann um so stärker wachsen, je mehr die Personen arbeiten
>>> bzw. die Wirtschaft Output erzeugt.
>>> - bei einem System mit Geldmengenerhöhung bei der Bank bedeutet das im
>>> jetzigen System: je mehr man arbeitet, desto schneller wachsen die
>>> gesamtwirtsch. Schulden. Die vermeintliche Lösung führt also immer tiefer
>>> ins Schlamassel.
>> Die Schulden müssen nur in dem Maße weiter steigen wie zusätzlich
>> gespart wird. Durch die Konzentration bei Wenigen fehlt es am anderen
>> Ende der Fahnenstange. Das ist ein Verteilproblem.
>>> - nur wenn die Geldschöpfung bei den Wertschöpfenden erfolgt, wird dieser
>>> Automatismus aufgehoben. Dann wachsen die Vermögen mit der Wertschöpfung
>>> und dort, wo die realwirtschaftlichen Investitionen benötigt werden. Je
>>> mehr alle arbeiten, desto mehr Wohlstand entsteht, aber eben nicht mehr
>>> Schulden.
>> Reale Arbeit bedeutet realer Aufwand. "Verschuldet" wird sich in der
>> einzigen Währung, die für alle gleichermaßen gilt: Zeit.
>> Schulden sind nicht mehr (und nicht weniger) als ein Ausdruck, um
>> zusätzlichen/zukünftigen Aufwand für den Kreditnehmer zu beziffern. Von
>> daher erachte ich den Terminus "schuldfreies Geld" als grobe
>> Irreführung. Unsere Gesellschaft hat es in gewisser Weise in über 100
>> Jahren verlernt, in welcher Form Aufwendungen gegeneinder aufgewogen und
>> verrechnet werden. Alles geschieht weitgehend anonym und abgeschottet,
>> dabei drehen sich unzählige kleine Rädchen, die allesamt miteinander
>> verbunden sind.
>>>
>>> Also, was, wenn die Geldmenge quasi direkt durch Arbeit steigen würde?
>>> Wenn das Geldvermögen der Personen genau um den Betrag steigen würde, den
>>> sie selbst an realem Wert in Form von Gütern und Dienstleistungsangebot
>>> geschaffen haben?
>> Willkommen in der Werte-Diskussion.
>>> Dann würde die Geldmenge stets dem entsprechen, was an Werten in der
>>> Gesellschaft vorhanden ist. Ein Bedarf an Kredit besteht im existierenden
>>> Kreislauf nicht. Und das ist die Grundidee vom Wertschöpfungsgeld. So ist
>>> die Bank nur noch für einen Ausgleich von Bedarf und Neugründungen
>>> zuständig, für den eigentlichen realwirtschaftlichen Prozess ist sie
>>> nicht mehr notwendig.
>> Geldmengensteuerung halte ich wie gesagt nicht für zielführend, da es
>> das Kernproblem nur indirekt adressiert.
>> Die Idee, Arbeit nach gerechteren Gesichtspunkten als bisher zu bezahlen
>> und damit "wert-lose" Tätigkeiten auszusortieren, erhält meine volle
>> Zustimmung. Man braucht dann nicht mal halt machen und kann sich
>> grundlegend über Lohnarbeit Gedanken machen, aber das führt an dieser
>> Stelle wohl zu weit... Im Kern sind das immer Verteilungsfragen.
>>> Von da aus kann man jetzt den Blick weiten und die Zielrichtung
>>> verändern, z.B. Sachvermögensverteilung mit integrieren. Oder mit dieser
>>> Maßnahme auch gleich die Keynsche Inflation mitschaffen. Man kann den
>>> Detaillierungsgrad erhöhen: Was ist mit Wertverfall/ Abschreibungen, wie
>>> wird eine Fehlverwendung verhindert, wie sind die Interaktionen mit dem
>>> Ausland, was ist mit dem Staat usw. Das habe ich gemacht.
>>>
>>>
>>> Christoph Ulrich Mayer
>>> CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de
>>> Augsburg, Germany
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