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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB
  • Date: Fri, 03 Oct 2014 09:31:00 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Arne,

Für mich sind Münzen, Banknoten und die Haben-Salden auf den Girokonten des Bankcomputers die *Nachweise* für Geld. Das Geld selbst besteht aus abstrakten subjektiven Rechten. Der rechtliche Aspekt ist entscheidend. Die Form des Nachweises wird je nach Bedarf und Zweck gewählt.

Buchungseinträge (ob auf Papier, Metall, in Bits und Bytes oder auf welchem Material auch immer symbolisch festgehalten) sind nur Nachweise für immaterielle, (schuld-)rechtlich geregelte Verpflichtungs_beziehungen_ zwischen Rechtspersonen (=Menschen).

Dazu ein schönes Zitat aus einem juristischen Lehrbuch des Schuldrechts, das diesen Punkt m.E. wunderbar verdeutlicht:

/"Das Schuldverhältnis … kann eine Reihe von Leistungspflichten und weiteren Verhaltenspflichten, es kann darüber hinaus für den einen oder andern Teil Gestaltungsrechte … und sonstige Rechtslagen umfassen. Es ist also ein Inbegriff, _ein Ganzes nicht von Tatsachen oder Vorgängen der sinnlich wahrnehmbaren Außenwelt, sondern von konkreten Rechtsfolgen_. Wir sagen, dass diese Rechtsfolgen “gelten”, und meinen damit, dass sie für die Beteiligten maßgeblich sind, dass diese sich ihnen gemäß verhalten sollen und dürfen (normative Geltung).” (Karl Larenz: Lehrbuch des Schuldrechts, München 1987, S. 26f.)/

Ich halte mal fest: Buchungseinträge

1) dokumentieren Forderungen/Verbindlichkeiten, also spezifische (vertragliche) Verpflichtungsbeziehungen zwischen Menschen;
2) sind symbolische Repräsentationen für immaterielle, "geistige" Vereinbarungen, die rechtlich geregelt sind
3) sind damit immaterielle "Kulturprodukte" - geistige Produkte menschlichen Handelns, die extern lediglich in Form von symbolischen Zeichen(systemen) repräsentiert und damit quasi "objektiviert", also nach außen hin sicht- und greifbar gemacht werden (z.B. "Büchern").

Larenz verwendet für diese Art menschengeschaffener kultureller Bedeutungsstrukturen den (Hegel'schen) Begriff des "objektiven Geistes"

/“Die Sache als körperlicher Gegenstand gehört der Seinsschicht der sinnlich wahrnehmbaren Dinge, des physisch im Raum Daseienden an, die Forderung dagegen, ebenso wie das Eigentum, schon der _Seinsschicht des objektiven Geistes, nämlich des rechtlich Geltenden_. Jede Verfügung im Rechtssinn zielt auf eine Veränderung in der Welt des rechtlich geltenden ab. Verfügt wird stets nur über ein Recht (oder ein Rechtsverhältnis), daher streng genommen auch nicht über die Sache, sondern über das Eigentum an ihr.” (Larenz 1987, 573)/

Leider haben materialistische Gesellschafts- und Geldtheorien (die Marx'sche eingeschlossen) genau diesen absolut zentralen Kernpunkt verpaßt - und damit ein Verständnis der "bürgerlichen Gesellschaft" oder westlichen Zivilisation insgesamt.

Diese aber basiert im Kern auf IDEEN: Denen von Eigentum, Gleichheit (vor dem Recht), (Vertrags-)Freiheit und Vertrag - womit wir wieder bei der Diskussion um die "Definition" des Kapitalismus wären.

Die Marx'sche materialistische Kritik an Hegel stellt also nicht etwa Hegel "vom Kopf auf die Füße". Genau umgekehrt: die materialistische Vorstellung vom Geld als Tauschmittel-Ding stellt die Wirklichkeit der bürgerlichen Gesellschaft auf den Kopf und läßt alles entscheidende an ihr unverstanden.

Gruß
Wolfgang




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