Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision

[Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>]

> Am 13.08.2014 um 00:30 schrieb "moneymind" <moneymind AT gmx.de>:
> 
> Hi Patrik,
> 
>> Ich denke, es führt zu vielen "Blah-Aussagen", wenn man probiert den 
>> Kapitalismus als etwas anderes zu definieren als das, was er ist: ein 
>> PRODUKTIONSsystem!
>> Kapitalismus bedeutet nichts anderes als dass in großen 
>> Produktionseinheiten produziert wird, um von steigenden Skalenerträgen zu 
>> profitieren, anstatt dass viele kleine Einheiten vor sich hinkrautern.
>> Wie diese großen Produktionseinheiten zustandekommen, ist dabei 
>> unerheblich; das kann in einer Demokratie unter rechtsstaatlichen 
>> Bedingungen oder in der übelsten Diktatur passieren.
> 
> 
> Dann ist für Dich der Sowjetsozialismus 1917-1989 auch Kapitalismus.

Ganz genau, auch die sozialistischen Staaten bedienten sich eines 
kapitalistischen Produktionssystems.

> Nope, sorry.

Wohl ;-)

> 
>> In Extremfall ist dazu nicht einmal eine staatliche Ordnung notwendig, 
>> sondern lediglich irgendeine "Macht", die die Errichtung dieser 
>> Produktionseinheiten organisiert.
> 
> Kannst Du dafür mal ein konkretes historisches Beispiel geben?

Afrikanische Warlords, die nach Blutdiamanten schürfen lassen; dieses als 
"Staat" zu bezeichnen halte ich für zu weitgehend.

> 
>> Umgangssprachlich versteht man darunter wohl präziser ein System, bei dem 
>> darüber hinaus
>> a) die Erzielung dieser Skalenerträge die dominante gesellschaftliche 
>> Zielgröße darstellt und b) diese Erträge nicht der Allgemeinheit, sondern 
>> im Wesentlichen einer kleinen Elite zu Gute kommt
> 
> Wie schon gesagt, dann ist für Dich auch Sozialismus = Kapitalismus, und 
> alle Unterschiede übersiehst Du (Vertragsfreiheit, Haftung mit Eigentum, 
> Betriebe können pleite gehen - gab es im Sozialismus alles nicht, große 
> Einheiten schon).

Sozialismus ist eine Gesellschaftsform, Kapitalismus eine Produktionsform; 
das sind keine Widersprüche. Der Antagonist zum SOZIALismus (bei dem "die 
Gesellschaft" das Maß aller Dinge ist) ist eigentlich der INDIVIDUALismus 
(bei dem der Einzelne das Maß aller Dinge ist)

> 
> Achje, was waren die blöd im Kalten Krieg, sich um Privateigentum, Freiheit 
> und Sozialismus vs. Kapitalismus zu streiten - die hatten doch in RU AUCH 
> Kapitalismus! Gar kein Unterschied!

Richtig, aber Ziel der Propaganda ist selten der korrekte Gebrauch der 
Sprache. 

> 
>> In a nutshell: Kapitalismus ist, wo in großen Einheiten produziert wird
> 
> In großen Einheiten produziert wurde weder im Kaufsklavenkapitalismus der 
> Antike, noch im Handelskapitalismus ab dem 13. Jhdt. in Norditalien, wo es 
> Wechsel, Banken und Spekulationskrisen gab.

Richtig, genau das meine ich.

> Große Einheiten als solche haben mit "Kapital" nicht das geringste zu tun. 
> Sie können innerhalb oder außerhalb von Kapitalismus existieren, wie 
> 1917-1989 zeigen.

Nun, "Kapital" sind im Kern die Mittel, die zur Produktion eingesetzt werden. 
 Was sollte es sonst sein? Im Kapitalismus wird der Fokus darauf gelegt, viel 
Kapital zusammenzutragen, um große arbeitsteilige Einheiten zu schaffen (und 
in der Folge Handel), während bspw. in der Subsistenzwirtschaft der Fokus 
eher auf kleinen Einheiten liegt, die aber im Zweifel ohne Transaktionen 
auskommen. 

Deshalb ist der Handel im Kapitalismus auch so wichtig; Spezialisierung führt 
zur Notwenigkeit des Austauschs von Güter. Insofern ist ein ausgeprägter 
Handel ein wichtiges, wenn auch sekundäres, Merkmal des Kapitalismus.

> Entscheidend für Kapitalismus ist die formale Rechtsstruktur, die auf den 
> rectlichen Kernideen von Eigentum, Freiheit und Vertrag basiert.

Diese Konzepte sind nur eingeführt worden, um den Handel zu organisieren, sie 
aber weder konstituierend noch fundamental. Kapitalismus funktioniert auch 
mit Raub, Mord und Totschlag - nur nicht so gut ;-)