Re: [AG-GOuFP] Frage zum Vortrag von Tommy: Eine Bank verliert nichts, wenn ein Kredit ausfällt?

[Piratos <piratos.aka.tobias AT egomatrix.de>]

Hallo Johannes,

ich glaube, ich brauch noch etwas Popper Nachhilfe von Dir :-)


Am 04.04.2012 16:26, schrieb Dr. Johannes C. Kerner: Ich erwarte die exakte Beschreibung, an welcher Stelle und in welchem Ablaufteil der Wikieintrag falsch ist. Einfach ein Forderung auf Löschung ist wohl etwas arg sektenhaft.

Das Problem des Wikieintrages ist, dass er behauptet, die Zinskritik zu widerlegen, was er nicht tut.

Die Zinskritik besagt, dass eine bestimmte, existierende Geldmenge X nicht ausreicht, um einen (oder tausende) Kredite in Höhe dieser Geldmenge mit Zinsen zurückzuzahlen. Oder anders: Das für die Zinszahlungen benötigte Geld wird bei der Kreditvergabe nicht mitgeschöpft.

Eine (kontinuierliche) Ausweitung dieser Geldmenge ist die einzige Möglichkeit, ein solches System am Laufen zu halten. Ist dies nicht möglich, bricht das System zusammen. Punkt.


Was passiert in Deiner Vorstellung, wenn der Guthabenzins,  den eine Bank zahlt, genutzt wird, eine Kreditrate zu bezahlen?
Fehlt dann noch der Zins der nicht "mit geschaffen" wurde bei dem Kredit?



Einzelvorgänge habe ein Anfang und Ende. Das System nicht.

Jede Währungsreform widerlegt diese theoretische Aussage praktisch. Ist übrigens der Teil der Zinskritik (das System bricht zusammen, wenn...), den du ignorierst.


Ja aber Du negierst auch, dass ein neues System nie bei null startet, eine gewisse Grundgeldmenge muss immer vorhanden sein, ist dass dann Dein "gedachter Anfang"?
Und ist dein "gedachtes Ende", wenn die Geldmenge anfängt zu kollabiert, oder wenn sie am Schluss ganz weg ist? ;-)




Der Artikel ist ja sicher auch nett gemeint, aber er widerlegt eben nicht die Zinskritik. Das sieht man ja auch ganz deutlich an dem Ratenzahlungsbeispiel, da zeigst du ja selbst, dass du nicht Recht hast: Selbst wenn der Kreditgeber die Tilgungsraten jeweils wieder verschenkt, ist nicht ausreichend Geld für die letzte Tilgungsrate vorhanden.


Ziel des Beitrages war es, zu zeigen, dass eine Aufschuldung im laufenden Geld-System nicht mit dem Zins zu begründen ist, wenn Du die Rückführung des Zins durch Banken über Guthabenzins, Renditen usw. berücksichtigst, verstehe ich nicht, wie Du nicht erkennst, dass Zinsen im Kreis fließen, solang sie nicht gespart werden.

Nun zu Popper Nachhilfe:
Die "systematische Kritik" verstehe ich auch nicht, denn wenn ich einen "realer Ausschnitt" des Systems betrachte, und dort die These "Aufschuldung durch Zins" widerlegt wird, und jeder andere real mögliche "Ausschnitt" dies auch belegt, ich also keinen "realen Ausschnitt" finde, der der These widerspricht, dann dachte ich, es sei erlaubt, die These auf das gesamte System auszuweiten.
Wenn die Zinsen von der Bank wieder ins System gekippt werden, kann dieses Geld wieder Zinszahlung an eine Bank werden, es sei den jemand spart dieses Geld. 
Kannst Du mir sagen, wo ich da falsch liege, und was Popper dazu "systematisch" sagte?
 


Das kann man, wie du, dramatisieren:

Soeben ist das Ende allen Wirtschaftens eingetreten. Denn nur ganz am Ende fehlen exakt 0,002Euro.
Aber mehr besagt die Zinskritik nicht. Das Geld am Ende fehlt eben. Die Zinskritik macht keine Aussage über die Höhe (deine Berechnung hinkt übrigens, aber das ist nicht relevant.).


Nein die Zinskritik sagt nicht, dass am Ende das Geld fehlt, sie sagt vielmehr, dass der permanent fehlende Zins zur Neuverschuldung führt, und genau dagegen wende ich mich mit dem Beitrag. Wenn der Zins nicht gespart wird, fehlt er nicht!   Pünktchen  ;-)
Wo steht denn, dass: "Das Geld am Ende fehlt eben."

Ich finde den Artikel ja ganz gut, wenn du zeigen willst, dass das System funktioniert, so lange die Geldmenge ausgeweitet wird, aber das ist nicht der Angriffspunkt der Zinskritik. Der ist vielmehr, dass die Geldmenge immer weiter ausgeweitet werden muss.

Soll ich das mathematisch probieren?

(I) Existierende Geldmenge zum Zeitpunkt t1: x(t1).

(II) Verleihen der Geldmenge n zum Zeitpunkt t2 mit n >= x, bewirkt eine existierende Geldmenge von x(t2) = n.

(III) Der Schuldner schuldet in t3 n * (1 + a) mit a > 0 (Zins).

(IV) Wird zwischen t2 und t3 kein neues Geld geschöpft, ist die Geldmenge konstant geblieben, also x(t3) = x(t2) = n

(V) da n * (1+a) > n kann der Kredit nicht getilgt werden.



Wo ist in Deiner "mathematischen" Widerlegung denn die Rückführung der Zinszahlungen an das System?
Also die Boni der Angestellten, die Guthabenzinsen, die Kosten für Bankpaläste, kurz, dass Geld, was die Bank
zum "Einkommen andere macht"
Das ist ja der Kern der Kritik an den Zinskritikern, dass sie diesen Sachverhalt übersehen.

Oder anders gefragt, wo landet den der "fehlenden Zins" wenn er dem System entzogen wird und zur Neuverschuldung führt?


Bitte beachten: die Postulate in II und IV sind der Kernpunkt der Zinskritik. Die ignorierst du. Das macht den Artikel zwar interessant (und sicher irritierend), aber eben nicht zu einer Widerlegung der Zinskritik.

Grüße

Jo

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Liebe Grüße

Piratos aka. Tobias