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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: "Christoph Ulrich Mayer" <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
- To: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten
- Date: Sat, 25 Feb 2012 11:37:26 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
von Christian Seiler
"> => Das waren ja nur Zahlen, nicht Ausdruck einfachen Denkens. => Und
> wie Nocolai schon geschrieben hat, existiert vieles, das keinen Wert
> schafft.
> Märkte funktionieren nicht generell nach Angebot und Nachfrage, dies
> ist nur eine Sonderform. Generalisiert gesagt funktionieren Märkte
> nach Macht. Wer die größere Macht hat, bestimmt den Preis. Und wir
> haben heute bzw. schon lange eine Situation, in der die
> Machtverhältnisse nicht sinnvollgestaltet sind.
> Das aufstellen und Einhalten von Regeln für den Markt ist Aufgabe der
> Legislative und Justiz inkl. Kartellamt. Es muss aber auch das
> systemische Ungleichgewicht aktiv durch den Staat garantiert werden,
> das heute durch ein falsches Geldschöpfungsmonopol manipuliert ist.
Tut mir Leid, das ist eine Fehlinterpretation. Kartelle sind inhärent
instabil und nur in besonderen Situation wirksam. Das lässt sich ganz einfach
durch den logischen spieltheoretischen Ansatz erläutern. Wenn gewünscht wird,
dass ich den erläutere, mache ich das, aber den kann man auch in, z.B.
Gibbons finden.
Es gibt nicht "schon lange" eine Situation in der Märkte nicht funktionieren.
Ich weiß auch nicht was du unter Macht verstehst. Meinst du eine Marktmacht?
In der Tat muss man sich Märkte nicht immer als komplette Wettbewerbsmärkte
vorstellen, das heißt jedoch nicht, dass dadurch eine Ineffizienz entsteht.
Oligopole sind nicht gleichzeitig Kartelle - sie können als Kartelle agieren,
sind es meistens aber nicht.
Es gibt Situationen in denen auch Märkte mit nur 2 Unternehmen (oder einer
anderen geringen Zahl) einen Wettbewerbspreis anbieten, das ist der
sogenannte Bertrand Wettbewerb, in dem die Unternehmen ihre Preise bestimmen
und durch Antizipation der Handlungen schon den Wettbewerbspreis anbieten.
Der Kampf zwischen Lidl und Aldi im Discountermarkt wäre in etwa so ein Markt
und auch der Billigflug Sektor ist so ein Markt, oder der Markt für
Mitfahrgelegenheiten.
Dann gibt es den häufig vorkommenden Cournot Markt. Unternehmen bestimmen
über ihre Produktionsmenge das Angebot. Auch hier ist zu beobachten, dass
zwar der Gleichgewichtspreis des Wettbewerbsmarktes nicht erreicht wird, es
aber keineswegs sich um ein Kartell handelt. Unternehmen produzieren im
Cournot Gleichgewicht weniger als im Wettbewerbsmarkt, aber mehr mehr als im
Monopol. Wird die Anzahl der Unternehmen im Cournot Markt erhöht und
konvergiert gegen unendlich, so wird auch der Cournot Preis zum
Wettbewerbspreis.
Über Stackelberg und Monopolmärkte brauchen wir nciht zu reden! Sie sind
ineffizient und hier Bedarf es Regelungen."
=> Bist Du bist Betriebswirt? Bei den xpolen kennst Du Dich sehr gut aus
(ernst gemeint).
Meine Aussage bezieht sich darauf: Generalisiert kann man sagen, dass
der Preis sich in Märkten durch die Machtverteilung im Markt regelt.
Eine Sonderform davon ist die Regelung nach Angebot und Nachfrage,
diese Sonderform ist nur dann gültig, wenn die anderen Machtarten
ausgeschlossen sind.
Es bedarf also notwendigerweise eines Rechtsrahmens, banales Beispiel:
Wenn jemand mit der Pistole auf den Markt geht, bekommt er alles für 0 Euro.
=> Mir geht es vor allem um die Machtverzerrungen im Geldmarkt, hier gibt es
einige: Sonderstellung des Geldes gegenüber Waren durch Universalität, durch
Wachstum statt Verfall, Geldschöpfungsmonopol (letztlich bei Privatbanken!
Hier muss man reformieren und diese in rein die öffentliche Hand
zurücklegen), Währungsmonopol (dieses möchte ich gerne beim Staat lassen,
sonst gibt es noch mehr Manipulation), rechtliche Sonderstellung der Lebens-
und Rentenversicherungen gegenüber anderen Anlageformen, Gewährleistung von
freiem internationalem Kapitaltransfer im Gegensatz zu Realkapital,
Arbeitskraft und Staatsmacht, die lokal gebunden sind, angegliedert auch noch
Verschiebungen durch mangelnde Regelung der Finanzinstitute tun dürfen und
was nicht usw.
=> Diese Machtverschiebungen müssen sinnvoll korrigiert werden, wenn der
Geldmarkt tatsächlich nach Angebot und Nachfrage funktionieren soll.
"Die Seniorage in der Geldschöpfung hat immer noch die Zentralbank, nicht die
Privatbanken. Die Zentralbank hat den Monopolgewinn der Schaffung von
Zentralbankgeld!"
=> Geldschöpfung läuft heute anders, siehe Nicolais Mail und unser Wiki:
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaGegenwaertigesGeldsystem
"> => In einer Diskussionsrunde, ich glaube bei Markus Lanz war's, Dirk
> Müller war auch dabei, sagte ein Lobbyist der Banken: Wir brauchen die
> Finanzinvestitionen der Finanzindustrie, um die teure deutsche
> Exportindustrie zu finanzieren." Bei dem Spruch habe ich mich gefragt,
> ob ich jetzt gerade noch in der Realität lebe, ähnlich wie, als ich
> das erste Mal "Es gibt Reis" von Helge Schneider gehört habe. Die
> deutsche Exportwirtschaft hat insgesamt 2,4 Billionen Euro ins Land
> geholt, ist aber mit 3,6 Billionen verschuldet. Teuer???
Ich habe mich niemals für ein Exportübergewicht ausgesprochen noch habe ich
irgendwelche Verbindungen zu Finanzinstituten außer als Kunde, und was so ein
Lobbyist bei Markus Lanz (oder bei welchem deutschen Streichelzoo ohne Niveau
auch immer) sagt, geht mir am Allerwertesten vorbei. Richtig ist, dass Export
in der VGR eine Verschuldung des Auslands beim Inland bedeutet."
=> Es war auch nicht meine Absicht, das zu unterstellen.
In dieser Aussage geht es um den Unsinn der "Finanzinnovation" und das
Bewusstsein der Bankenbranche diesbezüglich
"> Die Finanzbranche ist der Umschlagplatz für den Transport von
> Vermögenseinkommen aus der Realindustrie in private Taschen.
> Privatpersonen haben ein Vermögen von geschätzt insgesamt 8 Billionen
> Euro.
> Finanzinnovationen heißt: Sich immer etwas neues ausdenken, mit dem
> man Geld von A abziehen und zu B bringen kann und sich möglichst viel
> davon abzweigt. Auf Finanzinnovationen wie Leerverkäufe, Derivate,
> Optionsscheine, Schattenbanken mit Kreditfonds und gefälschtem Rating
> kann die Realwirtschaft gut verzichten.
Schattenbanken gibt es im Moment Meistens in China, in Deutschland habe ich
ncoh keien gesehen, oder meinst du die Bad Banks. Richtig ist, dass das keine
Finanzmarktinnovation ist, sondern eine Politikinnovation.
Du stellst Innovation als sehr schlecht dar und Pauschalisierst hier
unglaublich. Leerverkäufe können Volkswirtschaftlich sinnvoll sein, z.b.
um Preise schneller zu stabilisieren. Derivate und Optionsscheine - richtig
angewandt udn vor allem verstanden sind sie sicherlich sinnvoll.
Es ist sicherlich richtig, dass gerade die Hedgefonds, die mit solchen
Derivaten handelten sehr gut durch die Krise gekommen sind. Was meinst du mit
gefälschtem Rating??
Ich dachte das wäre nur bei der SZ und bei der Bild, die mittlerweile ein
Niveau haben ein Thema. Ich erkläre dir das mal so: Eine Rating Agentur ist
ein Beobachter. Wenn sie falsch liegen, dann wird auch niemand diesen Ratings
in Zukunft glauben schenken. Sogar die Piratenpartei kann eine Ratingagentur
aufmachen! Wenn die Agentur gut funktioniert, dann ist es umso besser einen
zusätzlichen Beobachter zu haben. Ratingagenturen bieten also eine
Informationsdienstleistung an, anhand derer es Kunden ermöglicht wird
möglichst schnell einen Überblick über die Lage zu gewinnen. Lustig ist, dass
diese Frage auftauchte als die Ratings der europäischen Länder ins wanken
kamen. Dies Länder haben eine, nach allen vorherigen Erkenntnissen der
internationalen Wirtschaftslehre inhärent instabile Währung, einen Fiskalpakt
der keine Anreize zur Einhaltung enthält und Dutzende male gebrochen wurde,
dazu noch Staatsschulden in unglaublicher Höhe, keine Souveränität über ihre
Geldpolitik und binden ernsthaft große Teile ihres nationalen Haushaltes an
Höllengefährte um die nicht Pleite gehen zu lassen, transformieren also die
Risiken des Zahlungsausfalls auf ihre Haushalte.
Ich habe ein halbes Jahr in Frankreich gelebt, und sorry da steht jedem
normalen Menschen das Wasser bis zum Halse. Institutionelle
Jugendarbeitslosigkeit, Überbordende Bürokratie, Gewerkschaften die
aggressivst die Interessen ihrer Mitglieder auf Kosten aller Anderen
durchsetzen, staatliche Monopole und Beschränkungen, und einen Staatshaushalt
der wie Vulkan brodelt. Wie das Land zu diesem Zeitpunkt überhaupt ein Triple
A haben konnte war mir schleierhaft, vielleicht war ich auch nur in einer
ungünstigen Periode da."
=> Zum Thema Schattenbanken empfehle ich diesen Artikel:
http://www.heise.de/tp/artikel/36/36234/1.html
Innovationen sind gut. Finanzinnovationen sind meist
gesamtgesellschaftliche Katastrophen.
Leerverkäufe sind nur für Risiko-Geldanleger sinnvoll, für niemand
sonst, genauso ist es mit allem, was dadurch ermöglicht wird wie
Optionsscheine.
Mit gefälschtem Ratings meine ich z.B. die massenweisen Fehl-Ratings
vor der Finanzkrise, dazu empfehle ich, den Film "Inside Job" anzusehen.
Obwohl Standard & Poors bei 80% der diesbezüglichen Ratings innerhalb
von wenigen Monaten von AAA auf "abzuschreiben" korrigieren mussten,
vertrauen wir ihnen im Finanzmarkt immer noch. Warum? Dass viele Staaten kein
AAA mehr verdienen, ist schon klar, doch wieso geben wir einer
privatwirtschaftlichen Rating-Agentur, die zudem finanziell für jedes HOHE
Rating belohnt wird die Macht, letztlich Staaten zu bestimmten Handlungen zu
nötigen?
Die Staatsverschuldung entsteht ja letztlich aus der Notwendigkeit, neuem
Vermögen neue Schulden gegenüberzustellen, all das ist eine gigantische
volkswirtschaftliche Fehlbuchung!
Deutsche Unternehmen haben seit 1948 insgesamt 2,4 Billionen Euro
Handelsbilanzüberschuss erzielt, sind aber mit 3,6 Billionen Euro
verschuldet. Der Staat hat angeblich die Geldmenge erhöht - von 48 Mrd. Euro
auf heute ca. 4,5 Billionen Euro, doch er Staat ist mit 2 Billionen
verschuldet. Die Bürger haben dagegen ein Geldvermögen von ca. 5 Billionen
Euro, Gesamtvermögen von 8 Billionen Euro, 10% der Bevölkerung gehört davon
mindestens 61% (Zahl von 1998, heute sicher höher).
Siehe dazu auch dieser exzellente Artikel:
http://spreegurke.twoday.net/stories/49594757/
Verlegt man die Geldschöpfung weg von der Finanzwirtschaft hin zu der
Realwirtschaft und deren Mitarbeitern, dann steigen die Bruttolöhne/
-gehälter, damit die Steuereinnahmen und der Staat kann sich entschulden. Ein
Konzept dazu heißt "Wertschöpfungsentgelt", ein anderes zur Verlegung der
Geldschöpfung zur öffentlichen Hand "Vollgeld". Das ist die einfachste und
sinnvollste Art, die ich kenne um die Staatsverschuldungsprobleme zu lösen.
Und sie wirkt deshalb, weil sie den Buchungsfehler korrigiert.
"> Banken hätten sinnvollerweise einfach die Aufgabe überschüssiges Geld
> von Sparern an Geldbedürfitge Investitionen zu vermitteln. Nicht mehr
> und nicht weniger.
> Sie sind nicht als Chef im Ring geeignet und haben auch keinen Nutzen,
> der auch nur annähernd die heutigen Umsätze rechtfertigt. Dafür
> brauchen wir Lösungen.
Niemand will dass Banken als Chef im Ring agieren. Das ist Unsinn. Ich habe
auch nie behauptet das man die Banken überhaupt hätte retten sollen. Das war
die Ursünde. Damit hat man Moral Hazard provoziert, d.h.
ganze Märkte und zukünftige Risikoanreize völlig verschoben und Steuergelder
zusätzlich sinnlos rausgeworfen. Jeder muss frei sein können, aber jeder muss
dann für seine freien Entscheidungen die Verantwortung tragen! Wenn eine Bank
nur Mist baut, dann geht sie halt Pleite!!!
In Deutschland hätte dem Steuerzahler das aber nur bei der Commerzbank etwas
gebracht, denn alle anderen stark bedrohten Banken waren staatliche oder im
staatlichen Besitz. Die Gründe kann man vornehmlich im Moral Hazard suchen.
Wer auf die dumme Idee kam, Banken mit einem staatlichen Ausfallrisiko zu
versichern und dann wie normal Marktteilnehmer loszulassen, der gehört
eigentlich vor ein Gericht gezerrt, liebe bayerische CSU."
=> Bitte solche Aussagen nicht persönlich beziehen, auch hier war nicht
unterstellt, dass Du das behauptest sondern es ist eine Aussage, die den
Gesamtzusammenhang darstellen sollte.
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, Nicolai Haehnle, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, MonikaHerz AT t-online.de, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, Nicolai Haehnle, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, Thomas Irmer / ID Concept, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, MonikaHerz AT t-online.de, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, Enter-Mario, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, MonikaHerz AT t-online.de, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Programmdiskussion, Nicolai Haehnle, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, MonikaHerz AT t-online.de, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Piratos aka. Tobias, 26.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Christian Seiler, 26.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Piratos aka. Tobias, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Grosser Nagus Gint, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Christian Seiler, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Systemfrager, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, MonikaHerz AT t-online.de, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Christian Seiler, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Grosser Nagus Gint, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Piratos aka. Tobias, 27.02.2012
- Re: [AG-GOuFP] Realwirtschaft und Finanzwirtschaft - Zahlen und Fakten, Christian Seiler, 26.02.2012
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