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ag-meinungsfindungstool - Re: [Ag Meinungsfindungstool] Alltagshandeln als Grundlage für Ideen / Vorstellung

ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list

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Re: [Ag Meinungsfindungstool] Alltagshandeln als Grundlage für Ideen / Vorstellung


Chronologisch Thread 
  • From: Dinu Gherman <gherman AT darwin.in-berlin.de>
  • To: weihe AT cs.tu-darmstadt.de, ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] Alltagshandeln als Grundlage für Ideen / Vorstellung
  • Date: Sat, 15 Dec 2012 13:11:31 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
  • List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>

Am 14.12.2012 um 15:50 schrieb Karsten Weihe:

> Es wird immer noch einen Riesenunterschied machen, ob man die
> nichtsachlichen Aspekte zum Grundprinzip macht, bspw indem man
> schnelles Lesen und schnelles Voten ermutigt, oder ob das Tool immer
> wieder und an jeder Stelle unverbindlich dazu einlädt, tiefer in die
> sachlich-logischen Gedanken einzusteigen, die sich andere schon vorher
> zum Thema gemacht haben. Auch wenn die Mehrheit dieser Einladung nicht
> oder bestenfalls nur teilweise folgt, sollte man nicht die
> gruppendynamische Wirkung unterschätzen, die von Diskussionsbeiträgen
> der Form "Diese Ansicht ist unhaltbar, und das möchte ich wie folgt
> begründen: ..." ausgehen kann.

Was bewegt Dich zu der Annahme, dass "unverbindliche Einladungen", tiefer in
irgendeine Materie einzusteigen, von einem signifikanten Anteil der
Teilnehmer angenommen würden? Denn darum geht es, und nicht um Minderheiten
oder Mehrheiten. Unverbindliche Einladungen finde ich jeden Tag in meinem
Briefkasten. 99.99 % davon sind "Spam".

Wenn man heute mit Soziologen spricht, die wissenschaftliche Umfragen machen,
hört man, dass es immer öfter Menschen gibt, die sich nur noch gegen
Bezahlung überhaupt befragen lassen wollen. So weit sind wir in einer
postsozialen Gesellschaft gekommen, in der Hartz IV auf viele Bereiche
ausstrahlt. Da dürften "unverbindliche Einladungen" wenig Aussicht auf Erfolg
haben.

Und zur "gruppendynamischen Wirkung von Diskussionsbeiträgen": solche
Beiträge muss man erst einmal finden, wobei zahlreiche Studien belegen, dass
diesen nur dann geglaubt wird und sie nur dann umgesetzt werden, wenn sie von
Mitgliedern der eigenen Peer-Group geäußert wurden. Also müssen sie auch dort
gefunden werden, wenn sie irgendetwas bewirken sollen.

Sprich, wenn Dein "bescheuerter Nachbar" beschließt, weniger Fleisch zu
essen, dann wirst Du Dir viel eher überlegen, ob Du das auch mal
ausprobierst, als wenn Du 1000 Artikel in der Zeitung oder Diskussionen dazu
in einer Talk-Show siehst oder einem "Diskussionssystem" liest, wo Du
niemanden sonst wirklich persönlich kennst.

Leider ist es eben so, dass in diesem Kontext "Information" allein keine
direkte und erst recht keine sofortige Wirkung hat. Sonst gäbe es z.B. keine
Otto-Normal-Privatkunden bei der Deutschen Bank mehr. Ebenso wenig bewirkt
sie schnelle logische Schlussfolgerungen und Handlungen im Empfänger. Sie
zeigt nur dort schnelle Wirkung, wo sie mit wenig Aufwand so weit in das
eigene Bezugs- und Glaubenssystem passt und dieses nicht zu sehr auf den Kopf
stellt. Wenn die dafür nötige Integrationsleistung zu hoch ist, dann ist der
Empfänger schlicht überfordert und nimmt eine Blockadehaltung ein.

Information im Kontext von Meinungsbildung und -austausch wirkt also am
besten nach dem Resonanzprinzip, wenn der Empfänger schon einen "Nährboden"
dafür hat oder dafür "sensibilisiert" ist (was die Peer-Group am ehesten
leistet). Wenn nicht, dann kann man das z.B. in einem Konsensprozess
entwickeln, oder im schlimmsten Fall auch durch lange Dauerberieselung mit
der gewünschten Information.

Aber wie das in einem System ermöglicht werden soll, in dem notwendigerweise
mit hoher Taktfrequenz irgendwelche Aussagen bewertet werden, ist mir immer
noch schleierhaft. Das wäre dann mehr eine Art Börse, an der politische
Meinungen mit einem Hochfrenquenzsystem gehandelt werden. Da wäre ich dann
sehr gespannt darauf, was nach einer Weile so für Bots dafür entwickeln
würden.

Gruß,

Dinu






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