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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!


Chronologisch Thread 
  • From: "info AT pater.net" <info AT pater.net>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!
  • Date: Mon, 12 Dec 2011 21:16:46 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo erst mal,

ich weiß nicht, ob Sie es schon wussten,...

...aber manche Systeme sind schlichtweg zu komplex, um sie zu "renovieren". Was meines Erachtens fehlt, ist ein umfassendes Alternativmodell. Seit Jahrzehnten wird immer wieder "reformiert" und in Teilbereichen neu strukturiert, um dann kurze Zeit später festzustellen, dass die beschlossenen Reformen wiederum "Nebenwirkungen" in andere Bereiche des Systems haben, die vorher nicht gesehen wurden und dann doch als unerwünscht gelten.

Und ich behaupte mal, alle Experten des Landes sind zusammen nicht in der Lage, das komplexe System "Gesundheitssystem" in seiner Gesamtheit zu überblicken. Angefangen bei der Akquise der Finanzmittel mit allen bürokratischen "Ballaststoffen" (z.B. ELENA, Verfallszeit ca. 2 Jahre) bis hin zur Verteilung derselben an die "Leistungserbringer" des Systems. Wer kann denn behaupten, auch nur ansatzweise einen Überblick über das ganze System zu haben. Regelmäßig versagen die Modellrechnungen, es wird versucht nachzubessern, und so weiter...

Immer mehr Bürokratie versucht scheinbar Herr der Lage zu werden, aber häufig schimmern da dann Interessen einzelner Player oder Gruppen durch, nicht zuletzt der Bürokraten in eigener Sache. "Selbstverwaltung" nennt sich das dann häufig.

Alle wollen Leben, auf die eine oder andere Art, auf die eine die Bürokraten, Ärzte, Apotheker, Pfleger etc. und auf die andere natürlich die Patienten.

Meines Erachtens müssen erst mal gesellschaftlich grundsätzliche Fragen geklärt werden, bevor einzelne "Reformvorschläge" hitzig diskutiert werden. So ist es doch paradox, dass auf der einen Seite strenge gesetzliche Reglementierungen und Markteingriffe gelebte Realität sind, auf der anderen Seite "freie Marktwirtschaft" ebenso gelten soll. So als ob Feuer und Wasser Geschwister sein könnten.

Ich denke, der Fisch stinkt vom Kopf her, z.B. anno 2001, als die Pharmaindustrie in der "Bordeaux-Runde" ein "Reformvorhaben" der Regierung "kauft".

<snip>
*Wie soll ich einem jungen Menschen*, der ins Erwerbsleben eintritt, erklären,
dass er Sozialabgaben zahlen muss - es gleichzeitig aber eine Gruppe
Privilegierter gibt, die das nicht tun muss?
</snip>


Tja, und wie willst du erklären, dass der eine mehr verdient als der andere?
Das in Bayern die Sonne scheint und es in Niedersachsen regnet?
Der eine fährt einen Polo der andere einen Porsche?
Wo willst du denn da ansetzen?

<snip>
*Wie soll ich ihm erklären*, dass er im Falle einer schweren Krebserkrankung
nicht von den besten Spezialisten behandelt wird (obwohl dies ökonomisch
möglich wäre)?
</snip>

Auch kapazitiv?
Funktioniert nicht so die Marktwirtschaft?
Angebot und Nachfrage?
Will nicht jeder die beste Behandlung?

<snip>
*Wie soll ich ihm** erklären*, dass er sehr wohl Solidarabgaben
(etwa 1/3 in der GKV) zahlen muss, selbst aber tendenziell schlechter
behandelt wird und im Falle einer schweren OP Opfer der Drehtürmedizin
werden wird?
</snip>

s.o.

Ganz nebenbei behaupten ja die meisten Ärzte, dass Sie ohne "Privatpatienten" die "GKV-Patienten" gar nicht mehr vernünftig behandeln könnten. Und einige Privatpatienten trauen sich schon nicht mehr zum Arzt, weil der nur überflüssige Dinge macht, da er ja hemmungslos abrechnen kann, im Geheimen nur zum Wohle der GKVler  ... :-))

Gruß
kp



Am 12.12.2011 17:36, schrieb syna:
Das Thema, die Forderung: "*Die PKV muss abgeschafft werden*"
wird von einigen gerne als Neid-Debatte abgetan. Ist es
eine Neid-Debatte - oder ist die Forderung vielleicht berechtigt
bzw. ungedingt erforderlich?

Thema "Neid-Debatte":

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In diesen Zeiten - Zeiten stärkerer gesellschaftlicher Spaltung - und mit
dem Hintergrund der Vision einer "demokratischen Gesellschaft" ist
es skandalös, wenn eine kleine Gruppe so extrem wie die PKV-
Versicherten ihre Privilegion auf Kosten aller anderen aufrechterhalten
will.

Dass dies bis heute überhaupt geschehen konnte, ist der Komplexität
der Geldflüsse auf der Erhebungsseite des Gesundheitssystems und
der extremen Verwerfungen (Fehlallokationen) im Gesundheitssystem,
die von außen für viele schwer erkennbar sind, geschuldet. Und es ist auch
Resultat der Tatsache, dass die Privilegierten (Politiker, Redakteure,
Beamte, Manager usw.) sehr großen Einfluss auf die Meinungsbildung
in TV und Printmedien haben.

*Die Bevorzugungen der Privilegierten* sind - leider - keine Kleinigkeiten oder
"nur" Schieflagen der (sozialen) Gerechtigkeit. Nein, sie greifen das
Selbstverständnis unseres Staates an, zermürben die Gemeinschaft
und ruinieren sogar unseren gemeinsamen Wohlstand.

Bei den geforderten Reformen zur gesellschaftskompatiblen Zähmung der
Privilegierten (= z.B Abschaffung oder Solidarisierung der PKVen) geht es
nicht um eine Umverteilung des Wohlstandes, sondern um die
*Schaffung von Gerechtigkeit*, um unseren Wohlstand langfristig zu
sichern und zu mehren. Was die vom Unrecht Profitierenden als Neid abtun,
ist in Wahrheit die Grundlage für den politischen Konsens
in unserer Gesellschaft.

Was passiert denn, wenn Ihre Tochter, ihr Sohn ernsthaft erkranken,
Sie aber keinen Zugang zu den Spezialisten für diese Krankheit haben?
Es geht dann um Leben und Tod - und so ist auch die Debatte im
Gesundheitssystem keine einfache "marktwirtschaftliche" Debatte,
sondern es ist eine *Debatte um den Wert eines Menschen*, es
ist eine Debatte um den *Eid des Hippokrates*.

Diese Debatte, diese Forderung ist für unsere Gemeinschaft *elementar*.
So eine Debatte als Neid-Debatte abzutun halte ich für wirklich
extrem menschenverachtend, für absolut asozial.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

*Wie soll ich einem jungen Menschen*, der ins Erwerbsleben eintritt, erklären,
dass er Sozialabgaben zahlen muss - es gleichzeitig aber eine Gruppe
Privilegierter gibt, die das nicht tun muss?

*Wie soll ich ihm erklären*, dass er im Falle einer schweren Krebserkrankung
nicht von den besten Spezialisten behandelt wird (obwohl dies ökonomisch
möglich wäre)?

*Wie soll ich ihm** erklären*, dass er sehr wohl Solidarabgaben
(etwa 1/3 in der GKV) zahlen muss, selbst aber tendenziell schlechter
behandelt wird und im Falle einer schweren OP Opfer der Drehtürmedizin
werden wird?



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