Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

Listenarchiv

Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!


Chronologisch Thread 
  • From: Jens Braun <jens.j.braun AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!
  • Date: Tue, 13 Dec 2011 18:39:54 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
Hash: SHA1

Neuanschaffungen wurden vom Chef nur genehmigt, wenn die
Amortisationsrechnung passte. Da halfen Private schon ;-)

Will die PKV ja nicht gänzlich abschaffen. Will ja nur die Gesetzliche
zur Pflicht machen. Darüber hinaus kann man sich gerne privat versichern.

Gruß
Joejoe


Am 13.12.11 18:07, schrieb Robert Stein:
> +1
>
> Eine Besserversorgung der gesetzlich versicherten wird bestimmt
> nicht über die Abschaffung der PKV erreicht. In meinem
> Berufsalltag (subjektive Erfahrung) profitieren GKV-Patienten sogar
> indirekt von PKV-Patienten, da die Einnahmen aus dem PKV-Bereich
> teure Gerätemedizin finanzierbar machen. Diese Geräte kommen auch
> den GKV-Patienten zu Gute. Ich kenne keinen Arzt, der Patienten
> technische Diagnosemöglichkeiten gezielt vorenthält, weil an
> GKV-Patienten weniger verdient würde als an PKV-Patienten.
>
> MfG
>
> Robert Stein
>
> @Pirat_Robert for Twitter
>
> Am 13.12.2011 um 17:30 schrieb DS Lawfox
> <dslawfox AT googlemail.com>:
>
>> Hallo Syna,
>>
>> Fragen von elementarer, gesundheitsökonomischer,
>> gesundheitssystematischer und medizinischer Relevanz mit
>> Sozialromantik und auf emotionaler Ebene unter gleichzeitigem
>> Appel an einen durch nichts faktisch zu belegenden bzw. belegten
>> Verstoß gegen moralische oder ethische Ansprüche zu beantworten
>> ist garantiert nicht der Weg der Vermeidung einer
>> vermeintlichen, teilweisen Unterversorgung.
>>
>> Hinzu kommt, dass sämtliche von dir gewählten Beispiele NICHTS
>> mit der Versicherungsart zu tun haben.
>>
>> Der Schlüssel liegt - und das scheint bei der Debatte darüber,
>> ob die PKV abgeschafft werden soll, völlig übersehen zu werden -
>> in "WANZ": "WANZ" ist ein elementarer Aspekt der 2007 in Kraft
>> getretenen Gesundheitsreform, ist in § 12 SGB V geregelt und
>> bedeutet: Wirtschaftlich Ausreichend Notwendig Zweckmäßig
>>
>> Die Krankenkassen übernehmen NICHTS, was dem nicht in allen
>> Punkten entspricht und haben auf diesem Vehikel seither - und wir
>> erleben nur die Anfänge - die Leistungen für ihre Versicherten
>> massiv zusammengestrichen. Dies gilt sowohl für den ambulanten
>> als auch für den stationären Bereich. Vom Goldstandard oder auch
>> nicht evidenzbasierter Medizin einmal ganz zu schweigen, denn
>> gerade in diesem Bereich agieren die Erstattungsregeln der GKV in
>> einem Maße restriktiv, dass man beinahe kotzen könnte. Aber dies
>> wiederum ist keine Frage und Folge der Leistungsbereitschaft der
>> GKVen sondern eine Folge von WANZ.
>>
>> Dabei ist ganz besonders auf den Aspekt "notwendig" abzuheben.
>> Besteht keine "Not" ... gibt es nichts und basta. Im Ergebnis
>> werden bestimmte Diagnosemethoden schon nicht angewandt und
>> Behandlungen bzw. Therapien eben nicht durchgeführt.
>>
>> Dass es dadurch unter Umständen zu lebensbedrohlichen
>> Situationen kommen und zu einer Minderversorgung gesetzlich
>> Versicherter kommen würde, war den meisten Gesundheitsökonomen
>> und allen Medizinern bekannt und klar und man hat diese Politik
>> der Rot-Grünen Regierung stillschweigend in Kauf genommen; bis
>> auf einen, der die Sache 1998 auf den Punkt brachte - Carsten
>> Villmer, der bekanntlich von einem "politisch gewollten
>> sozialverträglichen Frühableben" sprach.
>>
>> Wie man es dreht und wendet, an § 12 SGB V ist zu drehen und
>> nicht blindwütig klassenkämpferisch am System der Versicherungen;
>> ohne zu verhehlen, dass mit Blick auf den Aspekt der Übertragung
>> von Rückstellungen beim Wechsel von PKV zu GKV sicher mit
>> Nachdruck einzugehen wäre. Das erwähnte ich schon andernorts.
>>
>> Daneben fehlen erneut die hard facts, Syna. Von Einzelbeispielen
>> auf´s Ganze zu schließen bringt wenig weiter, schon gar, wenn
>> die Beispiele keinen Anspruch erheben können, als Regelbeispiele
>> betrachtet zu werden. Das ist wenig zielführend.
>>
>> Im Einzelnen:
>>
>> Zu 2. - "Fehlallkokation"
>>
>> Zitat: "Ein bekannter Spitzenchirurg einer deutschen
>> Universitätsklinik operiert vor allem Leistenbrüche. Und zwar
>> obwohl er sich auf Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert hat.
>> Statt nun alle Fälle mit Bauchspeicheldrüsenkrebs im Umfeld zu
>> operieren – was zeitlich gut ginge, da die Krankheit nur selten
>> ist – übernimmt er nur einen kleinen Teil davon und behandelt
>> hauptsächlich Leistenbrüche. Operiert er einen
>> Bauchspeicheldrüsenkrebspatienten der AOK, dann steigt sein
>> persönliches Einkommen nicht um einen einzigen Euro. Operiert er
>> stattdessen in der gleichen Zeit 5 Privatpatienten mit
>> Leistenbruch, hat er zusätzlichen 3000 Euro verdient."
>>
>> Erstens ist damit nicht gesagt, dass er den
>> Bauchspeicheldrüsenkrebs des AOK-Patienten nicht operiert und
>> zweitens ist damit letztlich nichts gesagt. Was das "Umfeld"
>> angeht, so fehlt hierzu jede Erläuterung. Solltest du behaupten
>> wollen, dass der Bauchspeicheldrüsenkrebspatient nicht operiert
>> wird, weil stattdessen 5 Leistenbruchoperationen anstehen und
>> der Patient aufgrund des Umstands der Nichtoperation verstirbt,
>> obwohl nicht nur die OP indiziert war und NIEMAND (also auch der
>> Bauspeicheldrüsenspezialist) operierte - wobei ich es allerdings
>> für reichlich uninformiert halte, anzunehmen, dass nur ein
>> einziger Arzt (Spezialist) in der Lage sei zu operieren - wär
>> eine Strafanzeige angebracht. Sollte die AOK der
>> Universitätsklinik die mit der "Versendung" des Chirurgen
>> verbundenen Kosten als entsandtem Chirurgen entstehenden Kosten
>> (Beispiel: München-Hamburg-München) übernehmen, glaube ich schon,
>> dass der Chirurg von der Klinik in Ansehung des zwischen der
>> Klinik und dem Chirurgen bestehenden Anstellungsvertrags temporär
>> freistellen würde. Zugleich sei darauf hingewiesen, dass es in D
>> einige hundert Chirurgen gibt, die nach Gold-Standard
>> Bauspeicheldrüsenkrebs zu operieren in der Lage sind.
>>
>> Im übrigen ist auch hier von der Gesetzeslage auszugehen, die da
>> lautet: WANZ. Und was WANZ ist, entscheidet nicht der Arzt (auch
>> nicht der Klinikarzt) sondern der Gemeinsame Bundesausschuss und
>> ganz oben an der Spitze der Pyramide die GKV.
>>
>> Wo waren noch gleich die MILLIONEN gesetzlich Versicherten als
>> es darum ging, in Berlin gegen die Gesundheitsreform auf die
>> Straße zu gehen, wozu die gesamte deutsche Ärzteschaft
>> insbesondere auch ihre Patienten aufgerufen hatte? Richtig. Auf
>> der Couch.
>>
>>
>> Zitat 2: "Die knappste Ressource in unserem Gesundheitssystem,
>> die Zeit der Superspezialisten, wird oft für Trivialeinsätze
>> verschwendet, damit diese Leute gut verdienen und die
>> Privilegierten zu jedem Zeitpunkt die bestmögliche Versorgung
>> genießen. Diese Fehlallokation ist in fast jedem Fachbereich. Es
>> ist also kein marginales Problem, das mal auftritt. Nein es ist
>> die Regel - und führt zu erheblichen Verzerrungen und
>> Ineffizienzen des Gesundheitssystems. Die Spezialisten verbringen
>> einen überproportional großen Teil ihrer Arbeitszeit mit den
>> Erkrankungen privat Versicherter, statt sich um die schweren
>> Fälle aller Versicherten zu bemühen."
>>
>> Zahlen, Daten, Fakten !! Syna, du scheinst über irgendwelche
>> persönlichen, negativen Erfahrungen zu verfügen, aus denen aber
>> ein allgemeiner Ansatz nicht ableitbar sein dürfte. Außerdem
>> verwechselst du "klinische Forschung" mit "ärztlicher
>> Versorgung".
>>
>> Die von dir aufgestellte Behauptung, dass die Spezialisten sich
>> überproportional mit den Erkrankungen privat Versicherter
>> beschäftigen, statt sich um die schweren Fälle aller
>> Versicherten zu bemühen, dürfte den Tatbestand der üblen Nachrede
>> (§ 186 STGB) erfüllen.
>>
>> Der entscheidende Ansatz resultiert vielmehr - wie erwähnt - aus
>> "WANZ":
>>
>>
>> Zu 3. - "klinische Forschung"
>>
>> Das Problem ist bekannt, aber keine Folge einer
>> "Zwei-Klassenmedizin". Es ist vielmehr eine Folge verfehlter
>> Forschungspolitik und der Subventionierungs-"Fehlallokation" auf
>> deutscher und europäischer Ebene.
>>
>> Sofern Drittmittel nicht in die Forschung fließen, sondern in
>> den allgemeinen Aufwand der Kliniken, so ist auch das keine Frage
>> der Gegenüberstellung von PKV und GKV oder ein Argument pro
>> solidarischer Gesundheitsversorgung, sondern ebenfalls eine
>> "Fehlallokation", welche durch verfehlte Subventionierung (in
>> diesem Fall Spenden) hervorgerufen wird.
>>
>> Die Abwanderungsquote der medizinischen (klinischen) Forscher
>> (ins Ausland) ist wiederum eine Folge dessen und überdies eine
>> Folge der so entstehenden Unterbudgetierung von
>> Forschungskräften.
>>
>> Der Ansatz, dies zu ändern, ist nicht im Bereich der
>> Versicherungsarten zu suchen und finden, sondern in einer
>> Veränderung der Forschungs- und Wissenschaftspolitik
>>
>>
>> Zu 4. - "Uneffiziente duale Strukturen"
>>
>> Der von dir geschilderten Fallkonstellationen hat nichts mit dem
>> Fall der sog. "Drehtürmedizin" zu tun und ist auch keine Folge
>> eines etwaigen Missverhältnisses zwischen PKV- und
>> GKV-Versicherungsleistungen. Auch Drehtürmedizin selbst ist
>> keine solche Folge.
>>
>> Drehtürmedizin ist eine Folge der fortschreitenden
>> Privatisierung von Krankenhäusern zu Gunsten von, mit der Politik
>> verflochtenen Krankenhauskonzernen.
>>
>>
>> Gruß Dietmar aka DSLawFox
>>
>>
>>
>> Am 13. Dezember 2011 14:36 schrieb syna
>> <syna AT news.piratenpartei.de>:
>>
>> K K schrieb:
>>
>> Guten Morgen!
>>
>> Ich würde immer noch auf die angekündigte Erläuterung vom: 2.
>> Erheblichen Fehlallokationen in fast jedem Fachbereich. 3.
>> Schlechteren Forschungsleistungen in der Medizin. 4.
>> Uneffizienten duale Strukturen (doppelte Facharztschiene,
>> Drehtürmedizin) - nur zum Wohle der Privatversicherten.* ...
>> Warten. Kommt da noch was? Vokalem Punkt 3 wäre interessant und
>> bei Punkt 4 va was will mir die doppelte Schiene sagen?(hier rein
>> Verständnis)
>>
>> Und dann eine weitere Frage in die Runde: Wie wären denn die
>> Ideen gkv only oder pkv only mi dem noch nicht gebohrenen bge zu
>> verbinden?
>>
>> Bye ab zum "leben" Klaus
>>
>> Hallo Klaus,
>>
>> sorry, wenn es etwas dauert, aber natürlich "kommt da noch was".
>> Aber der Reihe nach - denn - es ist leider eine verflixt
>> "komplexe Materie" - und trotzdem müssen wir darüber ja
>> irgendwie kommunzieren, also komplexe Sachen nachvollziehbar
>> darstellen ... wir haben also 3 Themen (2), (3) und (4):
>>
>> *2. Erhebliche Fehlallokationen
>>
>> 3. Schlechteren Forschungsleistungen in der Medizin. 4.
>> Uneffizienten duale Strukturen (doppelte Facharztschiene,
>> Drehtürmedizin)*
>>
>> ---------------------------------------------------------------------------------------
>>
>>
>>
2. Erhebliche Fehlallokationen
>>
>> Unter "Allokation" - das wissen wir ja alle - versteht man
>> allgemein die Zuordnung von beschränkten Ressourcen zu
>> potentiellen Verwendern. Im Krankenhaus sind die "beschränkten
>> Ressourcen" die Spezialisten, die bei vielen ernsten
>> Erkrankungen lebensentscheidend sind. Die "potentielle Verwender"
>> sind die ernsthaft erkrankten Patienten. Und da gibt es
>> PKV-Patienten und GKV-Patienten.
>>
>> ---------------------------------------------- Beispiel
>> Fehlallokation ----------------------------------------------
>>
>>
>> Ein bekannter Spitzenchirurg einer deutschen Universitätsklinik
>> operiert vor allem Leistenbrüche. Und zwar obwohl er sich auf
>> Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert hat. Statt nun alle Fälle
>> mit Bauchspeicheldrüsenkrebs im Umfeld zu operieren – was
>> zeitlich gut ginge, da die Krankheit nur selten ist – übernimmt
>> er nur einen kleinen Teil davon und behandelt hauptsächlich
>> Leistenbrüche. Operiert er einen
>> Bauchspeicheldrüsenkrebspatienten der AOK, dann steigt sein
>> persönliches Einkommen nicht um einen einzigen Euro. Operiert er
>> stattdessen in der gleichen Zeit 5 Privatpatienten mit
>> Leistenbruch, hat er zusätzlichen 3000 Euro verdient.
>>
>> Dazu muss man wissen: Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine
>> aggressive Krankheit, 90% überleben das erste Jahr nicht. Bei
>> einem Eingriff durch einen erfahrenen Operateur ist die
>> Sterbewahrscheinlichkeit direkt nach dem Eingriff nur halb so
>> groß (5,8%) wie bei Patienten, die von wenig erfahrenen Ärzten
>> operiert werden (12,9%).
>>
>> Die knappste Ressource in unserem Gesundheitssystem, die Zeit
>> der Superspezialisten, wird oft für Trivialeinsätze verschwendet,
>> damit diese Leute gut verdienen und die Privilegierten zu jedem
>> Zeitpunkt die bestmögliche Versorgung genießen. Diese
>> Fehlallokation ist in fast jedem Fachbereich. Es ist also kein
>> marginales Problem, das mal auftritt. Nein es ist die Regel - und
>> führt zu erheblichen Verzerrungen und Ineffizienzen des
>> Gesundheitssystems.
>>
>> Die Spezialisten verbringen einen überproportional großen Teil
>> ihrer Arbeitszeit mit den Erkrankungen privat Versicherter,
>> statt sich um die schweren Fälle aller Versicherten zu bemühen.
>> Die Situation hat sich noch verschlechtert, seit die privaten
>> Krankenversicherungen verlangen, dass der liquidierende
>> Spezialist die Leistung auch selbst erbracht haben muss, um
>> abzurechnen, während in der Vergangenheit oft die Arbeit von
>> weniger qualifizierten Ärzten durchgeführt werden konnte, und
>> der Spezialist sie nur abgerechnet hat. Man stelle sich vor, dass
>> die besten Hochschullehrer nur die Kinder von Beamten oder
>> Einkommensstarken unterrichten würden (eine Situation, von der
>> wir aus anderen Gründen leider nicht weit entfernt sind). Die
>> Spezialisten sollten besser bezahlt werden auf der Grundlage der
>> Qualität ihrer Arbeit, nicht wegen des Anteils an
>> Privatpatienten. Dieses System hat in der Zwischenzeit sogar die
>> Forschungsleistungen der deutschen medizinischen Fakultäten
>> deutlich reduziert, Spitzenplätze werden in fast keinem Bereich
>> der klinischen Forschung mehr eingenommen (siehe dazu: Rothmund,
>> M.: Die Stellung der klinischen Forschung in Deutschland im
>> internationalen Vergleich, 1997, Dtsch. Med. Wschr. 122,
>> 1358-1362. Adams J, Benchmarking international research. 1998,
>> Nature 396, 615- 618. )
>>
>> -------------------------------------------- Zusammenfassung
>> Fehlallokationen --------------------------------------------
>>
>> Das heißt also: Die in allen Fachbereichen der Kliniken
>> verbreitete Fehlallokation bedingt Ressourcenknappheit für
>> GKV-Versicherte - und bedeutet damit mittelbar den Nicht-Zugang
>> von GKV-lern zu Spezialisten, wenn es um Leben und Tod geht.
>>
>>
>> Wir sehen also: Die PKVen betreiben nicht nur ein höchst
>> parasitäres Geschäftsmodell - nämlich dadurch, dass sie sich in
>> keiner Weise an der Solidariät beteiligien. Die PKVen sorgen
>> durch Fehlallokationen sogar für Ineffizienzen,
>> Ressourcenverschwendung(!) und verwehren GKV-lern, die ja die
>> Solidarität bezahlen (!), in besonders ernsten Fällen die
>> adäquate Behandlung durch Spezialisten.
>>
>> -------------------------------------------------------------------------------------------
>>
>>
>>
>>
>>
3. Schlechteren Forschungsleistungen in der Medizin.
>>
>> Das klingt oben (Punkt 2 Fehlallokationen) ja schon ein bißchen
>> an. Die Zweiklassenmedizin ruiniert die Forschung, weil zu viele
>> Spezialisten nach Abschluss ihrer extrem aufwändigen Ausbildung
>> aus der Forschung aussteigen und sich der Behandlung von
>> Privatpatienten widmen. Denn mit der Forschung alleine kann an
>> einem deutschen Universitätskrankenhaus nicht viel Geld verdient
>> werden. Wirbt der klinische Forscher in großem Umfang
>> Drittmittel von der Industrie ein, geht das Geld komplett an die
>> Klinik, für ihn bleibt nichts. Beansprucht er einen Teil der
>> Mittel für Tätigkeiten außerhalb des engen Forschungsvorhabens,
>> läuft er Gefahr, wegen Korruption angeklagt zu werden. Viele
>> ziehen sich deshalb zum Zeitpunkt der Berufung weitgehend aus der
>> aktiven Forschung zurück, behandeln Privatpatienten, werden
>> einigermaßen vermögend und bewerten die Ergebnisse der
>> Forschungsgruppen im Ausland, ohne selbst etwas dazu
>> beizutragen.
>>
>> Keine Ausnahme, geradezu typisch ist der deutsche
>> Universitätsprofessor, der seinen Kollegen für ein Honorar der
>> Pharmafirma die Forschungsergebnisse aus den USA erklärt und
>> somit eine Art Marketing-Galionsfigur der Firma darstellt. Im
>> Fachjargon wird von einem habilitierten „Mietmaul“ gesprochen. Es
>> ist so peinlich wie traurig, wenn man erleben muss, dass viele
>> hochdotierte deutsche Universitätsprofessoren nur bei den
>> sogenannten Satellitensymposien der internationalen
>> Fachkongresse eine Rolle spielen. Dabei handelt es sich um
>> Marketingveranstaltungen der Pharmafirmen, die parallel zum
>> eigentlichen wissenschaftlichen Programm ablaufen.
>>
>> Der Verlierer dieses Systems ist der gesetzlich Versicherte –
>> und die gesamte Gesellschaft durch den Niedergang der klinischen
>> Forschung. Dabei wird fast die gesamte Infrastruktur der
>> Universitätskliniken von Beitragszahlern der Gesetzlichen
>> Krankenversicherung und aus Steuermitteln bezahlt. Stärker als
>> alle andere profitieren davon die zehn Prozent privat
>> Versicherten, für die wir in Deutschland die aufwändigste
>> Therapie weltweit vorhalten.
>>
>> -------------------------------------------------------------------------------------------
>>
>>
>>
>>
>>
4. Uneffizienten duale Strukturen (doppelte Facharztschiene,
Drehtürmedizin)
>>
>> Drehtürmedizin ... was ist das eigentlich?
>>
>> Jeder bemerkte wahrscheinlich schon, dass der Eingang von großen
>> Kliniken (allerdings auch von Einkaufszentren oder Kaufhäusern)
>> durch Drehtüren ausgeführt ist. Diese sind die Metapher für die
>> "Drehtürmedizin", die ich hier prägnant beschreiben möchte:
>>
>> ----------------------------------------------
>>
>> Der gesetzlich Versicherte bemerkt Blut im Urin und geht zum
>> Urologen. Es wird Prostatakrebs festgestellt. Der
>> niedergelassene Urologe überweist an die örtliche Klinik. Der
>> Patient hat keine Ahnung, dass bei einer Prostataoperation viel
>> davon abhängt, wie oft die Klinik den Eingriff vornimmt und wie
>> stark der Operateur spezialisiert ist. Verschiedene Studien
>> zeigen, dass Männer seltener unter Inkontinenz und Impotenz
>> leiden und schneller aus dem Krankenhaus entlassen werden können,
>> wenn die Prostata von einem auf diesem Gebiet erfahrenen Urologen
>> entfernt wird. Amerikanische Fachgesellschaften empfehlen deshalb
>> 55 Eingriffe pro Jahr und Krankenhaus – eine Quote, die in
>> Deutschland nur ein Viertel der Kliniken, die Prostataoperationen
>> durchführen, auch erreichen. Vielmehr werden in Deutschland die
>> Fälle so gut auf die Krankenhäuser verteilt, als ob die Forschung
>> bewiesen hätte, dass die Ergebnisse der Operation um so besser
>> wären, je weniger Erfahrung der Chirurg mit dem Eingriff hat.
>>
>> Gibt es Komplikationen, beispielsweise unkontrollierten
>> Harnabgang, dann geht der Patient zurück zu seinem
>> niedergelassenen Urologen. Dieser versucht jetzt, das Problem in
>> den Griff zu kriegen. Er hat die Operation allerdings nicht
>> durchgeführt, er kennt den Verlauf des Falls nur aus der Akte,
>> die er oft erst mit wochenlanger Verspätung bekommt. Er fühlt
>> sich für die Folgekrankheit vielleicht gar nicht verantwortlich,
>> während der Operateur den Fall ganz aus den Augen verliert. Die
>> niedergelassenen Ärzte, etwa ein Röntgenarzt, der Urologe und ein
>> Spezialist für Innere Medizin besprechen den Fall niemals
>> gemeinsam, sie tauschen nur Akten aus. Richtig zuständig fühlt
>> sich niemand, bestenfalls der Hausarzt, der aber mit solchen
>> Fällen noch die wenigste Erfahrung hat.
>>
>> In den USA, den skandinavischen Ländern und den Niederlanden
>> würde der Fall anders ablaufen. Die Behandlung würde in der Regel
>> in einem Zentrum für Prostatakrebs durchgeführt, die
>> Komplikationsrate fiele dort wahrscheinlich niedriger aus. Diese
>> Versorgung durch Spezialisten aus einer Hand hat sich nicht nur
>> als besser, sondern auch als kostengünstiger erwiesen.
>>
>> Sie steht aber in Deutschland ausschließlich dem privat
>> Versicherten zur Verfügung, weil sie die Ärzte frei auswählen
>> können und die Fachleute sie gerne behandeln. Im Fall von
>> Komplikationen können sie daher auch nach dem Eingriff von dem
>> Arzt ambulant weiterbetreut werden, der sie operiert hat.
>>
>> Der gesetzlich Versicherte Patient wird dagegen nach Auftreten
>> einer Komplikation „durch das System gereicht“. Dabei gerät er
>> an Ärzte, die mit Fällen wie seinem keine oder wenig Erfahrung
>> haben. Ist seine Behandlung aufwändig und durch die Budgets des
>> niedergelassenen Arztes nicht gedeckt, so überweist man ihn
>> phasenweise in das Krankenhaus zurück. Die Drehtürmedizin
>> beginnt: Anlässlich einer jeden Verschlechterung seines Leidens
>> wechselt er vom niedergelassenen in den stationären Bereich und
>> wieder zurück.
>>
>> ----------------------------------------------------------------------------------------
>>
>>
>>
Uff - viel Text, ich hoffe auch verständlich. Wer hier nur den letzten
Satz liest: Es lohnt sich,
>> alles zuvor zu lesen, wirklich.
>>
>> Grüsse, Syna.
>>
>> -- AG-Gesundheitswesen mailing list
>> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
>> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen
>>
>> -- AG-Gesundheitswesen mailing list
>> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
>> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen
>
>
>

-----BEGIN PGP SIGNATURE-----
Version: GnuPG/MacGPG2 v2.0.17 (Darwin)
Comment: GPGTools - http://gpgtools.org
Comment: Using GnuPG with Mozilla - http://enigmail.mozdev.org/

iQEcBAEBAgAGBQJO543qAAoJEGzS+EbF0QFwIUwIAIIpeuRhDeWnlwFT4WonoEG/
NsrTzp08duk2z+5GVcd8/NCWoET7hyCVIt6JTeEHnfM9OV9b+f80vKvfa1V07W/y
2N0xbJUtih49mSBmfzrmBfpuYgr8P8cJvrIj91GWs7DRx6iXtf7/7k8cEsvS5877
WvUrVnRIb5iTaWMdkeLyTi7oefg0+lb3Bgu277tsD27Mwy4NFxh1xA9+eXSxuDCB
PZyDQnOQtCDwJylMu/cIPv7YQUZlgnh8hVA/YmC6Dk5vNlO1GYGw+ysi1X1yTEG5
V/xhzrKdH9lATmUEBiJlbXimq7NFnl9Oo6XJAa272P8Yq5/TkLj3SBp83ZIJKaw=
=9IyX
-----END PGP SIGNATURE-----




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang