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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!


Chronologisch Thread 
  • From: DS Lawfox <dslawfox AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!
  • Date: Mon, 12 Dec 2011 20:01:09 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo Syna,

deine Versuche, mir die Welt zu erklären, lasse ich gerne dahinstehen. Das mit der "Diffamierung" nehme ich dir nicht übel, zumal es unzutreffend ist.

Aber die Diffamierung von 20 Millionen Mitbürgern, die in das Solidarsystem der PKV einzahlen, als "reiche Abzocker" zu Lasten der GKV-Versicherungen und -Versicherten zu bezeichnen, schon. Zum einen stehe ich mit dieser meiner Auffassung hier keineswegs alleine. Zum anderen ist es eh nicht zielführend. Ach so, ich bin übrigens gesetzlich versichert. Das muss noch angemerkt werden. Ok, privat zusatzversichert auch.

Indessen verwundert mich deine Auffassung von einem "Solidarprinzip", von dem jede Versicherung (auch Haftpflichtversicherungen, Hausratversicherungen etc. und natürlich auch Krankenversicherungen) lebt bzw. sich einzig trägt. Deine Darstellung mutet wie folgt an: "ich habe 1000 € eingezahlt, also muss ich auch irgendwann einmal wieder 1000 € raus bekommen". Genau so funktioniert es aber nicht. Und deshalb kommt es in den letzten Jahren zu erheblichen Verwerfungen im Leistungsbereich; und das Ungleichgewicht wird größer. Das Gleichnis mit der Waage passt an dieser Stelle imho eher nicht. Aber das ist immer so ne Sache mit Gleichnissen, wenn man Äpfel mit Birnen gleichsetzt. Deshalb ist das Gleichnis wahrscheinlich - nur für mich - nicht *erklärend* genug.

"Privilegien der Saturierten"? Da musste ich jetzt wirklich schmunzeln. Ich dachte eher an die Bürgerrechte aus Art. 14 GG und habe dabei durchaus auch die "Schranken" sowie die "Schranken-Schranken" im Blick. Das war meinem Posting und auch einem weiteren von gestern oder vorgestern mehr als deutlich zu entnehmen.

Der Clou ist, dass es schon nicht mehr als fraglich bezeichnet werden kann, ob Altersrückstellungen der Sozialbindung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 GG unterliegen und die größte Enteignung nach 1949 bedeuten würde.

Saturiertheit baut übrigens auf den Gedanken Otto v. Bismarcks auf, der - man möge staunen - trotzdessen wohl als einer der Erfinder des Sozialstaats bezeichnet werden kann; auch wenn ich dessen, damit als Motiv gepflegten, ordnungspolitischen Ansätze mitnichten verteidigen möchte oder für diese eintreten wollte. Wenn du gleichwohl diese Errungenschaften des Abendlandes in Abrede stellen willst, dann nur zu. Damit leugnetest du aber beinahe das gesamte Sozialversicherungssystem (zu dem nicht nur die Krankenversicherung gehört), ohne ein Gesamtkonzept als Antipode zu präsentieren. Nur das Zusammenspiel sämtlicher Sozialversicherungsbereiche ließe dies zu und ein gesichertes Herumdoktern an "Gliedmaßen" führte eher zu einem Kollaps des Organismus. Im vorliegenden Kontext also zur Stiftung von sozialem Unfrieden und genau das erscheint als Zielsetzung ... ach das könnte ich jetzt noch stundenlang ausführen...

Wer allerdings mit der Keule des Klassenkampfes vor dem Hintergrund befeuerter sozialer Neiddebatten abschaffen will, was nach seiner Vorstellung nicht ins Bild eines Gleichmacherdenkens passt, wird es schwer haben, dies als politische Zielsetzung in einem Land zu formulieren, dessen volkswirtschaftlicher Wohlstand (immer noch) in den Top 3 der Welt rangiert und auf dem Prinzip der "sozialen Marktwirtschaft" basiert. Denn dieser Gedanke wird diejenigen erreichen, deren Pfründe du mit solchem Tun antastest; und das sind vor allem diejenigen der sämtlichen - auch ... surprise!!! - gesetzlich Versicherten. Wir werden sicher im Zuge des Diskurses und an anderer Stelle Gelegenheit finden, den Faden weiter zu spinnen.

Und so erstaunt mich deine Affinität zu Hayek nicht wirklich. Hayek wird immer wieder gerne zitiert, wenn die Tendenz einer Argumentation doch zu sehr Richtung Sozialismus erkannt wurde. Irgendwie befindest du dich damit aber noch bei Hayek in der Zeit vor ca. 1970 und vor seiner Wandlung vom sozialistischen Romantiker und Plan- sowie Zentralverwaltungswirtschaftler bis er sich u.a. den Theorien von Adam Smith anschloss und damit seine Sozialromantik aufgab, um in Diensten eines Thatcherismus als Experte reüssieren zu können.

Für welchen Hayek du - und nicht nur du - mit deinem Posting eingetreten bist, liegt damit auf der Hand, indem die Forderung nach Plattmachen der PKV ruft, ohne jedoch ein Konzept für eine Reform der GKV zu präsentieren, außer dass dieses mit den agenhäuften Anwartschaften innerhalb der PKV zu einem Besseren gedreht werden möge, ohne jedoch gleichzeitig die Anwartschaften (Rückstellungen) der GKV (diese sind mangels Offenlegung der Zahlen auch nicht nachvollziehbar) zu berücksichtigen und dir einen Ausgleich für die angedachte Enteignung auf PKV-Seite auch nur wenigstens anzudenken. Dabei wird dann auch allzu gerne verkannt, dass der Gesundheitsfonds hopplahopp gerade auch zum Ausgleich etwaiger Ungleichgewichte ohne mit der Wimper zu zucken, die Einzahlungen seitens der PKVen gleich für die GKVen mit verwurstet.

Das Gesundheitssystem und die sie stütztenden Versicherungssysteme sind aber meines Erachtens völlig ungeeignet, um hier vor dem Hintergrund sozialer Experimentierfreudigkeit Forderungen aufzustellen, die jeglichen Realbezug vermissen lassen. Beim in diesen Tagen viel diskutierten "BGE" als einer sozialpolitischen Vision mag das noch angehen, weil es das noch nicht gibt und nicht in Systeme eingegriffen wird; beim Gesundheitswesen gereicht ein dogmatischer Disput allenfalls zum Scheitern eines wie auch immer gearteten Sozialkompromisses.

Und was die "***-Fraktion" angeht, so muss ich dich enttäuschen; egal, mit welchen 3 Buchstaben du die Sternchen ersetzen möchtest. Die Piratenpartei mag sich (noch) als linksliberal bezeichnen. Was hier allerdings in den letzten Wochen abgeht ist extrem links, um nicht zu sagen "Abbild der Fraktion *** *****". Das muss man - auch ich nicht - an dieser Stelle und in diesem Themenkomplex nicht gut finden.

Auch habe ich keine Einzelthemen herbeigeschrieben, sondern schlicht und ergreifend lediglich auf einen kleinen Ausschnitt deiner Ausführungen Bezug genommen bzw. exemplarisch die "Einzahlung von 550,-€ seitens eines GKV-Versicherten" herangezogen. Das vermögen auch keine Brandstifterparolen zu überlagern.

Schlussendlich fehlen Zahlen, Daten, Fakten. Wo bleiben sie? Fehlanzeige!

Ich hätte mich wirklich gefreut, wenn du wenigstens diesen einen von mir erwähnten Fall aufgeklärt hättest.

Schade.

Auch dir liebe Grüße
Dietmar

P.S.: Das mit der Steuer ist nicht so einfach. Deshalb bin ich auch für eine deutliche Vereinfachung des Steuersystems.

P.S.2:

Die Ausführungen zum Thema "Neid-Debatte" unterstreichen meine Annahmen (leider) und ergänzen das Ganze noch um ein unsachliches Buhlen auf emotionaler Ebene. Sorry, aber das geht nun wirklich gar nicht. Der Begriff "Fehlallokation" scheint sich zu einem Modebegriff zu entwickeln, der immer dann eingesetzt wird, wenn Sachargumente und insbesondere valide Fakten fehlen; klingt aber gut und ist praktisch ein Totschlagargument, weil ad hoc niemand nichts Genaues weiß, weil nicht bekannt ist, was damit überhaupt gemeint ist. "Fehlallokation" ist sowas wie "wir wissen nichts Genaues, aber gehen erst einmal davon aus, dass es so ist". Auch "Verwerfungen des Gesundheitssystems" stellt sich als völlig unbestimmter Begriff dar. Dabei ist eine Fehlallokation oder Verwerfung auf der Einnahmenseite im Kontext also umverteilungsbezogen? Was bitte meint fehlalloziert und was verworfen im konkreten Kontext?

OK. das geforderte Solidarprinzip geht von Umlagefinanzierung aus; erweitert auf die gesamte Bevölkerung. Schon heute ist die Grenze der Belastbarkeit des Gesundheitssystems erreicht. Die flächendeckende Umlagefinanzierung ist unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht tragbar, weil die Beitragseinnahmen sofort wieder in die laufenden Kosten fließen müssten. Grund: Bereits in naher Zukunft werden viel mehr Ältere und immer weniger aktive Erwerbstätige vorhanden sein, so dass die Jüngeren die stark steigenden Lasten auf Dauer nicht mehr tragen können. Gesundheitsökonomen gehen von einer Steigerung der umlagefinanzierungs-Beiträge von derzeit etwa 15 % in der GKV auf etwa 30 % in 2050 aus. Aber macht mal und berücksichtigt dann bitte Art. 14 Abs. 3 GG.

Ok, wer diesen gordischen Knoten durchschlägt, bekommt ne Flasche Club-Mate extra. Sollten wir es gemeinsam schaffen, gibt das nen kollektiven Club-Mate-Rausch.




Am 12. Dezember 2011 17:03 schrieb syna <syna AT news.piratenpartei.de>:

DS Lawfox schrieb:
Meine 2Cent zur PKV-Abschaff-Debatte

1.

Wenn einem das 2. Frühstück auf diese Weiße versaut wird, geht nur noch:

Diese teils völlig wissensbefreite und vor allem falsche Fakten behauptende Klassenkampf/scheiße/ zum Thema GKV/PKV ist widerlich.


Dies gilt umso mehr, als mit den meisten Ausführungen eine Sachlichkeit vorgetäuscht wird, die ihre einzige Rechtfertigung im Beweis finden kann, dass die Internetverbindung zur Übermittlung als Email offensichtlich geeignet ist und funktioniert.

Mit dem, was hier läuft, wird ein Weltbild vermittelt, welches den Geruch der Unterwanderung seitens des linken Spektrums des linken Flügels der Linken seine Heimat haben könnte und sich sogar davon noch Richtung links entfernt.

Sozialismus in einer Unterart der Reinkultur: Ihre Vertreter scheinen gerade am Beispiel "Gesundheit" und hier im Allheilmittel der Verzwangswirtschaftung des vermeintlichen Übels Lösung zu sehen, welche darin als begründet angesehen wird, in der PKV läge die Wurzel des Übels der sich in den nächsten Jahren noch verschlimmernden Gesundheitssorge und müsse daher zu einer Vergesellschaftung führen. Das hat nichts mit der PKV zu tun? Doch doch: siehe Altersrückstellungen und die eigentumsrechtliche Anwartschaft.

Dabei wird verkannt, dass gerade eine Zentralverwaltungswirtschaft - und diese wird hier offensichtlich angestrebt - sowohl ökonomisch ineffizient als auch mit den Grundrechten und den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar ist.

Wieso wird hier eigentlich nicht auf den millionen aktiven und im Ruhestand befindlichen Beamten rumgehackt, die ihre Gesundheitssorge auf Steuerzahlers Kosten, also im Vergleich zu den Beitragszahlern in GKV und PKV völlig asozial (die sarkastische Überzeichnung sei mir an dieser Stelle bitte verziehen) auf Kosten der Allgemeinheit allimentiert erhalten?

Da wäre doch mal ein schöner Ansatz, denn die zahlen seit über 100 Jahren NICHTS.

....

usw usw (zu lesen siehe oben)


Ahoi!

Lieber Dietmar bzw. DSLawFox: Rhetorisch überformtes Geklingel erstetzt
keineswegs Argumente und fundiertes Wissen! Manchmal mag solches
von Vorteil sein, ich glaube aber, dass Du hier im Forum damit nicht so
glücklich werden wirst. Leider gehst Du hart bis an die Grenze zur Diffarmierung,
hat Dich mein Artikel so sehr aufgewühlt? Das betrachte ich als großes Lob,
Danke dafür!

Dass Du meine Ausführungen als "links" einstufst, überrascht mich. Ich trete
i.d.R. für Hayek und Marktwirtschaft ein, also ...mmhh? Es wirft eher ein
interessantes Licht auf Dich. Denn es ist ja relativ, d.h. man könnte umgekehrt
denken, dass Du aus der ***-Fraktion entstammst und heftig erregt die
Privilegien der Saturierten verteidigst? Die Schlagworte "Links", "Sozialismus"
und "Zentralverwaltungswirtschaft" derart gehäuft lassen ja fast eine
Traumatisierung erhahnen - und sind in ihrer fast fanatischen Verwendung beinahe einzigartig.

Kein Wunder, dass manche hier nach eine Trennung in Solidarierbereiche und
Liberal-Bereiche schreien, sind sie doch so einer aggressiv rhetorisch fanatischen
Art der Auseinandersetzung überdrüssig.

Die Vielzahl der marginalen Einzelthemen, die Du hier händeringend herbeiformulierst
belegt ganz gut Deine Hilfslosigkeit dabei, irgendwelche wirklichen Argumente zu
finden. Da müssen dann plötzlich die Beamten herhalten oder die Gesundheitskarte
helfen, oder sogar(!) die Lohnfortzahlung für GKV-Angestellte.

Oder - das fast schon seltsamste: Du stellst dar, dass die GKV-Versicherten relativ
einen höheren Anteil steuerlich geltend machen können als PKV-ler, klar weil PKV-ler
auch mehr einzahlen - also - das merkst Du wohl selbst - das wird ja richtig skurril!
Ok, es ist auch ein bißchen unterhaltend.

Noch komischer ist Deine Aussage "Der GKV-Versicherte zahlt gar nichts "für sich" ein."
Du bist aber schon einer gewissen Abstraktion und rationalem Denken fähig? Um Dir
nochmal zu helfen, erkäre ich es etwas plastischer:

Wenn jemand sagt "Aussage A hat mehr Gewicht als Aussage B", dann bedeutet
das natürlich NICHT, dass die Aussage A mehr wiegt, wenn man sie auf eine
Waage legt. Genauso ist es, wenn ich sage, dass der GKV-Versicherte bzw.
PKV-Versicherte "für sich" etwas einzahlt.

Also, Grüsse, Syna.




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