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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Teueres Medikament gegen billiges abgegeben. -Die kleine Aufklärung Teil 1

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Teueres Medikament gegen billiges abgegeben. -Die kleine Aufklärung Teil 1


Chronologisch Thread 
  • From: "Jörg H" <joergdr24 AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Teueres Medikament gegen billiges abgegeben. -Die kleine Aufklärung Teil 1
  • Date: Tue, 16 Mar 2010 00:37:40 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Am 15.03.2010 18:31, schrieb Morgan le Fay:
Am 15.03.2010 08:20, schrieb Privacy:
schrieb Morgan le Fay:
  
Hallo Jörg,
ja, Du hast richtig geraten. Es handelt sich um die beiden genannten
Präparate. Sie stehen allerdings nur beispielhaft für die Abzocke, die
bei uns läuft.
Nach einem Bericht im STERN aus dem Jahr 2008 kann ein Augenarzt melden,
dass er in 700 Fällen feuchte AMD erfolgreich auch mit dem weitaus
preiswerteren Avastin therapiert hätte. Kein Wunder, denn die
Medikamente unterschieden sich nur in der Molekülgröße.
    
Man muss allerdings beachten, dass bei Präparaten zur lokalen Anwendung
nicht nur das Wirkmolekül relevant ist, sondern auch die Präparation.
Dies gilt ganz besonders für Anwendungen am ZNS (intrathekale
Behandlung) und am Auge.
Auch Molekülgröße ist gerade bei der Frage Penetration in/aus dem
"toxikologisch" geschützten Komparimenten ZNS / Auge ("Blutjirnschranke
..) eine pharmakologisch wesentliche Eigenschaft.
[...]
Hallo,

nur der Form halber um Verwechslungen beim Nachgooglen zu vermeiden:

Das Mittel heißt Avastin, nicht Avastatin. Vielleicht gibt es Avastatin ja auch, aber ich nehme an, Du hast Dich nur verschrieben.
Avastin ist wie Lucentis ein Zytostatikum und fällt somit nicht in die Tagespauschalen. Der Staatsanwalt wäre also durchaus möglich und angebracht!
Deshalb ging ja auch ein Aufschrei der Entrüstung durch die Lande, weil es sich Leute nahe der Erblindung gibt und gab, nur weil sie sich das teure Mittel nicht leisten konnten. Avastin als Medikament im off-label-use ("zweckentfremdete Anwendung") hat so manches Augenlicht halbwegs gerettet.

J: Leider ist die Sache komplizierter:
Die nach "Adam Riese" teuren Studien wurden nur mit Lucentis gemacht. Der Hersteller hat eine Deckelung der Kosten für das Mittel angeboten auf ungefähr 300-400 Millionen Euro, weil er von deutlich weniger potentiellen  Käufer=Patienten, als die Krankenkasse ausgeht. Die Krankenkassen haben das abgelehnt und wollten die Ärzte drängen, das andere Mittel zu nutzen. Sie bezahlen das Teilen von Avastin. Das ist aber rechtlich heikel, der Arzt haftet, wenn er Arzneimittel ohne Zulassung einsetzt, und er soll eigentlich gerade nicht Mittel ohne Zulassung einsetzen.

Was machen wir Piraten nun daraus?
Selbst Eingeweihten ist der Wust aus Verflechtungen und Zuständigkeiten nicht klar. Berichtigt mich, wenn ich irren sollte:
Gesundheitspolitik ist Glatteis, Ideal für Nebelkerzen, um von der Eigenen Unfähigkeit abzulenken. Wer sagt das alles zu teuer ist *in*, bis zum nächsten Skandal, weil dadurch Leute sterben.

Pharmavertriebe (sind ja angeblich selten die Hersteller, die z.T. auch in China sitzen) beantragen eine Zulassung für den deutschen Markt.
J: Die Wirkstoffe für Generika=Nachahmer kommen zu 80+ % aus Indien und China. (Quelle. Überwachungsbehörden in einer Bundesratsdrucksache zu einer AMG Novelle.)
Neue Stoffe werden i.d.R. in Europa, USA oder Japan hergestellt.


Kann man Zulassungsverfahren international nicht vereinheitlichen, so dass ein Medikament nur EINMAL geprüft werden muss?
Wieso erhalten deutsche Distributoren für ausländische Erzeugnisse 20 Jahre lang ein Patent?
j: 20Jahre läuft nur das Stoffpatent. Es beginnt mit seiner  Einreichung zu laufen. Ein Arzneimittel besteht aus viel mehr. Der Beste Wirkstoff hilft nichts, wenn er nicht an sie Stelle im Körper kommt wo er gebraucht wird. Und die Menge/Konzentration muss auch stimmen.
Für ein MEDIKAMENT=ARZNEIMITTEL bedarf es einer Zulassung. Um  eine Zulassung zu bekommen müssen diverse Studien zur Sicherheit, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in einem speziellen Format vorgelegt werden.
Nur sehr gut -State of Arte - gestaltete Studien brinden die Firmen weiter.
Glücklich kann sich eine Firma schätzen, die die Zulassung schon nach weniger als 10 Jahren Patentablauf hat.
Bei weniger als 10 Jahren Restlaufzeit kann man wenigstens die Studienergebnisse noch schützen. (Unterlagenschutz)
Nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist gibt es keinerlei Schutzrecht, außer dem Namen. Auch das Urheberrecht, an der Gebrauchsinformation wird hier vom Gesetzgeber aufgehoben.

Die Zulassungsverfahren sind vereinheitlicht, aber Gott sei Dank, ist die Bewertung noch nicht völlig weggegeben.


Anscheindend gibt es dafür nur noch 2 Möglichkeiten, nämlich die BfArM (Bundesinstitut für Arznei und Medizinprodukte) und das Paul-Ehrlich-Institut, da man die Erkenntnisse an Universitäten nicht verwerten will oder kann. Wie unabhängig sind diese Institute?
Beide dürfen unabhängiger als das IQWIG sein. (Beamte). PEI macht Sera, Impfstoffe, Therapieallergene etc BfArM den Rest.
Diese Obersten Bundesbehörden prüfen Zulassungsanträge, die eingereicht werden. Das kann jeder Apotheker bzw. jede Firma, die qualifizierte Leute beschäftigt.
(siehe AMG) Es gibt auch Apotheken, die Zulassungen für Arzneimittel besitzen!


Den Rest erkläre ich Morgen oder Übermorgen.

Gruß Jörg




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