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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation

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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: Stephan Schwarz <me AT schwarzpress.de>, ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation
  • Date: Mon, 19 Jun 2017 07:44:28 +0200

Hallo Stephan,

mit etwas mehr Text wird Dein Anliegen schon gleich besser verständlich. Einige Begriffe solltest Du jedoch noch erläutern, bevor ich näher auf Deine Frage eingehen kann. Was verstehst Du unter Depositenbanken? Was ist ein Kreditinstitut / Geschäfts-& InvestmentBank? Wodurch unterscheidet sich eine Depositenbank von einem Kreditinstitut / Geschäfts-& InvestmentBank? Was verstehst Du unter Kreditleihe?
Ich werde Lautenbachs Buch jetzt nicht durchlesen um Dir Deine Fragen zu beantworten. Die verwendeten Begriffe solltest Du uns schon hier erläutern können.

Allgemein lassen sich aber über unsere heutigen Banken einige Aussagen treffen, die offensichtlich nichts mit Lautenbachs Unterscheidung zu tun haben. Wir haben heute Geschäftsbanken die als Universalbanken arbeiten, also sämtliche üblichen Bankgeschäfte abdecken. Für Spezialzwecke sind jedoch zusätzliche Banklizenzen erforderlich, wie z.B. für das Hypothekargeschäft. Auch existieren eingeschränkte Banklizenzen für z. B. Werpapierhandelsbanken. Siehe hierzu "Geld und Geldpolitik" der Bundesbank und Wikipedia.
Eine Unterscheidung wie von Lautenbach vorgenommen existiert heute nicht mehr. Sehr wohl haben die heutigen Universalbanken unterschiedlich starke Geschäftsbereiche, einen unterschiedlich orientierten Kundenstamm und auch unterschiedliche Geschäftsziele. Ein Blick in die jeweiligen Bilanzen gibt einen Eindruck von den Geschäftsschwerpunkten.
Eine Bank mit erheblichen Giralgeldbeständen ihrer Kunden und im Verhältnis dazu geringem Bestand an täglich fälligen Forderungen gegenüber dem sonstigen Bankensystem auf der Aktivseite, betreibt Fristentransformation. Den täglich fälligen Forderungen auf der Passivseite stehen nur geringe täglich fällige Forderungen auf der Aktivseite gegenüber. Dieser Zustand dürfte bei allen Banken, die das Einlagegeschäft betreiben, so zutreffen.
Sehr unterschiedlich strukturiert sind jedoch die Kundenstämme der Banken. Während Sparkassen und Volksbanken/Raiffeisenbankenein ein hohes Potential an Sparern besitzen ist dies bei den privaten Geschäftsbanken nicht der Fall. Diese refinanzieren sich eher über den Geldmarkt und Schuldverschreibungen. Schau Dir die Bankbilanzen an und Du kannst deren Refianzierungsquellen auf der Passivseite erkennen.
Siehe hierzu auch
http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Das_Geldr%C3%A4tsel:_Vermittler_oder_Sch%C3%B6pfer
Vor Deiner nächsten Frage gehe ich davon aus, dass Du die vorgenannte Seite durchgelesen hast und Fragen gezielter stellen kannst.

Beste Grüße
Rudi Müller

Am 19.06.2017 um 00:18 schrieb Stephan Schwarz:
hallo Rudi & Co.,

folgendes ist tricky und nicht einfach zu verstehen - gerade ohne das Buch "Zins, Kredit und Produktion" - 1952 von Wilhelm Lautenbach ganz zu lesen.
Evtl. - aufgrund des Alters der Aussage von Lautenbach - könnte das von mir gleich angeführte Zitat zur Funktionsteilung des Kreditsystems (in Deutschland) und implizit der hier Kreditleihe (zwingende Fristentransformation!) der deutschen Sparkassen auch schon wieder vom status quo abweichen..? Keinen Plan was das betrifft.
Wir haben nun in unserem Kreditsystem eine Funktionsteilung, nämlich Geschäftsbanken, gewöhnliche Depositenbanken auf der einen Seite und Sparkassen auf der anderen Seite.
Für die Sparkasse gelten dabei etwas andere Spielregeln, andere Liquiditätsgrundsätze; für eine Sparkasse ist die Zunahme des Einlagenbestandes immer erwünscht und Zeichen ihrer Kraft und Gesundheit;
allerdings wird sie bei wechselndem Einlagenbestand auch entsprechend mehr Liquiditätsvorsorge treffen, immer eine gewisse Quote der zufließenden Mittel liquide anlegen.

Untersuchen wir nun, wie die Liquiditätsverhältnisse im Gesamtbild sich verhalten, wenn die Einlagen der Sparkassen zunehmen. Mit der Zunahme der Sparkasseneinlagen wächst der Kassenbestand der Sparkasse auf der Aktivseite; dem entspricht bei den Geschäftsbanken ein verminderter Rückfluß von Bargeld. [...]

Die Art, wie eine reine Sparbank ihr Geschäft betreibt, führt in der Tat dazu, daß der Zufluß von Einlagen bei ihr den Grad ihrer Anlagetätigkeit bestimmt. Bei ihr gehen also wirklich die Einlagen den Anlagen voraus. Es sieht mithin so aus, als wenn hier das Sparen tatsächlich die Investition nach sich zieht. In gewissem Umfange ist das wohl der Fall, beispielsweise, soweit es sich um die Finanzierung des Wohnungsbaues  handelt. Darüber hinaus könnte aber auch der Finanzierungsbedarf von bei den Banken verschuldeten Unternehmungen befriedigt werden; insofern würde so durch das Sparen hier nicht eine neue Investition provoziert werden, sondern nur ein früher von den Banken gegebener Investitionskredit abgelöst werden. Dadurch würde allerdings indirekt di eKreditbereitschaft der Banken wiederum erhöht werden, jedoch nur gegenüber dem Zustand, der gegeben wäre, wenn die Sparer überhaupt nicht gespart hätten, denn dann wäre überhaupt nicht erst eine Spannung entstanden, die durch die Wiederausleihung der Sparkasse nun wieder behoben ist.
Schließlich hat die Ausleihung der Sparkasse eben nur die Folge, ungefähr den Zustand wiederherzustellen, der gegeben gewesen wäre, wenn die Sparer verbraucht hätten. Die Kreditwilligkeit der Banken wird, wenn die Sparkassen ausgeliehen haben, annähernd so hoch sein, wie wenn die Sparer nicht gespart hätten, sondern verbraucht hätten.
Wenn also in der Weise gespart wird, daß Sparer ihre Einlagen bei Banken erhöhen, so vermindert sich die Kreditwilligkeit der Banken.

S. 63, 64 >>  I. Grundlagen    5. Die freie Zinsbildung      d) Depositensparen und Bankenliquidität



Natürlich kann eine Geschäftsbank auch anders als über Depositensparen an die vorgeschriebene Liquidität (Mindestreserve + X% Liquiditätsreserve) kommen >> z.B. über Interbanken- oder Notenbank-Kredite / Wertpapier-Pensionsgeschäfte.
Ob dann in diesem Falle jedoch aktive Fristentransformation der Depositen-Posten überhaupt respektive zusätzlich hierzu noch erforderlich ist, oder unter welchen (Markt-)Bedingungen auf diese zurückgegriffen wird, daran wäre ich auch im Detail interessiert.

besten Gruß
StephanO


Am 18-Jun-17 um 22:58 schrieb Rudolf Müller:
Hallo Stephan,

wenn Du hier schreibst, dann schreibe doch wenigstens daneben, was Du damit meinst. Oder sind das Geheiminformationen für wenige Eingeweihte?

Eine Sparkasse betreibt Fristentransformation und eine Kreditbank Giralgeldschöpfung?
Wem willst Du das eigentlich hier verkaufen?
Grundlagenkenntnisse sind offensichtlich hinderlich bei der kreativen Auseinandersetzung mit dem existierenden Geldsystem?

Beste Grüße
Rudi Müller

Am 18.06.2017 um 22:01 schrieb Stephan Schwarz:
So sehe ich das auch.
Sparkasse (Depositenbanken) = Fristentransformation

Kreditinstitut / Geschäfts-& InvestmentBank = Kreditausgabe via Giralgeldschöpfung

lG

Am 18-Jun-17 um 19:47 schrieb Alexander Raiola (a.raiola AT bzv-fr.piratenpartei-bw.de via ag-geldordnung-und-finanzpolitik Mailing List):
Hallo Comenius,

@Alexander Raiola
Deshalb wird es wohl am besten sein, dem Sparkassendirektor zu erklären,
dass das, was sich für ihn aus Sicht der Bankbetriebslehre als
Fristentransformation darstellt, aus volkswirtschaftlicher Sicht als
Geldschöpfung gesehen werden kann oder muss. Auch wenn sich beides in
den jeweiligen Begriffswelten ausschließt, bezieht es sich doch auf die
gleichen realen Vorgänge. D.h. das was der Bankdirektor _mit Recht_ als
Fristentransformation sehen kann, kann der Volkswirt _mit Recht_ als
Geldschöpfung bezeichnen, weil es zweifellos die Geldmenge erhöht und
sogar - im Zusammenwirken des Finanzsektors insgesamt - theoretisch
unbegrenzt ausweiten kann. Leider lassen sich jedoch bei einer so
differenzierten Darstellung, die Vorteile des Vollgeldes nicht mehr so
dramatisch aufzeigen, wie mit der Arnes Behauptung, die Banken  würden
Falschgeld produzieren.
Also ich sehe hier schon einen Unterschied. Geldschöpfung ist, wenn eine
Bank einfach so einen Kredit vergibt, ohne das Geld zu haben. Es wird
einfach der Betrag auf dem Konto des Kreditnehmers gutgeschrieben und
eine entsprechende Forderung an ihn erstellt, das Geld wieder
zurückzuzahlen, so dass es sich in der Bilanz wieder aufhebt, abgesehen
von den Zinsen.

Wenn ich Fristentransformation richtig verstanden habe, dann erschafft
sie kein Geld aus dem Nichts, sondern man verleiht das Geld, das sich
auf Tagesgeldkonten befindet. D.h. die Bank spekuliert darauf, dass
nicht alle Leute ihr Geld auf einmal abheben und es daher ungefährlich
ist, einen gewissen Prozentsatz des Geldes zu verleihen oder damit zu
wirtschaften. Das ist etwas, das könnte man mit einem Vollgeldsystem
auch tun, auch wenn es meiner Meinung nach moralisch zweifelhaft ist. Es
ist eben Zockerei.

Viele Grüße
Alexander


--
Stephan Schwarz, Ochsenfurt
Tel: 09331/3690 | skype: mainfranke


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