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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] [ ] Zentralbankgeld

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] [ ] Zentralbankgeld


Chronologisch Thread 
  • From: Jürgen <jack_r AT arcor.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] [ ] Zentralbankgeld
  • Date: Wed, 22 Jun 2016 01:03:51 +0200

Moin,

> Zitat Jürgen "Die Effekte der Deflation werden m.E. deutlich überbewertet.
> " Tjaja, ich hab auch vorhin so einen Wut-Leserbriefschreiber gelesen der
> meinte "Die EZB soll gefälligst die Zinsen erhöhen damit ich mir von
> meinen Lebensversicherungen was kaufen kann!!!" ^^ Aber werden mehr Waren
> produziert nur weil die Zinsen hoch sind? Ich seh das so und habe einige
Meiner Meinung nach haben wir ein deutlich fundamentaleres Problem: Sättigung
Die meisten, die *Geld haben* haben so ziemlich, was sie brauchen (und wollen)
oder sind so weit weg, dass ein paar Euro mehr auch nichts bringen (z.B. das
*Wunschboot des besserverdienenden Hobbyseglers*).
Hingegen besagt das neoliberale Dogma (Saysches Theorem, 19.Jhd) "Jedes
Angebot
schafft sich seine Nachfrage selbst" Das ist DIE Begründung für das sture
Angebotsmantra. Insbesondere leiten die Neoliberalen/Neoklassiker
daraus ab, dass *unfreiwillge Erwerbslosigkeit* unmöglich ist. Der
offensichliche Widerspruch zur Wirklichkeit wird mit *unvollkommenem Markt*
Argument abgetan, d.h. der *böse* Staat verhindert durch z.B. Mindestlohn,
Regulierung oder Steuern, dass der Markt alles löst.
Daraus ist dann eben auch klar, dass so nur *Angebotsorientierung*, d.h.
Lohnsenkung, Sozialabbau,Deregulierung usw. den Markt wieder seine
*natürliche Perfektion* wiederbringen.
Die Milchmädchenrechnung hier lautet: wenn die Bauern über Absatzprobleme
stöhnen, dann ist die Milch einfach nur zu teuer. Wäre sie billiger würde
mehr verkauft. Insbesondere, wenn jemand pro Tag 1l Milch trinkt, dann wird
er 2l trinken, wenn die Milch nur billiger wird. Also alles muss einfach
billiger weren, dann klappt es auch mit der Wirtschaft.
Wenn man also Löhne massiv senkt, dann erzeugt das der Theorie nach
automatisch
mehr Nachfrage. Wenn man hingegen annimmt, dass ein Mensch nicht beliebig viel
Milch konsumiert (zwar vielleicht auf *mehr Qualität* = Bio-Milch umsteigt,
aber was soll danach kommen?) sondern irgendwann satt ist, dann ergibt sich
eine andere Lage:
Der Konsum ist nicht beliebig steigerbar, d.h. das Wachstum wird endlich.
Nähert man sich nun dieser Sättigungsgrenze, dann können typische
*Konjunkturstimuli* nicht mehr wirken. Lohnsenkungen machen die Sache
nur schlimmer. Nach Annahme werden die, die noch *Geld haben* nicht
signifikant mehr konsumieren. Gleichzeitig *können* die von Lohnsenkung
betroffenen nicht mehr konsumieren sondern im Gegenteil müssen ihren Konsum
einschränken => In Summe Schrumpfen/Rezession statt Wachstum.
In so einer Lage bringenauch Niedrigzinsen oder QE nichts, weil egal wie
billig Geld für Unternehmen wird, ohne Bedarf machen Investitionen keinen
Sinn.
Leider passt m.E. diese Beschreibung zur Wirklichkeit => Sättigung ist das
Grundproblem => die Frage muss lauten: wie schafft man mehr Bedarf?

> kaufen! Alle denken "Boar, mein Geld ist so wertvoll, ich darf es nicht
> für Plunder ausgeben, ich investier es lieber in Gold oder spare es!" Gold
Ein *schicker* Pullover ist für ein *fashion victim* kein Plunder. Die Mode
von gestern ist *out*, das *todschicke Teil* kaufen ist ein Muss! Dieser
Typ wird sich den Pullover kaufen (wegen Bedarf an modischen Sachen).
Die Gegenposition ist *Mode ist egal, Hauptsache warm*. Der Käufertyp denkt
eher
*hmm, etwas verwaschen, kleines Loch kann man flicken, ok nächstes Jahr ist
es billiger* (-> Kaufzurückhaltung im 1.Jahr). Ein Jahr später: *ok, jetzt
ist er verschlissen, dann brauch ich halt einen neuen* -> Kauf wird
verschoben, aber früher oder später wird gekauft (->Delle ja, Abwärtsspirale
nein).

> Zum Thema: "Die EZB und die Neoliberalen verlassen mit Heli.Geld das
> neoliberale Dogma". Umso unverständlicher, dass das selbsernannte "linke
> Lager" nicht aufjubelt.
Das *linke Lager* sieht m.E. QE&Co eher als Hilfe für Grosskapitalisten. Das
ist a priori böse. *Linke Ökonomen* wollen eher grundsätzlich
Nachfrageorientierung. Ein Dogma ist hier eher *Arbeit für alle* und
*faire (=höhere) Löhne*. Aus dem Blickwinkel wird auch das BGE abgelehnt.

> Zum Thema: "Der Staat soll lieber Konjunkturprogramme bezahlen und Straßen
> bauen". Straßen müssen sowieso gebaut werden, egal ob grad Deflation
> herrscht oder nicht.. Ich hab aber tendentiell meine Bedenken bei zu viel
> gezielten staatlichen Subventionen. 1. Ungerechtigkeit. Die geförderten
Bei Subventionen a la *Abwrackprämie* sehe ich auch eher *Mitnahmeeffekte*
denn *echtes Wachstum*.
> Teufelszeug halten", dass der Markt entscheidet. Heißt: Jeder Mensch hat
> Geld und kauft das was er braucht.
Das funktioniert eben (nur) solange wie es Bedarf gibt. Daher wäre für mich
das sinnvollste die Mittel da zu versenken, wo es aktuell
Wirtschaftlichkeitsprobleme gibt, aber auf die Zukunft vorbereitet -> z.B.
Thema *Energiewende*.

> Im übrigen: Die EZB schlägt das vor was sie machen kann. Die EZB kann
> keine staatlichen Konjunkturprogramme machen. Sie darf sie eigentlich
> sogar nicht fordern. Deshalb halte ich dieses Aufwiegen für sinnlos. Die
Korrekt, die EZB versucht die Mittel einzusetzen, die sie hat und bewegt
sich schon an der *Legalitätsgrenze* (siehe aktuelle BVerfG Entscheidungen).
Trotzdem ist es m.E. nicht effektiv und ggfs. gefährlich, weil gerade QE
Blasenbildung fördert.

> ich die Wahl hab zwischen 1. Welt ohne BGE und ohne Helikoptergeld und 2.
> Welt ohne BGE aber mit Helikoptergeld... Malte
Das kann man so sehen.

bye
Jürgen



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