ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: Gerhard <listmember AT rinnberger.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien
- Date: Thu, 23 Jul 2015 22:16:59 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Am 22.07.2015 um 10:19 schrieb Gerhard <listmember AT rinnberger.de>:Am 17.07.15 um 14:14 schrieb Arne Pfeilsticker:Bezogen auf deine Systematik wäre meine Geldtheorie wie folgt zu
charakterisieren:
*Herkunft:* Schuldrecht
Wir betreiben hier Ökonomie und keine Juristerei ;-).
Hallo Gerhard,
ohne Juristerei kein Verständnis der Ökonomie. Unsere heutige Ökonomie bestehet zur Hälfte aus Juristerei.
Gesetze bilden nicht nur die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, sondern der gesamte Finanzsektor produziert und handelt mit juristischen Produkten.
Mit dem Begriff
'Schuldrecht' soll doch zum Ausdruck gebracht werden, dass eine
funktionierende Rechtsordnung in einer Volkswirtschaft vorhanden ist,
die einen schuldrechtlichen Anspruch auch durchsetzen kann. Das ist doch
der Kern dessen, was Bruun mit 'authoritativ' bezeichnet.
Ein schuldrechtlicher Anspruch ist eine Rechtsbeziehung zwischen zwei Rechtssubjekten. Das eine Ende dieser Rechtsbeziehung nennt sich Verbindlichkeit und das andere Ende nennt sich Forderung. Das Forderungsende ist das Geld. Und bezahlen bedeutet genau, dass ich dieses Forderungsende weiterreiche.
*Bevorzugte monetäre Funktionen:* Zahlungsmittel, Wertmaß,
Wertaufbewahrungsmittel, Informations- und Kommunikationsmittel und
Steuerungsmittel
Anmerkung: Aus meiner Sicht hat Geld nicht eine, sondern mehrere
Grundfunktionen, die erst im Zusammenspiel Geld ausmachen. Details
siehe: http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Was_ist_Geld%3F/Geldfunktionen
<http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Was_ist_Geld?/Geldfunktionen>
Ich fürchte, du packst da zuviel rein. Insbesondere die Eigenschaft als
Informationsmittel impliziert die neoklassische Annahme einer perfekten
Voraussicht aller Marktteilnehmer.
*Definition von Geld:*
1. Geld ist ein Anspruch auf Geld.
2. Ein Anspruch auf Geld gegen die Zentralbank ist Geld (Rekursionsanker)
Anmerkung: Es handelt sich hier um eine rekursive Gelddefinition. Bei
dem Begriff Anspruch handelt es sich um einen schuldrechtlichen
Anspruch. Details
siehe: http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/6/6f/Geld_ist_ein_Anspruch_auf_Geld.pdf und http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Was_ist_Geld%3F/Geldentwicklung#Giralgeld:_Geld_ist_ein_Anspruch_auf_Geld
<http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Was_ist_Geld?/Geldentwicklung#Giralgeld:_Geld_ist_ein_Anspruch_auf_Geld>
Zu deiner Definition: Soweit ich mich erinnere, hast du in einer
früheren Version die wesentliche Merkmale einer Zahlung den Zeitpunkt,
den Betrag, Gläubiger ('Empfänger' der Zahlung) sowie Schuldner
('Sender' der Zahlung) ausgemacht.
Nach Graziani sind drei Grundvoraussetzungen zu erfüllen, damit etwas
als 'Geld' bezeichnet werden kann:
1. Geld muss ein reines Zeichen sein, um als Zahlungsmittel zu
funktionieren (ansonsten wäre es ein Tausch und keine monetäre Transaktion)
2. Geld muss als endgültig schuldbefreiender Titel akzeptiert sein
(ansonsten wäre es ein Kredit)
3. Es darf keine Seignorage (=Geldschöfungsgewinn) bei irgendeinem an
einer Zahlung beteiligten Akteure entstehen.
Geld ist kein Zeichen, sondern ein abstraktes subjektives Recht. Da aber abstrakte Dinge unsichtbar sind, müssen sie auf irgendeine Weise dokumentiert und nachgewiesen werden. Und hier kommen die Zeichen ins Spiel.
Die Banknote ist nicht das Geld, sondern der Nachweis oder das Zeichen, das auf das Geld an sich hinweist und wesentliche Merkmale dokumentiert, wie z.B. 10 und nicht 9 Euro.
Diese drei Bedingungen können nur dadurch erfüllt werden, dass Zahlungen
durch die Vermittlung eines Dritten (einem Treuhänder) abgewickelt
werden. Wir nennen diesen Dritten eine Bank.
*Werttheorie: *
/Nichts/ hat einen Wert an und für sich. Es gibt nicht „den“ Wert,
sondern unterschiedliche Werte, wie z.B. Tauschwert, Gebrauchswert oder
persönlicher Wert. Jeder Wert entsteht im Kontext eines Beziehungs- und
Leistungsgeflechtes und kann sich ändern, wenn sich dieser Kontext ändert.
Hinsichtlich des Geldes kann man folgendes sagen:
*
*
*Wert von Geld*:
*Innerer Wert*: Der Nominalwert ist der Wert des Geldes, d.h. 10 Euro
sind genau 10 Euro wert, weil man mit 10 Euro genau eine Verbindlichkeit
von 10 Euro begleichen kann. Dieser Wert bleibt immer gleich!
*Äußerer Wert* oder Tauschwert: Der Wert des Geldes drückt sich im Preis
der Waren und Dienstleistungen aus. Dieser Wert ändert sich ständig.
Auf diese Weise führst du insgeheim wieder eine Dichotomisierung ein.
Während der *Innere Wert* seine Verwandschaft zur Auffassung in der
Modern Monetary Theory schwer leugnen kann, kommt im *Äußeren Wert* eine
Variabilität zur Geltung, die man letztendlich in den individuellen
Erwartungen der Wirtschaftssubjekte verorten kann.
- Für Zahlungen zur Tilgung eines Anspruchs auf Geld. (Hier zählt nur der innere Wert.)
- Als Gegenleistung in einem Vertrag zum Tausch mit anderen Gütern. (Hier zählen das Verhandlungsgeschick der Vertragspartner und die Konkurrenz.)
Als wesentliches Merkmal von Geld vermisse ich bei Bruun die
Numeraire-Eigenschaft, also die Konstanz von Wert in der Zeit, die ich
als wesentliche Voraussetzung einer stabilen Finanzordnung ansehe.
Die Bedeutung der äußere „In“-Stabilität wird m.E. nicht ausreichend beachtet.
Tauschwertstabilität ist kein Selbstzweck. Die korrekte Formulierung müsste m.E. lauten: So stabil wie möglich und so instabil wie nötig.
Die Dynamik moderner Volkswirtschaften beruht m.E. zu einem erheblichen Teil auf der Instabilität des Tauschwertes.
Über die Instabilität erfolgt die Anpassung der Volkswirtschaft an geänderte Bedingungen.
Neben dieser sachlich bedingten Instabilität (= gute Instabilität) gibt es noch die spekulativ induzierte Instabilität (= schlechte Instabilität), die die Wirtschaft durcheinander bringt.
*Volkswirtschaftlicher Wert:* Aufgrund der Funktionen des Geldes
entstehen volkswirtschaftlich erhebliche Synergieeffekte. Geldschöpfung
ist bis zu einem gewissen Ausmass Wertschöpfung. Aufgrund von Geld wird
Sei vorsichtig, wenn du den Begriff 'Geldschöpfung' in die Nähe von
'Wertschöpfung' bringst. Konzeptionell begibst du dich damit in die Nähe
der Warendenke der Nutzentheoretiker.
Die Einführung von Geld in eine Volkswirtschaft erspart erhebliche Kosten und ermöglicht erhebliche zusätzliche Geschäfte und Gewinne. Die ersparten Kosten und ein Teil der zusätzlichen Gewinne sind die Wertschöpfung durch die Geldschöpfung.
Viele Grüße
Arne
- [AG-GOuFP] Zur historischen Einordnung von J. Rueff Was: Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), (fortgesetzt)
- [AG-GOuFP] Zur historischen Einordnung von J. Rueff Was: Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Gerhard, 31.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), moneymind, 31.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Axel Grimm, 30.07.2015
- [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien, Arne Pfeilsticker, 17.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien, Gerhard, 22.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), moneymind, 23.07.2015
- [AG-GOuFP] (nominal fixierte) Forderungen vs. forderungslose Vermögenswerte, Kos, 24.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] (nominal fixierte) Forderungen vs. forderungslose Vermögenswerte, Rudi, 24.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Kos, 27.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), moneymind, 23.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Gerhard, 27.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien, Gerhard, 22.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien, Arne Pfeilsticker, 23.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien, Eckhard Rülke, 24.07.2015
- [AG-GOuFP] "Geld ist ein Anspruch auf Kreditschuldtilgung" +1 oT, Kos, 24.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Unterschiedlichen Geldtheorien, Arne Pfeilsticker, 27.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Kos, 27.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Arne Pfeilsticker, 28.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), Kos, 29.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), moneymind, 31.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Varoufakis: Schäuble's Plan for Europe (kommenden Do in der ZEIT, vorab am blog), moneymind, 24.07.2015
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