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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Narrative ökonomischer Vernunft (I): Was produzieren Banken?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Narrative ökonomischer Vernunft (I): Was produzieren Banken?


Chronologisch Thread 
  • From: David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Narrative ökonomischer Vernunft (I): Was produzieren Banken?
  • Date: Sun, 15 Feb 2015 19:51:18 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hey Marco,

Ja, ich kenne luta aus dem DGF. Ich war dort unter dem Pseudonym "melethron" unterwegs. Hab mich aber abgemeldet, da das DGF leider immer seichteres Gewässer und die "Perlen" weniger wurden. 

Lutas Beitrag war der hier: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=257875 
sowie dieser von Liated: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=258380

Das war für mich damals der totale Augenöffner. Obwohl ich eigentlich schon ein "Gespür" für Mathe habe und Entropie zu verstehen für wichtig halte, habe ich diese stochastischen Effekte selbst zuvor TOTAL übersehen...

Grüße
David

Am 15. Februar 2015 um 19:20 schrieb David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>:
Hey Patrik, 

Zwei Anmerkungen:

1.) Die reale Vermögensverteilung lässt sich ja nicht nur zu 90%, sondern zu 100% aus der Stochastik erklären. Lognormal wegen den endlichen Verlusten und der "fat tail" wegen Vermögensabhängigen gewinnen. Das ist ja imo das Tolle daran.

2.) Ich geb dir auf jeden Fall Recht, dass es man es prinzipiell erstmal einfach darstellen muss, aber ab irgendeinem Punkt muss da unbedingt noch eine gehörige Portion "Hexenwerk" mit rein. Ansonsten wirkt es nicht kompetent genug und sieht wie eine Milchmädchenrechnung aus.

Das man die Vermögensverteilung mit Münzwürfen erklären könnte wirkt imo im ersten Eindruck lächerlich (simple Abwehrreaktion: wenn es SO einfach wäre, würden das die etablierenden Politiker ja wohl auch verstehen). Wenn man aber die Münzwürfe nur die verständliche Vereinfachung von "WAHNSINNIG schwierigen" mathematischen Modellen sind, hat das imo ziemliches Gewicht (bissl brownsche Bewegung, random-walk, Entropie und dann noch ne markov-chain simulation mit drauf packen oder so) :

Das beste Argument ist imo immer das, das jeder versteht aber keiner nachvollziehen kann. ;-)

Wenn es dann auch noch mathematisch vollkommen korrekt ist, können die wenigen die es nachvollziehen können nicht mal widersprechen und wenn sie in Details was zum widersprechen finden, dann versteht sie wiederum keiner.....

Wenn ich übrigens jemand die Normalverteilung erkläre, mache ich das auch wie du im Wiki mit Münzwürfen (wie ich es etwa hier für Erklärung der "entropic gravity" mache: http://melethrons-wastebook.blogspot.de/2012/04/entropic-gravity-gravitation-von-den.html - um Vermögensverteilung so der breite Masse zu erklären ist das SO natürlich viel zu schwer).

Um es einfach zu gestalten finde ich das Bild der Binomialverteilung imo ziemlich gut dafür geeignet: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/17/Pascal%27s_triangle%3B_binomial_distribution.svg

Davon ausgehend kann man eine Lognormalverteilung gut visuell darstellen indem man alles was links der Mitte liegt mit auf die Mitte legt. Das sieht dann schon aus wie die Vermögensverteilung und reicht für ein prinzipielles Verständnis. Danach sollte aber das ganze "Hexenwerk" kommen, weil ansonsten ist es ja "unwissenschaftlich".

Ich schau mal, dass ich das die nächsten Tage so darstelle, wie ich mir das vorstelle. Weiterhin wollte ich mir mal ansehen was für stochastische Arbeiten varoufakis gemacht hat. Den zitieren ist auch Hilfreich für PR. 

Übrigens halte ich als (noch?) Außenstehender PR für das größte Defizit bei den Piraten (das ist nur mein subjektiver Eindruck).

Grüße
David

 

Am 15. Februar 2015 um 18:21 schrieb Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>:


Am 15.02.2015 um 17:55 schrieb David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>:

Hey Patrik,

Hab mir das nochmal angesehen. Deine Pokeranalogie passt. Das ist die korrekte Erklärung warum die Normalverteilung zu einer Lognormalverteilung wird.

Übrigens würde ich eine Normalverteilung der Vermögen (wenn sie denn konstant bliebe) nicht als Problem sehen und auch nicht als "Ungleichverteilung" bezeichnen. "Ungleichverteilung" lässt sich mathematisch sauber definieren: Siehe Gini-Koeffizient. 

Ich denke mit der Normalverteilung hat auch keiner (oder wenige) in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ein Problem. Problematisch wird erst, was ab Runde 10 passiert, sprich: die Mitte schmilzt ab, es gibt immer mehr, die aus dem Spiel ausscheiden und die Vermögen sammeln sich bei immer weniger Leuten an der Spitze. Genau in dieser Phase befinden wird uns.

Das Beste an der ganzen stochastischen Betrachtung ist, dass man auf Begriffe wie "Gerechtigkeit" und "Gier" verzichten kann. Aufgrund des Eintretens bei vollkommener Chancengleichheit kann man sich hier gegen ideologische Angriffe der "Leistungsträger" quasi immunisieren. 

Richtig, wenn Zufall allein 90% der Beobachtung erklärt, sind alles andere Nebenkriegsschauplätze und ideologische Propagandaschlachten. Aber die kommen natürlich "on top" und sorgen so für die Verlängerung des "fat tail".

Hebt man die Diskussion nämlich auf ein mathematisch sachliches Niveau, kann man Themen wie "Akkumulation" wieder "salonfähig" machen ohne etwa den Namen "Marx" oder irgendwelche Kampfbegriffe in den Mund zu nehmen und den Ruf des "Ewig-Gestrigen" hinter sich lassen.

Es findet einfach statt, zwangsläufig, und es gibt im Wesentlichen nur zwei Maßnahmen, um das Spiel am Laufen zu halten:

1. Man pumpt immer neues (Geld-)Vermögen nach. Dabei gibt es zwei Varianten:
a) Alle kriegen immer neues Geld (bspw. BGE)
b) "Die unteren" kriegen immer neues Geld
Nachteil: Man vermeidet zwar das Ausscheiden der "unteren", aber nicht den zunehmenden Reichtum an der Spitze

2. Umverteilung. Auch hier zwei Varianten:
a) Alle zahlen ein
b) nur die oberen zahlen ein
Vorteil: Grade bei Variante b) kann eine zunehmende Auseinanderentwicklung vermieden werden, und trotzdem hat jeder den Anreiz/die Chance, dass er sich verbessern kann.


Für eine funktionierende Aufklärung muss man sich gut gegen den ideologischen Ballast der letzten Jahrhunderts absichern. Wenn plötzlich Marxisten daherkommen wie Jungunternemer (vgl. Syriza) ist das Establishment vollkommen überfordert, weil es nicht in die klassischen Ressentiments passt und man darauf nicht vorbeireitet ist (schwäbische Hausfrau zum Michel: "Also wie ein fauler Grieche sieht dieser Varoufakis ja nicht aus"). Wenn man dann noch wie der junge dynamische CEO eines "Hightech Start-ups" über "thermodynamische Gleichgewichte" oder "Entropie" spricht, entgeht man jedem klassischen Feindbild und selbst dem unverbesserlichen Michel bleibt - Mangels wissen was denn Entropie überhaupt ist - nichts weiter als zu Applaudieren. 

Genau, deshalb sollten die Modelle auch für "den Michel" verständlich bleiben, und darum probiere möglichst einfach und anschaulich zu bleiben. "Lognormalverteilung" wird nicht (allgemein) verstanden, und klingt irgendwie nach "Hexenwerk".

Ich sehe also in solchen Analysen - natürlich neben einem rein inhaltlichen Zugewinn - ein Prima Mittel um die Propaganda des Establishments mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen.

Ich auch. Und grade die "Pokerpartie" bietet sich an, anschaulich die zunehmende Vermögenskonzentration ideologiefrei darzustellen.

Zum Geldsystem benutze ich gerne die "Monopoly-Partie mit Banker (Wallstreet Monopoly)". Man kann leicht zeigen, dass immer "der Banker" gewinnt (stellvertretend für "die Banken" als Gesamtheit) - wenn er selbst mitspielt - bzw. der Mitspieler, dem er zugetan ist. Dies hat mit dem Geldschöpfungsprivileg zu tun. Dieses Privileg verstärkt (nicht erzeugt!) die ohnehin vorhandene Tendenz zur Vermögenskonzentration.

Siehe:

Meine Meinung ist: Aufklärung funktioniert nicht ohne Propaganda (äh... PR meine ich natürlich) und stochastische Betrachtungen sind hierfür ein Prima Mittel.

Ich bin ein großer Freund von Analogien, auch wenn die theoretisch nicht unbedingt 100% sauber sind, aber "der Michel" bekommt zu komplexen Zusammenhängen so am einfachsten Zugang. Man muss halt gute Analogien finden.





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