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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Schwarze Null, wohin sie wirklich führt

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Schwarze Null, wohin sie wirklich führt


Chronologisch Thread 
  • From: Thomas Irmer / ID Concept <irmer AT id-concept24.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Schwarze Null, wohin sie wirklich führt
  • Date: Tue, 20 Jan 2015 09:17:26 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

+1

absolut geil Christoph!!!
(vielleicht ein bischen zu kompliziert formuliert)

Gruß vom Thomas
der sich über die letzten Mails gefreut hat

Am 19.01.2015 um 12:45 schrieb Christoph Mayer:
Dazu mal ein paar Punkte:

- Die meisten Manipulationen und viele Fehlgestaltungen kommen aus einer
Vermischung von Dingen, die nicht zusammengehören oder einer Trennung von
Dingen, die zusammengehören.
Bei der Trennung Legislative, Exekutive und Judikative hat man Behörden der
Exekutive zugeordnet und das ist ein großer Fehler. Darauf hat auch Prof.
Johannes Heinrichs hingewiesen. Denn Behörden haben keine Entscheidungsgewalt
zu haben sondern sie müssen an einen engen gesetzlichen Rahmen gebunden sein.
- Daher müssten Behörden unabhängige Einheiten sein, deren Regeln eng von der
Legislative bestimmt werden. Die Einhaltung der Regeln muss von der
Judikative überwacht werden, wobei jeder einzelne Bürger bei Fehlverhalten
klagen kann. Mit der Exekutive im Sinn von Regierung oder Gestalten sollen
Behörden nichts zu tun haben.
- (noch erwähnt sei, dass wir heute keine echte Trennung von E, L, J haben
sondern eine Parteilenoligarchie im politischen System, diese stellen
Regierung, Legislative und bestimmen damit indirekt auch die oberste
Judikative)
- Eine Zentralbank soll keine „unabhängige“ Organisation der heutigen Art
sein, die faktisch von den Finanzinstituten besetzt wird und dann eine Art
ungewählte Exekutive darstellt. Vielmehr soll es nach meiner Vorstellung eine
Behörde sein, die nach mathematischen Formeln arbeitet, an enge Regeln
gebunden ist und keine Gestaltungsfunktion hat.
- Dann ist sie geeignet, demokratiekonform und wirtschaftstheoretisch
sinnvoll zu arbeiten und dann ist es auch kein Problem, wenn sie zentral ist
oder wenn es mehrere davon gibt, die sich Gebiete aufteilen und in Konkurrenz
zueinander stehen. Machen alle das gleiche, braucht man auch keine einzelne
zentrale Organisation.

- ich halte das Gleichheitsprinzip für sinnvoll, also entweder darf jeder
Marktteilnehmer Geld schöpfen oder keiner. Das heißt, ich möchte das Privileg
bei den Privatbanken entfernen. Jede Deregulierung des „Finanzmarkts“ ist
eine begriffliche Vertuschung für das Ausweiten der Privilegien des
Finanzsektors.
- Eine Geldschöpfung bei Einzelteilnehmern scheitert an der Austauschbarkeit,
der Akzeptanz usw., das kann man meiner Ansicht nach nicht realisieren.
Bitcoin ist ein System, wo zwar Einzelne Geld schöpfen können, jedoch in
willkürlicher Weise und die Währung wird in der Form zum Spekulationsobjekt,
deshalb als Geld unbrauchbar.
- Einen freien Markt von Währungen halte ich für ein rein theoretisches
Konstrukt, da gibt es zig Probleme, die ich zum Großteil hier wegen
Lesbarkeit weglasse.
- Jeder Markt braucht Regulierungen. Ich halte es für illusorisch, dass wenn
es z.B. eine Bedarfsbörse gäbe diese nicht manipuliert würde oder dass
Marktregeln nicht manipuliert würden. Nur weil man einen freien Markt
garantiert gibt es in der Praxis keinen. Faktisch ist das derzeit ja sogar
das, was man versucht, über die Argumentation des freien Markts die Regeln
auszuhebeln, die die Unfreiheit der Masse verhindern sollen.
- Deshalb halte ich es für besser, wenn man das Prinzip der Gleichheit und
Dezentralität über ECHTE Behörden abwickelt, die nach mathematischen
Prinzipien Geld an die Breite der Bevölkerung verteilt.

- Die Vertelingsregeln die ich dazu vorschlage ist, jedem der arbeitet in dem
Maß neues Geld zu geben, wie er zur Gesellschaft beigetragen hat. Denn
dadurch löst man das Gerechtigkeitsproblem, das Arbeitsmarktproblem, das
Verteilungsproblem, schafft Motivation zur Arbeit ohne soziales auch nur im
geringsten zurückzufahren.
Warum genau das, siehe meine Mail von vor 2 Tagen über das Problem der
pKreditschöpfung und wie man es transformieren kann.
- Emittiert man mindestens einen Teil dieses Geldes in Unternehmen als
Eigentum dessen Mitarbeiter, löst man darüber hinaus langfristig das
Sachvermögensverteilungsproblem und einen Teil der Rentenproblematik.
- Verwendet man alles neue Geld in letzterer Weise steigen im ersten Jahr die
Arbeitseinkommen kaum, im Lauf der nächsten Jahre aber wird ein immer
größerer Teil des Vermögenseinkommens zum Arbeitseinkommen, bis irgendwann
annähernd 90% erreicht sind. Und ist das erreicht, bedeutet das nach heutigen
Zahlen ca. eine Verdopplung des Arbeitseinkommens.


Christoph Ulrich Mayer
CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de
Augsburg, Germany



Am 18.01.2015 um 13:37 schrieb Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>:

Am 17.01.2015 um 13:12 schrieb "Amos comenius" <comenius2000 AT gmail.com>:

Du schreibst weiter unten: *"Vielleicht wäre der erste Ansatz
einzusehen, dass man GELD braucht, wenn man die Allokation von riesigen
Investitionen kontrollieren und Politiker,Journalisten und Wissenschaft
„kaufen“ will."*

Das ist ja nun nicht so schwer einzusehen, es gibt da nur das
klitzekleine Problem: Wie kommen wir an dieses Geld, BEVOR wir den Staat
erobert/demokratisiert haben???

Da beißt sich deine "bazooka" in den Schwanz.
Es wird dich wundern, dass ich dir vollkommen recht gebe. Solange unser
zentralistisch organisiertes Geldsystem und -verständnis vorherrscht, haben
wir keine Chance.

Jedes zentralistische System (nicht nur das Geldsystem) wird immer von einer "Elite"
beherrscht und diese verteidigt ihr Privileg, wenn es sein muss bis zur letzten Patrone - und das
ist wörtlich gemeint. Der einzige Weg ein solches Privileg abzuschaffen, ist es langsam zu
erodieren - wenn man nicht den klassischen Weg der "Guillotine" wählt. Es gibt dabei
grundsätzlich zwei Wege, wie man ein Privileg abschaffen kann:

A) (k)einer darf es
B) Alle dürfen es

A) wollen die "Vollgelder" durchsetzen, sprich: Es gibt nur noch eine Institution, die
Geld schöpfen kann, und diese soll irgendwie gleichzeitig unabhängig, aber auch demokratisch
kontrolliert sein. Nunja... Aber abgesehen von diesem Widerspruch, ist es wieder ein
zentralistisches System, dass früher oder später von der "Elite" unterwandert wird. Ich
halte diesen Ansatz also erkennbar für nicht zielführend.

B) Dieser Ansatz erfordert etwas mehr Kreativität jenseits der üblichen Scheißhausparolen wie "dann
geht ja keena mehr arbeiten, sondern alle drucken nur noch Jeld!", "Ditt jibt Inflation vorm
Herrn!" und "Willkommen im Mittelalta!" Tatsache ist, dass nur ein dezentrales System eine
wirksame Abwehr vor Vereinnahmung und damit (üblicherweise) Missbrauch gewährleisten kann. Wie soll das nun
gehen?

Nun, als erstes muss die Erkenntnis reifen, dass eine Währung so gut wie jede
andere ist, weil jegliche Währung im Kern NICHTS wert ist, das gilt auch für
die aktuellen Währungen.

Im nächsten Schritt muss das Verständnis erzeugt werden, dass Geld
konsequenterweise auch nicht dazu dienen kann Wert aufzubewahren, sondern,
dass die Hauptfunktion die Ermöglichung und erleichterte Abwicklung von
Transaktionen ist - das Geldsystem also nur genau dieses leisten muss. Wer
Werte aufbewahren will, soll sich was kaufen. Darüber hinaus soll es dienlich
sein, Angebot und Nachfrage dezentral zusammenzubringen.

Man kann das vielleicht mit Musik vergleichen. Es gibt einen Musikproduzenten und einen
Musikkonsumenten. Irgendwie muss die Musik vom einen zu dem anderen kommen.
Üblicherweise geschieht dies, indem die Musik digital aufgezeichnet wird oder direkt
digital übertragen wird. Dabei käme niemand auf die Idee, dass es sich bei den Nullen
und Einsen selbst um Musik handelt, oder dass der Musiker, Musiker gegen Daten
"eintauscht". Dennoch ermöglicht es das System, dass Güter vom Produzenten
zum Konsumenten gelangen, sprich: Es ermöglicht die Transaktion. Aber es geht ja sogar
noch mehr. Konsumenten können ihre Wünsche äußern und Angebote bewerten und Produzenten
können darauf reagieren. In unserem derzeitigen Geldsystem, geht das nur, wenn man über
Geld verfügt. Kriegt man kein Geld, gibt es keine andere Möglichkeit die eigenen
Bedürfnisse am Markt zu kommunizieren, und entsprechend werden sie auch schlicht nicht
bedient - selbst wenn es dabei um Leben oder Tot geht.

Und wenn man erst einmal soweit ist, dann kann man sich vielleicht vom gängigen
Geldkonzept - nämlich dem "Münzdenken" = Geld ist eine (abstrakte) Einheit -
lösen, und darüber nachdenken, wie man Transaktionen auch anders, nämlich barrierefrei,
transparent und demokratisch organisieren kann. Da gibt es dankt unserer heutigen
technischen Möglichkeiten durchaus andere Mittel und Wege.

Ich hatte vor Jahren mal das Konzept einer Bedarfsdatenbank zur Diskussion gestellt, in der JEDER
einfach Mal seine Bedarfe, ebenso wie Leistungsangebote einstellen kann. Die Teilnehmer werden
soz. "Prosumenten", und treten in gegenseitigem Leistungsaustausch. Die damit
verbundene Komplexität kann heutzutage ohne weiteres beherrscht werden - wie man an den bereits
existierenden "Datenkraken" leicht erkennen kann - und in Zukunft werden die Systeme
sicher noch leistungsfähiger. Ich kann mit gut vorstellen, dass so ein System grade in einer
Dienstleistungsgesellschaft gut funktionieren kann, ohne den Anspruch auf Exklusivität zu
beanspruchen. Wer sich anders organisieren will, kann das tun.

Die Diskussion scheiterte damals an den o.g. Scheisshausparolen und dem zwanghaften
Versuch, solch ein System in die Begrifflichkeiten der herkömmlichen Geldsysteme zu
pressen (Währung, Inflation, Sicherheiten, etc.), so dass die Sache irgendwann
unfruchtbar wurde und ich das Thema eingestellt habe. Ebenso könnte man probieren,
einen Wal mit den Begriffen des Maschinenbaus zu beschreiben, um nachzuweisen, dass er
nicht "funktionieren" kann.

Solch ein System ist angesichts der heutigen Möglichkeiten auch keine "Utopie", sondern
kann parallel zum existierenden System aufgebaut und entwickelt werden. Wenn es gut funktioniert,
kann es dazu beitragen, die "Bazooka der Elite" langsam zu erodieren.

Es geht also im Kern um die Frage, was Geld ist bzw. was ein Geldsystem
leisten muss.

Ich glaube, dass, neben dem Zentralismus, die Wertaufbewahrungsfunktion der
entscheidende Webfehler unseres aktuellen Geldsystems ist, der zu allen
möglichen Dysfunktionalitäten führt. Leider fällt es aber vielen Menschen
schwer, aus gewohnten Denkmustern auszubrechen, und deshalb landet man bei
langwierigen Diskussionen früher oder später immer wieder beim Ausgangspunkt.



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