Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] rekursive Gelddefinition

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] rekursive Gelddefinition


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: moneymind <moneymind AT gmx.de>, Peter Baum <pebaum AT web.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] rekursive Gelddefinition
  • Date: Fri, 7 Mar 2014 16:00:29 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Peter,
hallo Wolfgang,
ich halte euere Argumente und Anmerkungen für sehr interessant und schlage deshalb vor, dass wir uns im Mumble zu einem „Kamingespräch“ verabreden. Ich glaube, dass in diesem Stadium der Diskussion eine Diskussionsrunde sehr viel effektiver sein wird.

Vorab aber schon ein paar Anmerkungen (siehe unten).

Viele Grüße
Arne

Am 06.03.2014 um 14:33 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:


Aber, zurück zum Punkt: Du scheinst da sehr logisch und abstrakt heranzugehen. Ich würde da gern eine historische Perspektive ergänzen. Geschichte ist menschliches Tun (und das kann es nur in Gruppen geben, da ein einzelnes, isoliertes Individuum nicht mal bis in die nächste Generation käme). In diesem Tun haben Menschen über Jahrhunderte hinweg sowohl das heutige Rechtssystem als auch das daraus folgende heutige Kredit- und Geldsystem geschaffen.

... ist die rekursive Definition "Geld ist Anspruch auf Geld" nicht falsch.
Sie ist aber auch nicht zwingend, sondern - wie Du selbst schreibst - zunächst eher unsinnig.


Ich finde sie v.a. deshalb irreführend, weil sie die konkreten Vorgänge der "Zentralbankgeldschöpfung" ausblendet und damit zu falschen Schlüssen verleitet. Sie legt nämlich nahe, daß Geschäftsbanken von der Zentralbank für Zentralbanknoten einfach nur andere Zentralbanknoten fordern könnten.
Das habe ich nirgends so gesagt, sondern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Anspruch sich auf den Tausch von Bargeld oder zur Gutschrift auf ein Girokonto bezieht und umgekehrt.


Tatsächlich aber kauft die ZB bei der ZB im weitaus größten Teil ihrer Geschäfte ja pensionierte Wertpapiere zurück.

Im Grunde handelt es sich bei einem Pensionsgeschäft um einen mit einem Wertpapier besicherten kurzfristigen Kredit, den der Pensionsnehmer dem Pensionsgeber gewährt.
Diese Kredite sind die Geburt des Geldes. Die Frage in diesem Zusammenhang ist aber, welchen Anspruch habe ich, nachdem das Geld auf die Welt gekommen ist.

Zwar erfüllt die ZB damit nicht eine Forderung, die mit den jeweiligen ZB-Noten oder -Guthaben in Verbindung stünde, sondern Forderungen aus den Pensionsverträgen.

Entscheidend ist aber doch, daß - wenn Zentralbankgeld auf diese Weise geschöpft wird - seine Existenz eigentlich nur dokumentiert, daß sich irgendwo eine private Nichtbank verschuldet hat (der Schuldner des Papiers, das die GB bei der ZB in Pension gegeben hat).

Anders ist das, wenn die ZB einen Sachvermögenswert ankauft, z.B. Gold (was sie aus verschiedenen Gründen und mit verschiedenen Zielen tun kann). Dann steht dem dabei geschöpften ZB-Geld kein Schuldner gegenüber.
Mein reden!


Will nur sagen: entscheidend scheint mir weniger die Frage zu sein, "was ist Geld?“
Genau hierüber sollten wir reden. Wenn es keine entscheidende Frage ist, warum wird sie nicht einfach beantwortet?

Diese Frage scheint mir eher zu verkürzten und damit irreführenden Definitionen zu führen.
Für mich ist sie die zentrale Frage, weil ihre Beantwortung die darauf aufbauenden Strategien bestimmt.

Besser ist es, genau zu schauen, was die ZB tut, wenn sie Geld schöpft, wie es die Beteiligten in ihren Bilanzen verbuchen, und mit welchen Zielen sie diese Dinge tun. Und welche Folgen daraus für ihr Tun entsteht.
Für mich ist das keine Frage des „Besser“, sondern des sowohl als auch.


Will sagen: die Frage, "was ist Geld?" kann irreführend sein und zu unnötigen Definitions-Streitigkeiten führen.
Selbst wenn man die Frage nicht beantwortet, bleibt im Hinterkopf eine mehr oder weniger bewusste Vorstellung von „Was ist Geld?“

Und diese - möglicherweise unbewusste - Vorstellung bestimmt meine Wahrnehmung und Schlussfolgerungen für das Gesamtsystems.

Bessere Frage: wie genau können ZBen Geld schöpfen, und welche Ziele verfolgen sie dabei?

Bei einem Kreditgeldsystem entsteht Rechtsenergie (=Ansprüche), die eine Dynamik in die Wirtschaft bring. Bei Kurantgeld ist dies nicht der Fall.


Die "Rechtsenergie" (bißchen vage Metapher) halte ich auch für entscheidend (bin mir nicht sicher, ob wir dasselbe darunter verstehen - das sollten wir bei Gelegenheit mal vertiefen). Was genau meinst Du mit "Kurantgeld“?
Den Begriff „Rechtsenergie“ habe ich eingeführt in Anlehnung an den physikalischen Begriff Energie und weil Juristen auch von „Rechtsmassen“ sprechen. 

Und so wie man im physikalischen Raum sagen kann, dass Energie Massen bewegt, genauso kann man sagen dass Rechtsenergie (= Anspruch) Rechtsmassen im Rechtsraum bewegt. Diese Bewegungen sind die rechtlichen Verfügungen.

Ansprüche sind Rechtsbeziehungen zwischen Rechtsubjekten. Am einen Ende dieser Rechtsbeziehung steht ein Gläubiger, der von dem, der am anderen Ende steht (= Schuldner) ein Tun, Unterlassen oder Erdulden verlangen kann. Und hinter diesem Verlangen steht gegebenenfalls die ganzen Macht des Staates.

Die beiden Enden der Rechtsbeziehung nennt man auch Forderung bzw. Verbindlichkeit. Forderungen sind analog des Plus- und Minuspols in der Physik.

Unter Kurantgeld verstehe ich das, was auch in Wikipedia geschrieben steht: http://de.wikipedia.org/wiki/Kurantgeld 


Würde ein einstufiges Bankenystem mit Einlösepflicht der Geschäftsbanken in Edelmetall (wie in der "free banking era") für Dich unter den Begriff "Kurantgeld" fallen?
Nein. Nur ein Geldsystem, das z.B. nur Gold- oder Silbermünzen hat, aber keine Scheidemünzen oder Banknoten oder Giralgeld.

Ein zweistufiges Bankensystem mit Goldstandard nur der Zentralbank mit Einlösepflicht?
Nein.


Ein bankenloses System von Wechseln als Zahlungsmittel, die auf einen konkreten Güterstandard lauten (Gold, Getreide, beliebig)?
So nein.
Ja, wenn irgendein Gut als allgemeines Zahlungsmittel verwendet wird.

Ein entscheidender Unterschied zwischen einem Kurant- bzw. Kreditgeldsystem ist: Kurantgeld schafft Beziehungen zu Sachen; Kreditgeld schafft (Unterordnungs-/Macht-)Beziehungen zwischen Menschen. (genau genommen Rechtssubjekten). Hieraus entsteht die besondere Dynamik eines Kreditgeldsystems.


M.E. ist meine rekursive Definition des Giral-Geldes:
1. Ein Anspruch auf Geld gegen die Zentralbank ist Geld. (Rekursionsanker)
2. Geld ist ein Anspruch auf Geld. (Rekursionsfall)
eine entscheidende Erkenntnis.


Ist m.E. richtig, aber für sich genommen unvollständig
Und genau hierzu hätte ich gerne deine Begründung. Hast du mein Paper „Geld ist ein Anspruch auf Geld" gelesen? http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Geld_ist_ein_Anspruch_auf_Geld
Hier gehe ich genauer auf die Definition ein.

Was fehlt, deiner Meinung nach? Um nicht aneinander vorbei zu reden möchte ich betonen, dass ich mit der Definition die Frage „Was ist bzw. aus welchem „Stoff" besteht unser heutiges Kreditgeld?“ beantworten und nicht welche Funktionen unser Geld erfüllt.

M.E. ist die Definition vollständig und hinreichend im logischen und mathematischen Sinne. - Oder einfach ausgedrückt: Besser geht’s nicht. :=)


und lädt ein zu Fehlschlüssen, wenn man es nicht genauer betrachet wie oben beschrieben.

Auf die "Rechtsenergie" würde ich gern noch zurückkommen, damit wir vergleichen können, was wir uns da jeweils konkret darunter vorstellen. Die halte ich auch für absolut entscheidend für geldwirtschaftliche Dynamik.
Das sehe ich genau so. Und genau dieser Aspekt wird auch in meiner rekursiven Definition eingefangen.

Geld gehört nach meiner Definition zur Kategorie der Rechtsansprüche (= subjektiven Rechte). Über Rechtsansprüche wird nicht nur Macht ausgeübt; Rechtsansprüche sind der indirekte Zugriff auf Staatsmacht. 

Da Rechtsansprüche abstrakt sind, benötigen sie eine Form des Nachweises. Ganz allgemein unterscheidet man hier zwischen gebuchten bzw. verbrieften Rechten. Im Falle von Geld ist es das Giralgeld (gebucht) bzw. Münzen und Banknoten (verbrieft). 

Fazit: Die 10 € Banknote in deinem Geldbeutel ist also kein Geld, sondern lediglich ein Nachweis für Geld. 

(Zugegeben bis diese Erkenntnis Allgemeingut ist, muss ich vermutlich noch Alle minus einer Person überzeugen.) :=)

Der Unterschied zwischen Banknoten und Geld ist ungefähr so, wie zwischen einem Personalausweis und der Person, die durch den Personalausweis nachgewiesen wird.

Es scheint doch nicht alles so zu sein, wie es scheint. - Und genau deshalb ist die Antwort auf die Frage: Was ist Geld? so wichtig.

Viele Grüße
Arne
 

Danke und Beste Grüße!

--
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik

Attachment: signature.asc
Description: Message signed with OpenPGP using GPGMail




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang