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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem


Chronologisch Thread 
  • From: alex AT twister11.de
  • To: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem
  • Date: Tue, 23 Oct 2012 03:18:04 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

+1 @ Patrik
Jetzt bist du ja schon fast bei dem System das ich gerne hätte :-)
Wir beschreiben das noch mit etwas anderne Worten, aber ich bin der Meinung du siehst es im Grunde genau wie ich. ...bzw. ich sehe es genau wie du.
Das ganze muss man halt einfach in einer Reform transparent deutlich machen und Zuständigkeiten und Instrumente eben auch klar benennen.

Also statt dass es der Staat macht, gliedert man es auf die staatliche Monetative aus und nennt es Geldvernichtungssatz bzw. Geldvernichtungssteuer.
Das ganze habe ich als Ansatz bereits im Januar mal in ein Etherpad geschrieben, bevor zb. J. Buschbeck seinen Monetativenansatz der auch so ein Instrument beinhaltet veröffentlicht hat.

Ich finde das sehr Klasse das du es aufdeckst.
Das schwierige ist es Formulierungen und Begrifflichkeiten zu finden, mit denen alle klar kommen, aber das kommt sicher noch. Braucht etwas Zeit.



2012/10/22 Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
Hallo Arne,

wir haben je weitestgehend Übereinstimmung, außer beim letzten - entscheidenden - Punkt.

"Was passiert aber, wenn Staatsschuldverschreibungen eines anderen Landes abgeschrieben werden sollen.

In diesem Fall handelt es sich zwar auch um eine einmalige Realisierung des Geldschöpfungsgewinns, aber der Gewinner ist das Land dessen Staatsschuldverschreibungen abgeschrieben werden. Das betreffende Land hat zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens eine Leistung erhalten, der zum Zeitpunkt der Tilgung ganz oder teilweise keine Gegenleistung entgegen steht.

Verlierer ist das Land, dessen Zentralbank die Staatsschuldverschreibungen abschreibt. Im Klartext heißt das: Wenn eine Zentralbank ausländische Staatsschuldverschreibungen aufkauft und später abschreibt, dann bezahlt indirekt der Steuerzahler den Verlust und nicht derjenige, der vorher Eigentümer der ausländischen Staatsschuldverschreibungen war."


Der "Verlierer" ist eben NIEMAND, wenn man einfach akzeptiert, was FIAT-Geld ist: Es kommt aus dem NICHTS !!!

Ergo: NIEMAND musste auf irgendetwas verzichten, damit ein anderer einen Betrag X bekommt. Welchen Unterschied macht es nun, ob dieser Betrag zurückgezahlt oder abgeschrieben wird?

Stell dir vor, ich wäre ein Zauberer. Du willst 100€ von mir, ich schnipse mit den Fingern und gebe ihn dir. Fröhlich gehst du deiner Wege.

Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten:

1. Du kommst irgendwann zu mir zurück und gibst mir den Geldschein wieder. Ich bedanke mich, schnipse mit den Fingern und weg ist er.
2. Du kommst nicht wieder.

Wo ist der Unterschied? Welchen "Verlust" habe ich in beiden Fällen erlitten? Keinen!

Für mich als Zauberer ist es völlig egal. Wenn ich 100€ brauche, schnipse ich mit den Fingern - und das war's!

Der einzige (relevante) Unterschied ist, dass die Geldmenge im Fall 2. immer weiter ansteigt, wenn ich zu oft mit den Fingern schnipse, aber das schreibst du ja selbst:

"Die Grenze für diesen Ansatz ist die Geldmenge, die das Stabilitätsziel wahrt. Da die Höhe dieser kritischen Geldmenge wahrscheinlich nur durch Versuch und Irrtum bestimmt werden kann und auch die Volkswirtschaft selbst Schwankungen unterworfen ist, benötigt die Geldpolitik einen Teil der Geldmenge, der wie jetzt über die Kreditvergabe der Zentralbank gesteuert wird."

Die Grenze ist letztlich die Beobachtung der Preisentwicklung (und ich betone: Konsumentenpreise UND Vermögenspreise) und wenn der Zauberer merkt, dass die Preise aus dem Ruder laufen, hört er auf zu schnipsen. Jetzt kommt aber die spannende Frage: Wie kann der Zauberer die Scheine wieder verschwinden lassen?

Ganz einfach: Er hat einen Haufen Helferlein, die durch die Lande rennen und den Menschen immer wieder Scheine aus der Tasche klauen. Will der Zauberer sie vernichten, bringen sie ihm ein paar und er schnipst mit den Finger - weg sind die Scheine. 

Der Zauberer ist hier natürlich die Zentralbank, aber wer sind die "Helferlein"? Wir nennen sie Staat und ihr "Diebesgut" Steuern.


<alex>

Gruß
Alex
</alex>

 

Das Spiel ist also einfach: Wenn der Staat Geld braucht, holt er es sich von der Zentralbank, insofern hast du recht:

"Gäbe es keinen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation, dann könnte man den Trick mit Schulden machen und dann abschreiben beliebig fortsetzen. Man bräuchte keine Steuern mehr erheben und könnten an alle Bürger ein bedingungsloses Grundeinkommen auszahlen. Man hätte sozusagen ein Perpetuum Mobile der Finanzwelt erfunden."

Es GIBT dieses Perpetuum Mobile, denn aus dem "Nichts" kann du UNENDLICH viel schöpfen, weil "Nichts" nie alle wird - klingt verrückt, ist aber so. Der Staat braucht in einem Fiatgeld-System eigentlich keine Steuern ZUR FINANZIERUNG - er lässt sich einfach welches machen - die Steuern haben eine andere Funktion: SIE REGULIEREN GEZIELT die Geldmenge im privaten Sektor!

Stellt die Zentralbank also fest, dass die Preise (und ich betone erneut: Konsumentenpreise UND Vermögenspreise) zu stark steigen, dann ist das ein eindeutiger Hinweis, dass zuviel Geld im privaten Sektor vorhanden ist. Jetzt kann der staatliche Sektor (Zentralbank und öffentliche Verwaltung) folgendes tun:

1. Aktiva verkaufen und/oder
2. Steuern erhöhen
3. Weniger Kredite vergeben

Dieses senkt/begrenzt die Geldmenge im privaten Sektor. Je nach wirtschaftlicher Situation muss der staatliche Sektor entscheiden, welche Maßnahme am geeignetsten ist - es sind auch Kombinationen erlaubt.

Letztlich ist die Mechanik im Ergebnis ganz ähnlich wie heute, nur die Logik kehrt sich um: Wenn der Staat viel ausgibt, dann muss er auf der anderen Seite wieder viel einnehmen, um die Geldmenge nicht aus dem Ruder laufen zu lassen; es sei denn, dass es zwingende Gründe gibt ein Defizit zu fahren (welches, nebenbei gesagt keine "Hypothek für die nächste Generation" ist, weil der Kredit schlicht nicht zurückgezahlt werden muss); dann kann der Staat je nach Bedarf die Ausgaben ausdehnen oder die Einnahmen reduzieren (oder beides).

Die spannende Frage ist einzig und allein: WIE stellt man sicher, dass der Staat aus populistischen Gründen nicht darauf verzichtet die Geldmenge zu regulieren?

Da gibt es nach meinem Dafürhalten folgende Möglichkeiten:

1. Für die Institutionengläubigen: Die Zentralbank oder die "Monetative" wacht mit Argusaugen auf die Preissteigerung
2. Für die Marktgläubigen: "Die Märkte" regeln den Kreditbedarf über den Zins selbsttätig
3. Für die Demokratiegläubigen: Die Leute stimmen über die Geldmenge und die Kosten der Geldhaltung ab
4. Für die Technikgläubigen: Das Geldsystem wird wie ein Regelkreis organisiert, der sich selbst stabilisiert

Meine Einschätzungen zu den o.g. Lösungen:

1. Wie die aktuelle Krise eindrücklich gezeigt ist, kann sich eine wie auch immer geartete Institution dem öffentlichen und politische nicht widersetzen und knickt früher oder später ein - insbesondere wenn ihr Führungspersonal sich "zufällig" aus Menschen zweifelhafter Vergangenheit rekrutiert
2. Die Finanzkrise hat bewiesen, dass "die Märkte" weder in der Lage sind, eine Überschuldung des öffentlichen noch des privaten Sektor sicherzustellen - es ist auch fast schon geisteskrank anzunehmen, dass jemand, der sein Geld mit Schulden verdient, die Verschuldung begrenzen würde. Genauso gut könnte man Raubtiere damit beauftragen den Bestand an Beutetieren zu regulieren - das funktioniert, aber nur solange die Raubtiere selbst vor Hunger sterben, wenn der Bestand an Beutetieren zu klein wird; wir sind dazu übergegangen, die Raubtiere zu füttern.....
3. Die meisten Menschen verstehen Geld nicht, interessieren sich nicht dafür und haben keinen Überblick. Beim Thema Geld fällt ihnen nur die eigene Brieftasche ein, ohne zu verstehen, was sie wirklich füllt und was sie leert. Diese Lösung würde einen ggf. vorhandenen "Geldpopulismus" eher verstärken als eingrenzen
4. Wenn man das Geldsystem als einen Regelkreis der wirtschaftlichen Aktivität versteht, dann muss der "Regler" so gestaltet sein, dass er randbedingungssensibel die Geldmenge hinreichend genau steuert

Ich sehe in der 4. Lösung den besten Ansatz; wenn etwas mathematisch nachgewiesen funktioniert, dann funktioniert es auch so - das ist es nämlich, was man einen "Beweis" nennt. Hierzu muss man aber verstehen, dass Geld nichts weiter als digitale Beträge auf Speichermedien ist, die nach bestimmten Regeln verarbeitet werden - nur dass das zugrundeliegende Programm von falschen Voraussetzungen ausgeht, weil es aus dem vorletzten Jahrhundert stammt; Zeit für ein Upgrade!

Heute probiert man die Geldschöpfung über das Instrument der "Sicherheiten" zu begrenzen, in der irrigen Annahme, dass man damit einen Bezug zur Realwirtschaft herstellen würde. Dabei wird aber übersehen, dass die Sicherheiten nominal (und eben NICHT real) bewertet werden, damit entsteht ein Teufelskreis:

1. steigen die "Sicherheiten" also im (nominalen) "Wert"
2. kann ich mehr Geld schöpfen, damit
3. steigen die Preise, in Folge 1.

Die "Sicherheiten" begrenzen also gar nichts, weil ihr "Wert" - im Normalfall - der Inflation folgt, und deshalb kann man die Geldmenge - im Normalfall - auch immer weiter problemlos ausdehnen. Insbesondere - und hier wird es interessant - wenn man über eine strikte Begrenzung der Konsumentenpreise dafür sorgt, dass durch das neue Geld vornehmlich die Vermögenspreise (=Sicherheiten) im "Wert" zunehmen. Alles Zufall? ;-)

Das ganze ist Unsinn und der verzweifelte Versuch "irgendwie" doch so etwas wie einen "Deckung" herzustellen, die da facto nicht mehr vorhanden ist. Unser Geld ist UNGEDECKT.

Ich probiere da mal in einer einfachen These zusammenzufassen: "Es ist VOLLKOMMEN egal, woher das Geld kommt; wesentlich ist, wie viel insgesamt vorhanden ist und wie es sich verteilt."

Und zu allerletzt noch eine letzte Stellungnahme zu deinem (sinnvollen und richtigen) Vorschlag:

"Anstatt aber die Staatsschuldverschreibungen abzuschreiben und ein negatives Eigenkapital auszuweisen, wäre es sinnvoller eine Aktiva-Position zu schaffen, auf die die Staatsschuldverschreibungen umgebucht werden, für die der Geldschöpfungsgewinn einmalig realisiert wurde. Diese Position könnte man z.B. Dauerhafte Geldschöpfung oder Zinslose Forderungen gegenüber dem Bund nennen."

OK, da wir aber offiziell so tun als hätten wir eine GEMEINSAME Währung (haben wir doch, oder?), lass uns den Satz wie folgt umformulieren:

"Anstatt aber die Staatsschuldverschreibungen abzuschreiben und ein negatives Eigenkapital auszuweisen, wäre es sinnvoller eine Aktiva-Position zu schaffen, auf die die Staatsschuldverschreibungen umgebucht werden, für die der Geldschöpfungsgewinn einmalig realisiert wurde. Diese Position könnte man z.B. Dauerhafte Geldschöpfung oder Zinslose Forderungen gegenüber der Eurozone nennen."

Ahoi,

Patrik






Am 22.10.2012 um 19:41 schrieb Arne Pfeilsticker:

Benedikt Weihmayr schrieb:
Ist es ein Problem wenn das EK der EZB negativ wird? Nein.

'Patrik74 schrieb:
Na wenigstens EINER hat's begriffen!!!
Hallo Patrik,
gratuliere, ihr habt gerade das Perpetuum Mobile des Finanzsektors erfunden: Staatsschulden aufnehmen und abschreiben. Herz, was begehrst du mehr? Wozu dann noch Steuern und selbst ein großzügiges BGE wäre machbar?

Falls dir doch noch Zweifel kommen, dann kannst du meinen Beitrag unter den bearbeiteten Themen im Wiki lesen:
*Welches Problem steckt hinter einem negativen Eigenkapital einer Zentralbank?* http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Negatives_Eigenkapital

Gruß
Arne

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