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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem
  • Date: Tue, 23 Oct 2012 00:55:15 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 23.10.2012 um 00:23 schrieb Keox:

> Hallo,
>
> Am 22.10.2012 22:59, schrieb Patrik Pekrul:
>>
>> Am 22.10.2012 um 22:03 schrieb Keox:
>>
>>>
>>> Nein, Arnes Perpetuum Mobile setzt inflationsfreie Geldschöpfung voraus
>>> und genau die gibt es nicht.
>>>
>>> Ob der Staat sich hauptsächlich über Steuern finanziert oder über die ZB
>>> und erst nachträglich Steuern erhebt um Inflation zu vermeiden, macht
>>> unterm Strich keinen Unterschied.
>>
>> Das sage ich doch; aber diesen Umstand muss man erst einmal verstehen (und
>> dann akzeptieren - das ist der schwierigere Part, weil er der Orthodoxie
>> widerspricht). Ob ich sage, der Staat muss X einnehmen, um X ausgeben zu
>> können, ist in der Summe das selbe als wenn ich sage: Wenn der Staat X
>> ausgibt, muss er X einnehmen.
>>
>> Dieser scheinbar bedeutungslose Unterschied ist aber entscheidend!
>
> In der Realität finden Ausgaben und Einnahmen doch nahezu gleichzeitig
> statt.

Es geht weniger um den zeitlichen als den funktionalen Zusammenhang,
Stichwort: Ursache - Wirkung, Henne und Ei, Ross und Reiter
>
> Über inflationsfreie Staatsfinanzierung durch die ZB müssen wir uns doch
> hoffentlich nicht mehr streiten.

Nein, das ist die Basis. Inflation muss vermieden werden, wobei Inflation
explizit als Preisstabilität und nicht als Geldmengenbegrenzung zu verstehen
ist. Es gibt durchaus Grund anzunehmen, dass nicht jede Geldmengenausdehnung
zu einer Preissteigerung führt - so monokausal ist es nicht. (Siehe auch LTRF
aktuell).
>
>>
>> Das ist wie beim Geldmengenmultiplikator - wenn man glaubt, dass die
>> Geschäftsbank sich ERST Zentralbankgeld besorgen muss, und DANN verleiht,
>> kann man zu der Ansicht gelangen, dass die Mindestreserve tatsächlich das
>> Kreditvolumen wirksam begrenzt; weiss man, dass das Gegenteil der Fall
>> ist, versteht man, dass die Mindestreserve wirkungslos ist.
>>
>
> Ob sich eine Bank vor oder nach einer Kreditvergabe ZB-Geld besorgt ist
> doch zweitrangig. Entscheidend ist, dass sie mehr Kredite vergeben kann,
> als sie an ZB-Geld benötigt.

Jein, genau das ist der Grund warum die multiple Geldschöpfung nichts so
abläuft wie es zu "Goldzeiten" war.

>
>
>> Genauso ist es aber beim Staat: Wenn man denkt, dass die aktuellen
>> Einnahmen die Ausgaben begrenzen, dann hält man es für unausweichlich,
>> dass sinkende Einnahmen sinkende Ausgaben bedeuten müssen - welches
>> wiederum die Einnahmen senkt, etc. (siehe Griechenland). Wenn man
>> versteht, dass der Staat durch höhere Ausgaben (aus dem Nichts geschöpft)
>> mehr Volkseinkommen erzielen kann (real, nicht nur nominal), dann wird man
>> sich fragen: "Wieso sollte er einer (realwirtschaftlichen) Rezession nicht
>> entgegenwirken um die Einkommen zu erhöhen?"
>>
>
> Weil er sein Steuerpotential noch lange nicht ausgereizt hat. Einnahmen
> durch Geldschöpfung können solange sie inflationsneutral bleiben sollen
> immer nur einen Bruchteil der Einnahmen bereitstellen. Wahrscheinlich unter
> 10%.

Richtig, im Grundsatz muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen Einnahmen und
Ausgaben anstreben, aber wenn eine wirtschaftliche Situation erfordert, dass
etwas nachgeschossen werden muss, dann muss er es sich besorgen können - und
zwar OHNE Hypothek auf die Zukunft, sprich zinslos.
>
> Die Staatsschuldenkrise lässt sich zwar vorübergehend durch Geldschöpfung
> beheben, aber viel grundlegender sind die ungleichen Einkommens- und
> Vermögensverteilungen.

Genau, deshalb muss es sich der Staat von jenen holen, die es haben, und
nicht von denen, die es erst kriegen wollen ;-)
>
>
>>>
>>> 4. kann nicht funktionieren, weil es voraussetzt, dass Inflation immer
>>> bis in alle Ewigkeit exakt berechnet werden könnte. Das ist aber falsch.
>>> Die Berechnung der Inflation wird sich immer wieder den Umständen
>>> anpassen müssen. Und dann kann manipuliert werden.
>>
>> Inflation ist langfristig eine Funktion der Geldmenge, warum sollte man so
>> etwas nicht in den Griff bekommen können?
>>
>
> Die Inflationsberechnung muss immer wieder den Umständen angepasst werden.
> Wer entscheidet wie die Inflation berechnet werden soll?

Eine gute Frage: Wie berechnet man "Inflation", was ist "Inflation", da kann
man ein Grillfest drüber veranstalten, aber eines ist klar: Die Entwicklung
der Vermögenspreise muss berücksichtigt werden - im Gegensatz zu heute.
>
> Außerdem wird Inflation nicht nur von der Geldmenge, sondern auch von den
> Löhnen beeinflusst.

und von den Importpreisen und vom Wechselkurs und und und....

Inflation ist nicht monokausal, deshalb ist es ja so schwer einen adäquaten
"Regler" zu entwickeln. Die Simplisten geben daher auf und sagen einfach:
Gold. Aber auch das ist nicht zielführend.
>
>>
>>>
>>> Es kann langfristig nur 3. funktionieren. Nicht indem per Volksabstimmung
>>> über die Geldmenge abgestimmt wird, sondern indem per Volksabstimmung die
>>> Verantwortlichen in der Zentralbank gewählt und abgewählt werden.
>>
>> Und du meinst nicht, dass dort auch Politshow und Machtinstinkt die
>> Kompetenz wirksam verdrängt - wie im Parlament.
>
> Doch natürlich könnte das passieren. Deshalb schrieb ich ja auch, dass nur
> 3. funktionieren kann und nicht das es funktionieren muss. Das ist einfach
> bloss ein Grunddilemma: Wenn die Bevölkerung zu doof oder zu leichtgläubig
> ist, wird sie halt ausgebeutet. Das war schon immer so und daran wird sich
> auch nichts ändern.

Wenn man das aber weiss, kann man dann überhaupt noch annehmen, dass "das
Volk" bei komplexen Fragestellungen der adäquate "Regler" ist?

Das ist in etwa so, als wenn die Flugzeugpassagiere bei brennendem Triebwerk
darüber abstimmen sollen, wie das Flugzeug am besten zu fliegen ist.... Bei
aller Liebe zur Demokratie, da ist mir ein ausgebildeter Pilot doch lieber.
(auch wenn du keine Metaphern magst).

>
>> Warum sollte es bei der Zentralbank anders laufen als in jeder anderen
>> Institution? Und wenn du so viel Vertrauen in gewählte Repräsentanten
>> hast, was spricht dann dagegen unsere gewählten Volksvertreter über die
>> Geldmenge bestimmen lassen? Das sind "unsere besten", sonst wären sie
>> nicht gewählt worden - oder nicht? ;-)
>>
>> Ich denke, das System muss grundsätzlich in sich stabil sein und es
>> braucht ein paar fähige Experten im Kontrollraum, um im Bedarfsfall
>> einzugreifen - genau wie beim Staudamm!
>>
> Du klingst so als ob Du immer noch glaubst, dass mangelnde Kompetenz
> verantwortlich wäre. Die gewählten Volksvertreter scheinen gute
> Schauspieler zu sein.

Ich glaube, dass es hinsichtlich des Geldes im Volk ein fundamentales
Missverständnis gibt, dem auch die meisten Volksvertreter unterliegen.
Daneben gibt es eine kleine Gruppe von "Wissenden", die das System zu ihrem
Vorteil nutzen und wenig Interesse daran haben, dass der Rest es mitbekommt.

Noch eine Methaper: Der Hütchenspieler lebt davon, dass der Depp vor ihm
nicht versteht, was WIRKLICH passiert. Solange er denkt, dass es "fair"
zugeht, zahlt er immer weiter, in der Hoffnung auch mal theoretisch gewinnen
zu können.

Unsere Aufgabe als Piraten ist es, den Leuten offen zu sagen: "Jungs, ihr
könnt bei dem Spiel nicht gewinnen. Ihre werdet verarscht!"



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