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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem
  • Date: Mon, 22 Oct 2012 22:59:47 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 22.10.2012 um 22:03 schrieb Keox:

>
> Nein, Arnes Perpetuum Mobile setzt inflationsfreie Geldschöpfung voraus und
> genau die gibt es nicht.
>
> Ob der Staat sich hauptsächlich über Steuern finanziert oder über die ZB
> und erst nachträglich Steuern erhebt um Inflation zu vermeiden, macht
> unterm Strich keinen Unterschied.

Das sage ich doch; aber diesen Umstand muss man erst einmal verstehen (und
dann akzeptieren - das ist der schwierigere Part, weil er der Orthodoxie
widerspricht). Ob ich sage, der Staat muss X einnehmen, um X ausgeben zu
können, ist in der Summe das selbe als wenn ich sage: Wenn der Staat X
ausgibt, muss er X einnehmen.

Dieser scheinbar bedeutungslose Unterschied ist aber entscheidend!

Das ist wie beim Geldmengenmultiplikator - wenn man glaubt, dass die
Geschäftsbank sich ERST Zentralbankgeld besorgen muss, und DANN verleiht,
kann man zu der Ansicht gelangen, dass die Mindestreserve tatsächlich das
Kreditvolumen wirksam begrenzt; weiss man, dass das Gegenteil der Fall ist,
versteht man, dass die Mindestreserve wirkungslos ist.

Genauso ist es aber beim Staat: Wenn man denkt, dass die aktuellen Einnahmen
die Ausgaben begrenzen, dann hält man es für unausweichlich, dass sinkende
Einnahmen sinkende Ausgaben bedeuten müssen - welches wiederum die Einnahmen
senkt, etc. (siehe Griechenland). Wenn man versteht, dass der Staat durch
höhere Ausgaben (aus dem Nichts geschöpft) mehr Volkseinkommen erzielen kann
(real, nicht nur nominal), dann wird man sich fragen: "Wieso sollte er einer
(realwirtschaftlichen) Rezession nicht entgegenwirken um die Einkommen zu
erhöhen?"

Geld ist ein Regulator der wirtschaftlichen Aktivität, dabei ist weder "so
viel wie möglich" noch "so wenig wie möglich" die richtige Lösung, sondern es
ist ein dynamisches System - das gedämpft werden muss, WENN man Stabilität
für erstrebenswert hält; will man im Schnitt mehr Wachstum, muss man mehr
Dynamik im System zulassen - so zumindest die empirische Erkenntnis bisher.

>
>>
>> 3. Die meisten Menschen verstehen Geld nicht, interessieren sich nicht
>> dafür und haben keinen Überblick. Beim Thema Geld fällt ihnen nur die
>> eigene Brieftasche ein, ohne zu verstehen, was sie wirklich füllt und was
>> sie leert. Diese Lösung würde einen ggf. vorhandenen "Geldpopulismus" eher
>> verstärken als eingrenzen
>> 4. Wenn man das Geldsystem als einen Regelkreis der wirtschaftlichen
>> Aktivität versteht, dann muss der "Regler" so gestaltet sein, dass er
>> randbedingungssensibel die Geldmenge hinreichend genau steuert
>>
>> Ich sehe in der 4. Lösung den besten Ansatz; wenn etwas mathematisch
>> nachgewiesen funktioniert, dann funktioniert es auch so - das ist es
>> nämlich, was man einen "Beweis" nennt. Hierzu muss man aber verstehen,
>> dass Geld nichts weiter als digitale Beträge auf Speichermedien ist, die
>> nach bestimmten Regeln verarbeitet werden - nur dass das zugrundeliegende
>> Programm von falschen Voraussetzungen ausgeht, weil es aus dem vorletzten
>> Jahrhundert stammt; Zeit für ein Upgrade!
>>
>
> 4. kann nicht funktionieren, weil es voraussetzt, dass Inflation immer bis
> in alle Ewigkeit exakt berechnet werden könnte. Das ist aber falsch. Die
> Berechnung der Inflation wird sich immer wieder den Umständen anpassen
> müssen. Und dann kann manipuliert werden.

Inflation ist langfristig eine Funktion der Geldmenge, warum sollte man so
etwas nicht in den Griff bekommen können?

Stell die Geld als Regen vor, der auf einen Stausee fällt, im Staudamm hast
du eine Turbine, die mehr oder weniger Wasser durchlässt. Dein Bestreben ist
es, die Turbine stets gleichmäßig auszulasten. Obwohl du keine Ahnung hast,
wann wie viel Regen fällt, kannst du die Wasserzufuhr zur Turbine dennoch
regeln (viele Stauseen beweisen es). Dabei kann dir völlig egal sein, woher
das neue Wasser kommt, ob vom Himmel, vom Grundwasser oder aus
Oberflächengewässern. Und es kann dir auch egal sein, wohin das Wasser geht
(letztlich in einen großen Ozean, wo es verdunstet). Das alles muss der
Regler gar nicht wissen - du musst ihn nur so einstellen, dass er das tut,
was du willst.

Heutzutage achten wir peinlich genau auf den Wasserstand, wäre es nicht
sinnvoller auf die maximale Auslastung der Turbine zu achten? Nur so eine
Idee...

>
> Es kann langfristig nur 3. funktionieren. Nicht indem per Volksabstimmung
> über die Geldmenge abgestimmt wird, sondern indem per Volksabstimmung die
> Verantwortlichen in der Zentralbank gewählt und abgewählt werden.

Und du meinst nicht, dass dort auch Politshow und Machtinstinkt die Kompetenz
wirksam verdrängt - wie im Parlament. Warum sollte es bei der Zentralbank
anders laufen als in jeder anderen Institution? Und wenn du so viel Vertrauen
in gewählte Repräsentanten hast, was spricht dann dagegen unsere gewählten
Volksvertreter über die Geldmenge bestimmen lassen? Das sind "unsere besten",
sonst wären sie nicht gewählt worden - oder nicht? ;-)

Ich denke, das System muss grundsätzlich in sich stabil sein und es braucht
ein paar fähige Experten im Kontrollraum, um im Bedarfsfall einzugreifen -
genau wie beim Staudamm!



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