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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Das Wertschöpfungsentgelt

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ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Das Wertschöpfungsentgelt


Chronologisch Thread 
  • From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • To: CU_Mayer AT menschen-gerechte-gesellschaft.de
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Das Wertschöpfungsentgelt
  • Date: Tue, 14 Feb 2012 00:28:17 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Christoph,

danke, dass du auch ganz konkrete Vorschläge hier bringst!

2012/2/13 <CU_Mayer AT menschen-gerechte-gesellschaft.de>:
> •       Wenn es keine Deflation geben soll, muss die Geldmenge mit der
> Warenmenge wachsen, idealerweise im selben Maß.

... plus natürliche Inflation, plus Gespartes, plus
Außenhandelsdefizit (= was im Ausland gespart wird), plus Anpassungen,
falls sich die Laufzeit-Präferenzen des privaten Sektors ändern (wenn
der private Sektor auf einmal mehr kurzfristige Anlagen hält, dann
muss die Geldmenge wachsen, und wenn der private Sektor langfristige
Anlagen vorzieht, muss die Geldmenge sinken bzw. langsamer wachsen).

Es ist unmöglich, das ideale Geldmengenwachstum zu berechnen. Die
Ökonomen, die das versuchen, laufen Phantasien hinterher, wie es die
Zentralplaner im Kommunismus gemacht haben.

> •       Silvio Gesell hat 1920 untersucht, warum man eigentlich Zins auf
> Geld erlangen kann, mit Waren funktioniert das ja auch nicht.

Häh? Bei Waren spricht man normalerweise nicht von Zinsen, aber
ansonsten funktioniert das nach dem gleichen Prinzip. Man sagt nur
Miete dazu, oder Leasing. Die "Zinsen" sind dort in der Regel sogar
größer, weil die Ware ja an Wert verliert.

> •       John Maynard Keynes hat diese Lösung von Silvio Gesell verarbeitet
> und hat vorgeschlagen, immer für eine leichte Inflation des Geldes zu
> sorgen, so dass auf diese Weise der Druck auf den Geldbesitzer ausgeübt
> wird, seine Reserven zu investieren oder zu verkonsumieren. Dies ist heute
> noch die Basis für die Geldmengensteuerung der Zentralbank. Man steuert die
> Geldmenge so, dass man 1 bis 2 Prozent Inflation sieht.

Die Zentralbank steuert die Geldmenge nicht. Sie steuert die *Zinsen*.
Nochmal: die Zentralbank steuert die *Zinsen*.

> •       Diese Lösung führte jedoch nicht zu dem Sinken von Zins auf null und
> nicht zum Verschwinden der Vermögenseinkommen, sondern in den letzten
> Jahrzehnten zu immer mehr ausufernden Vermögenseinkommen. Aus einem Grund:
> Die Geldschöpfung erfolgt nur bei den Banken und nur die Banken, deren
> Eigentümer und deren Großanleger profitieren von dem Geldschöpfungssystem.
> Alle anderen werden über Kredite immer mehr enteignet.

Und die lediglich 25% Steuern auf Kapitalerträge haben natürlich
überhaupt nichts damit zu tun?


> •       Es ist bei Weitem logischer und sinnvoller,
> Geldmengenerhöhung dort zu vollziehen, wo real geschaffener Wert entsteht.

Das passiert heute streng genommen auch schon - diejenigen, die das
"neue" Geld als erstes in der Hand halten, sind die Kreditnehmer,
typischerweise also Unternehmen, die damit ihre Produktion finanzieren
:)

> •       Wir verlegen die Geldschöpfung zur Wertschöpfung
>
> •       Empfänger des Wertschöpfungsentgelts sind alle Unternehmen, die
> reale, gesellschaftsrelevante Wertschöpfung erzeugen.
...
> •       Die (beispielsweise) 220 Mrd. Euro werden vom Finanzamt anteilig an
> alle Wertschöpfenden Unternehmen verteilt. Je höher die Wertschöpfung, desto
> höher das Entgelt.
>
> •       10% dieses Wertschöpfungsentgelts müssen die Unternehmen zinslos in
> Unternehmen der gemeinnützige Gesellschaften investieren (dazu muss es
> strenge Regeln zur Vermeidung von Fetterlnwirtschaft geben).

Kannst du diese Regel erklären? Wozu soll die dienen? Warum gibt man
das Geld nicht direkt an gemeinnützige Gesellschaften?

> •       80% des Wertschöpfungsentgelts müssen den Arbeitnehmern und
> verantwortlichen Unternehmern gutgeschrieben werden.
>
> •       Diese können entweder gemeinschaftlich oder individuell darüber
> entscheiden, ob sie das Geld ausbezahlt haben wollen oder ob sie es dem
> Unternehmen lassen, dafür einen Unternehmensanteil in dieser Höhe erwerben.
> Dadurch wächst die Macht der Leistungserbringer am Produktivmaterial.

Stärkung der Belegschaft gefällt mir.

Insgesamt ist dein Vorschlag, so wie ich ihn verstehe, äquivalent zu
der Kombination von
1. einer Änderung des Steuerrechts: weniger Steuern bzw. im Extremfall
negative Steuern auf Arbeitseinkommen und Unternehmen (Umsatzsteuer? -
das kommt wohl auf die Berechnungsgrundlage an), und
2. ein entsprechender Teil des Haushaltsdefizit wird nicht mehr durch
die Ausgabe von Staatsanleihen ausgeglichen.
Sehe ich das richtig?

> •       Die Geldschöpfung bei den Banken würde abgeschafft werden, indem
> innerhalb von z.B. 5 Jahren die Mindestreserve auf 100% erhöht wird.

Dadurch wird die Geldschöpfung bei Banken nicht abgeschafft. Die wird
nur abgeschafft, indem du entweder gleichzeitig die Lender of Last
Resort-Funktion der Zentralbank abschaffst, oder die
Eigenkapitalregelungen änderst.

> •       Dies ist möglich, weil die Realwirtschaft sich entschuldet und sich
> aus durch das Wertschöpfungsentgelt ohne Kredit ihr Wachstum finanzieren
> kann.

Was ist mit Neugründungen von Unternehmen, oder mit Unternehmen, die
ungewöhnlich schnell expandieren können und wollen, weil sie zum
Beispiel einen neuen Markt erschließen?

> •       Neuem Vermögen stehen nicht mehr neue Schulden gegenüber!

Das ist lediglich ein kosmetischer Schritt. Den gleichen Effekt
könntest du erzielen, indem du die Zentralbank dazu anweist,
Staatsanleihen zu Nullzinsen aufzukaufen.

...
> •       Das Arbeitseinkommen würde rechnerisch langfristig 2 bis 7 mal so
> hoch sein wie heute (Vermögenseinkommen sind auch Inflationsniveau
> reduziert, der Geldumlauf wird voraussichtlich von heute 1,8 auf einen
> gesunden Wert von 6 steigen).

Nominal oder real? Wenn real ist dir hoffentlich klar, dass du da
ziemlich drastisches reales Wirtschaftswachstum herbeirufst. Das ist
natürlich nicht schlecht. Trotzdem: Woher kommen diese Zahlen?

> ...

Ich finde, am Ende klopfst du einfach nur hohle Sprüche. Hört sich
vielleicht gut an, ist aber nicht belegt. Das Blaue vom Himmel kann
jeder versprechen.

Im Grunde gefallen mir deine Vorschläge aber sehr. Es ist an der Zeit,
dass sich das Steuersystem wieder an einem ordentlichen moralischen
Kompass ausrichtet, und wenn man das erreichen kann, indem man es
"Wertschöpfungsgeld" nennt, dann soll mir das recht sein :)
Es ist auch an der Zeit, dass der Staat sich in der Finanzierung von
den Märkten befreit, und wenn man das "Geldschöpfung ohne Schulden"
nennt, dann soll mir das von mir aus auch recht sein.

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.




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