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ag-waffenrecht - Re: [Ag-waffenrecht] Colorado, USA

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

Listenarchiv

Re: [Ag-waffenrecht] Colorado, USA


Chronologisch Thread 
  • From: Katja Triebel <katja AT triebel.de>
  • To: Kattuhl <Kattuhl AT news.piratenpartei.de>
  • Cc: ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-waffenrecht] Colorado, USA
  • Date: Wed, 25 Jul 2012 17:06:02 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>

Hallo Kattuhl,


du gehst von einem falschen Ansatz aus.

Gefahr für die Öffentlichkeit
=============================

Die Gefahr für die Bevölkerung, auf der Straße durch eine legale
Schusswaffe verletzt oder getötet zu werden, ist nicht vorhanden.

Alle Zahlen, die vorliegen, weisen daraufhin, dass LEGALE Waffen bei
Straßenraub, Diebstahl, Einbruch und Vergewaltigung nicht eingesetzt
werden. Dort kommen freie Wafffen (zur Bedrohung) und illegale Waffen
zum Einsatz.


Gefahr generell
===============

In Deutschland lebt es sich generell ziemlich sicher. Hier wird wenig
gemordet und totgeschlagen. Schusswaffen (auch illegale) sind nur bei
2% aller Gewaltdelikte beteiligt, der Anteil der legalen Waffen liegt
im Promillebereich.

Die Zahl 145 betrifft nicht nur Mord, sondern auch Tötung auf
Verlangen und Selbstmord.

Legale Waffen sind bei den bewaffneten Gewaltdelikten zu 2-5%
vertreten: demnach einstellig (3-8 Tote p.a.). Auf ähnliche Zahl kommt
auch der Anti-Waffenlobbyist Roman Grafe (120 in 20 Jahren = 6 p.a.).

Die Wahrscheinlichkeit bei 82 Millionen Bürger einer von den sechs
Mordopfern durch eine Legalwaffe zu sein, zeigt mein kaufmännischer
Rechner nicht an. Der zeigt 0%.


Gefahr durch Beziehung zum Täter
================================

Die Taten mit legalen Schusswaffen sind alles Beziehungstaten, oft auch
mit Selbstmord des Täters. Auch "Amokläufe" zählen zu den Beziehungstaten.

Um selber Opfer durch eine legale Schusswaffe zu werden, muss es
demnach eine Beziehung zum Täter geben (Partner, Familienangehöriger,
Liebhaber oder via Schule/Arbeitsplatz).

Wie die Präventionsforscher, die Kirchen, die Familienverbände u.v.a.
schreiben, fehlt es in unserer Gesellschaft daran, mit Kränkungen,
Trennungen, Arbeitsplatzverlust und anderen Rückschlägen fertig zu werden.

Bei Beziehungstaten und erweiterten Suiziden stehen Täter und Opfer fest,
nur das Tatmittel ist austauschbar.

Auch bei einem kompletten Schusswaffenverbot werden diese Taten
ausgeführt werden, dann nur mit einem anderen Tatmittel (Messer,
Feuer, Explosivstoffe u.ä.)


Gefahr des Amoklaufs
====================

Das Problem Amoklauf - im Gegensatz zum Beziehungsdrama - ist so
vielschichtig, dass ich mich an einen Lösungsansatz nicht heranwage -
und auch die AG kann dies nicht.

Ich sehe nur die Studienergebnisse, die vermehrt den Medien eine
Teilschuld wegen deren aufwändigen Berichterstattung geben.


Zugang zu Waffen
================

In Deutschland gibt es keinen freien Zugang zu Schusswaffen, was auch
gut so ist. Nach Erfurt wurden sowohl die Anforderung bzgl. Aufbewahrung,
Zuverlässigkeit, Wartezeit, Besitzstandswahrung und das Mindestalter
angehoben.
Ähnliche Gesetzesänderungen gab es nach Winnenden.

D.h. das Waffenrecht HAT auf beide Einzeltaten stark reagiert.

Um es mal ganz emotionslos zu sagen, beide Taten haben - trotz
der vielen Toten - in der "20 Jahre Statistik" des Herrn Grafe keine
statistische Signifikanz.

Und ohne statistische Signifikanz hätte das Recht gar nicht verändert
werden brauchen, wenn es denn eine mächtige Waffenlobby gegeben hätte.

Es gab vor Erfurt einen Runden Tisch, der z.B. höhere Anforderungen an
die Aufbewahrung und Zuverlässigkeit gestellt hatte.
Dies hätte völlig ausgereicht.

Offene Frage
============

Die Magdeburger Studie zeigte folgendes für 27 Amokläufer:

- 75% aller Amoktäter waren wegen einer psychiatrischen Erkrankung in
Behandlung
- Die meisten Täter hatten einen Hauptschul- oder Realschulabschluss, drei
Abitur und fünf besaßen gar keinen Schulabschluss.
- 18% Amokläufer waren zur Zeit ihrer Tat arbeitslos, 26% ohne Beruf.
- 66% waren ledig, 18% lebten vom Partner getrennt.
- 22% standen auch zur Zeit ihres Amoklaufs unter Alkohol- und 11% unter
Drogeneinfluss.
- Schusswaffen kamen bei gut 50% der Taten zum Einsatz.
- Knapp die Hälfte suchten ihre Opfer gezielt aus.
- Die Eskalation der Gewalt wurde dabei von verschiedenen weiteren Faktoren
ausgelöst.

Für mich stellt sich anhand der 75%-Zahl die Frage, ob medikamentöse
Behandlung mit
Arzneien wie Prozac u.ä. künftig meldepflichtig werden sollten. Einiges deutet
daraufhin, dass diese Mittel die Empathiefähigkeit heruntersetzen, wodurch
u.a. auch mehr Menschen Selbstmord machen. Dies müssen die Experten
untersuchen.

Trifft dies zu, wäre diese Meldung auch für die Waffenbehörden wichtig, da
a) die Zuverlässigkeit des Behandelten sinkt und
b) den behandelten Familienangehörigen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden
müsste.





Guten Tag Kattuhl,

am Mittwoch, 25. Juli 2012 um 15:48 schrieben Sie:

> TheBug schrieb:
>> Bist Du Mitglied der Piratenpartei?
>>
>> Wenn ja, dann solltest Du Dir mal klar werden über Deine Verantwortung.
>> Die Piraten sind dazu angetreten eine bessere Politik zu machen und sich
>> nicht an irgend welchen Meinungen, sondern an Fakten zu orientieren. Was
>> Du hier machst ist mit der Bildzeitung in der Hand zu argumentieren,
>> statt die Polizeiliche Kriminalstatiskik zu Rate zu ziehen.
>>
>> Dein Argument ist, dass 2 Mio. Bürger in ihren Rechten eingeschränkt
>> werden müssen, damit andere Bürger weniger Angst davon haben auf eine
>> der seltensten Arten zu Tode zu kommen. Nicht damit das wirklich nicht
>> mehr passiert, sondern damit man weniger Angst davor hat.

> Ich bin Pirat und gerade deshalb will ich Euch auf einen Flaw in Eurer
> Argumentation hinweisen, bevor es andere tun.
> Mich bringst Du vielleicht noch zum Lesen der Polizeistatistik, aber den
> Wähler auf dem Infostand auch, wenn nächsten Juli mal einer in
> Deutschland durchdreht und einer mit Legalwaffen?

> Also, was ich in der Statistik ( der Link weist übrigens auf 2011)
> gefunden habe, ist das von den 662 Mord und Totschlagfällen 2/3 im
> Verwandten/ Bekanntenkreis passiert sind ( seite 29 pdf)
> Wenn, keine Ahnung ob, das auch für Schusswaffen gilt, wären das 2/3 der
> 145 (?) also bleiben ca. 50.
> Wieviele davon im kriminellen Millieu waren, oder Polizisten oder in
> sonstigen"Risikogruppen", geht nicht aus den Zahlen hervor.
> Es wird aber ein gewisser Anteil gewesen sein.
> Dann bleiben bestenfalls ein paar Dutzend pro Jahr, die schlicht bei einem
> Strassenraub oder so erschossen wurden.
> Zu diesen paar Dutzend zu gehören ( und wenn ihr da genauere Zahlen
> kriegen könntet, wäre das hilfreich, die Rohdaten sind beim BKA
> offensichtlich erfasst) - ist das Restrisiko für 80% der Bevölkerung.
> Und diese Zahl würde durch einen Amoklauf statistisch sehr relevant
> erhöht werden.

> Auf diese Tatsache habt ihr meines Erachtens Euch und damit *unsere*
> Partei nicht genug vorbereitet.
> Da liegt der Kern der Panikmache gegen Waffenbesitz und darauf muss die PP
> eine Antwort finden.

> Wie die lautet, weis ich auch nicht, ich hab nur eine Frage gefunden.

> Gruss Kattuhl





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