Re: [Ag-landwirtschaft] dörfliche Lebensweise

[Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>]

Moin! Bin gerade von der "Milchwirtschaftlichen Kundgebung" der 
"Milcherzeugervereinigung Schleswig-Holstein" zurück. Eine ideale 
Veranstaltung, um mal so richtig auszuschlafen...

Nein, mal Spaß beiseite. Aber es ist in der Tat sehr auffällig, wie um die 
eigentlich wichtigen Themen herum geschifft wird. Wie gut, dass da nur eine 
Handvoll Bauern waren und der Rest des vollen Saals alles Posten- und 
Pöstcheninhaber des Bauernverbandes, des Genossenschaftsverbandes und des 
Milchindustrieverbandes. Wären mehr Bauern dort gewesen hätten sie sich 
wahrscheinlich angepisst gefühlt. Das kaum einer da war zeigt aber auch die 
Lethargie unter den Kollegen. Es ist wie es immer war, die da oben machen 
doch was sie wollen, da kannste nix bei tun...


Am 29.08.2012 um 12:59 schrieb Detlef Lindenthal:

> Am 29.08.12 07:54, schrieb Detmar Kleensang:
>> ...
>> Am 29.08.2012 um 06:25 schrieb Detlef Lindenthal:
>>> Das ganze verstehe ich trotzdem noch lange nicht.
>>> Sogar die Stewardessen von Lufthansa ... schaffen es, mit einer einzigen 
>>> Stimme gegenüber der Lufthansa zu verhandeln.
>>> 
>>> Haben die eine einsatzbereite Gewerkschaft?
> Dies ist ein wesentlicher Punkt, den ich meine:
> Nein, haben sie nicht.
> Bauernverband und BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V) sind 
> uneins und auch ansonsten unfähig, wenn nicht korrupt; den 
> Bauernverbandvertreter habe ich in Silberstedt erlebt, wie er den 
> viszeralen Botulismus verharmlost hat.

Da bin ich verleitet, etwas zu differenzieren: Wo der Bauernverband etwas 
unternimmt, da herrscht auch beim BDM Einigkeit drüber. Was der Bauernverband 
dann macht, darüber nicht immer so. Und es ist auch keine Einigkeit, wenn der 
BV nur ein paar Dinge tut wo der BDM meint, es müssten mehr Dinge getan 
werden. 

>>> Die Milchbauern haben doch schon mal gestreikt; durch welche Marktmacht 
>>> wurde deren Streik unterlaufen?
>>> Erkläre mir das doch jemand einmal so, daß ich das verstehen kann.
>> Meiereien haben sich im EU-Ausland bedient. Bevor die Regale hier sich 
>> zusehends leerten, wurde fast ganz Polen leergefahren.
> Und unsere bescheuerten Bauern schaffen es  nicht, mit 18 Traktoren die 
> paar Oder-Brücken zu sperren und ein wenig Geländespiel mit der Polizei zu 
> machen??????? Im Wendland haben wir da schon mehr Strategieleistungen 
> gesehen!

Naja, Du siehts ja schon an der kurzen Erwähnung der Müllermilch-Klage, dass 
man da als Bauer ganz schön gegen die Wand laufen kann. Und nach der Klage 
ist der Streikwille endgültig gebrochen. Kostet dem Bauern doch nur noch mehr 
Geld, wenn er aufsteht. Also lieber brav sitzen bleiben. Lieber noch ne Runde 
durch den Stall gehen, nach den Tieren sehen, vielleicht noch mal nachrechnen 
wo man noch Geld sparen könnte. 
Aber wenn Du solchen Kollegen mal einen Arschtritt verpasst, damit sie 
aufstehen, damit sie erkennen, dann plötzlich haben sie ihren Stolz wieder 
gefunden, als freie Unternehmer, als Selbstständige, als Volkes Ernährer. 
Dann sind sie beleidigt und schalten auf stur. Und bleiben erst recht sitzen. 
Es ist zum Mäuse melken... Und selbst das würden noch einige tun, wenn mit 
Kühen gar kein Geld zu verdienen ist und Mäuse billiger im Unterhalt sein 
sollten m(

>> Letztlich unterlaufen wurde der Streik durch den Bauernverband
> Klar, der üble übliche Verdächtige. Entweder kann man sagen: Es ist zum 
> Verzweifeln; oder aber: Die Bauern sind nicht ausreichend lernfähig. Sie 
> lassen sich "Teile und herrsche" gefallen.
> Ich kann mir vorstellen: Aldi verachtet die Molkereien mit ihren 
> schwabbelnden Tankwagen. Die Molkereien verachten die Milchbauern, wo es 
> nach Mist und Silage riecht. Und die Milchbauern verachten sich selbst, 
> weil sie zu unfähig für politische Klugheit sind.
> Oder bin ich ungerecht?

Ich fürchte: Nein...

Gruß, Detmar