Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-landwirtschaft - Re: [Ag-landwirtschaft] dörfliche Lebensweise

ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Landwirtschaft

Listenarchiv

Re: [Ag-landwirtschaft] dörfliche Lebensweise


Chronologisch Thread 
  • From: Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>
  • To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] dörfliche Lebensweise
  • Date: Tue, 28 Aug 2012 17:39:04 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
  • List-id: <ag-landwirtschaft.lists.piratenpartei.de>

Moin Michael,

Ich schreibe der Einfachheit mal dazwischen, wenn Du erlaubst:


Am 28.08.2012 um 15:30 schrieb Michael Schaber:

Hallo Axel,
 
mit der Beschreibung komplex .. kann ich Dir und vermutlich die allermeisten hier zustimmen.
 
Dazu müsste man aber auch erwähnen, das eine Vielzahl von Beratern in der LW tätig sind. Der einzelne Landwirt erhält doch hier eigentlich eine nicht unerhebliche Unterstützung, sofern er sie annimmt.

Beratungsangebote gibt es wohl genügend. Nur kann natürlich auch niemand gezwungen werden, sich beraten zu lassen. Außerdem führt die landwirtschaftliche Beratung von den gerne mal sehr bauernverbandslastigen Landwirtschaftskammern oftmals nur in eine Richtung. Und das ist genau die Richtung, mit der Teile der Bevölkerung zusehends ein Problem bekommen. Da müsste man also erstmal das Beratungsangebot überarbeiten.

Den Hunger in der Welt würde ich lieber bei unserer Entwicklunghilfe lassen  oder wollen wir eine Diskussion über die Grüne Revolution? =>  http://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%BCne_Revolution

Schwierig, da man es auch so sehen kann, das manche Entwicklungshilfe erst durch das Tun der Landwirtschaft der Industrieländer nötig wird. Ist ganz schwer klar von einander zu trennen. 

Ich finde es als Wirtschaftswissenschaftler ganz übel … LW ó Markwirtschaft … mir wurde vor langer Zeit in irgendeiner Schule am Beispiel der LW beigebracht wie ein Markt funktionieren müsste. Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise der Agrarprodukte.

So sollte es sein. Ist es aber leider nicht. Wir leben landwirtschaftlich gesehen in einem recht planwirtschaftlichem System. Schon die Regierung hatte bei Einführung der Milchquote dafür gesorgt, dass tendenziell immer zu viel Milch am Markt ist, was die Preise künstlich niedrig gehalten hat. 
Nun mag der eine oder andere Kollege meinen, so eine mengenbegrenzende Quote wäre planwirtschaftlich, der Witz dabei ist: die Quote war handelbar. Wollte jemand mehr melken musste er Quote kaufen. Dies konnte (oder sollte) er nur dann tun, wenn sich die Produktion auch lohnt. Lohnt sie sich nicht lässt man die Finger davon. Das ist schon ein System, mit dem man den Markt funktionierend halten kann. Wäre solch ein System an die Nachfrage gekoppelt! Was die Milchquote leider nie war.

Daher finde ich Deine allbewegende Frage eigentlich sehr interressant.  
 
„….Wie können wir die Landwirte in die Möglichkeit versetzen,  den Marktpreis zu gestalten?

Das ist der Kasus Knacktus! Eine Möglichkeit wäre, eine Bündelung auf Erzeugerebene zu erlauben. So wie sich die Meiereien auch bündeln. Nur dies hilft den Erzeugern leider wenig, selbst wenn sie genossenschaftlich an den Meiereien beteiligt sein sollten. Sie nehmen nach wie vor nicht am Markt teil. Das tut erst die Meierei. Und die kann, wie Axel schon sagte, nach belieben den für sie am Markt erzielbaren Preis, so niedrig er auch sein mag, immer an die Genossen Erzeuger durchreichen. Die Erzeuger haben dagegen keinerlei Handhabe. 
Der Wechsel der Meierei war mal eine Möglichkeit. Mittlerweile ist die Bündelung auf Meiereiebene aber schon so weit gediehen, dass man sich seinen Verarbeiter nicht mehr frei aussuchen kann. Der Landwirt steckt in einer Zwickmühle, bei der er nur zwei Auswege hat: entweder weiter liefern oder den Betrieb dicht machen. Ein bisschen wenig für eine Marktwirtschaft.

Was für eine Sichtweise wähle ich jetzt … die des Piratenlandwirt … oder des Piratenagrarprodukteverbraucher?

Auch Landwirte sind Verbraucher! Unabhängig, ob Pirat oder nicht ;)

Als Verbraucher will ich ein Leistungsbündel (Produkt mit seinen Eigenschaften) zu einem niedrigen Preis.

Ich würde eher "zu einem fairen Preis" bevorzugen. Bei so vielen anderen Produktgruppen wird doch auch nicht alleine auf das billigste geschielt, sondern das Preis/Leistungsverhältnis soll für den jeweiligen Geschmack passen. Dieses Denken ist bei Nahrungsmitteln offenbar weitgehend verloren gegegangen. Erst seit wenigen Jahren kehrt sich der Trend langsam wieder um. Etwas, dass man fördern sollte. 

Warum soll jetzt Piratenpolitik dem Landwirt helfen den Marktpreis zu erhöhen um dem Piratenverbraucher mehr zu schröpfen, obwohl der Marktpreis bei einem funktionierenden Markt vermutlich niedriger wäre?

Genau hier liegt ein Denkfehler vor. Der Marktpreis wäre bei einem funktionierenden Markt höher. Und nicht niedriger. Das ist ja das vertrackte, dass der Markt so "nicht-funktionierend" geregelt ist, dass die Preise niedrig bleiben. Würde der Markt funktionieren und alle Marktbeteiligten (dann auch inclusive Landwirte) könnten im Mittel alle die für sie nötigen Preise gegenüber den Abnehmern durchsetzen, wären die Preise höher. Was gar nicht mal viel höher sein müsste, wenn man sich die Margenverteilung innerhalb der Wertschöpfungskette genau ansieht. Da ist bei einigen noch reichlich Luft drin. 
Dies ist den Landwirten und speziell den Milcherzeugern derzeit überhaupt nicht möglich. Die derzeitigen Marktregeln gestehen ihnen keinerlei Handhabe zu.

Was erzähle ich den Leuten am Infostand?  Wenn ich als Minierwerbslandwirt erzähle, dass ich vermutlich auf einen Stundenlohn von 2-4 Euro (je nach Ernteertrag)  komme …. Würde mir dann der Verbraucher mehr für mein Produkt zahlen (auch über Strukturmassnahmen)?

Ja, würde er! Dazu gab es bereits, sogar representative, Umfragen, die besagen, dass 38% der Kunden tatsächlich mehr bezahlen als sie laut Angeboten müssten. Also wirklich mehr bezahlen und nicht nur sagen, dass sie es tun würden!

Gruß, Detmar




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang