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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)


Chronologisch Thread 
  • From: Bernd Kasperidus <lbear34 AT yahoo.de>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)
  • Date: Wed, 24 Oct 2012 16:33:23 +0100 (BST)
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hi Harry,

natürlich hast Du Recht, aber ich persönlich habe immer Magenschmerzen, wenn ich "wirtschaftlich" im Zusammenhang mit Gesundheit/Pflege lese.

Wirtschaftlich kann zu zwei Extremen führen, einerseits wie z. B. in den USA schon Gang und Gäbe, dass z. B. einer 5-jährigen eine Krebsoperation verweigert wird, da die 5-Jahres-Überlebenschance im Mittel nur 40% sei und damit die OP unwirtschaftlich ist.

Es kann aber auch zum anderen Extrem frühren, dass man einer 78 jährigen noch beide Kniee und eine Hüfte mit künstlichen Gelenken ausstatten will.

Ich persönlich würde hier eher dafür plädieren, den Begriff "wirtschaftlich" zu streichen und durch etwas zu ersetzen, dass die Vernunft impliziert. Ich weiß, gerade in der Politik sehr schwer, den gesunden Menschenverstand zu quantifizieren aber ich denke es wäre einen Versuch wert.

LG

Bernd



Von: Morgan le Fay <comte_de_tenebres AT arcor.de>
An: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Gesendet: 17:16 Mittwoch, 24.Oktober 2012
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)

Hallo Bernd,

jaja, das ist das eine Extrem.
Das andere Extrem sind Ärzte oder Patienten, die meinen, beliebig in den Topf greifen zu dürfen wie jener Arzt aus Schrobenhausen, der frustriert seine Praxis aufgab.

Meine Schwiegermutter, die trotz WANZ nach einer Brust-Amputation und Chemo schon 2 Perücken bezahlt bekam, (übrigens ein Klopper angesichts der "Spar"maßnahmen, die man sonst den Versicherten oktroyiert; das gibt sogar die Schwiegermutter zu), könnte ja der Meinung sein, sie hätte Anspruch auf 3 oder 4 Perücken.

Deshalb finde ich es schon gut, dass wir in unserem mutmaßlichen Grundsatzprogramm für das Gesundheitswesen diesen Passus drinhaben, dass zwar die optimale Versorgung gewährleistet sein muss, dass aber auch nur im Rahmen der Therapie notwendige Aufwendungen erstattbar sind.

Es heißt dort:
Abwägungen zwischen den Interessen von Patienten auf Versorgung und denen der Allgemeinheit auf Beschränkung der Finanzierung auf wirksame, notwendige und wirtschaftliche Leistungen sind erforderlich.
Übrigens: Wer diesen Vorschlag für ein Grundsatzprogramm noch nicht kennt, kann es hier nachlesen.

Grüßle
Harry

Am 24.10.2012 16:34, schrieb Bernd Kasperidus:
Hi,

um das ganze mal wieder etwas zu "erden" möchte ich ein kleines Beispiel in die Diskussion werfen.

Ein mir bekannter Bürger leidet unter leichter COPD (also chronische bronchialerkrankung) ... der Fall ist leicht genug, dass nur ab und an ein Medikament gegeben werden muss.

Bislang gab es ein sehr effektives Kombi-Präparat (Kombi - TEUFELSZEUGS ironie aus) aus Antibiotika, einem leichten Corticoid und (tata jetzt kommt ein Kartoon) einem Schleimlöser.

Der Widersinn der gesamten Regelung sieht man daran, dass das Kombi nicht mehr aufgeschrieben werden darf, weil es ja einen Schleimlöser enthält. Also bleibt dem behandelnden Arzt nichts anderes übrig als Antibiotikum und Corticoid separat aufzuschreiben und den Patienten darauf hinweisen, dass er den Schleimlöser selber kaufen muss.
Die Kostenwächter sind glücklich, weil die "verfluchten" Schleimlöser jetzt nicht bezahlt werden müssen. Die Idiotie wird aber spätestens in der Apotheke klar, da Antibiotika und Kortison als Einzelpräparate wesentlich teuerer sind, als eine Kombi-Packung.
Da fragt man sich als Bürger: Entweder haben die "Kostenwächter" niemals Mathematik in der Schule genossen oder aber da steckt Absicht dahinter.
Wenn man sich dieses kleine Alltagsbeispiel anschaut, möchte man die gesamten Kostenerstattungs-WANZ-Regeln einfach nur dahin stecken, "wo die Sonne niemals scheint".

LG
Bernd


Von: Morgan le Fay <comte_de_tenebres AT arcor.de>
An: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Gesendet: 16:13 Mittwoch, 24.Oktober 2012
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)

Hallöchen Jens!


Am 24.10.2012 09:15, schrieb Jens:
 
 
>>"Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen"
 
Das ist schon heute nur ein Zahnloser Papiertiger. Die gesetzl. Versorgung hat sich in vielen Bereichen, mit absoluter Unterstützung der Politik, schon längts verabschiedet von dem vermeintlich optimalen. Es geth eher in Richtung “wirtschaftlich, zweckmäßig, ausreichend” und das ist Schulnote 4 Da weder Protest in der Bevölkerung noch wo anders kommt, ist das längst Status Quo (seit Jahren)... weil es wird zu teuer....
 
Ich weiß das natürlich. Die WANZ-Regel hat obige Vorgabe ausgehöhlt. Dabei kritisiere ich diese WANZ-Regel nicht einmal, aber ich kritisiere die Kriterien und diejenigen, die festlegen, was WANZ ist. Der Patient wird nicht gefragt. Und der Arzt hat trotz Therapie"freiheit" kaum mehr einen Handlungsspielraum, wenn sein Patient keine IGeL möchte oder selbst zahlt.
Ich sagte es schon bei der letzten Mumble-Konferenz: Im Prinzip haben wir weniger einen Handlungsbedarf, das Gesetz zu ÄNDERN, wir haben viel mehr einen dringenden Handlungsbedarf bei der INTERPRETATION des SGB V. Allerdings muss das effektive(!) Mitbestimmungsrecht des Versicherten in allen Instanzen im Gesetz verankert werden.

>>???? Eine Entfernung des gereizten Blinddarms ist doch kein Putenschnitzel !!! Gesundheit ist keine Ware! Es ist ein Anspruch, der sogar in den Menschenrechten verankert ist !!
 
Wer in dem Konzept mit Worten wie Effizienz und Erfolgsquoten der Behandlung (Behandlugnseffizientz), also mit sehr wirtschaftlichen Worten arbeitet, darf sich doch nicht wundern,
wenn andere wirtschaftliche Termini ebenfalls Eingang finden oder? Wir sind uns einig, dass es keine Ware ist, aber da es einen Wert hat, muss dieser Wert auch irgendwo bezahlt werden.
Aber... wieviel ist es denn wert?
Wolfgang hatte etwas provozierend angemerkt, dass ja auch Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes nicht nach dem Einkommen der Käufer preisgestaltet werden....Dieser Vergleich verbietet sich von selbst, auch wenn ärztliche Leistung freilich einen Wert hat. Ich glaube, das muss ich auch nicht nochmals erklären.
Ich habe fast den Eindruck, dass er den SOLIDARISCHEN Gedanken hinter einer SOLIDARversicherung nicht verstanden hat. Übrigens sind ja auch die PKVen Solidarversicherungen: "Einer für alle, alle für einen".
Es gibt sehr viel Leute, die ihre Steuern entrichten, aber niemals eine BAB benützen. Mit dem Argument von Wolfgang könnte nun jeder daherkommen und für sich reklamieren, ein bereitgestelltes (und bereitzustellendes!! Leistungsangebot) nicht abzurufen und deshalb nicht dafür zahlen zu wollen.
"Ich fahr nie auf der Autobahn, wieso soll ich dafür zahlen?" Auch wenn der Reiche mehr Steuern bezahlt als der Ärmere, hat er trotzdem auf der Autobahn keine Sonderrechte. Noch nicht mal dort!
Bei Gesundheit geht es aber sogar um Menschenrechte und nicht nur um Fahrkomfort.

Ja, wieviel ist Gesundheit wert? Das ist eine Frage der Ethik einer ganzen Nation, eines Kulturkreises. Wenn wir mal soweit WANZ sind, dass wir den Leuten zumuten müssen, krank und hilflos, wie jene als blind geltende Frau, die Dr. Roth und ich betreuen, zu fristen, dann brauchen wir uns auch nicht mehr den Kopf über Palliation, Organspenden und lebensverlängernde Maßnahmen zerbrechen. Ich hab Dir die Geschichte wahrscheinlich erzählt.. und dass die Frau inzwischen sogar lieber sterben möchte, als auf diese Weise weiterzuleben.
Und dabei fehlt ihr nur eine Brille mit -24 Dioptrien. Dafür ist anscheinend kein Geld vorhanden, aber wir sollen gutheißen, dass es Leute gibt, die privat in eine Zusatzkasse einzahlen dürfen, damit der Herr Prof. Dr. Dr. Großkopfert geneigt ist, seinem Patienten das Gute-Nacht-Bussi persönlich auf die Backe zu drücken.

Nee, nicht mit mir. Solange es solche Baustellen im Gesundheitswesen gibt, bin ich meinetwegen auch Kommunist. Dann bin ich es gerne.

Gruß
Harry

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