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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <comte_de_tenebres AT arcor.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Fw: [Aktive] Richtungsstreit bei den Piraten? (der Freitag)
  • Date: Thu, 25 Oct 2012 10:46:27 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>


Am 25.10.2012 08:40, schrieb Wolfgang Gerstenhöfer:

Denn Du machst nichts anderes, als das schon lange nicht mehr zeitgemäße, weil dem altersmäßigen Bevölkerungsaufbau nicht mehr entsprechende Umlageverfahren auf noch mehr Menschen auszudehnen - auf mehr Beitragszahler, aber auch mehr Leistungsempfänger.

Das wird nicht funktionieren.

Warum nicht? Irgend jemand hat immer Geld. Wenn Du Dein Geld nicht ausgibst, hast Du es. Gibst Du es aus, dann hat es der Händler, bei dem Du vielleicht gerade Brötchen oder ein Auto gekauft hast und natürlich "Vater Staat".
Und da Gesundheit etwas ist, wovon ALLE partizipieren und das ALLEN in gleichem Maße zusteht, müssen eben auch ALLE dafür aufkommen.
Mir als Optiker kann es doch völlig wurscht sein, woher mein Kunde sein Geld hat, das er bei mir ausgibt! Nur- wenn er kein Geld hat und auch keines bekommt, dann kann er bei mir auch nicht einkaufen und es läuft oder fährt ein Halbblinder durch die Gegend.
btw.: Es ist erstaunlich, dass so wenig im Straßenverkehr passiert angesichts der Zombies von Sehkrücken, mit denen die Leute glauben oder vorgeben, genug zu sehen.


Mir ist auch nicht klar und Du bist mir da auch noch eine Antwort schuldig, wo das von Dir vermutete Solidarprinzip verfassungsrechtlich verankert sein soll.
Das habe ich auch nicht behauptet. Aber wir haben uns bei der Entwicklung unseres künftigen Grundsatzprogrammes genau darüber lang und breit unterhalten und wir sind mehrheitlich der Ansicht, dass das Solidarprinzip durch nichts zu ersetzen ist.

Es ist ja nicht so, daß es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht schon mehrfach den Versuch gegeben hat, die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung anzuheben  - z. B. auf das Niveau der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung - oder auch ganz aufzuheben.
Ja, nur glaube ich, dass der Bürger heutzutage mündiger ist, da er sich dank Internet auch leichter informieren und bilden kann und auch eher die Möglichkeit hat, mitzuentscheiden. Und er will auch mitentscheiden. Siehe S21. Und wir Piraten wollen ja auch fördern, dass er mitentscheidet.
Beispiele aus der DDR oder der alten Bundesrepublik sind deshalb obsolet.
Das Steuersystem dient dazu, jeden Bürger nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an den Ausgaben des Staates zu beteiligen.

Das ist unstrittig. Dein "Autobahn-Beispiel" geht also völlig ins Leere. Deshalb sind Steuern auch nie zweckgebunden. Sie stehen dem Staat, den Politikern zur (freien) Verfügung und die entscheiden, was damit gemacht wird (Budgetrecht des Parlaments).
Na also! Und wer ist "der Staat"? Wir brauchen lediglich verantwortungsvolle Volksvertreter. Dabei ist das Wort "Volksvertreter" wörtlich zu nehmen.

Mir geht es darum, daß jeder Mensch die Freiheit haben soll, selbst zu entscheiden, welchen Anteil an seinem Einkommen er für seine Gesundheit investieren möchte, er soll wählen dürfen, wo er sich wie versichert, er soll nicht von einem Anbieter abhängig sein, der wegen fehlender Alternativen mit ihm quasi machen kann, was er will.
Was für ein Einkommen hat die Dame mit ihren -24 Dioptrien? Was für ein Einkommen haben Rentner, die immer mehr in die Armut bzw. Verschuldung geraten? Wie soll ein 18-jähriger Berufsanfänger ahnen können, was ihn im Laufe seines Lebens erwartet? Vielleicht ist Dir auch entgangen, dass die weitaus größten Ausgaben für Gesundheit im Leben eines Menschen erst ein paar Wochen oder Monate vor seinem Lebensende entstehen. Da steigen Ausgaben oft exponential!

Die Basisversorgung für jeden ist sichergestellt. Die wird sich jeder leisten können - dank des bedingungslosen Grundeinkommens bzw. eines steuerfreien Grundfreibetrags. Und sie wäre vor allem auch endlich mal vertragsrechtlich garantiert und nicht von Entscheidungen der Politiker abhängig.
Was hast Du nur immer mit dem BGE (für das ich übrigens sehr bin)?? Das BGE ist nicht dazu gedacht, wie auch immer gerechnete Beiträge zur Krankenversicherung zu bezahlen, sondern für die Beschaffung des täglichen Bedarfs. Wir haben um die 580 Euro/Monat errechnet, wieviel sollen denn davon als Krankenversicherung abfließen??

Aber davon abgesehen: Was würdest Du denn mit einem 40jährigen, bisher pumperlg´sunden Mann machen, der nicht viel für seine Gesundheit investiert hat und plötzlich mit einem Hinterwandinfarkt eingeliefert wird? Wer zahlt den Notarzt und den Rettungswagen? Und vor allem: Wer zahlt den Notzarzt und Rettungswagen während der Zeit, in dem ihn keiner braucht? Bekommt er den Billigstent oder überhaupt keinen?
Wie würdest Du diejenigen beitragsmäßig einordnen, die die Krankenversicherung mit höheren Risiken belasten?

Wo bleiben denn Service, Kundenorientierung und eine wirtschaftliche Verwaltung ohne Wettbewerb, ohne jede Alternative?
Das ist Aufgabe von ggf. noch einzurichtenden Führungsebenen, in denen auch die Versicherten ein effektives Mitspracherecht und Entscheidungsbefugnis haben. Kundenorientierung kann man sich sowieso nicht kaufen. Oder glaubst Du ernsthaft, dass es "kundenorientiert" gehandelt ist, wenn man dem privat Versicherten allen möglichen Quatsch verkauft?
Ich predige übrigens nicht Wasser und saufe Wein..; bei mir im Laden wird jeder gleich gut beraten, ob mittelloser Rentner oder Manager beim KIT. Ich drehe weder dem einen noch dem anderen getönte Gläser an, wenn sie nicht nötig sind oder ich sogar abraten müsste.
Ich erwarte aber auch selbst Redlichkeit, wenn ich Hilfe benötige. Da man sich auf nichts außer dem Egoismus der Menschen verlassen kann, brauchen wir paritätisch durch Versicherte und Leistungserbringer besetzte Kontrollinstanzen zur Organisation des Gesundheitswesens und ich bin mir sicher, dass dies dank moderner Datenerfassung und nie dagewesener Kommunikationsmöglichkeiten auch zu bewerkstelligen ist.

Politik ist die Kunst des Machbaren. Visionen und Utopien sind wichtig und richtig, aber in der praktischen Politik geht es auch um Um- und Durchsetzbarkeit.

Sollen die Honorare, Gehälter und Preise, das Wohl und Wehe der "Gesundheitsworker" tatsächlich von dem Willen der Politiker abhängen (Stichwort: Gefälligkeitsdemokratie)?
Nein, siehe oben.

Ist Dein Vertrauen zu den Menschen, die sich politisch engagieren (= Politiker) wirklich so groß? Was hat das mit Basisdemokratie zu tun?

Nein, siehe oben.
Sollen nicht die entscheiden, die betroffen sind?
Genau. Und die sollen auch kontrollieren. "Wer zahlt, schafft an" sagt man in Bayern.

Ich möchte eine optimale medizinische Versorgung auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und größtmögliche Wahl- und Entscheidungsfreiheit für alle, und ich bin davon überzeugt, daß dies möglich ist!

Leider nicht mit einer Bürgerversicherung! So schön diese Bezeichnung auch klingen mag.
Du kannst sie gerne nennen, wie es Dir beliebt. Mir ist der Begriff auch etwas zu abgedroschen, aber mir fällt kein passenderer ein.

Um auch Dein anderes Beispiel nicht unerwähnt zu lassen:

Deiner Patientin/Kundin, die eine Brille mit -24 Dioptrien braucht, wird auch mit einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens nicht geholfen sein - ganz im Gegenteil.
Warum? Weil es vor über 80 Jahren nicht geklappt hat?

Mit einem vertraglichen Anspruch auf eine medizinisch notwendige Heilbehandlung, zu der selbsverständlich auch die entsprechenden Hilfsmittel gehören und einem Finanzierungssystem schon, das alle Möglichkeiten nutzt, ohne vor allem die Menschen noch mehr zu belasten, die morgens aufstehen, um zu arbeiten, und ohne die es keine Solidarität gibt.
Dann müssest Du dafür sorgen können, dass aber auch jeder Arbeit haben kann. Und das kannst Du eben nicht. Von den Rentnern mal garnicht zu reden.

Es geht mir nicht um die "Besser- und Großverdiener", die dank unseres "tollen" Steuersystems ohnehin kaum Steuern bezahlen müssen, sondern um die Menschen, die man gern als Mittelstand oder -schicht bezeichnet und die heute schon dank der diversen Steuern und Abgaben mehr für den Staat bzw. die Allgemeinheit als für sich selbst und ihre Familien arbeiten.
Wem sagst Du das?! Aber das "tolle" Steuersystem mit den bedauerlicherweise gottlob passierten Schlupflöchern für Parteispender und Schlüsselindustrielle kann und muss ohnehin überarbeitet werden.

Gruß
Harry




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