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Betreff: Sub-AG der AG Gesundheit der Piratenpartei Deutschland
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Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung
Chronologisch Thread
- From: Morgan le Fay <input.output AT freenet.de>
- To: ag-gesundheit-reformer AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung
- Date: Thu, 02 Feb 2012 20:35:01 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheit-reformer>
- List-id: Sub-AG der AG Gesundheit der Piratenpartei Deutschland <ag-gesundheit-reformer.lists.piratenpartei.de>
Hallo Wolfgang, jaja, als Admin dieser Mailliste lese ich die Beiträge selbstverständlich alle. Ich lese überhaupt sehr viel, weshalb ich glaube, ein detailliertes Bild vom Gesundheitswesen zu haben, in dem ich übrigens meinen Beruf ausübe. Auch ich bin als Augenoptikermeister ein Leistungserbringer, der nicht nur für Gotteslohn arbeiten kann. Aber so wollte ich das auch nicht verstanden wissen. Selbstverständlich gehören auch Lebensmittel zu den elementarsten Dingen, die ein Mensch braucht. Dafür gibt es dann ja auch diverse Transferleistungen, wenn jemand "ganz unten" ist. Nur im Gesundheitswesen herrschen Zustände, die jeder Beschreibung spotten. Darüber sind wir uns ja einig. Aber wir haben unterschiedliche Ansätze, das sieht man schon an Deiner Einstellung zu gezahlten Beiträgen. Selbstverständlich gehört das Geld den Versicherten und nicht irgendwelchen Versicherungen, es sei denn, es wird dafür eine konkrete und adäquate Gegenleistung geboten. Das ist aber schwerlich der Fall, wenn man mit Teilen der Beiträge Werbung, Provisionen und Bumstouren finanziert. Man müsste mal durch alle Instanzen klagen, ob es bei einer Pflichtversicherung möglich sein kann, Provisionen aus den Beiträgen von Versicherten zu zahlen. Aber nun zum Wettbewerb: Wir im Augenoptikerhandwerk haben seit Apollo, Fielmann und Co. schärfsten Wettbewerb. Wohin führt nun dieser Wettbewerb? Bei uns hat er dazu geführt, dass Kollegen zuerst in immer kleinere Kommunen ausweichen mussten, wo sie mit "normaler" Kalkulation nicht mehr überleben konnten. In den größeren Kommunen haben die Filialisten alles platt gemacht. Sie locken mit der Billig-Masche, verkaufen aber geschickt hochwertig und sind zugegebenmaßer auch nicht immer schlecht. Aber wehe, man ist kein Standard-Kunde...! Um nun aber als kleiner Optiker in den kleineren Kommunen überleben zu können, wurde die Leistung zurückgefahren, die stets selbstverständlich gewesen war. "Der Gewinn steckt im Einkauf"..., diese Regel bekam mehr und mehr Gewicht und wir haben heute nicht selten Beschwerden über Kollegen, die billigste Ware mit Riesenspannen kalkulieren (müssen), um zu überleben. Reihenweise gehen Zulieferer, vor allem Fassungslieferanten, in die Insolvenz. Die Ware und Dienstleistung ist oftmals einfach nur schrottig, aber wenn die Kollegen zumachen würden, wäre die Augenoptik in den meisten ländlichen Flecken verschwunden. Das bedeutet weiterhin, dass die Krankenkassen in der Augenoptik keine flächendeckende Versorgung mehr anbieten können. Dieses Szenario lässt sich auf die Ärzte und anderen Heilberufe sowie die Zuliefererindustrie, z.B. für HiTech-Medizingeräte, übertragen. Die Rhön-Kliniken sind so ein "Fielmann", der beginnt, alles platt zu machen. Die IGeLeien entsprechen den Riesenspannen der Optikerkollegen, mit denen man auf seinen Schnitt zu kommen versucht. Ist das alles wünschenswert? Wo soll denn Wettbewerb stattfinden? Unter den Kassen? Wenn ja, mit welchen Leistungsunterschieden, ohne die Menschen trotz gleicher Erkrankung ungleich zu behandeln? Wieso steigen ausgerechnet in dem Bereich, in dem man annimmt, dass es noch am ehesten Wettbewerb geben könnte, nämlich im Arzneimittelwesen, die Preise am steilsten? Und wieso tut keiner was dagegen (außer vielleicht Ulla Schmidt)? Ich sage es Dir: Weil das komplette System faul und korrupt ist. Es gibt keinen Markt! Schon deshalb nicht, weil der Patient nicht wissen kann, was er für eine Nachfrage ausrichten wird, wenn er erkrankt. Die Nachfrage stellt erst der Arzt mit seiner Diagnose. Zahlen muss aber der Patient. Und ich vertrete die Philosophie, dass derjenige, der zahlt, sich auch ein paar Rechte damit erwirbt. Das ist mein Credo. Aber ich wildere hier im Reformer-Lager...; manchmal gehen halt die Emotionen mit mir durch. Gruß Harry Am 02.02.2012 18:16, schrieb Wolfgang Gerstenhöfer: Hallo Harry, vielen Dank für Deine Beantwortung meiner Frage. Dazu noch den einen oder anderen Hinweis: ----- Original Message ----- From: "Morgan le Fay" <input.output AT freenet.de> To: <ag-gesundheit-reformer AT lists.piratenpartei.de> Sent: Thursday, February 02, 2012 5:08 PM Subject: Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung Am 02.02.2012 15:20, schrieb Wolfgang Gerstenhöfer: Das ist doch eigentlich ganz einfach. Wo es einen "Markt" geben soll und geben darf, wo es eine funktionierende Korrelation zwischen Angebot und Nachfrage gibt, da lassen wir besser die agieren, die den Markt zum Markt machen. Ich bin mir nicht sicher, ob Du mein Konzept gelesen hast. Selbstverständlich bin ich für eine Basisversorgung, die auch jedem eine Sehhilfe, eine Brille erlaubt. Und was den Markt anbelangt: Grundnahrungsmittel sind auch elementar. Müssen die Piraten also jetzt auch die Verstaatlichung eines Teils der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft fordern? Der Gesundheitsmarkt ist ein Markt. Ein Markt, der sicher - und das sehe ich auch so - einer besonderen Aufsicht bedarf. Trotzdem bin ich mehr als skeptisch, dass ein Nationaler Gesundheitsdienst oder eine Einheitskrankenversicherung ("Bürgerversicherung") die besseren Lösungen sind. Die Vielfalt der Angebote und der Leistungswettbewerb sind - für mich - grundsätzlich positiv - und das gilt für die Seite der Leistungserbringer ebenso wie für die Seite der Kostenträger. Oder sollen alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, nur aus Barmherzigkeit und nicht gegen Geld arbeiten, weil es um die Gesundheit geht? Das wirst Du doch nicht ernsthaft erwarten und verlangen. Die Einkommen sind doch heute schon bei vielen zu niedrig. Sind denn Bürger, die sich politisch engagieren (= Politiker), in der Siehe oben! Die Frage stellt sich nicht, wenn es effektive Kontrollinstanzen gibt. Die Effektivität solcher Kontrollinstanzen haben wir ja eindrucksvoll bei den Landesbanken infolge der Bankenkrise erlebt. ;-) Kontrolle im Sinne einer Rechts- und Fachaufsicht ist richtig und wichtig, aber es braucht auch Wettbewerb. Anderenfalls bekommen wir ein Zwangssystem, in dem Politiker den Menschen vorschreiben, wo, wie, wofür und unter welchen Bedingungen sie sich versichern müssen und dürfen. Ist das denn wirklich mit dem Freiheitsdrang, der Freiheitsliebe und der Selbstbestimmungsidee der Piraten vereinbar? Staatliche entralverwaltungswirtschaft statt sozialer Marktwirtschaft?
Das ist doch dem Versicherten herzlich wurscht, wo man sein Geld verjubelt. Jedenfalls landet es nicht in einem Solidartopf für Versicherte. Ja und nein. Mir sind die Abschlussaufwendungen auch zu hoch. Sie sind aber teilweise dem heutigen System geschuldet. Damit die PKV heute neue Kunden bekommt, die sie braucht, damit das Versicherungsprnzip funktionieren kann, muss sie freiwillige Versicherte von der GKV abwerben. Das ist Arbeit und muss bezahlt werden. Wenn es diese Aufteilung nicht mehr gebe und jeder freie Wahl hätte, würde sich auch hier nach meiner Überzeugung etwas sehr positiv verändern. Außerdem ist es nicht das Geld der Kunden, der Versicherten. Es ist Geld, das von Mitarbeitern der Unternehmen erwirtschaftet wurde - durch eine geschickte Kapitalanlagepolitik. Und das kennt die GKV heute mit ihrem antiquierten Umlageverfahren nun gar nicht. Dort fehlen nicht nur die rund 2,7 Milliarden Euro, sondern auch der Teil dieser so genannten Überzinsen, der zu etwa 90 Prozent der Versichertengemeinschaft zugute kommt.
Beste und piratige Grüße Wolfgang
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, trophos, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, petra . jahn, 03.02.2012
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, toemmel, 05.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Rick, 05.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, aloa5, 05.02.2012
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