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Betreff: Sub-AG der AG Gesundheit der Piratenpartei Deutschland
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Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung
Chronologisch Thread
- From: Wolfgang Gerstenhöfer <wolfgang.gerstenhoefer AT gmx.de>
- To: "Sub-AG der AG Gesundheit der Piratenpartei Deutschland" <ag-gesundheit-reformer AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung
- Date: Thu, 2 Feb 2012 18:16:12 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheit-reformer>
- List-id: Sub-AG der AG Gesundheit der Piratenpartei Deutschland <ag-gesundheit-reformer.lists.piratenpartei.de>
Hallo Harry,
vielen Dank für Deine Beantwortung meiner Frage.
Dazu noch den einen oder anderen Hinweis:
----- Original Message ----- From: "Morgan le Fay" <input.output AT freenet.de>
To: <ag-gesundheit-reformer AT lists.piratenpartei.de>
Sent: Thursday, February 02, 2012 5:08 PM
Subject: Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung
Am 02.02.2012 15:20, schrieb Wolfgang Gerstenhöfer:
Mich erstaunt auch, dass es offensichtlich konsensfähig ist, dem Staat bei
innenpolitischen Themen sehr skeptisch gegenüberzustehen, wenn es aber um
die Gesundheit geht, überwiegt die Staatsgläubigkeit. Kann mir das jemand
erklären? Ich verstehe das nicht.
Das ist doch eigentlich ganz einfach. Wo es einen "Markt" geben soll und geben darf, wo es eine funktionierende Korrelation zwischen Angebot und Nachfrage gibt, da lassen wir besser die agieren, die den Markt zum Markt machen.
Wenn es aber um den Schutz von elementaren Rechten eines jeden Menschen geht, ob dieser etwas besitzt oder nicht, dann kann und darf kein Markt existieren, wenn wir den Leuten diese elementaren Rechte nicht nehmen wollen. Wenn ich kein Geld für einen Rechtsanwalt habe, bekomme ich eine Pflichtverteidiger oder Prozesskostenhilfe. Wenn ich aber kein Geld habe, mir eine Brille zu kaufen, bekomme ich nix.
Gar nix. Noch nicht einmal einfachste Gläser bei 10 Dioptrien.
Das nur mal als Beispiel.
Sogar der ALG2-Bezieher soll sich das aus Regelsätzen "ansparen". Er hat also de facto weniger Rechte auf eine "Selbstbestimmung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben" (§1 SGB 9) als einer, der regelmäßig sein gutes Geld verdienen kann.
Der "Staat" ist jeder von uns und es gibt keinen Grund, "staatliche" Kontrollinstanzen abzulehnen, die natürlich aus gewählten und fachkundigen Beitragszahlern bestehen sollten. Diese Lösung ist jedenfalls nicht schlechter als die, das Gesundheitswesen kommerziell ausgerichteten Unternehme(r)n zu überlassen.
Ich bin mir nicht sicher, ob Du mein Konzept gelesen hast. Selbstverständlich bin ich für eine Basisversorgung, die auch jedem eine Sehhilfe, eine Brille erlaubt.
Und was den Markt anbelangt: Grundnahrungsmittel sind auch elementar. Müssen die Piraten also jetzt auch die Verstaatlichung eines Teils der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft fordern?
Der Gesundheitsmarkt ist ein Markt. Ein Markt, der sicher - und das sehe ich auch so - einer besonderen Aufsicht bedarf. Trotzdem bin ich mehr als skeptisch, dass ein Nationaler Gesundheitsdienst oder eine Einheitskrankenversicherung ("Bürgerversicherung") die besseren Lösungen sind.
Die Vielfalt der Angebote und der Leistungswettbewerb sind - für mich - grundsätzlich positiv - und das gilt für die Seite der Leistungserbringer ebenso wie für die Seite der Kostenträger.
Oder sollen alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, nur aus Barmherzigkeit und nicht gegen Geld arbeiten, weil es um die Gesundheit geht? Das wirst Du doch nicht ernsthaft erwarten und verlangen. Die Einkommen sind doch heute schon bei vielen zu niedrig.
Sind denn Bürger, die sich politisch engagieren (= Politiker), in der
Gesundheits- und vielleicht auch in der Sozialpolitik plötzlich die besseren
Menschen und auch noch die besseren Unternehmer, die effizient mit den
Geldern der Bürger, sei es als Steuer- oder Beitragszahler umgehen?
Siehe oben! Die Frage stellt sich nicht, wenn es effektive Kontrollinstanzen gibt.
Die Effektivität solcher Kontrollinstanzen haben wir ja eindrucksvoll bei den Landesbanken infolge der Bankenkrise erlebt. ;-)
Kontrolle im Sinne einer Rechts- und Fachaufsicht ist richtig und wichtig, aber es braucht auch Wettbewerb. Anderenfalls bekommen wir ein Zwangssystem, in dem Politiker den Menschen vorschreiben, wo, wie, wofür und unter welchen Bedingungen sie sich versichern müssen und dürfen. Ist das denn wirklich mit dem Freiheitsdrang, der Freiheitsliebe und der Selbstbestimmungsidee der Piraten vereinbar? Staatliche entralverwaltungswirtschaft statt sozialer Marktwirtschaft?
Noch etwas zu den Abschlussaufwendungen von 2,649 Milliarden Euro, die mich
auch nicht begeistern, aber wenn Kritik geübt wird, dann bitte nicht Äpfel
mit Birnen vergleichen:
Zum einen sind das primär Provisionen, also das Einkommen für die
Außendienstmitarbeiter, und nicht Kosten für Werbung oder gar für
Lobbyarbeit.
Das ist doch dem Versicherten herzlich wurscht, wo man sein Geld verjubelt. Jedenfalls landet es nicht in einem Solidartopf für Versicherte.
Ja und nein. Mir sind die Abschlussaufwendungen auch zu hoch. Sie sind aber teilweise dem heutigen System geschuldet. Damit die PKV heute neue Kunden bekommt, die sie braucht, damit das Versicherungsprnzip funktionieren kann, muss sie freiwillige Versicherte von der GKV abwerben. Das ist Arbeit und muss bezahlt werden. Wenn es diese Aufteilung nicht mehr gebe und jeder freie Wahl hätte, würde sich auch hier nach meiner Überzeugung etwas sehr positiv verändern.
Außerdem ist es nicht das Geld der Kunden, der Versicherten. Es ist Geld, das von Mitarbeitern der Unternehmen erwirtschaftet wurde - durch eine geschickte Kapitalanlagepolitik. Und das kennt die GKV heute mit ihrem antiquierten Umlageverfahren nun gar nicht. Dort fehlen nicht nur die rund 2,7 Milliarden Euro, sondern auch der Teil dieser so genannten Überzinsen, der zu etwa 90 Prozent der Versichertengemeinschaft zugute kommt.
Gruß
Harry
Beste und piratige Grüße
Wolfgang
--
----- Original Message ----- From: "trophos" <trophos AT news.piratenpartei.de>
To: <ag-gesundheit-reformer AT lists.piratenpartei.de>
Sent: Thursday, February 02, 2012 9:50 AM
Subject: Re: [Ag-gesundheit-reformer]Finanzierung des Gesundheitswesens bzw.
der Krankenversicherung
Hallo Zusammen!
Sehr umfangreicher Erstbeitrag! Wen es noch genauer interessiert (bzw. wer
wissen will woher dieser piratische Wind weht) findet das ganze in einer
Broschüre des Lobby-Verbandes der privaten Krankenversicherung unter
http://www.pkv.de/positionen/gesundheitspolitik/ bzw. die Argumente gegen
die Bürgerversicherung unter
http://www.pkv.de/w/files/buergerversicherung/buergervers_xxl-final16.pdf.
Nebenbei bemerkt 2,649 Milliarden Euro (von Ihren 31 Milliarden Euro
Einnahmen für Krankenversicherungen) haben sich private Kassen solche und
andere PR-Maßnahmen ("Abschlussaufwendungen") 2010 kosten lassen - im
buchstäblichen Sinn, denn das sind ja Kosten, die der Versicherte
letztlich mit seinen Beiträgen zahlt. Also 2,649 Milliarden, die nicht
direkt ins Gesundheitssystem geflossen sind, genauso im Übrigen wie der
abgeführte Gewinn der Unternehmen.
trophos
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, trophos, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 05.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 02.02.2012
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- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, petra . jahn, 03.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, Morgan le Fay, 03.02.2012
- Re: [Ag-gesundheit-reformer] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung, toemmel, 05.02.2012
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