Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?"

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?"


Chronologisch Thread 
  • From: Peter Baum <p.baum AT posteo.de>
  • To: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>, hfhoyer AT posteo.de
  • Cc: joseph.huber AT t-online.de, "Manuel Klein - Monetative e. V." <manuel.klein AT monetative.de>, Hajo Köhn Neue Geldordnung <hajo.koehn AT neuegeldordnung.de>, sg AT grossmann-koehn.de, "ag-geldordnung-und-finanzpolitik@lists piratenpartei. de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?"
  • Date: Tue, 17 May 2016 21:24:24 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Arne,

ich gratuliere zu Deinem letzten Satz:

    Zugegeben, manchmal muss man mich sehr gern haben, um meine Argumente ertragen zu können. :-)

 er zeugt von Humor und Selbsterkenntnis :-)

Deine sehr detaillierte Betrachtungsweise zu studieren ist zwar mühsam, führt aber dann doch bisweilen auch zu vertieften Erkenntnissen.

Dennoch neige ich eher zu Florians Ansicht.
Es kommt ja m.E. darauf an, dem Publikum, insbesondere Schülern, die "Geldströme" verständlich zu machen. Das geht sicher nicht ohne das Verständnis von Bilanzen mit ihren Aktiv- und Passivkonten, weil die Transaktionen dort verbucht werden. Es geht aber - und da stimme ich Florian zu - ohne Buchungssätze: diese schrecken den Leser eher ab.

Das Bild des Geldflusses stimmt beim Bargeld, da findet in der Tat eine räumliche Bewegung von einer Geldbörse in die andere statt. Beim Buchgeld gibt es das nicht, da können Beträge nur in T-Konten entweder ins Soll oder ins Haben gebucht werden, und entsprechend ändert sich der Saldo, aber es fließt nichts.

Obwohl bei einer Überweisung zwischen verschiedenen Banken kein Bargeld transportiert wird sondern bei jeder der beteiligten Banken nur Buchungen vorgenommen werden, und zwar jeweils sowohl auf der Aktivseite (Reserven) als auch auf der Passivseite (Giralgeld), kann man dies im Ergebnis als einen Geldfluss ansehen: Das Giralgeld "fließt" vom einem Girokonto der einen Bank auf ein Girokonto bei der anderen Bank (M1 ändert sich nicht), und die Reserven "fließen" gleichzeitig in gleicher Höhe von einem Aktivkonto bei der einen Bank auf ein Aktivkonto der anderen Bank - obwohl es sich jeweils nur um Buchungen handelt, die den Saldo der beteiligten Konten in gleicher Höhe ändern.

Ich meine, um diese Vorgänge zu verstehen, braucht man Kenntnisse über Bilanzen, aber keine Buchungssätze.

Wichtig für das Verständnis des Publikums finde ich, dass bei der Bereitstellung von Krediten tatsächlich Giralgeld entsteht, was erst bei der Tilgung wieder verschwindet, dass aber die Kreditgeldschöpfung einer Geschäftsbank nicht so sehr durch die Mindestreserve und die Eigenkapitalvorschriften sondern viel mehr durch den drohenden Abfluss von Reserven bei Überweisungen zu anderen Banken begrenzt wird.

Das Clearing verwirrt dabei nur, denn mit den zufließenden Reserven, welche die abfließenden vermindern, geht ja immer auch eine entsprechende Zunahme der Verbindlichkeiten auf der Passivseite einher.

Mit bestem Gruß

Peter

Am 17.05.2016 um 14:25 schrieb Arne Pfeilsticker:

Am 17.05.2016 um 01:04 schrieb hfhoyer AT posteo.de:

Hallo Arne,

entscheidend ist, was hinten rauskommt.
Und das ist, daß eine andere Bank eine Verbindlichkeit übernimmt.
Das tut sie nicht kostenfrei, dazu will sie Reserven sehen.
Wie das jetzt intern in Bank A und B durchgenudelt wird ist Wurst.

Hallo Florain,
vom praktischen Standpunkt vielleicht, aber selbst da, musste das „Genudele“ zumindest von den EDV-Leuten bis in die Bits und Bytes analysiert, festgelegt und umgesetzt werden, denn ohne diese Details gibt es kein Genudele. :-)

Auch die Fälle: gegenseitige Kontoverbindung, Korrespondenzbank, Clearing-Zentrum, Bundesbank, EZB ändern nichts daran. Es sind nur verschiedene Wege. Auch eine Kreditierung von Zentralbankgeld zwischendrin ist letzlich eine Kostenfrage.

Der Punkt ist, daß es keine Einzelüberweisungen gibt. Alles wird im Pulk abgerechnet.

Da sind wir uns einig. Die durchgespielten Einzelfälle stehen für Klassen von Geschäftsvorfälle und ihre Verarbeitung.

Was unter der Spitze liegt,
wird verrechnet, was drüber liegt, mit Zentralbanzgeld ausgeglichen. Aber immer auf Ebene der Summe, nicht auf eine
einzelne Überweisung bezogen.

Die Clearing-Stellen machen jeden Tag aus den Einzelbanken eine Wiksell'sche Gesamtbank mit Anfangsbilanz Null und Endbilanz Null.

Spurensuche auf Basis einer Einzelüberweisung ist verlorene Liebesmüh’.

Es geht mir um den genauen Ablauf der unterschiedlichen Geschäftsvorfälle, die anhand von Einzelüberweisungen durchgespielt werden.


Wenn Du die Abläufe bei MT940 Auszügen kennst, warum schreibst Du dann noch so mißverständliche "Buchungssätze" hin? 

Die MT940 Auszüge sind der Input für die Generierung der Buchungssätze.

Vermutest Du irgendwelche dirty trics ind der black-box?

Nein, mir geht es lediglich darum genau zu wissen, was genau in den diversen "Black-boxen“ passiert, damit wir aufgrund von tatsächlichen Sachverhalten die Dinge verstehen und beurteilen können.

Wie schwierig die verschiedenen Ebenen Buchungssätze, Rechte-Transfer und alltägliches Geldverständnis sind,  wird deutlich, wenn Du bei einer Überweisung von Geldvernichtung auf der einen Seite und Geldschöpfung auf der anderen sprichtst.

Genau hier liegt der Punkt. Bei einer Überweisung wird tatsächlich auf der einen Seite Geld vernichtet und auf der anderen Seite Geld geschöpft. Giralgeld kann nicht fliesen. Es ist gefangen im Geldterritorium des Geldschöpfers. 

Die Geldvernichtung geschieht durch Erfüllung; das ist der natürliche Tod einer Verbindlichkeit. Die Geldschöpfung ist die vertragliche Gegenleistung für das empfangene Zentralbankgeld.

Bei Bargeld ist das anders. Hier wird beim Transfer nicht vernichtet oder geschöpft, weil die Forderungsseite verbrieft ist. Das zugehörige Wertpapier ist die Banknote oder Münze. Bei Bargeld passt die Metapher vom „Fliesen“ weil bei einem Wertpapier das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt.


Ich halte das für überzogen. Nicht umsonst wird M1 nur einmal monatlich, nicht vor/während/nach jeder Überweisung aggregiert.

Mein Herz schlägt auch, wenn ich nicht den Puls messe und ich denke bei dir ist das nicht anders. Der reale Prozess und die Statistiken zu diesem Prozess sind zwei verschiedene Dinge.


Der Blick durch's Buchungsmikroskop auf eine einzelne Bilanz bring da nix.

Was zu beweisen wäre. :-)

Letztlich wird doch Kaufkraft summen-neutral transferiert, nicht vernichtet und wieder geschaffen.

Mag sein, dass dir der Sachverhalt so erscheint, aber:
Geld hat zunächst mit Kaufkraft nichts zu tun. Für einen Anspruch auf Geld bekommt man nur Geld. Und das ist wiederum ein Anspruch auf Geld. Gegebenenfalls gegenüber einem anderen Schuldner. u.s.w. Der Lieferant, der einen Anspruch auf Geld gegenüber seinem Kunden hat, bekommt als Bezahlung (= Geld) einen Anspruch auf Geld gegenüber der Geschäftsbank. Und wenn er sich sein Giralgeld auszahlen lässt, dann erhält er einen Anspruch auf Geld gegenüber der Zentralbank.

Die Kaufkraft kommt durch die Verwendung dieser Ansprüche auf Geld in Kaufverträgen zu standen. Hier wird als Leistung ein Anspruch auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung vereinbart und als Gegenleistung ein Anspruch auf Geld.

Zugegeben, manchmal muss man mich sehr gern haben, um meine Argumente ertragen zu können. :-)

viele Grüße
Arne 


Beste Grüße
Florian

 

Am 16.05.2016 04:18 schrieb Arne Pfeilsticker:

Am 15.05.2016 um 20:12 schrieb hfhoyer AT posteo.de:

Hallo Arne,
mal ganz abgesehen von Deinem sehr speziellen Einlagenbegriff, der die Verständigung komplex macht, ist der gelb markierte Buchungssatz kein Buchungssatz.
 
Hallo Florian,
könntest du bitte herausfinden. wie bei der GLS Bank der Geschäftsvorfall Gutschrift einer Überweisung von einer anderen Bank gebucht wird? Meine These ist, dass es sich um genau den von dir gelb markierten Buchungssatz: "Barreserve an Girokonto" handelt, wenn der Zahlungsverkehr über die Zentralbank läuft.
 
Der allgemeine Geschäftsvorfall lautet: Nichtbank N1 bei der Bank B1 überweist 100 € auf ein Girokonto der Nichtbank N2 bei der Bank B2. Zahlungsweg: Zentralbank.
 
Sieht man von eventuellen Zwischen- und Verrechnungskonten ab, dann sind hierfür jeweils 1 Buchungssatz bei der Bank B1, B2 und der Zentralbank erforderlich.
 
Auslöser sind Überweisungs- und Lastschriftaufträge im DTAUS Verfahren an die kontoführende Bank. (Das war es zu meiner Zeit, als ich noch Programme für die elektronische Verarbeitung von Zahlungsaufträgen geschrieben habe. Heute wird es unter SEPA etwas anders ablaufen.)
 
1. Wenn der Zahlungsweg über die Zentralbank läuft, dann ist der Ausgang ein Buchungssatz bei der Zentralbank, der von der Bank B1 bzw. der Nichtbank N1 per Anweisung ausgelöst wird: Girokonto B1 an Girokonto B2 100 €.
 
Die Bank B2 erhält die 100 € Zentralbankgeld von der Bank B1 mit dem Hinweis: Zu Gunsten Girokonto N2. Dieser Hinweis wird dadurch ausgedrückt, dass der DTAUS Zahlungsverkehrssatz (Satzart C) nicht nur die Zentralbankkontonummer der Bank (= Bankleitzahl) sondern auch die Kontonummer des Zahlungsempfängers enthält sowie die entsprechende Zahlungsart angegeben wird.
 
Aufgrund dieser und anderer Buchungen erhalten Bank B1 und B2 von der Zentralbank jeweils einen Kontoauszug in elektronischer Form (im MT940 Swift Format), den Sie in ihren Buchhaltungen buchen:
2. Bank B1 bucht: Girokonto N1 an Barreserve 100 € (Mit dieser Buchung erfüllt die Bank B1 ihre Verbindlichkeit und bucht daher zu Lasten des Girokontos N1. Geldvernichtung)
3. Bank B2 bucht: Barreserve an Girokonto N2 100 € (Dieser Buchungssatz ist die Gutschrift des Zahlungsempfängers. D.h. die Bank B2 erhält das Zentralbankgeld und schreibt als Gegenleistung der Nichtbank N2 eine Gutschrift über 100 €. ) Dieser Buchungssatz ist eine Geldschöpfung.
 
 
Ganz abgesehen davon daß eine Bank nicht in den Konten einer anderen Buchen kann ...
 
Sie bucht nicht in den Konten einer anderen Bank, sondern sie bucht den Kontoauszug ihres Kontos bei der ZB, den die Bank von der Zentralbank erhält in ihrer Buchhaltung. 
Dieser "Buchungssatz" würde die beiden Geldkreisläufe überbrücken, was verbotten ist.
 
In gewissem Sinne schon, weil Kreditgeld aus Rechtsbeziehungen besteht. Die kontoführende Bank bucht das Giralgeld als Verbindlichkeit und der Kontoinhaber als Forderung.
Das ist der Grund warum der Kontoauszug der Bank in der eigenen Buchhaltung spiegelverkehrt gebucht wird.

Wenn eine Nichtbank an eine andere Nichtbank auf einer anderen Bank etwas überweist,
dann ginge das ohne Clearing so:

Bank A führt ein Konto für Bank B in ihren Büchern. Dieses Konto hat in der Buchführung von Bank B einen "Schatten".
 
Alle Nichtbanken führen auf diese Weise ihre Girokonten.

Bank A bucht auf dem Konto von Bank B in ihren Büchern den Betrag aus ihren Reserven ein
 
Könnten wir diesen Punkt klären. So kann das m.E. nicht laufen, wenn du unter Reserven Zentralbankgeld meinst. Wenn die Zahlung über die Zenralbank läuft, dann lauten m.E. die Buchungen wie von mir oben unter 1.-3. beschrieben.

und schickt der Bank B einen Kontoauszug mit den Informationen, für welchen Kunden das Geld gedacht ist.

Bank B bekommt den Auszug und stellt fest, daß sich auf dem externen Konto etwas getan hat. Mit der Information aus
dem Auszug kann sie auf ihrem internen Konto die Buchung nachvollziehen mit dem Kundenkonto als Gegenkonto.
Nostro- und Lorokonto haben wieder denselben Saldo, die Welt ist in Ordnung.
 
Wenn der Zahlungsverkehr über Nostro- und Lorokonten läuft, dann lauten m.E. die Buchungssätze wie folgt:
 
Wenn Bank A das Lorokonto und Bank B das Nostrokonto hat, dann läuft die Überweisung von Bank B nach Bank A, weil Bank B Kontoinhaberin ist.
1. Bank B veranlasst auf ihrem Lorokonto bei der Bank A eine Überweisung zugunsten Girokonto N1 bei Bank A. Buchungssatz Bank A: Lorokonto B an Girokonto N1 100 €.
2. Bank B erhält Kontoauszug vom Lorokonto und bucht: Girokonto N2 an Nostrokonto B 100 €.
 
Dieses "Spiel" habe ich in der GLS ziemlich lange gemacht. Zuerst wurde das WGZ Konto noch täglich mit langen Additionsstreifen
abgestimmt und nachgebucht. Dann gab es eine Software, die vom externen Konto einen Auszug im Datenträger-Austausch bekam
und diesen mit dem internen schon mal abglich, sodaß nur noch die offenen Posten erschienen.
 
Ich habe u.a. solche Software geschrieben.
 
Aus dieser Zeit kenne ich mich mit der Datensatzstruktur von MT940 (Swift) oder DTAUS aus und ich würde mich interessieren, wie ganz genau die Zahlungsabläufe heute unter SEPA bei der GLS laufen.
 
Viele Grüße
Arne

Wenn wir intern vorgebucht hatten,
konnte es schon mal einige Tage dauern, bis der Betrag auf dem externen Konto auch eingegangen ist.

Bei einer Korrespondenzbank dazwischen (letztlich der Bundesbank) kommen ein paar Stufen dazu, mit dem Clearing fliessen garkeine Reserven mehr auf der Ebene der Einzelüberweisung. Was das Giralgeld für den bargeldsparenden ZV unter Nichtbanken ist, ist das Clearing für den reservesparenden ZV zwischen Banken.

Besten Gruß
Florian
 

Am 13.05.2016 14:43 schrieb Arne Pfeilsticker:

Meine Vermutung ist, dass hier ein zentrales Missverständnis von allen Beteiligten vorliegt.
 
Bitte genau lesen:
Die Position (Sicht-)Einlagen (= Girokonten der Nichtbanken bei einer Bank, = Giralgeld) sind nicht die „Einlagen" der Nichtbank bei einer Bank, wenn die Nichtbank z.B. Geld von einer Bank an eine andere Bank überweist. 
 
Wenn der Weg z.B. über die Zentralbank genommen wird, dann lautet der Buchungssatz für die Gutschrift von 100 € bei der Empfängerbank:
Barreserve an Girokonto Zahlungsempfänger 100 €.
 
Wenn die Zahlung über den Interbankenzahlungsverkehr läuft, dann heißt der Buchungssatz: Nostrokonto an Girokonto Zahlungsempfänger 100 €.
Wenn die Zahlung mit Banknoten (= Forderung gegen die Zentralbank) getätigt wird, dann lautet der Buchungssatz: Kasse an Girokonto Zahlungsempfänger 100 €.
 
 


-- 
Peter Baum
Am Hange 40
34130 Kassel
fon: +49 561 66716



Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang