ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Clearing
- Date: Sat, 15 Aug 2015 22:18:42 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Rudolf (diesmal richtig!),
Zwischen der Kreditvergabe einer Volksbank oder Sparkasse an eine Nichtbank zu Investitions- oder Konsumzwecken und dem Zockerspiel der Großbanken mit Eigengeschäften möchte ich einen Unterschied machen.
Es gibt natürlich Unterschiede - im Rahmen prinzipieller Gemeinsamkeiten. Die Gemeinsamkeiten liegen darin, daß in beiden Fällen etwas auf Kredit gekauft wird, um es später mit einem Erlös, der Tilgung+Zins+Gewinn entspricht, wieder zu verkaufen. Mit der Kreditaufnahme entsteht daher Nachfrage nach Gütern (oder Finanztiteln), die die Anbieter natürlich veranlassen, ihre Preise zu erhöhen ("Inflation"). Also müssen später aufgenommene Kredite c.p. größeren Umfangs sein, etc. - ein sich selbst verstärkender "inflationärer" Preissteigerungsprozess. Im Bust umgekehrt.
Die Unterschiede liegen darin, daß die Entstehung kreditär geschaffener Inflationen in der Realwirtschaft durch reale Produktionsprozesse gebremst wird und daher leichter zu beobachten/messen und antizyklisch zu korrigieren ist.
An den Finanzmärkten fehlen die realen, physischen Produktionsprozesse, und irre Handelsgeschwindigkeiten werden möglich (automatisiertes Trading im Millisekundentakt), die keine Zentralbank oder Aufsichtsbehörde der Welt mehr überwachen kann. Eine Finanztransaktionssteuer wäre ein Minimum, um diese Prozesse herunterzubremsen. Besser, man unterbindet solche Prozesse recht radikal.
Währungsspekulationen und Rohstoffspekulationen sollten komplett unterbunden werden, weil Währungsspekulation ganze Volkswirtschaften schädigen kann. Ist der Wechselkurs einer Währung nicht mehr Ausdruck der realwirtschaftlichen Prozesse, sondern von Währungsspekulation, können rein durch Spekulation irre Leistungsbilanzungleichgewichte entstehen und ganze Länder in Armut gestürzt werden. Wenn Preise z.B. für Rohstoffe auf Finanzmärkten gemacht werden, drücken sie keine längerfristigen realwirtschaftlichen Kalküle mehr aus, sondern nur noch Herdenverhalten auf Finanzmärkten, die dann verzerrend auf die Realwirtschaft zurückwirken.
/"Speculators may do no harm as bubbles on a steady stream of enterprise. But the position is serious when enterprise becomes the bubble on a whirlpool of speculation. When the capital development of a country becomes a by-product of the activities of a casino, the job is likely to be ill-done. The measure of success attained by Wall Street, regarded as an institution of which the proper social purpose is to direct new investment into the most profitable channels in terms of future yield, cannot be claimed as one of the outstanding triumphs of laissez-faire capitalism" (Keynes: General Theory, Kapitel 12)/
Kannst Du mir ein paar Beispiele zu Kreditkrisen ohne Aktienmärkte nennen?
Jede Inflation oder Deflation, die über den Warenkorb gemessen wird, zeigt solche Prozesse an, die auf denselben Prinzipien beruhen wie am Aktienmarkt. Inflationäre/Deflationäre Prozesse in der Realwirtschaft sind deshalb leichter steuerbar, weil Kauf auf Kredit und späterer Verkauf (mit dem Ziel eines Erlöses, der Tilgung + Zins + Gewinn entspricht) durch dazwischenliegende reale Produktionsprozesse in die Länge gezogen werden und so besser zu überwachen sind.
Das Paradebeispiel ist die große Depression der 30er Jahre.
Nochmal: die grundlegenden spekulativen Bewertungs- bzw. Preisbestimmungsprozesse und das daraus folgende prozyklische Handeln der privaten Akteure sind dieselben in der Real- und der Finanzwirtschaft. Auch in der Realwirtschaft wird ständig spekuliert, was macht denn ein Unternehmer anderes? Er spekuliert, wieviel von seinem Zeug er später zu welchem Preis verkaufen kann, also auf die zukünftige Nachfrage.
Sollte man nicht sagen, dass eine Zentralkbank unter anderem auch die "Funktion eines Clearinghauses" wahrnimmt? "Clearinghaus" verstanden als reine Verrechnungsstelle. Auch bei Geschäftsbanken besteht eine ihrer Funktionen im "Clearing unter Nichtbanken". Eine Verrechnungsstelle alleine kann noch keine Geldpolitik betreiben.
Natürlich, aber das hatte ich ja auch nicht behauptet. Um wirksam Geldpolitik machen zu können, muß die Bank entweder sehr groß sein oder sogar eine Monopolstellung haben - und ein Interesse oder einen Auftrag, nicht im privaten Profitinteresse, sondern im Interesse der Erhaltung des Gesamtsystems zu handeln.
Die LOLR-Funktion entwickelte und Geldpolitik sind aber aus dem privaten Banking heraus entstanden (BoE).
Gruß
Wolfgang
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Axel Grimm, 17.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, moneymind, 06.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Axel Grimm, 06.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, moneymind, 07.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Rudi, 07.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Rudolf Müller, 10.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, moneymind, 12.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, k-nut, 12.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Rudolf Müller, 12.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Rudolf Müller, 12.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, moneymind, 16.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Gerhard, 16.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Arne Pfeilsticker, 03.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Arne Pfeilsticker, 03.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Gerhard, 03.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Arne Pfeilsticker, 03.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Gerhard, 05.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Rudi, 05.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Gerhard, 05.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Arne Pfeilsticker, 03.08.2015
- Re: [AG-GOuFP] Clearing, Gerhard, 03.08.2015
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.