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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Clearing

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Clearing


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: AG AG-Geld <AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Clearing
  • Date: Wed, 12 Aug 2015 10:07:11 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Danke für Deine ausführliche Antwort Wolfgang. Es bleiben nur sehr wenige Anmerkungen bzw. Fragen.

Am 12.08.2015 um 01:46 schrieb moneymind:

wie z.B. den Bancor von Keynes. Dieser Bancor wäre im Sinne der Eigentumstheorie "Willkürgeld", da durch nichts gedeckt

Wenn Du hier von einer "Deckung" sprichst, hast Du wahrscheinlich das Prinzip der globalen Clearing Union bzw. den Zusammenhang zwischen einzelnen Wirtschaftssubjekten und deren Bilanzen und der konsolidierten Gesamtbilanz einer geschlossenen Wirtschaft noch nicht verstanden. In letzterer entsprechen sich per Definitionem Forderungen und Verbindlichkeiten immer genau, sodaß für die globale Clearing Union keine Salden zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten auftreten könnten. Ihr Netto-Finanzvermögen wäre immer gleich Null. Sie könnte also weder insolvent werden noch Gewinne machen.
Dieser Sachverhalt ist mir schon klar. Deine Aussage:
"Weil Menschen, die Kreditbeziehungen nutzen, schon im einfachsten Fall der Existenz von Kreditbeziehungen bei einem letztendlichen materiellen (forderungslosen) Zahlungsmittel (Gold z.B.) immer wieder dasselbe Phänomen produzieren:"
hatte ich zum Ausgangspunkt genommen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen einem Euro und einem Bancor besteht wohl darin, dass ich den von der ZB geschöpften Bargeldeuro auch als Nichtbank besitzen kann, nicht jedoch den Bancor einer globalen Clearing Union.

Schon in einer Geschäftsbankenbilanz ist der größte Teil des Giralgeldes nicht durch Eigentum gedeckt (d.h. den Verbindlichkeiten steht auf der Aktivseite zum größten Teil Finanzvermögen gegenüber und nur zu einem kleinen Teil "Realvermögen" = Eigentumsrechte).

und er würde nur unter den beteiligten Banken zirkulieren.

Zirkulieren würde gar nichts, es würde nur gebucht und verrechnet.
Ja, den Begriff "zirkulieren" hatte ich nicht wörtlich gemeint. Forderungen/Verbindlichkeiten gegen die Clearing Union zirkulieren, wobei Nichtbanken hier keinen Zutritt haben, s.o.                

Als Wertmaßstab für den Bancor war wohl ursprünglich ein Warenkorb vorgesehen.
Hier bin ich einer falschen Aussage in einem Forum aufgesessen oder habe diese falsch interpretiert. (Joachim Weiß, GeldMitSystem, 7.4.2014)
"Ich halte prinzipiell nichts vom Warengeld, denn das Bancor-Guthaben sollte ja auf Basis vorangegangenen Handelsvolumens berechnet werden."
In der Literatur hingegen: "Der Wert des Bancor selbst sollte durch Gold gedeckt werden."

Wie sollte das funktionieren?

Geldpolitik bezeichnest Du als eine "völlig andere Baustelle".

Ich sehe das ganz anders. Warum kommt es denn überhaupt zur Entstehung von Kreditpyramiden? Weil Menschen, die Kreditbeziehungen nutzen, schon im einfachsten Fall der Existenz von Kreditbeziehungen bei einem letztendlichen materiellen (forderungslosen) Zahlungsmittel (Gold z.B.) immer wieder dasselbe Phänomen produzieren:

Kreditvergabe und die Möglichkeit zur Zahlung per Verrechnung (Kreditgeld) führt immer wieder mit Notwendigkeit zu credit bubbles mit anschließendem run auf das letztendliche Zahlungsmittel, das dann natürlich zu knapp ist, um alle Zahlungen leisten zu können.


Diese Sichtweise stellt mE den Sachverhalt nur sehr verkürzt dar. Ist nicht der Aktienboom an den Börsen sowie die zunehmende Anzahl an unüberschaubaren Wetten im Finanzsektor der wahre Grund für eine Krise?

Nein. Kreditkrisen (booms und busts) gab es unabhängig von Aktienmärkten und lang vorher, was auch rein logisch klar sein müßte.
Zwischen der Kreditvergabe einer Volksbank oder Sparkasse an eine Nichtbank zu Investitions- oder Konsumzwecken und dem Zockerspiel der Großbanken mit Eigengeschäften möchte ich einen Unterschied machen. Kannst Du mir ein paar Beispiele zu Kreditkrisen ohne Aktienmärkte nennen?

Das Vorhandensein eines letzten Retters verleitet dann die Banken dazu, sich auch intensiv an diesem Spiel zu beteiligen. Einige Banken sehen ihren Daseinszweck nur in der Teilnahme an diesem Spiel.

Banken machen Geschäfte mit Risiken, d.h. sie spekulieren - auch dann, wenn sie Kredite an die Realwirtschaft vergeben (dann spekulieren sie auf die spätere Zahlungsfähigkeit ihrer Kreditnehmer). Credit bubbles gibt es auch in der Realwirtschaft, wieso würde sonst Inflation anhand eines Warenkorbs gemessen?
Das, für das Funktionieren des Kapitalismus erforderliche Wachstum, auch der Geldmenge, würde ich jetzt noch nicht als "Credit bubble" bezeichnen.

Setzt Du Clearinghaus =Zentralbank

Nein. Die ZB ist EIN Clearinghaus. Geschäftsbanken fungieren als Clearinghouses für Nichtbanken. Zentralbanken fungieren als Clearinghouses für Geschäftsbanken (haben dabei aber im Gegensatz zu den privaten Clearinghouses, die mit Gewinninteresse arbeiten, einen öffentlichen Auftrag, nämlich ein als Geldwertstabilität definiertes Infla-Ziel und in vielen Fällen - z.B. FED - auch ein Beschäftigungsziel).
Sollte man nicht sagen, dass eine Zentralkbank unter anderem auch die "Funktion eines Clearinghauses" wahrnimmt?  "Clearinghaus" verstanden als reine Verrechnungsstelle. Auch bei Geschäftsbanken besteht eine ihrer Funktionen im "Clearing unter Nichtbanken".  Eine Verrechnungsstelle alleine kann noch keine Geldpolitik betreiben. 

Beste Grüße
Mumken (aka Rudolf Müller)


Beste Grüße
Wolfgang





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