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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] EZB als Saldendokumentierer?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] EZB als Saldendokumentierer?


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB als Saldendokumentierer?
  • Date: Sat, 27 Jun 2015 00:25:02 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hi Gerhard,

Ich habe die Arbeit noch nicht ganz durchgeackert, aber du sprichst den springenden Punkt schon an: es ist eben nur 'fast'
stock-flow-konsistent. Auch dass da immer noch individuelles Verhalten
der Akteure eine Rolle spielt, kritisierst du in meinen Augen zurecht.

Das kritisiere ich nicht, sondern halte es für essentiell fürs Verständnis der Dynamik des Systems. Stock-flow-consistency kannst Du in Bezug auf Finanzvermögen (d.h. nominal fixierte Forderungen/Verbindlichkeiten) 100% durchhalten. Doch auf der Aktivseite von Bilanzen gibt es auch nominal variable Vermögenswerte: forderungslose Vermögensrechte wie z.B. Eigentumstitel (an Land, Immobilien, beweglichen Sachen. Die werden von Akteuren bewertet, in Abhängigkeit von Erwartungen. So kann, wenn alle nominal fixierten Posten der BIlanz identisch bleiben, eine Veränderung des Nettovermögens einfach durch eine Neubewertung eines nominal variablen Vermögenswerts zustandekommen. DAS ist "almost stock-flow-consistent" deswegen, weil der "Flow" ohne Gegenbuchung einfach per Bewertungsakt zustandekam. Das ist nicht voluntaristisch, da auch Bewertungsakte Restriktionen unterliegen.

Quantumökonomen abstrahieren auch davon und leiten makroökonomische
Gesetze aus dem Prinzip der Doppik her.

Ist kein entweder-oder, man braucht beides.

So schreibt Cencini in
'Macroeconomic Foundations':

<cite 'S. 279'>
Macroeconomic laws derive from the double-entry book-keeping nature
of money and are concerned with the logical structure of payments
relating to production and exchange.

Daraus resultieren nur triviale Bilanzidentitäten, aber keinerlei Aussagen über makroökonomische Prozessabläufe wie Booms und Busts. Wie Stützel sagte: ohne Saldenmechanik ist alles nix, aber Saldenmechanik ist nicht alles, sondern nur trivial shit. Allerdings unverzichtbarer trivial shit.

Far from being influenced by individual or collective behaviour, these laws

Bilanzidentitäten sind von individuellem Verhalten komplett unabhängig, klaro. Booms und Busts - makroökonomische Prozesse - nicht.

set the structural framework within which economic agents are free to take their decisions and model their society in accordance with a set of ethical, juridical, sociological, and political rules that go far beyond the field of economics proper.

Ja. Aber BEWERTUNGSakte SIND "economics proper" - sie sind absolut essentiell.

Macroeconomics is concerned with the logical structure of what we may call the monetary organisation of the economy. Microeconomics, on the contrary, deals with the way agents decide to act once this structural
setting is in place. If the laws of monetary economics could be
influenced by economic agents behaviour, the analytic separation between
micro and macroeconomics would no longer hold.
Since this is not the case, macroeconomics can stand on its own and provide the necessary infrastructure for a sound microeconomic analysis.


Das von individuellem Verhalten unabhängige "framework" sind keine "laws of monetary economics", sondern schlicht buchhalterische Identitäten, logische Tautologien, wenn Du so willst.

In der Quantumanalyse werden Zahlung, Finanzierung und Kapitalbildung
rein bilanztechnisch untersucht. Es wird streng unterschieden zwischen
Zahlung (einer Stromgröße) und dem daraus resultierendem Guthaben in
einem Bankdepot (eine Bestandsgröße). Eine Rollenzuweisung der Akteure
(Unternehmer/Arbeiter) und Verwendungszweck (Konsum/Investition) ist
eher zweitrangig. Die wirtschaftlichen Akteure können ganz abstrakt als
budgetbeschränkte Entitäten betrachtet werden. Bei der Produktion wird
der physische Output und das monetäre Einkommen gleichzeitig geschaffen.

Sobald Güter produziert werden, kommen auch subjektive, individuelle Bewertungsakte ins Spiel, so oder so.

An dieser Stelle seien diese Makrogesetze nur kurz angerissen. In der
Zahlung treffen nicht nur individuelles Angebot und Nachfrage zusammen
sondern auch makroökonomisches, d.h. in der Zahlung realisiert sich die
Identität von Angebot und Nachfrage.

Identität nur auf der Ebene von Finanzvermögen (buchhalterische Identitäten). Nicht von (nominal variablem) "Realvermögen". Sonst gäbe es keine Krisen, keine Booms, keine Busts, keine Konjunktur.

Ich hoffe, das war halbwegs verständlich und nachvollziehbar - und ich hoffe, daß ich Dich da richtig interpretiert und verstanden habe.

Gruß
Wolfgang




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