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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Nachtrag zu Mittwoch 25.2 - Vollgeldkritik

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Nachtrag zu Mittwoch 25.2 - Vollgeldkritik


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: Stephan Schwarz <me AT schwarzpress.de>, ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Nachtrag zu Mittwoch 25.2 - Vollgeldkritik
  • Date: Sun, 01 Mar 2015 09:32:04 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Stephan,

der  untenstehende Text geht nur auf einen Abschnitt von Jürgens ursprünglichem Beitrag ein und zwar den von ihm so bezeichneten "unmittelbarer Geldschöpfungsgewinn". Der davor stehende Abschnitt beschäftigte sich mit dem "mittelbarern Geldschöpfungsgewinn" den ich nachfolgend nochmals reinkopiere.


Am 01.03.2015 um 02:28 schrieb Stephan Schwarz:
hey Leute,

nennt doch mal Ross & Reiter.

die 6% Netto-Geldschöpfung, das ist der Soll-Zins auf den Kredit. Kredit wird getilgt - Zins wird umverteilt (an Bank & deren Gläubiger zur Kostendeckung / Profit, der Rest nach Haben an die Einleger).
Bezahlen tun das die Neu-Schuldner.. bzw. diejenigen, die ihre Arbeitskraft und nicht ihr monetäres Kapital / Eigentum zur Einkommens-Generierung einsetzen und über Lohnarbeits-Verträge die Profite für die )Zins-)Rückzahlung der Investitions-Kredite wieder-einspielen.
Zitat Jürgen:
ii) *mittelbarer Geldschöpfungsgewinn* In Folge der Geldschöpfung kann eine FIAT-Bank ihre Bilanz um einen Faktor (=Hebel) ausdehnen also mehr Kredit vergeben als direkt durch Eigenkapital oder Einlagen gesichert ist. In der *klassischen* Beschreibung des FIAT-Systems wird der Hebel über die Mindestreserve durch die jeweilige Zentralbank festgelegt. In der Podiumsdiskussion wurde hingewiesen, das die Bundesbank und der Artikel 'Money creation in the modern economy' diese Erklärung als veraltet ansehen. Allerdings sagt der Artikel nur, dass der Hebel real nicht direkt durch die Zentralbank festgelegt werde. In der Praxis hingegen werde die Geldschöpfung und damit einhergehende Bilanzverlängerung insbesondere durch die Kreditnachfrage, die Risikovorsorge und die Zinssatzvorgaben der Zentralbank begrenzt. Somit lege die Zentralbank den Hebel nicht direkt fest (Mindestreserve) sondern habe nur indirekt Einfluss (Zinssätze). Damit bleibt aber der Effekt der Bilanzverlängerung durch einen Hebel H und damit ein erhöhtes Gesamtvolumen unverändert gültig. Somit kann eine FIAT-Bank - entsprechende Kreditnachfrage vorausgesetzt - bei H=10 das 10fache Kreditvolumen ausgeben wie ein VOLL-Bank und entsprechend bei gleichem Zinssatz auch einen 10fach höheren Zinsertrag erwirtschaften. Da dieser erhöhte Ertrag auch nach der Bilanzverkürzung z.B. durch Rückzahlung der vergebenen Kredite bestehen bleibt, ergibt sich für die FIAT-Bank ein erheblicher Mehrgewinn im Verleich zur VOLL-Bank. Diese höheren Erlöse sind an die Möglichkeit der (vorübergehenden) Bilanzverlängerung also der Geldschöpfung gebunden und stellen somit einen *mittelbaren Geldschöpfungsgewinn* dar.
Der Zins wird hier also sehr wohl von Jürgen benannt und ist auch tatsächlich vom Kreditnehmer zu zahlen. Der Kreditnehmer bezahlt jedoch nicht zweimal den Zins, wie aus Deiner Antwort eventuell zu folgern wäre. Der vom Kreditnehmer zu zahlende Zins wird zu einem großen Teil für Zinszahlungen an die Einleger und die Verwaltungs- und Risikovorsorgekosten der Bank verwendet, wie dies auch von Dir beschrieben wird. Der Rest geht als Gewinn in das Eigenkapital und damit mittelbar an die Eigentümer der Bank.  Diese Zusammenhänge lassen sich auch in jeder Bankbilanz sowie deren zugehörigen Gewinn- und Verlustrechnung ablesen.

Eine andere Frage ist die makroökonomische Wirkung der Zinsen, die mE aber nicht mit dem zuvor genannten Bankgeschehen vermischt werden sollte. Hier stellt sich die Frage, wofür der Zinsanteil für die Einleger und die Gewinnausschüttung an die Bankeigentümer verwendet wird. Fließen diese Teile wieder direkt in den Wirtschaftskreislauf, wie dies bei den anderen Zinsanteilen geschieht oder werden diese Anteile gehortet, also zum weiteren Geldansammeln verwendet? Ist Letzteres der Fall fehlt dieses "Geld" für die Zinszahlungen und erzeugt den Zwang zu neuer Verschuldung.

Die Netto-Geldschöpfung oder besser beim Namen genannt die Zinslast wächst nahezu exponentiell.
Die Gleichsetzung von Netto-Geldschöpfung und Zinslast ist mE sachlich unangemessen.
Aus den Statistiken der Deutschen Bundesbank entnehme ich weiterhin ein lineares Ansteigen der Geldmenge M1 in der EWU. (Verwendete Zeitreihe BBK01.TUE301) Dies beurteile ich jedoch nur anhand der Grafik zu dieser Zeitreihe.
http://wiki.piratenpartei.de/Datei:M1_EWU_2014.png
Vielleicht kommen Statistikkundige, aufgrund der Abweichungen von meinem angenommen Mittelwert, zu einem anderen Ergebnis.

>> Ist der Zins hier ein Tabu-Thema? manchmal hab ich immer noch so den Eindruck...
Der Eindruck täuscht offensichtlich :-) .

Beste Grüße
Rudi

lG
Stephan


Am 01/03/2015 um 00:33 schrieb Rudolf Müller:
Am 27.02.2015 um 23:52 schrieb Jürgen:
................
ii) *unmittelbarer Geldschöpfungsgewinn*
In der Situation für (i) wird davon ausgegangen, dass jeder
Bilanzverlängerung auch eine Bilanzverkürzung folgt (Kredit-Rückzahlung). 
In diesem Fall ist die Netto-Geldschöpfung Null, da alles einst geschöpfte
Geld (->Brutto-Geldschöpfung) wieder vernichtet ist. Allerdings gibt es
praktisch eine kontinuierliche Ausdehnung der Geldmenge, die nach
*klassischer Inflationstheorie* auch notwendig ist, um das Verhältnis
Warenmenge/Dienstleistungsmenge zu Geld und somit die Preise stabil zu halten. 
Wenn jetzt aber alles Geld geschöpft wird, bedeutet dies auch, dass die
Bilanzverkürzung nur für einen Teil des geschöpften Gelds stattfindet. Somit
ist real die Netto-Geldschöpfung größer Null. Dies ist der *unmittelbare
Geldschöpfungsgewinn*, der tatsächlich zum Nominalwert abzüglich
Herstellungskosten anfällt(da sind dann aber die Verwaltungskosten mit zu
berücksichtigen). Aber eben nur auf einem Bruchteil des insgesamt
geschöpften Gelds.
....................

        
(Bei den nachfolgenden Betrachtungen gehe ich von einem Kreditgeldsystem aus.)
In meinem Beitrag von heute, 9:20 hatte ich aufgezeigt, dass bei einem Neukredit etwa 6 % des Kreditbetrages als Netto-Geldschöpfung entstehen.
http://www.um-bruch.net/uforum/index.php?topic=250.msg1727#msg1727
Ein Neukredit über 10.000 € erzeugt im Schnitt somit nur eine Netto-Geldschöpfung von 600 €. Nach den oben genannten Aussagen sind von diesem Betrag noch die Verwaltungskosten abzuziehen, um den Geldschöpfungsgewinn zu errechnen.

Nicht verstehen kann ich, wie dies logisch oder buchungstechnisch  ablaufen soll. 10.000 € werden doch bei der Kreditvergabe sowohl als neuer Kreditbetrag auf der Aktivseite (Forderung an Kunden) wie auch als Sichtguthaben auf der Passivseite (Verbindlichkeiten gegenüber Kunden) gebucht. An diesem Vorgang ist kein Erfolgskonto beteiligt.
http://wiki.piratenpartei.de/Datei:Abschluss_Erfolgskonten.png
Entstehende Verwaltungskosten werden auf den Aufwandskonten und die Zinsen des Kreditnehmers auf den Ertragskonten gebucht. Nur die Differenz dieser beiden Konten geht als Gewinn in das Eigenkapital der Bank über. Bilanztechnisch kann ich keinen "unmittelbaren Geldschöpfungsgewinn" erkennen. Forderungen und Verbindlichkeiten der Bank haben zugenommen. Da Verbindlichkeiten der Bank in unserer Wirtschaft als Zahlungsmittel gelten, hat auch die Menge der Zahlungsmittel zugenommen.  Hieraus kann man mE jedoch keinen Geldschöpfungsgewinn konstruieren.

Auch aus dem Beispiel der Wicksellschen idealbank geht hervor, dass aus einem Kredit nur eine neue Gläubiger/Schuldner-Beziehung hervorgeht. Die in der Kreditvereinbarung festgelegte Verrechnungseinheit ist im allgemeinen Verständnis noch kein "Geld". Erst wenn eine Bank mit in die Gläubiger/Schuldner-Beziehung eingeschleust wird, nennt man die Schuld der Bank "Buchgeld".

Beste Grüße
Rudi






    




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