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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB
  • Date: Sun, 21 Sep 2014 23:59:59 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


> Am 19.09.2014 um 10:17 schrieb "moneymind" <moneymind AT gmx.de>:
>
> Hi Patrik,
>
>> Gegen Missbrauch hilft nur verstärkte demokratische Kontrolle und nicht
>> mehr "Disziplinierung" durch "die Märkte".
>
> Die "Disziplinierung durch die Märkte" wird doch gerade durch
> "demokratische Kontrolle" politisch umgesetzt. Demokratie heißt, die
> Mehrheit entscheidet.

Das wage ich zu bezweifeln; weder wurde die Mehrheit damals überhaupt um ihre
Meinung gebeten (war sowieso alles "alternativlos"), noch glaube ich, dass
die Mehrheit der neoliberalen Doktrin anhängt - deren Hohepriester fliegen ja
aktuellen nacheinander aus allen Parlamenten.

> Macht heißt also, die Entscheidungen der Mehrheit zu beeinflussen. Indem
> man ihre Wirklichkeitswahrnehmung beeinflußt. Über Theorien, die in Think
> Tanks entworfen und über Medienpropaganda in die Köpfe der Leute kommen.

Soweit stimme ich dir zu; die Herausforderung besteht aber darin, dass die
Medien auch von Oligarchen bzw. "Mogulen" beherrscht werden, die auch zum
Geldadel gehören, und folglich wenig Neigung zeigen dürften, wirklich
fundamentaler Kritik eine Plattform zu bieten - aber man soll ja nicht
fatalistisch sein, noch bietet das Internet ja eine Alternative.

>
>> Und wenn Missbrauch schon unausweichlich sein sollte, dann ist es mir
>> lieber, dass sich das Volk selbst "missbraucht" (ist es in diesem Fall
>> tatsächlich Missbrauch?) anstatt dass dies der Geldadel tut.
>
> Dann braucht "das Volk" (die Lohnabhängigen, ihre Gewerkschaften etc. - die
> Mehrheit eben, deren Interessen durch neoliberale Interessen verletzt
> werden) erstmal eine neue Theorie, einen neuen Leitdiskurs, einen
> Gegendiskurs zum herrschenden neoliberalen Konsens. Und der muß auch
> machtvoll und suggestiv genug "gepushed" werden, damit er wirksam werden
> kann.

Ich denke, an der Theorie mangelt es nicht, was es braucht sind starke
Bilder, die dabei helfen das naive "Münze in Sparschwein"-Geldbild zu
überwinden. Dieses ist aber dermaßen verinnerlicht, dass man es nicht einfach
ersetzen können wird, man muss es langsam "erodieren". Die Wandlung der
Geldbildes in der Bevölkerung ist ähnlich schwer umzusetzen wie seinerzeit
die Einführung der 0, die Abkehr von der Äther-Theorie oder die Durchsetzung
der Evolutionstheorie.

Das sind alles keine Fragen der Erkenntnis, sondern die Schwierigkeit liegt
in der Überwindung eines bestehenden Paradigmas. Wenn einflussreiche
gesellschaftliche Kreise am Bestehen des bisherigen Paradigmas Interesse
haben, wird es umso schwieriger.

>
>> Denn dass es sich bei der "Disziplinierung" des demokratischen Staates
>> durch "die Märkte" um nichts anderes als Missbrauch zur Bedienung von
>> Partikularinteressen handelt, sollte seit der Finanzkrise und ihrer
>> "Bewältigung" jedem Michel aufgegangen sein.
>
> In den späten 60ern hatte "das Volk" den Staat durchaus für SEINE
> Interessen funktionalisiert.
>
> Der Staat ist, wie Marx klar benannt hat, das Instrument der jeweils
> herrschenden Klasse bzw. des jeweils herrschenden Interessenbündnisses
> (Schulmeister: entweder - im langen Aufschwung Arbeit + Realkapital gegen
> Finanzkapital (also Realwirtschaft gegen Finanzwirtschaft), oder - im
> langen Abschwung - Finanzkapital+Realkapital gegen Arbeit, also Unternehmer
> gegen Lohnabhängige).
>
> Unabhängige Politik braucht v.a. ein verläßliche, schlüssiges und erkennbar
> in den Grundzügen RICHTIGES politökonomisches Erklärungsmodell für
> gesamtwirtschaftliche Abläufe in einer Geldwirtschaft mit freier
> Lohnarbeit, damit sie nicht allein von solche interessenbedingten Diskursen
> abhängig ist, sondern diese nach darüberstehenden Kriterien ausbalancieren
> kann.

Das wäre das Ziel der Übung, aber ich bezweifle, dass es in der Politik um
die Umsetzung der "besten" Lösung geht - leider. Im Spiegel stand letztens
ein bemerkenswerter Text:


"Demokratie bedeutet eigentlich: sich Zeit zu nehmen für das Abwägen von
Argumenten. Es ist ein mühsamer, aufwendiger und langwieriger Prozess, Wahlen
abzuhalten, Menschen zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und zu erklären."

In der heutigen gehetzten Zeit, ist für einen solchen gesellschaftlichen
Erkenntnisprozess einfach kein Raum mehr, und so wie Rockefeller einst sagte:
"Wer den ganzen Tag arbeiten muss, hat keine Zeit Geld zu verdienen." kann
man frei übersetzen: "Wer den ganzen Tag hetzen muss, hat keine Zeit
nachzudenken.", und damit bringt man die Demokratie bereits an der Basis aus
dem Tritt.

Ein weiterer Mosaikstein, der "zufällig" mal wieder hervorragend ins Bild
passt.

Und der herrschende Stand wird sich wahrscheinlich nicht entblöden zu
fordern, dass auf Grundlage dieser Erkenntnis sich nur noch diejenigen am
Entscheidungsprozess beteiligen dürfen, die eben die Zeit mitbringen, sich um
die komplexen Angelegenheiten kümmern zu können.

Und wer wird das dann sein? Natürlich "zufällig" mal wieder immer die
selben...

Es ist also ein weiter Weg, der über den reinen Erkenntnisgewinn hinausgeht,
es müssen auch Bedingungen geschaffen werden, die wirkliche demokratische
Willensbildung überhaupt erst ermöglichen - sprich: das Innehalten im
Hamsterrad, um mal einen klaren Gedanken zu fassen.

Sollte es vielleicht einen (absichtsvollen) Grund geben, warum uns das immer
weniger vergönnt ist? ;-)





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