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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Münzregal: Buchung der Münzen bei ZB
  • Date: Wed, 24 Sep 2014 20:43:36 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hi Patrik,

Gegen Missbrauch hilft nur verstärkte demokratische Kontrolle und nicht mehr "Disziplinierung" durch "die Märkte".
Die "Disziplinierung durch die Märkte" wird doch gerade durch "demokratische Kontrolle" politisch umgesetzt. Demokratie heißt, die Mehrheit entscheidet.
Das wage ich zu bezweifeln; weder wurde die Mehrheit damals überhaupt um ihre Meinung gebeten (war sowieso alles "alternativlos"), noch glaube ich, dass die Mehrheit der neoliberalen Doktrin anhängt - deren Hohepriester fliegen ja aktuellen nacheinander aus allen Parlamenten.

Die Mehrheit wurde medial indoktriniert und eingelullt und ist politisch desinteressiert, weil man ihr eingeredet hat, Staat und Politik seien die Wurzel aller Übel und mehr Markt immer die Lösung. Die Politikmüdigkeit ist anerzogen, im Namen welcher Ideologie und in wessen Interesse, brauche ich Dir nicht zu erzählen, das weißt Du selber.

Wer genau fliegt denn aus welchen Parlamenten, und was haben die, die nachfolgen, in den Hirnen? Etwa eine Alternative? Oder denselben "alternativlosen" Müll?

Macht heißt also, die Entscheidungen der Mehrheit zu beeinflussen. Indem man ihre Wirklichkeitswahrnehmung beeinflußt. Über Theorien, die in Think Tanks entworfen und über Medienpropaganda in die Köpfe der Leute kommen.
Soweit stimme ich dir zu; die Herausforderung besteht aber darin, dass die Medien auch von Oligarchen bzw. "Mogulen" beherrscht werden, die auch zum Geldadel gehören, und folglich wenig Neigung zeigen dürften, wirklich fundamentaler Kritik eine Plattform zu bieten - aber man soll ja nicht fatalistisch sein, noch bietet das Internet ja eine Alternative.

Natürlich, Medienoligopole wie Bertelsmann haben Riesenmacht. Da hilft nur ein machtvoller Gegendiskurs - zunächst inhaltlich machtvoll, weil analytisch stimmig, geschlossen und gleichzeitig sehr differenziert, dann auch medial machtvoll, und dafür braucht es natürlich auch Kohle.

Da aufs Internet zu hoffen, halte ich für hoffnungslos blauäugig. Das ist nur ein Medium. Wenn dein Thema nicht auch massenmedial gepushed wird, liest Deinen Blog auch außer bestenfalls ein paar Insidern keine Sau.

Es ist ein massiver Machtkampf um die Köpfe / Wahrnehmung mit zwei Waffen: 1) der inhaltlichen Seite des jeweiligen Diskurses (oder Gegendiskurses), 2) der Massenkommunikation, der Massenpropaganda.

Und wenn Missbrauch schon unausweichlich sein sollte, dann ist es mir lieber, dass sich das Volk selbst "missbraucht" (ist es in diesem Fall tatsächlich Missbrauch?) anstatt dass dies der Geldadel tut.

Das Volk mißbraucht sich täglich willig und aktiv, und meint, das sei im Eigeninteresse, weil es ihm eingeredet wurde. Tatsächlich ist es im Interesse von Finanz- und Großkapital (dein "Geldadel").

Dann braucht "das Volk" (die Lohnabhängigen, ihre Gewerkschaften etc. - die Mehrheit eben, deren Interessen durch neoliberale Interessen verletzt werden) erstmal eine neue Theorie, einen neuen Leitdiskurs, einen Gegendiskurs zum herrschenden neoliberalen Konsens. Und der muß auch machtvoll und suggestiv genug "gepushed" werden, damit er wirksam werden kann.

Ich denke, an der Theorie mangelt es nicht, was es braucht sind starke Bilder, die dabei helfen das naive "Münze in Sparschwein"-Geldbild zu überwinden. Dieses ist aber dermaßen verinnerlicht, dass man es nicht einfach ersetzen können wird, man muss es langsam "erodieren". Die Wandlung der Geldbildes in der Bevölkerung ist ähnlich schwer umzusetzen wie seinerzeit die Einführung der 0, die Abkehr von der Äther-Theorie oder die Durchsetzung der Evolutionstheorie.

Sorry Mann, ich sehe weit und breit keine schlüssige und gleichzeitig differenzierte Theorie, die genügend tief an die Wurzel ginge und irgendein Potential hätte, einen wirksamen Gegendiskurs zu formen. Es geht dabei nicht nur darum, die Wirtschaftstheorie komplett neu zu schreiben, sondern auch das herrschende Geschichtsbild ad absurdum zu führen und durch ein neues zu ersetzen (in dem die 30er Jahre wieder eine prominente Rolle einnehmen - speziell in D eine völlig verdrängte, mißverstandene Epoche).

Was die "starken Bilder" angeht: solang die analytische Tiefe und die Schlüssigkeit des Diskurses bei gleichzeitiger Differenzierheit fehlt, erreicht man damit nur "Dummies". Bilder bringen nur etwas, wenn analytisch auch was fundiertes dahintersteht.

Das sind alles keine Fragen der Erkenntnis, sondern die Schwierigkeit liegt in der Überwindung eines bestehenden Paradigmas.

Das sowieso. Das bestehende Paradigma muß komplett zerstört werden, völlig ad absurdum geführt werden. Macht es keiner, übernimmt das die Realität höchstselbst, wie in den 30ern. Dann merkt auch der letzte Doofie, daß das Lernen aus der Weltwirtschaftskrise so wenig nachhaltig war, daß man es fertigbringt, dieselben Fehler zu wiederholen - noch dazu auf der Basis derselben obsoleten Theorie.

Wenn einflussreiche gesellschaftliche Kreise am Bestehen des bisherigen Paradigmas Interesse haben, wird es umso schwieriger.

Natürlich!

Denn dass es sich bei der "Disziplinierung" des demokratischen Staates durch "die Märkte" um nichts anderes als Missbrauch zur Bedienung von Partikularinteressen handelt, sollte seit der Finanzkrise und ihrer "Bewältigung" jedem Michel aufgegangen sein.
In den späten 60ern hatte "das Volk" den Staat durchaus für SEINE Interessen funktionalisiert.
Der Staat ist, wie Marx klar benannt hat, das Instrument der jeweils herrschenden Klasse bzw. des jeweils herrschenden Interessenbündnisses (Schulmeister: entweder - im langen Aufschwung Arbeit + Realkapital gegen Finanzkapital (also Realwirtschaft gegen Finanzwirtschaft), oder - im langen Abschwung - Finanzkapital+Realkapital gegen Arbeit, also Unternehmer gegen Lohnabhängige).
Unabhängige Politik braucht v.a. ein verläßliche, schlüssiges und erkennbar in den Grundzügen RICHTIGES politökonomisches Erklärungsmodell für gesamtwirtschaftliche Abläufe in einer Geldwirtschaft mit freier Lohnarbeit, damit sie nicht allein von solche interessenbedingten Diskursen abhängig ist, sondern diese nach darüberstehenden Kriterien ausbalancieren kann.
Das wäre das Ziel der Übung, aber ich bezweifle, dass es in der Politik um die Umsetzung der "besten" Lösung geht - leider.


Es geht um Macht, sonst nichts. Machen wir uns doch nichts vor: was uns vorschwebt, ist doch nicht im "Allgemeininteresse". Sondern im Interesse der Mehrheit - der Have-Nothings und Have-Littles, die sich jetzt noch im Auftrag des Finanz- und Großkapitals willig selbst ausbeuten, oder?

Im Spiegel stand letztens ein bemerkenswerter Text:

"Demokratie bedeutet eigentlich: sich Zeit zu nehmen für das Abwägen von Argumenten. Es ist ein mühsamer, aufwendiger und langwieriger Prozess, Wahlen abzuhalten, Menschen zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und zu erklären."

In der heutigen gehetzten Zeit, ist für einen solchen gesellschaftlichen Erkenntnisprozess einfach kein Raum mehr, und so wie Rockefeller einst sagte: "Wer den ganzen Tag arbeiten muss, hat keine Zeit Geld zu verdienen." kann man frei übersetzen: "Wer den ganzen Tag hetzen muss, hat keine Zeit nachzudenken.", und damit bringt man die Demokratie bereits an der Basis aus dem Tritt.

Ein weiterer Mosaikstein, der "zufällig" mal wieder hervorragend ins Bild passt.

Und der herrschende Stand wird sich wahrscheinlich nicht entblöden zu fordern, dass auf Grundlage dieser Erkenntnis sich nur noch diejenigen am Entscheidungsprozess beteiligen dürfen, die eben die Zeit mitbringen, sich um die komplexen Angelegenheiten kümmern zu können.

Natürlich, kannste bei Hayek, dem liberalen Oberideologen Nr.2, direkt nachlesen: die neoliberale Diktatur im Interesse der Plutokratie und gegen den "doofen Pöbel" ist Programm, kommt, sobald der Pöbel sich nicht mehr medial zur systematischen Selbstverscheisserung erziehen läßt und die "Alternativlosigkeit" nicht mehr aktiv mitträgt (und "freiwillig" wählt).

Die Finanzschmelze und der schlaue August http://derstandard.at/1379292027264/Die-Finanzschmelze-und-der-schlaue-August

Und wer wird das dann sein? Natürlich "zufällig" mal wieder immer die selben...

Aber klar doch, wer sonst?

Es ist also ein weiter Weg, der über den reinen Erkenntnisgewinn hinausgeht, es müssen auch Bedingungen geschaffen werden, die wirkliche demokratische Willensbildung überhaupt erst ermöglichen - sprich: das Innehalten im Hamsterrad, um mal einen klaren Gedanken zu fassen.


Die deflationäre Depression wird das Hamsterrad für immer mehr Menschen ganz einfach stoppen. Und dann wird es Propagandaschlachten um die Köpfe der "Überzähligen" geben. Momentan gewinnen die Rechten diese Schlachten, die 30er Jahre lassen grüßen. Wo liegt die heimliche Kompatibilität der rechten Ideologien mit dem neoliberalen Diskurs? Im alternativlosen Individualismus - nur eben auf der illusionären nationalen Ebene (Wettkampf der Nationen), und in der Ablehnung internationaler Kooperation.

Genau die aber würde gebraucht.

Sollte es vielleicht einen (absichtsvollen) Grund geben, warum uns das immer weniger vergönnt ist? ;-)
Na aber klar doch. Nur wird auch das nach hinten losgehen.




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