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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik
- Date: Sat, 05 Jul 2014 10:05:29 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hi Marco,
Naja, "ohne Moos nix los", sozusagen. Ohne Bezahlung macht niemand denGeld ist ein abstrakter Überbau,
Ja - der primäre "abstrakte Überbau" ist dabei das Recht, das dann Nominalforderungen und Geld nach sich zieht.
Recht und Geld - soll heißen, "Wirtschaft" (also Politik, BWL, VWL) sind
die (abstrakt-inhaltsleeren) Formen, in der wir (in der abendländischen
bürgerlichen Gesellschaft) die stofflichen Inhalte der Produktion und unsere darauf bezogenen Handlungen organisieren.in der Welt reale Dinge tun zu?
können.
Rücken krumm. Und mit reale Dinge meine ich unter Aufwendung von
Rohstoffen und Energie "höherwertige" Dinge zu schaffen. Zum Thema
Dienstleistungen siehe weiter unten.
Arbeitsteilige Produktion läßt sich auch organisieren, ohne daß der Austausch der Produkte über Vertrag und Geld geregelt ist, wie jede Planwirtschaft oder jede betriebsinterne Organisation von Arbeitsteilung zeigt.
"Höherwertig" - was genau meinst Du damit? Vermögenswert (Zahl)? Gebrauchswert? Was soll ein "höherer" Gebrauchswert sein??!?
Worauf ich hinauswollte: die rechtliche und stoffliche Form ist gegenüberDas wäre schön, wenn es so wäre. Aber so lange Du Dienstleistungen
dem stofflichen Inhalt der Produktion/Reproduktion (dem "gesellschaftlichen Stoffwechsel mit der Natur", um einen schönen Begriff
von Karl Marx zu verwenden) völlig gleichgültig, d.h. jeglicher beliebiger Inhalt kann sich in ihr abspielen.
BIP-Wachstum kann es prinzipiell mit ressourcenintensiven, ressourcenschonenden und ressourcenfreien Tätigkeiten (letzteres z.B. Dienstleistungen) geben.
Klar sind beide Ebenen verzahnt, aber in diesem Sinne eben unabhängig voneinander. Recht / Wirtschaft = inhaltsleere, nichtphysische Form, physische Ressourcenumsätze = stofflicher Inhalt.
nicht als irgendeine Hilfstätigkeit unter freiem Himmel oder als
virtuelle Vorgänge definierst, werden in der Regel auch (stoffliche)
Hilfsmittel und Infrastruktur benötigt, z.B. bei modernen PC-Arbeitsplätzen.
Und die wollen erhalten werden...
Das "ist" so. Und der Begriff "Wirtschaftswachstum" bezieht sich zunächst mal rein auf die abstrakte Form, nämlich auf Vermögenswerte. Die darf man nicht durcheinanderwerfen mit Gütermengen (aber das ist ja auch in der Ökonomie das übliche Mißverständnis, das z.B. der Quantitätstheorie zugrundeliegt - was es aber nicht richtiger macht). Will sagen: nicht nur der Mainstream der Ökonomen hat den Kern der Geldwirtschaft und v.a. das Phänomen des "Vermögens-Werts" (der als abstrakte Zahl in der Bilanz steht, im Gegensatz zum stofflichen "Gebrauchs-Wert" = konkreten NUTZEN) nicht kapiert. Sondern die Ökos übernehmen einfach diese Mißverständnisse (statt sich um Klärung zu bemühen). Gemeinsam haben beide Gruppen die "bad economics", ein realitätsfremdes Bild dessen, was auf Eigentum, Freiheit, Gleichheit und Vertrag beruhenden Geldwirtschafts-Gesellschaften machen (und wieso sie das machen).
Aber so lange Du Dienstleistungen
nicht als irgendeine Hilfstätigkeit unter freiem Himmel oder als
virtuelle Vorgänge definierst, werden in der Regel auch (stoffliche)
Hilfsmittel und Infrastruktur benötigt, z.B. bei modernen PC-Arbeitsplätzen.
Und die wollen erhalten werden...
Natürlich, ist doch klar. Verstehe nicht recht, worauf Du damit hinauswillst bzw. wie sich das auf mein Argument bezieht. Vielleicht kannst Du präzisieren.
Bei Straßen weiß jeder, dass die von Zeit zu Zeit erneuert werden
müssen, um den gewünschten Zustand zu erhalten. Das trifft prinzipiell
auf jegliche Infrastruktur zu, wird aber konsequent ausgeblendet.
WER blendet das aus?!? Daß das so ist, ist doch klar. Gerade das aber eröffnet doch die Chance, bei der Erneuerung dann andere Technologien einzusetzen.
Die Römer bauten Straßen mit Kopfsteinpflaster, dann wurden Betonplatten verwendet, dann Asphalt und Teer. Ist "Umweltfreundlichkeit" ein generelles Ziel, kann das in die Entwicklung neuer "Produkte" (wie Straßenbeläge) einfließen.
Was man für "umweltfreundlich" hält und was nicht, hängt dabei aber natürlich auch von unserem Modell der "Umwelt" ab, also was wir uns darunter vorstellen und in Bezug wir daher erwarten, daß es "gut" oder "schlecht" für die "Umwelt" ist (und beim Verständnis von komplexen Ökosystemen hapert es oft derart gewaltig, daß die Ökos ihre Unkenntnis der komplexen Zusammenhänge derart zukleistern, daß sie ihre apokalyptischen Ideen in die Naturzusammenhänge hineinprojizieren - generell sollte man deren Naturbild von einem angeblichen "permanenten ökologischen Gleichgewicht", das angeblich nur "vom Menschen" gestört wird, mal genau analysieren und hinterfragen. Die "liebe Natur" erfüllt da m.E. oft eine Ersatzfunktion für den "gerechten Gott" in den üblichen eschatologischen Denkmodellen).
Erst kürzlich lief doch jemand hausieren, die Autofahrer sollten mal jeder 100€ Pauschale abdrücken, damit wieder Geld für Sanierungszwecke
vorhanden sei.
Jetzt sind wir wieder bei ökonomischen Fragen. Ich schlag vor, bleiben wir beim ursprünglichen Thema. Let's stick with "Wachstum".
Mag alles sein. Ich will einfach nur trennen zwischen der stofflichen Ebene (Gebrauchswertebene bei Marx) und der Vermögensebene (Wert-Ebene bei Marx).
Vom Prinzip her stimme ich dir zu. Alles in einen Topf zu werfen,
umzurühren und sich dann über den komischen Brei zu wundern, der dabei
rauskommt, ist nicht zielführend.
Da wo es Sinn macht, sollte man trennen, aber gleichzeitig die
Abhängigkeiten auf dem Schirm haben.
Natürlich, aber diese Abhängigkeiten müssen eben korrekt beschrieben / modelliert werden. Es gibt keinen kurzschlüssigen direkten "Kausalzusammenhang" von vermögensmäßigem Wachstum zu "unökologischem stofflichem Wachstum".
Als Beispiel können wir nur das Bevölkerungswachstum nehmen, seit Malthus DER Schlager zivilisationspessimistischer Untergangsprophetik. In allen heutigen westlichen Gesellschaften, in denen die Geldwirtschaft am konsequentesten durchgesetzt ist, SCHRUMPFT die Bevölkerung, weil die Geburtenraten längst unter 2 Kindern pro Frauenleben liegen (noch Ausnahmen: USA, Israel). Schon deshalb kann Bevölkerungswachstum nicht "durch Kapitalismus" erklärt werden, wenn es auch historisch zeitgleich mit diesem in Europa einsetzte (19. Jhdt).
Die historische Entwicklung läßt sich mithilfe von gapminder sehr gut visualisieren:
http://www.gapminder.org/world/#$majorMode=chart$is;shi=t;ly=2003;lb=f;il=t;fs=11;al=30;stl=t;st=t;nsl=t;se=t$wst;tts=C$ts;sp=5.59290322580644;ti=1869$zpv;v=0$inc_x;mmid=XCOORDS;iid=phAwcNAVuyj1jiMAkmq1iMg;by=ind$inc_y;mmid=YCOORDS;iid=phAwcNAVuyj0TAlJeCEzcGQ;by=ind$inc_s;uniValue=8.21;iid=phAwcNAVuyj0XOoBL_n5tAQ;by=ind$inc_c;uniValue=255;gid=CATID0;by=grp$map_x;scale=log;dataMin=283;dataMax=110808$map_y;scale=lin;dataMin=0.836;dataMax=9.2$map_s;sma=49;smi=2.65$cd;bd=0$inds= http://www.gapminder.org/world/#%24majorMode=chart%24is;shi=t;ly=2003;lb=f;il=t;fs=11;al=30;stl=t;st=t;nsl=t;se%E2%80%8B=t%24wst;tts=C%24ts;sp=5.59290322580644;ti=1869%24zpv;v=0%24inc_x;mmid=XCOORDS;i%E2%80%8Bid=phAwcNAVuyj1jiMAkmq1iMg;by=ind%24inc_y;mmid=YCOORDS;iid=phAwcNAVuyj0TAlJeCEzc%E2%80%8BGQ;by=ind%24inc_s;uniValue=8.21;iid=phAwcNAVuyj0XOoBL_n5tAQ;by=ind%24inc_c;uniVa%E2%80%8Blue=255;gid=CATID0;by=grp%24map_x;scale=log;dataMin=283;dataMax=110808%24map_y;s%E2%80%8Bcale=lin;dataMin=0.836;dataMax=9.2%24map_s;sma=49;smi=2.65%24cd;bd=0%24inds=
Erklärung:
Jede "Blase" ist ein Land, die Größe repräsentiert die relative Bevölkerungszahl. Auf der vertikalen Achse sind die Kinder pro Frauenleben, auf der horizontalen die Lebenserwartung (in Jahren) angegeben. Ein Klick auf "Play" zeigt die Entwicklung von 1870 bis heute. Es wird eindeutig sichtbar, daß keineswegs der Kapitalismus das Bevölkerungswachstum beschleunigt hat, sondern genau umgekehrt: in den Ländern, die Kapitalismus eingeführt haben, gehen die Geburtenraten und damit das Bevölkerungswachstum zurück und münden in SCHRUMPFUNG (Bubble-Mittelpunkte unter der horizontalen Linie, die 2 Kinder pro Frauenleben markiert: dort finden sich fast SÄMTLICHE europäischen Länder - die orangenen Bubbles - und fast alle asiatischen - die roten Bubbles. Sogar die USA (gelb) liegt jetzt bei 1,9, etc.)
Nähere Erklärungen gibt Hans Rosling z.B. in diesem kurzen Vortrag:
http://www.gapminder.org/videos/hans-rosling-ted-2006-debunking-myths-about-the-third-world/#.U7fNjErlaSo
So gesehen könnte umgekehrt kurzschlüssig argumentieren: wer das "globale Ökosystem" vor "zuvielen Menschen" ("Krebsgeschwür" - eine übliche suggestive Schwachsinns-Metapher der Ökos, eine rhetorische Keule für Doofies) schützen will, muß Kapitalismus einführen.
Denn weniger Menschen brauchen weniger Luft zum atmen ("toll, weniger CO2-Ausstoß, das ist gut für das Klima!") und natürlich auch weniger Energie, usw. usf.
Anbei noch zwei Links, ein aktueller Blogeintrag: http://deedls.blog.de/2014/07/03/wachstumswahn-spurensuche-18778662/
Sorry ... mein (subjektiver) Eindruck (Vor-Urteil) ist: das übliche konfuse Gefasel.
Die Aufgabe ist für mich erst mal, "Wachstum" makroökonomisch schlüssig zu definieren und begründen. Im Text wird gejammert, selbst die Ökonomen könnten es nicht erklären, und dann wird vage herumgefaselt und kreuz und quer herumtheoretisiert. Reine Stocherei im Nebel, gewürzt mit der üblichen Untergangsangst, für die solch beliebiges Herumtheoretisieren dann natürlich viele Einfallstore offenläßt.
So kann man das m.E. nicht machen, und ich versuche lieber, mich auf sinnvolle Klärung zu konzentrieren und meine Zeit nicht damit zu verschwenden, mit solch konfusen Leuten zu diskutieren (sorry, klingt hart, aber ich hab die Erfahrung gemacht, daß man mit Gläubigen eh nicht über ihre Glaubenssätze diskutieren kann - ist müßig).
und eine darin zitierte Studie: http://www.fraw.org.uk/files/economics/ayres_2005.pdf
Sie heißt Accounting for growth: the role of physical work. Sollte
nicht als "physische" Arbeit missverstanden werden, es ist physikalische
Arbeit gemeint.
"the major result of the paper is that it is not `raw’ energy (exergy) as
an input, but exergy converted to useful (physical) work that – along with capital and (human)
labor – really explains output and drives long-term economic growth"
Wenn Du mir erst mal erklärst, was "exergy" sein soll, schau ich vielleicht sogar mal rein. Ansonsten: vage und mehrdeutige Begriffe, die mir nicht Lust machen, dort näher reinzuschauen ("input"/"output" - wovon genau? Stofflichem Material? Energie? "Arbeit"? Vermögenswerten?).
Sorry ...
Gruß
W.
- [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Thomas Weiß, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Marco Schmidt, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Marco Schmidt, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Marco Schmidt, 03.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 05.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Marco Schmidt, 07.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 05.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Marco Schmidt, 03.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Marco Schmidt, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, Axel Grimm, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kritik an der Postwachstumsökonomik, moneymind, 02.07.2014
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