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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flassbecks Sicht)

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flassbecks Sicht)


Chronologisch Thread 
  • From: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
  • To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flassbecks Sicht)
  • Date: Thu, 15 May 2014 15:17:16 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo moneymind,

die Quantitätstheorie mit der verbundenen
Inflations-/Deflationsbegründung lässt sich eigentlich relativ simpel
als untauglich herausarbeiten.

Was man mit der Identitätsgleichung M*V = P*Y alles anstellen kann,
sieht man hier: http://www.youtube.com/watch?v=vwPioGj4tbU
Je nach Ausrichtung lässt sich da alles und auch wieder nichts
reininterpretieren. Relativ sinnentleert, wenn man mich fragt.

Einfach mal mit gesundem Menschenverstand die aufgezeigten Änderungen
hinterfragen.
Wann ist Geld wirksam in der Wirtschaft?

Spielt es eine Rolle bzgl. Preisniveau oder Wirtschaftsleistung,
ob ich 100 oder 100.000€ auf der hohen Kante oder unter dem Bett
in der Schatzkiste gebunkert habe?
Nein, erst wenn ich es *verwende*, wird es aktiv.
Merke: kein direkter Zusammenhang zwischen Geldmenge und
Preisen/Wirtschaftsleistung. Die "Lösung" der Formel ist nun die
Annahme!, dass sich die Umlaufgeschwindigkeit reduziert. Muss ja so
sein, steht doch da in der Formel ;-)

Man sieht da recht schön, wie die Quantitästheoretiker ihre Theorie
angepasst und die Umlaufgeschwindigkeit eingeführt haben.
Alles, damit die sagenumwobene Gleichgewichtstheorie weiter aufrecht
erhalten werden kann.
Das wirkt dann teilweise recht skurril, wenn dann von soundsoviel
Umläufen gesprochen wird, um eine simple Tatsache zu umschreiben:
Entweder ist Geld da und kann ausgegeben werden, oder eben nicht.

Die Quantitätstheorie ist zudem eine Rechtfertigung für den
stofflichen/dinglichen Charakter des Geldes und unterstreicht den
Kreislaufcharakter dieses "Dings".
Mit werden und vergehen von Geld bei der Kreditvergabe/-tilgung will
man sich ja deutlich abgrenzen. Das passt nicht ins eigene Weltbild.
---
---
Hier noch Flassbecks Ansicht aus dem letzten Artikel:
"Geld ist Vertrauen. Und es ist vor allem Vertrauen in die Zukunft.
In dem Augenblick, wo ich Geld als Bezahlung gegen meine Arbeit oder
gegen von mir erzeugte Güter akzeptiere, drücke ich mein Vertrauen in
die Stabilität des (politischen und/oder gesellschaftlichen) Systems
aus, welches genau dieses Geld emittiert hat. Denn ich akzeptiere bunt
bedrucktes Papier als Bezahlung für harte, in der Vergangenheit geleistete
Arbeit. Das tue ich nur, wenn ich aufgrund vielfältiger Erfahrungen weiß
oder glaube, dass dieses System über genügend checks and balances verfügt,
um mir ein Mindestmaß an Sicherheit für den Wert, den ich hergegeben habe,
zu garantieren.

In modernen Papiergeldsystemen hatte sich durchgesetzt, dass
staatliche Institutionen und gesetzliche Vorkehrungen dafür sorgen, dass das
Monopol der Schaffung von Geld aus dem Nichts, das ja unerhörtes Vertrauen
voraussetzt, nicht so leicht missbraucht werden kann. (Mit der Deregulierung
unseres Finanzsystems hat sich das leider relativiert, worauf wir am Ende des
Beitrags noch einmal zu sprechen kommen.) Solche Institutionen kann man
theoretisch auch für private Emittenten von Geld schaffen. Nur, wer garantiert
dann, dass die Rechte wirklich greifen, die der einzelne gegenüber dem
privaten
Emittenten hat? Das kann wiederum nur der Staat sein. Wenn aber der Staat
ohnehin
in letzter Konsequenz für das System geradesteht, dann kann er das unerhörte
Monopol auch gleich selbst ausüben."

VG
Marco

am Donnerstag, 15. Mai 2014 um 13:10 schrieben Sie:

> Hallo Arne,

>> ich bin selbst ein Befürworter des Vollgeldes und als solcher möchte
>> ich betonen, dass Vollgeld weder was mit dem Monetarismus noch mit dem
>> Keynesjanismus noch mit irgendeinem -ismus zu tun hat.
>>
>> Vollgeld besagt lediglich, dass das Giralgeld in einem Währungssystem
>> genauso wie Bargeld von der Zentralbank in Umlauf gebracht wird. Im
>> Klartext heißt das, Girokonten gibt es für Alle genauso wie Bargeld nur
>> von und bei der Zentralbank.
>>
>> Nebenbei bemerkt halte ich sowohl den Monetarismus als auch den
>> Keynesianism für schlicht und einfach falsch. Dazu muss man nur in die
>> Statistiken sehen und kann z.B. feststellen, dass es Phasen gibt, in
>> denen die Geldmenge steigt und die Inflation sinkt. - Was im Widerspruch
>> zum Monetarismus steht.

> Die Quantitätstheorie (die hinter dieser Vorstellung steckt) ist eine
> irreführende Oberflächenvorstellung, die die für Infla/Defla
> entscheidenden Prozesse gerade ausblendet. Da Du ja Analogien magst: die
> Quantitätstheoretiker schauen sich die Motorhaube von außen an und
> meinen, aus der Farbe der Lackierung auf den Zustand des Motors schließen
> zu können - und durch Umlackierung den Motor wieder instandsetzen zu
> können. Klar, daß das bei einem Kolbenfresser nicht hilft.

>> Und aus der Sicht der Logik genügt eine einziges Gegenbeispiel, um eine
>> Theorie zu widerlegen.

> Ja.

>> Das heißt aber nicht, dass eine wesentliche Idee des Monetarismus nicht
>> doch theoriebildendes Potential hat. Der behauptete Zusammenhang zwischen
>> Geldmenge und Inflation ist lediglich zu deterministisch formuliert.
>>
>> Dass die Geldmenge einen Einfluss auf das Preisniveau haben muss, ist
>> m.E. intuitiv naheliegend und logisch zwingend.
>>
>> Intuitiv naheliegend deshalb, weil man für alle Güter und
>> Dienstleistungen die Erfahrung macht, dass sie nur dann einen Wert haben,
>> wenn sie relativ zur Nachfrage knapp sind.
>> Logisch zwingend, weil angenommen, die Geldmenge hat keinen Einfluss auf
>> das Preisniveau, dann gäbe es keinen Grund, warum nicht jeder seine
>> eigene Gelddruckmaschine haben sollte und der Staat seine Ausgaben über
>> seine Gelddruckmaschine finanzieren sollte.
>> Man müsste sogar nicht einmal Geld haben, um eine Gelddruckmaschine
>> kaufen zu können, sondern lediglich um ein Zahlungsziel bis nach
>> Inbetriebnahme der Gelddruckmaschine bitten, um danach mit
>> selbstgedrucktem Geld die Gelddruckmaschine zu bezahlen. Und danach
>> könnte man daran gehen, den Rest der Welt zu kaufen.
>>
>> Wenn sich jedoch das Gesetz zur Freigabe des Gelddruckens herumsprechen
>> sollte, dann würde die "Lösung aller finanzieller Probleme" sehr
>> schnell ein Ende finden.
>>
>> Wenn dann jeder soviel Geld hätte, wie er möchte, dann wäre der Wert
>> des Geldes gleich Null. Man könnte mit diesem Geld nichts mehr kaufen (=
>> der Preis ist unendlich), weil ja auch alle potentiellen Verkäufer Geld
>> im Überfluss haben.
>> Die Inflationsrate wird aus den Preisen und der Preisentwicklung der dem
>> Preisindex zugrunde liegenden Waren und Dienstleistungen berechnet.
>> Deshalb müssen auch die Faktoren der Preisbildung, wie z.B. Kosten,
>> Wettbewerbssituation bis hin zum Wetter, bei der Preisentwicklung und
>> damit Inflation berücksichtigt werden.
>> Aus meiner Sicht ist die Geldmenge einer unter mehreren Faktoren, die die
>> Inflation bestimmen. Dazu kommt noch, dass diese Faktoren z.T.
>> gegenläufige und/oder verstärkende Wirkung haben.

> Auch diese modifizierte Quantitätstheorie blendet alle entscheidenden
> Prozesse, die zu Infla/Defla führen aus.

>> Langer Rede kurzer Sinn: Lasst uns nicht die Zeit mit Diskussionen
>> verschwenden über Theorien die nicht für diese Welt gemacht sind.

> Genau (da schließe ich Deine modifizierte Quantitätstheorie ein).

>> Wenn wir die Dinge verstehen wollen, dann müssen wir in die Bits und
>> Bytes gehen.

> Ich werde dir bei Gelegenheit mal im Zusammenhang darstellen, wie ich mir
> Infla/Defla erkläre - am besten anhand der Defla, denn die haben wir ja.
> Dann wird auch klar, wie ich die Rolle der Zentralbank (und der Regierung)
> sehe - und daß ich die Möglichkeit des "Vollgeldes" als EIN verfügbares
> geldpolitisches Instrument sehe (nicht als das zentrale). Und es für
> verkürzt halte, sämtliche anderen verfügbaren Instrumente zugunsten der
> Radikalisierung der Mindestreservepolitik ("100% money") zu ignorieren.
> Vielmehr brauchen wir eine wirtschaftspolitische Gesamtstrategie, in der
> Regierung und Zentralbank ihr Handeln gemeinsam auf makroökonomische
> Ziele ausrichten und nicht, wie jetzt, der Staat gegen die Zentralbank
> handelt (die jetzt irrerweise Negativzinsen erwägt).

> Kann aber dauern, da ich momentan und wohl auch auf längere Zeit kaum
> mehr Zeit haben werde, hier allzuviel Zeit zu verbringen, da sich leider
> der Gesundheitszustand meiner Angehörigen verschlechtert und ich da immer
> mehr eingebunden bin (und das geht für mich auch vor). Sorry.

> Gruß
> Wolfgang




--
Mit freundlichen Grüßen
Marco Schmidt
mailto:mschmidt.mailbox AT web.de





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