Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht)

[Ex-SystemPirat <systempirat AT live.de>]

Am 11.05.2014 01:09, schrieb moneymind:
> > Ich weiß nicht, ob ich das verstehe. Was ich persönlich nachvollziehen
> > kann ist, dass man sich der Systemtheorie Luhmanns sicher nicht nähern
> > kann, wenn einem beim Lesen unwohl wird. Und mit dem Lesen allein ist
> > es ja auch noch lange nicht getan.
>
> Geschmackssache halt.
>
> > Was ich nach all dem, was du geschrieben hast, glaube sagen zu können
> > ist, dass du mit der Perspektive Luhmanns wahrscheinlich nicht warm
> > werden wirst.
>
> Ja, vorerst wahrscheinlich nicht, zumal ich meine Fragen bezüglich
> sozialer Epistemologie, "Bedeutung", "Geist", Kultur usw. für mich
> jedenfalls vorerst, soweit ich sehe, mit Holzkamp, Bateson,
> Bandler/Grinder, Koestler und Fauconnier/Turner eigentlich erstmal
> befriedigend geklärt habe und mich lieber mit konkreten historischen
> Themen und Menschen beschäftige. Mit Makroökonomie auch, aber nur, weil
> das halt fürs Verständnis unserer modernen "Kultur" und ihrer
> Widersprüche halt so wichtig ist.
>
> > Für dich scheint es offensichtlich Alternativen zu geben die dir
> > besser liegen. Unter diesen Umständen ist es bestimmt nicht verkehrt,
> > zuerst einmal das weiter zu verfolgen, womit du schon bessere
> > Erfahrungen gemacht hast.
>
> Ja, und wenn Du eben bei Luhmann Antworten auf die Fragen findest, die
> Dich bewegen, oder was auch immer Dich interessiert, dann beschäftigst
> Du Dich eben DAMIT.

Damit ich hier nicht falsch verstanden werde. Ich beschäftige mich mit
sehr viel anderem als nur mit Luhmann. Ich vermeide es sogar explizit
aufgrund der beinahe allergischen Reaktionen derer, die nur
oberflächlich mit Luhmann in Berührung gekommen sind, den Namen auch nur
zu erwähnen. Auch hier habe ich erst reagiert, nachdem er von jemand
anderen ins Spiel gebracht wurde.

Für die praktische Arbeit scheint es tatsächlich sehr viel ergiebiger,
mit "humaneren" systemischen Konzepten zu arbeiten, wie die Reaktionen
hier ja wieder eindrucksvoll bestätigen.

Wo ich jedoch beinahe immer auf Luhmann zurückgreife ist, wenn ich
persönlich mit einer Sackgasse konfrontiert bin oder andere in einer
solchen vermute. Ich ermögliche es mir damit mich in die Situation
einzutakten und aufgrund des abstrakten Niveaus der Analyse neuen Sinn,
dass heißt weitere Verweisungen und neue Möglichkeiten der
Aufmerksamkeitsfokussierung und Thematisierung zu gewinnen.

Auch erleichtert mir persönlich die Systemtheorie Luhmanns, um
vielleicht so noch indirekt auf eine Frage von Monika einzugehen,
Mitgefühl für Menschen empfinden zu können, die andere nur noch
abschätzig als Asoziale, "Prolls" oder "Nichtsnutze" bezeichnen können.

Es geht nicht darum, Luhmann zu lesen, sondern darum, das Beschriebene
in der Realität zu entdecken und zu merken, wie man selbst und andere an
dem Vollzug in der beschriebenen Art und Weise beteiligt sind. Das
Gefühl stellt sich dann, bei mir jedenfalls, von selbst ein.

Und gerade wenn ich hier von scheinbar ausweglosen Situationen im
Bereich "(Voll)Geld", "Zins", Markt(wirtschaft) höre, spüre ich bei mir
den "Luhmann-Impuls". Das bedeutet nicht, dass ich dann sofort eine
Lösung parat hätte oder die Gelegenheit nutzen würde, heiße Luft zu
reden (auch wenn das andere vielleicht so empfinden mögen). Meine (ich
denke spärlichen) diesbezüglichen Anregungen. die ich auf bestimmte
Beiträge von mir gegeben habe, waren immer von einem theoretischen
Grundgedanken geleitet, den ich bei entsprechender Resonanz
wahrscheinlich weiter ausbreiten hätte können. Gegen so offenen
Widerstand, wie ich ihn hier empfinde, ist das jedenfalls für mich nicht
möglich.

> > Und es gibt sicher "schlechtere" Vorbilder als Gregory Bateson. Ich
> > selbst habe von ihm auch wertvolle Inspirationen bekommen (Auch wenn
> > mir seine Bücher als noch dicker in Erinnerung sind, als die Luhmanns
> > (ich mag eigentlich keine dicken Bücher), da kann ich mich aber auch
> > täuschen).
>
>
> "Geist und Natur" + "Angels Fear" sind aufeinandergelegt dünner als
> Luhmanns "Soziale Systeme" ...

Nachdem ich jetzt in meinem Bücherregal nachgesehen habe, stehen dort
"Ökologie des Geistes" und "Geist und Natur". Ersteres ist mir dabei
wohl haptisch in Erinnerung geblieben, weil es für ein Taschenbuch mit
seinen 675 Seiten (+ Werbung) wirklich sehr unhandlich ist.

> Beste Grüße!