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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld
- Date: Tue, 11 Mar 2014 15:04:19 +0100
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Wenn ich mich mit Geld auf sehr abstrakter Ebene mit der möglichen Absicht einer Definition befassen würde, wären für mich die "Theorien" am einleuchtendsten, die Geld als Kommunikationsmedium auffassen. Ich würde eine Geldtheorie als im Kontext der soziologischen Kommunikationstheorie verorten.
Mit der Hilfe von dem, was mit dem Begriff Geld bezeichnet wird, können soziale Gemeinschaften in der Form von Zahlungen kommunizieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Geld als Medium ist nicht physisch materiell und kann selbst nur in der Form von Zahlungen beobachtet werden. Das bedeutet konkret, dass man solange davon ausgehen kann, dass es Geld gibt, solange gezahlt wird. Das bedeutet andersherum, dass in dem Moment, in dem keine Zahlungen mehr getätigt würden, die Existenz von Geld reine Spekulation wäre - solange, bis wieder gezahlt wird.
Gold, Geldscheine, Zahlen auf Konten (oder Muscheln!) sind dabei Hilfsmittel, um Geld in der Form von Zahlungen beobachten zu können. Sie dienen zur Gestaltung eines Umfelds, in dem effizient gezahlt werden kann. Diese "Zahlungsmittel" sind ein wesentlicher Bestandteil eines Zahlungssystems und müssen durch ihre Ausgestaltung gewährleisten, dass immer weiter gezahlt wird, das heißt, dass die Motivation fortbesteht, über Zahlungen zu kommunizieren.
Nebenbei bekommt bei dieser Sichtweise auch Falschgeld "Sinn". Mit einer gefälschten Banknote kann man solange bezahlen, bis sie als gefälschte erkannt wird. Wenn die Fälschung unentdeckt bleibt, kann man prinzipiell ewig damit bezahlen. Bei der herkömmlichen Geldsichtweise bekommt man sofort "logische" Probleme, wenn man sich etwas genauer mit Falschgeld befasst. (Hier konkret vielleicht: Welchen Anspruch auf was erwirbt man mit Falschgeld? Wenn keinen, wieso kann man dann in bestimmten Fällen damit bezahlen?) Auf Kommunikation bezogen, hat man da kaum Probleme. Ähnlich, wie man mit Lügen die Kommunikation in Form von Sprache aufrecht erhalten kann, ist das auch mit Falschgeld bei Kommunikation in Form von Zahlungen möglich. Eine Bewertung der jeweiligen Folgen für die Zukunft hat an dieser Stelle jedoch erst einmal nichts zu suchen.
Das generelle Prinzip der Zahlung als Kommunikation ist das gleiche, wie bei jeder anderen Kommunikation auch, in der sich Beiträge auf vorangegangene Beiträge beziehen (sollten). Man bezieht sich in der laufenden Kommunikation durch Zahlungen mit Zahlungen auf vorangegangene Zahlungen. Wie man das anstellt, ist völlig egal. Entscheidend ist, dass sich alle darüber einig sind, dass gezahlt wurde und sich dementsprechend verhalten.
Der Vorgang der üblicherweise mit Geldschöpfung bezeichnet wird, muss dabei eine Sonderstellung bekommen, da diesem offensichtlich keine Zahlung vorausgeht. Insofern ist der oft gebrauchte Ausdruck "Geldschöpfung aus dem Nichts" perspektivisch durchaus brauchbar, wenn er eben darauf hinweist, dass einer Zahlung keine Zahlung vorausgegangen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass ihr "gar nichts" vorausgegangen ist, sondern nur eben keine Zahlung. Die einzige Bedingung ist, dass die neu entstehenden "Initialzahlungen" so in das System integriert werden können, dass weiter gezahlt wird.
Aus dieser (system)theoretischen Perspektive der Kommunikation, die hier natürlich nur sehr sehr kurz angerissen ist, lassen sich dann die üblichen Begriffe wie Preise, Markt, Zins usw. beleuchten. Das interessante und bestätigende dabei ist, dass man vielen Sachverhalten, die man mit der "herkömmlichen" Beobachtungsweise wissenschaftlich schwer bis gar nicht deuten kann und weshalb man dann gerne auf ideologisch angehauchte Bewertungen ausweicht, durchaus Sinn zuschreiben kann, auch wenn das aus der ideologischen Perspektive vielleicht nicht ganz angenehm ist.
Z.B. haben Lebewesen bekanntlich im Laufe der Evolution ein Nervensystem entwickelt um sinnliche Wahrnehmungen bezüglich der materiellen Umgebung intern verarbeiten zu können. Erst sehr spät ist dieses Nervensystem durch die Emergenz eines darauf aufbauenden psychischen Systems (selbst)bewusst und damit auf eine völlig neue Weise reflexiv geworden (Operationen des Nervensystems (z.B. in der Form von Gedanken) können sich auf Operationen des Nervensystems beziehen, ohne dass diesen sinnliche Wahrnehmung direkt vorangegangen sein muss). Parallel dazu entstanden (materielle und gesellschaftliche) "Errungenschaften" in den verschiedensten Bereichen, die sich in Koexistenz mit Milliarden von psychischen Systemen stabilisieren konnten.
Ohne jetzt näher auf den (system)theoretischen Hintergrund einzugehen, drängt sich anhand des vorigen Beispiels die Frage auf, ob Systeme, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, im Laufe ihrer Evolution zunehmende (Selbst)Reflexivität entwickeln (müssen). Wenn man dieser Hypothese folgend nun mit den entsprechenden theoretischen Vorgaben auf die Suche in der "realen Welt des Geldes" geht, so trifft man auf das, was oft Finanzwirtschaft im Kontrast zur Realwirtschaft genannt wird. Kennzeichen der Selbstreflexivität ist, dass sich eigene Operationen auf eigene Operationen beziehen und nicht mehr auf Umstände der Umgebung.
Mann könnte jetzt beobachten (wenn man will), dass sich Zahlungen auf dem Zahlungssystem externe Sachverhalte richten können (Realwirtschaft) oder eben auf schon in die "Sprache" des Zahlungssystems gebrachte Sachverhalte (Finanzwirtschaft). In der Folge könnte man dann die Finanzwirtschaft als unausweichliche Konsequenz eines entwickelten Geldsystems erkennen, die dessen Selbstreflexion darstellt. So könnte man z.B. die praktische Konsequenz in Erwägung ziehen, dass die ideologische Veränderung des Finanzmarktes sein Pendant in der "Gehirnwäsche" bezogen auf ein menschliches Wesen hätte.
Man könnte zudem im Rahmen einer (System)Theorie wissenschaftlich erforschen, was es für die Reflexion eines Systems bedeutet wenn es z.B. durch gegenwärtige Operationen (Zahlungen) über zukünftige Operationen (erwartete Zahlungen) kommuniziert und es dann unter Umständen auch Spekulation nennen.
Ich schreibe das alles nur aus einem Grund: Ich will damit aufzeigen, dass man auch auf einer "abgehobenen" Ebene wissenschaftlich argumentieren könnte, ohne den Bezug zur Realität mit einem banalen Einzeiler abreißen lassen zu müssen.
Das scheint mir bei "Geld ist ein Anspruch auf Geld" überhaupt nicht zu gelingen, wahrscheinlich ist es auch nicht beabsichtigt. Dieser "Satz" ist m.E. weder wissenschaftlich noch lebensweltlich anschlussfähig.
Am 11.03.2014 08:15, schrieb Rudolf Müller:
Geld ist ein Anspruch auf Geld
Nachdem ich mich vor etwa einem Jahr hier in der ML und AG eingetragen
habe, bin ich gleich am Anfang auf Arnes Theorie von „Geld ist ein
Anspruch auf Geld“ gestoßen.
Zu der Aussage "Geld ist ein Anspruch auf Geld" meine Meinung aus Sicht
eines Laien. Die Satz ruft bei mir zuerst Widerspruch auf. "Geld ist
Geld" wäre o.k. aber eine unsinnig erscheinende Aussage. "Geld ist ein
Anspruch auf Geld" suggeriert mir, hier will jemand Aufmerksamkeit mit
einem unsinnigen Ausspruch erreichen. Erster Gedanke: "Was soll der
Blödsinn". Der Inhalt dieser Aussage ist nur für den erkennbar, der um
die Abhängigkeit des Buchgeldes der Geschäftsbanken vom gesetzlichen
Zahlungsmittel und dem Zentralbank-Buchgeld weiß. Als Überschrift
deshalb m. E. nur bedingt geeignet.
An Arne stellte ich dann die Frage, an wen er sich denn mit dieser
Information wenden wolle und wie Interessierte auf das Projekt
aufmerksam gemacht werden sollen?
Arnes Antwort:
„Ich möchte all diejenigen erreichen, die tatsächlich wissen wollen was
Geld ist. Diese Aussage formuliert in erster Linie Erkenntnis. Bei der
Formulierung dieser Erkenntnis kam es mir auf absolute Präzision und
absolute Prägnanz an. Bei dieser Formulierung kann man kein Wort weg
lassen, ohne dass ein wesentlicher Aspekt fehlt und man kann kein Wort
hinzufügen, ohne dass etwas überflüssig ist. Die Formulierung trifft den
Punkt.“
erweitere Frage :
Sollen es ausgebildete Volkswirtschaftler sein oder interessierte Laien
an die Du Dich wendest?
Letzt endlich an alle, die sich für das Thema interessieren.
Frage:
„Beinhaltet Deine Darstellung eine ganz neue Geldtheorie, oder ist sie
eine Aufbereitung bereits vorhandener, in der Wissenschaft bekannter
Darstellungen?“
Antwort:
„Ich knüpfe an vorhandenes Wissen an, aber im Kern habe ich eine neue
Geldtheorie entwickelt. Die rekursive Definition stammt von mir.“
Es stellt sich die grundsätzliche Frage nach dem Sinn und Zweck dieser
„neuen Geldtheorie“. Was kann diese über das Wissen von bereits
bestehenden Theorien hinaus erklären? Was kann ich mit diesem
„Zusatzwissen“ anfangen? Muss ich, um unser Geldsystem in seinen
wesentlichen Funktionen zu begreifen erst Arnes abstraktes Modell mit
seinen Rekusionsankern verstehen und seinen komplizierten mathematischen
Ableitungen folgen können?
Ob die Bereicherung der Theorienvielfalt um Arnes „Geld ist ein Anspruch
auf Geld“ grundlegend neue Erkenntnisse erbringt, habe ich bisher nicht
erkennen können.
Beste Grüße
Rudi2
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Exile (O.Herzig), 12.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Axel Grimm, 13.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Nicolas Hofer, 13.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Arne Pfeilsticker, 13.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Axel Grimm, 13.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Axel Grimm, 13.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Exile (O.Herzig), 12.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Rudi, 11.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Nicolas Hofer, 11.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit, Thomas Weiß, 14.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld ist ein Anspruch auf Geld, Thomas Weiß, 14.03.2014
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