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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] ZBen abschaffen = fatal! Staat muß sie bei gesamtwirtsch. Zielen unterstützen!!!

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-GOuFP] ZBen abschaffen = fatal! Staat muß sie bei gesamtwirtsch. Zielen unterstützen!!!


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [AG-GOuFP] ZBen abschaffen = fatal! Staat muß sie bei gesamtwirtsch. Zielen unterstützen!!!
  • Date: Thu, 06 Mar 2014 17:23:48 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rudi,

Ich bin in der Zwischenzeit zu der Überzeugung gekommen, das eine
Zentralbank nicht notwendig ist.
Das "antizyklische Handeln" beschränkt sich doch in Wahrheit nur auf die
Boom-Phase durch die Möglichkeit vom Anheben des (Leit-)Zinssatzes.
In der Phase der wirtschaftlichen Schwäche (wie sie jetzt aktuell ist)
hilft auch das Senken des Satzes nicht mehr. Wir sind doch quasi schon
bei Null.
Hier muss der Staat einfach (richtig) handeln.

Ja, der Staat muß richtig handeln. Momentan handelt er wegen ideologischer Verblendung (neoklassische Ökonomie), falschem Verallgemeinern einzelwirtschaftlicher Ziele auf Staatshaushalt und Gesamtsystem und darauf basierender völliger makroökonomischer Inkompetenz direkt GEGEN die Zentralbank und zwingt diese damit, den Zins praktisch auf Null zu senken, daß sie ihr Inflationsziel (=Stabilitätsziel) überhaupt noch erreichen kann.

Aber aus völlig falschem Handeln der Politiker zu schließen, man müsse die Zentralbank abschaffen, kann ich nicht nur nicht nachvollziehen, ich halte es für einen absolut fatalen Fehlschluß. Das wäre eine absolute Katastrophe, denn die ZB kann über ihre geldpolitischen Maßnahmen zwar nicht so umfassend antizyklisch steuernd in die Wirtschaft eingreifen wie der Staat, aber ihre Maßnahmen sind um ein vielfaches schneller wirksam und deshalb absolut notwendig.

Mir ist es auch ein absolutes Rätsel, wie man die fast ungehinderte Geldschöpfung der Geschäftsbanken beklagen und gleichzeitig die Abschaffung der ZB fordern kann. Was soll das bringen?!? Ich verstehe es nicht! Wahrscheinlich haben wir unterschiedliche Vorstellungen über Funktion, Aufgaben und Strategien von Zentralbanken - ich verstehe einfach nicht, wie Du aus dem obigen folgern kannst, man müsse die ZB abschaffen.

Wäre schön, wenn Du Deine Gründe für diese Schlußfolgerung kurz erläutern könntest.

Ich meine:

ZB und Staat müssen beim Erreichen gesamtwirtschaftlicher Ziele eng koordiniert und auf der Basis makroökonomischer Kompetenz handeln, weil voneinander unabhängige Privatpersonen aus Eigeninteresse immer prozyklisch handeln müssen und damit extreme Instabilitäten hervorrufen. Am extremsten an den Finanzmärkten, auf denen die Entwicklungen so schnell gehen, daß selbst die ZB Mühe hat, dort sinnvoll einzugreifen.

Hier muß der Staat radikal regulieren wie nach der Weltwirtschaftskrise, und zwar international koordiniert.

Das wichtigste Problem, das wir momentan haben, ist massive neoklassisch-neoliberale Ideologisierung der Politik, und das treibt die Welt an den Rand einer Katastrophe. Das Konzept des "Wettbewerbs der Nationen" (mit der Vorstellung, alle Nationen müßten Überschüsse anstreben wie das auch alle kapitalistischen Einzelbetriebe tun) ist Teil dieser fatalen Ideologie, die Keile zwischen die Länder treibt.

Die gescheiterten nachholenden Entwicklungsversuche nach den Rezepten des neoliberal fundierten "Washington Consensus" haben wegen völlig falscher Theoriekonzepte verheerende Zustände nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in Rußland und Osteuropa angerichtet, weswegen sich da ein nur allzu verständlicher Haß auf den Westen ausbreitet, der nur noch nicht offen gezeigt wird.

Wie Rußland handelt und wie sich die Russen fühlen, ist nur ZU verständlich, nach dem, was dort nach 1990 passiert ist.

Die Versuche der Ukraine, Teil Europas zu werden, werden scheitern, wenn sie wiederum nach den Rezepten des Washington Consensus versucht werden! Und Westeuropa taumelt am Rand einer Deflation vor sich hin, mit Arbeitslosenzahlen in GR und Spanien wie in der Weltwirtschaftskrise, mit anwachsenden nationalistischen Bewegungen (Le Pen, Anti-Euro-Bewegungen etc.) und weiterem deutschen Exportterror. Extrem labil, und weiterhin extrem sozial polarisierend.

Putin sieht natürlich diese Schwäche und wird wissen, sie auszunutzen. Der Kapitalismus ist in seiner größten Krise seit den 30ern, vielleicht seiner größten Krise überhaupt.

Um Gottes Willen Leute, beschäftigt Euch damit und wirkt mit aller Kraft in Richtung auf eine Änderung dieser Politik hin! Wenn die Staaten erst anfangen, Kriegswirtschaft zu machen, ist alles zu spät.

Ich werde Schulmeisters New Deal-Konzept mit einer abgestuften Strategie von kurz-, mittel- und langfristig wirksamen Maßnahmen in den nächsten Tagen als Diskussionspapier hochladen.

Es ist unbedingt nötig, daß solche Konzepte jetzt diskutiert und an die Politik vermittelt werden!!! Den längerfristigen Maßnahmen müßte UNBEDINGT ein alternatives Konzept nachholender Entwicklung beigefügt werden, das die Einsichten über notwendigen staatlichen und rechtlichen Fundamente einer Geldwirtschaft und über sinnvolle Wirtschaftspolitik ergänzt. Sonst kann der Westen m.E. bald einpacken.

Und wir diskutieren hier über Dinge wie die Abschaffung von Zentralbanken!!

Es ist absolut irre ... oh Mann.

Man muß sich das mal klarmachen: es scheitert jetzt gerade die zweite große Ideologie der Moderne. Zuerst kollabierte 1989ff der Marxismus. Und jetzt folgt der marktfundamentalistische Liberalismus. Beide Ideologien beruhen auf denselben Denkfehlern - dem Nichtverstehen des Rechts-, Kredit- und Geldsystems.

Der Keynesianismus hat bessere Strategien, aber ihm fehlt ein schlüssiges Fundament, was ihm die Überzeugunskraft nimmt. Das muß man ihm geben!!

Sonst können wir wirklich einpacken und kriegen womöglich Feudalismus in Europa. Dann könnt Ihr Euch "Freiheit und Gleichheit" an den Hut stecken - damit ist es dann aus.




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