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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Gibt es eine Möglichkeit, dass Geldvermögen und Geldmenge wachsen, wenn es keine Giralgeldschöpfung gibt?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Gibt es eine Möglichkeit, dass Geldvermögen und Geldmenge wachsen, wenn es keine Giralgeldschöpfung gibt?


Chronologisch Thread 
  • From: alex AT twister11.de
  • To: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • Cc: AG-GOuFP <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Gibt es eine Möglichkeit, dass Geldvermögen und Geldmenge wachsen, wenn es keine Giralgeldschöpfung gibt?
  • Date: Fri, 5 Oct 2012 16:36:42 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

2012/10/5 Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>




Am 05.10.2012 um 02:43 schrieb alex AT twister11.de:


Beim letzten mal als dieser Vorgang auf der Mailingliste erwähnt wurde, hat irgendjemand gesagt, dass der Vorgang verboten wäre, bzw. kein unreserviertes EK erzeugt. Allerdings war dort nur der direkte Vorgang beschrieben und nicht der indirekte den du jetzt beschreibst und in dem eine Nichtbank zwischengeschaltet ist. Natürlich kann man beliebige Schachtelungen bzw. Verkettungen dazwischen schalten, bevor dann der Vorgang im Endeffekt trotzdem wieder so wirkt wie oben beschrieben.

So ist es, und wenn die überbezahlten Bankster eines können, dann Regeln brechen bzw. umgehen; man braucht sich also mit den Details der Gesetzgebung nicht zu befassen, sondern nur mit dem, was denkbar ist, denn genau das wird dann umgesetzt - auf die eine oder andere Weise.

Den würde ich gerne genauer unter die Lupe nehmen. In wiefern gibt es in der Praxis Regelungen zu dieser Art Vorgang? Weisst du das?
Welche Varianten sind vorstellbar?

Ich beginne mal mit der einfachsten: Aktientausch.

Bank A und Bank B emittieren beide neue Aktien und tauschen sie. Damit haben beide ihr Eigenkapital erhöht und das Leben geht weiter.

Banken schaffen sich also nach Belieben Eigenkapital "aus dem Nichts" ebenso einfach wie sie Geld "aus dem nichts" schaffen - und das ist nebenbei die nicht die einzige Eigenschaft, die Aktien und Geld gemeinsam haben. Unter anderem geben beide vor, Forderungen auf irgendetwas zu sein - probier mal mit deiner Daimleraktie in die nächste Filiale zu tapern und die Herausgabe deines Anteils am Firmeneigentum, und sei es nur in Form von Druckerpapier, zu fordern. Nicht enttäuscht sein...

<alex>
Was wäre, wenn man zwischen Bankaktien und Nichtbankaktien unterscheidet?
Bankaktien scheinen anders zu funktionieren.
Nichtbanken könnten natürlich auch eigene Aktien tauschen um ihr Eigenkapital zu erhöhen.
Die Frage ist, ob es in der Praxis einen Mechanismus gibt, der dieses "gegenseitige Besitzen" prinzipiell herausrechnet oder nicht.
Zumindest scheinen mir Nichtbanken keinen Vorteil aus dieser Art von "Geschäfts" ziehen zu können.
</alex>
 
Und das wichtigste: Wie sind diese zu interpretieren?

Also, wer ist im schlimmsten Fall hier GESCHÄDIGTER und wer ist SCHÄDIGER und aus welchen Gründen?

Mit Bezug auf das obige Beispiel erkennt man leicht, dass eine Forderung nach mehr Eigenkapital im Zweifelsfall einfach zu einer noch stärkeren Verflechtung des Finanzsektors führen wird - denn woher sollte denn plötzlich das neue "echte" Eigenkapital herkommen? Und an Reduzierung des Fremdkapitals (Balance sheet recession) hat keiner Interesse.


<alex>
Kannst du dich nicht etwas differenzierter ausdrücken? Kann schon wieder nicht folgen.
Eine Nichtbank, zb. ein privater Haushalt hat durchaus Interesse daran seine Schulden loszuwerden.
Also KEINER hat an der Senkung von Fremdkapital ein Interesse ist vielleicht etwas stark pauschalisiert.
Was genau meinst du?
</alex>


 
Man erreicht also das genaue Gegenteil dessen, was man eigentlich will. Eigentlich will man ja das systemische Risiko reduzieren, indem für einen höheren Anteil von "echtem" Kapital und damit mehr "Risikodeckung" (was auch immer das heissen soll) sorgt. Stattdessen sorgt man einfach dafür, dass noch mehr Schuldgeld(vermögen) geschöpft wird und die Verflechtung zunimmt; damit werden Banken, die bis dato TBTF sind einfach nur "even bigger too fail".


Finde ich jedenfalls echt interessant.
Schade das sich niemand in unsere Diskussion einklinkt und etwas über Daten aus der Praxis einwirft.
Die Verflechtungen innerhalb des Bankensektors sind umfangreich, aber so weit ich weiss via Fremdkapital bzw. auf dem Interbankenmarkt.
Ich glaube es gibt Regelungen die verhindern, dass Geschäftsbanken auf die von dir beschriebene Weise (Aktientausch), ihr EK erhöhen.
Die Frage ist nur wie genau sich die Regelung nennt oder wie sie konkret formuliert ist um abzuleiten ob man sie umgehen kann oder nicht.

Spontan fällt mir nur ein, dass es ein umfangreiches all Verkettungen auflösendes Verfahren geben müsste in der Praxis, das die Beteiligungsverhältnisse von Banken untereinander herausrechnet. Ist das in der Praxis implementiert oder nicht.
Alternativ: Ist die Beteiligung von Banken an anderen Unternehmen gestattet oder nicht?


 
Anders gefragt: Gibt es abgesehen von der Möglichkeit auf die Reservehaltung Einfluss zu nehmen, wenn es in der Praxis keine Regeln gibt die das verbieten, noch andere Schädigungspotential?
</alex>

Die Reservehaltung ist keine Möglichkeit Einfluss zu nehmen, da sie genau anders herum funktioniert als gedacht. Ursprünglich war mal gedacht, dass sich die Banken ERST Zentralbankgeld besorgen und dieses dann Schritt für Schritt weiterverliehen wird, tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.


Ja, ist mir bekannt.
Würdest du also sagen: BASEL II , genau wie BASEL III ist komplett wirkungslos?

 
ZUERST kauft eine Bank etwas gegen selbstgeschöpftes Giralgeld und hinterlegt DANN dieses Gut als Sicherheit bei der Zentralbank für neues Zentralbankgeld - und darf auf dieser Basis hundert Mal so viel neues Giralgeld schöpfen, das sie dann bspw. wieder zum Teil verwenden kann, um neue Aktiva zu kaufen, die als Sicherheit bei der Zentralbank für Zentralbankgeld hinterlegt werden, usw. usf.

Die einzigen, die heutzutage die Geldmenge kontrollieren, sind die Geschäftsbanken - alles andere sind romantische Vorstellungen aus der Goldmünzenzeit.


Ja, darüber haben wir Konsens.

 

Das Problem ist an einer anderen Stelle.
1. Die Aktien bzw. das Eigenkapital ist KEINE FORDERUNG. Die Gesamtheit der Aktien repräsentiert das Unternehmen im Sinne von Eigentum der Aktionäre.
Das bedeutet, dass Aktionäre darauf angewiesen sind, dass ihr Unternehmen wirtschaftlich arbeitet und zahlende Kunden hat.
Es bedeutet auch, dass die Aktionäre Käufer für ihre Aktien finden müssen, denn die Aktie ist keine Forderung gegen einen Schuldner.

2. Das Fremdkapital hingegen ist eine Forderung und diese hat Vorrang vor den Rechten des Eigenkapitals.
Das bedeutet, dass ein Unternehmen, mit einem Vermögen von sagen wir einmal real 1000 EUR, welches aber über Vorgänge wie die, die du oben beschrieben hast das Eigenkapital und das "Luftvermögen" auf 9000 EUR aufgepumpt hat, durch die Aufnahme von 1000 EUR Fremdkapital im Falle der Insolvenz die 1000 EUR Realkapital abziehen kann und die Eigentümer leer ausgehen.
</alex>

Beides sind Forderungen, nur die "Zahlungsbedingungen" sind andere.
 
Wie die schon sagst, hat Fremdkapital Vorrang, dafür sind die Forderungen i.A. beschränkt, also bspw. "Der Halter der Unternehmensanleihe kriegt 10 Jahre lang 5€ und am Ende der Laufzeit 100€", der Eigenkapitalgeber kriegt einen Zettel, auf dem steht "Der Halter der Aktie kriegt einen Anteil am Gewinn (was von Tage übrig blieb) und darf hinsichtlich seiner Verwendung mitbestimmen. Die Laufzeit ist unbeschränkt."

<alex>
Ja, aber eine Aktie ist kein Anspruch auf Gewinnbeteiligung. Die Höhe der Dividende ist "willkürlich".
Genausogut kann überhaupt keine Dividende ausgeschüttet werden, sondern statt dessen aller Gewinn für die Innenfinanzierung verwendet werden, usw...
Es ist auch EGAL, weil man ja Eigentümer am Unternehmen ist.
Was man als Eigentümer gemeinsam mit all seinen Miteigentümern tun kann, ist zb. die Auflösung des Unternehmens beschliessen und sich auszahlen lassen.
Es ist ja das Eigentum. Man kann von niemandem FORDERN Geld für das eigene Eigentum zu bekommen, denn es gehört einem ja bereits.
Man kann das Eigentum natürlich zum Verkauf anbieten, aber niemand MUSS kaufen. Niemand ist verschuldet.

Zwischen Eigentum und Fremdkapital besteht der fundamentale und wesentliche Unterschied, dass im einen Fall eine konkrete Laufzeit und konkrete Zahlungen des Schuldners verpflichtend sind und man diese notfalls einklagen kann.
Bei Eigentum ist Laufzeit und konkrete Zahlungen unbestimmt und es nicht absolut NICHTS einklagbar.
Im ersten Fall muss sich also die Zukunft nach dem Anspruch den der Halter hat richten.
Im zweiten Fall richtet sich der Anspruch nach der Zukunft die Eintritt.
Das sind zwei sich diametral gegenüberstehende Sachverhalte!
Du wischst das als Detail weg, aber unterschiedlicher kann es doch kaum sein.

Unabhängig davon, ob eine Bank durch von dir beschriebene Geschäfte die Reservehaltung abgesehen von der MINDESTRESERVE aushebeln kann, stellt sich die Frage nach weiteren Implikationen.
Also Implikationen die von der Reservehaltung unabhängig sind.
Mir scheint auf Anhieb schaden diese Geschäfte niemandem außerhalb der an den Geschäften beteiligten. Aber vielleicht irre ich mich da auch. Das ist erstmal nur ein Schuss ins blaue, meinem Bauchgefühl folgend :-)
</alex>
 
Der wesentliche Unterschied besteht also im Wesentlichen im Risikoprofil und dem (theoretischen) Mitbestimmungsrecht. Wenn man nun aber weiss, dass 1% der Menschen 80% des Geldvermögens (inklusive Aktien) kontrolliert, dann kann man sich wohl leicht ausmalen, wohin sich der Normalaktionär sein Mitbestimmungsrecht stecken kann....


<alex>
Gut, aber ich würde gerne von der aktuell verkorksten Situation ein Stück weit abstrahieren.
Angenommen wir hätten zb. ein Freikartensystem und damit es niemand "übertreibt" gibt es eine irgendwie geartete Reservehaltungsgesetzgebung, die ausgegebene Freikarten zum EK des herausgebers in Beziehung setzt.
Des weiteren wäre in deinem wunderbaren System auch eine einigermaßen gleichmäßige Verteilung von Vermögen in der Folge eingetreten.
Wie unterscheiden sich hier nun Eigenkapital und Fremdkapital.
Nur weil "in der Praxis" etwas keinen Unterschied macht, weil 1% der Teilnehmer alles besitzt und deshalb die unterschiedlichen Regelungen relativ bedeutungslos geworden sind, heisst das ja nicht, dass sie prinzipiell bedeutungslos wären.

Alternativ (Falls du denkst das im Freikartensystem zuviele Dinge grundlegend anders wären um es vergleichen zu können):
Was wäre, wenn wir die aktuelle Geldordnung hätten, aber noch relativ am Anfang stünden, also die Vermögensverteilung noch relativ homogen gestaltet wäre im Vergleich zu Heute.)
</alex>

 
Das gilt insbesondere für den Finanzsektor, wo die Vernetzung bereits heute auffällig hoch ist.


"This is the first time a ranking of economic actors by global control is presented. Notice that many actors belong to the financial sector (NACE codes starting with 65,66,67) and many of the names are well-known global players. The interest of this ranking is not that it exposes unsuspected powerful players. Instead, it shows that many of the top actors belong to the core. This means that they do not carry out their business in isolation but, on the contrary, they are tied together in an extremely entangled web of control. This finding is extremely important since there was no prior economic theory or empirical evidence regarding whether and how top players are connected."

Das Paper ist mir bekannt.
Es ist hoch relevant für die Praxis, aber es ist irrelevant für grundsätzliche Überlegungen zur Architektur der Geldordnung.
Eine Entwicklung die eine reale Struktur erzeugt wie die, die von dem Paper in Untersuchungen gefunden wurde, ist nur unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich wäre meine These.
Auch ist so eine Struktur nur unter gewissen Rahmenbedingungen schädlich für die Allgemeinheit :-) ...so eine weitere These.
Auf die Grundlegende Frage zwischen dem qualitativen Unterschied von Fremdkapital und Eigenkapital gibt das Paper keine Antwort.

Ein sehr praktischer Unterschied wäre zb., dass durch gegenseitige Kreditvergabe zwischen Banken kein unreserviertes EK erzeugt wird.
Bei Aktientausch aber schon. (Das ist ein ganz pragmatischer Unterschied).
Ein weiterer liegt im Beteiligungsrecht.
Ein weitere liegt im Vorrang von FK vor EK.
Ein weiterer liegt darin, dass sich beim FK die Zukunft nach dem Anspruch richten muss, beim EK der Anspruch nach der Zukunft und das ist der absolut WICHTIGSTE UNTERSCHIED ÜBERHAUPT der eine wirklich hohe Tragweite hat.
</alex>

 

Eine Tatsache des Lebens, die man einfach zur Kenntnis nehmen, um unser heutiges Wirtschafts- und Finanzsystem zu verstehen; im Kern der Kontrolle steht eine übersichtliche Zahl von Unternehmen - überwiegend aus dem Finanzsektor - und die sind sind hoch vernetzt. Es gibt keinen freien Markt, es gibt eine Finanzaristokratie, die den (weltweiten) Laden kontrolliert!


Tut sie nicht, versucht sie blos.
Wer am Ende die "Oberhand" behält ist ja wohl noch lange nicht entschieden. Immerhin leben wir in einer Demokratie, die man als "Farce" bezeichnen kann wenn man will, aber das bleibt nur eine These. Ob sich unsere Demokratie als Farce oder nicht entpuppt, das wird die Zukunft zeigen. In Bezug auf den BPT und die Wahlen 2013 bleibt es meiner Meinung nach spannend. ...also abwarten und Tee trinken und weitermachen solange nichts entschieden ist :-)

 

Das ist keine "Verschwörungstheorie", sondern eine wissenschaftlich nachgewiesene TATSACHE (siehe obige Studie). Unter diesen Umständen liegt man also nicht weit weg von der Wahrheit, wenn man sich den Bankensektor nur noch konsolidiert betrachtet und unterstellt, dass auch dieser am Ende von einer übersichtlichen Zahl von Eigentümern dominiert wird - dann wird vieles klarer.

Ich bestreite auch nicht das es so ist, aber man muss das ganze auch nicht überbewerten.
Diese Struktur determiniert nicht die Zukunft der Menschheit :-) ...
Sich über die Struktur aufzuregen ist meiner Meinung nach sinnlos.
Die Frage ist was sie erzeugt und warum und um das zu verstehen sind so grundlegende Fragestellungen wie der Unterschied zwischen Fremdkapital und Eigenkapital, sehr wichtig.
Die Geldordnung, bzw. die Regeln der Geldschöpfung und Geldvernichtung, der Bewertung, usw... usw... ermöglicht Spielzüge in einem Wirtschaftssystem die von Teilnehmern genutzt werden können.
Diese Regeln erlauben verschiedene "Spielverläufe" und manche "Spielverläufe" sind auch auf Grund der Regeln unwahrscheinlich und manche sogar ausgeschlossen, und andere wiederum hochwahrscheinlich.
Ein verändern der Regeln verändert die prinzipiell mögliche Entwicklung des Systems.
Das ist der Grund, warum man sich damit auseinandersetzen sollte.
Ewig nur auf der konkreten Spielentwicklung herumzureiten und diese mit "1x Regelausnahmen" wie zb. einem Schuldenschnitt zu verändern, nutzt überhaupt nichts.
Das wäre so, als ob ich einen Stein aufhebe und in die Luft werfe. Nach einiger Zeit fällt er aufgrund der physikalischen Regeln sowieso wieder auf den Boden zurück. :-)

Beste Grüße
Alex
</alex>





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