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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Gibt es eine Möglichkeit, dass Geldvermögen und Geldmenge wachsen, wenn es keine Giralgeldschöpfung gibt?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Gibt es eine Möglichkeit, dass Geldvermögen und Geldmenge wachsen, wenn es keine Giralgeldschöpfung gibt?


Chronologisch Thread 
  • From: alex AT twister11.de
  • To: AG-GOuFP <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Gibt es eine Möglichkeit, dass Geldvermögen und Geldmenge wachsen, wenn es keine Giralgeldschöpfung gibt?
  • Date: Fri, 5 Oct 2012 02:43:35 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>



2012/10/4 Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>

Am 04.10.2012 um 17:39 schrieb alex AT twister11.de:

1. Bilanzverlängerung (Neue Forderung auf der Aktivseite, neue Sichteinlage auf der Passivseite)
2. Passivtausch (Sichteinlage verschwindet, Eigenkapital steigt)

Lustigerweise muss jetzt die Bank für den neuen Eigenkapitalhalter eine höhere Rendite erwirtschaften als er ihr für den Kredit bezahlen muss - und je höher der so geschaffene Eigenkapitalanteil ist, desto schwerlicher wird ihr das gelingen.
...
Ich würde gerne wissen, wie du diesen Vorgang Buchungstechnisch abbilden würdest.

Hallo Alex,

Bevor wir wieder eine Endlosdiskussion über Offensichtlichkeiten führen, für dich die Kurzfassung: Wie du weisst, dürfen Geschäftsbanken Aktiva gegen Gutschrift von Sichteinlagen erwerben, und damit ist eigentlich schon alles gesagt.



<alex antwort="1">
Beim Kauf von Aktiva durch die Geschäftsbank entstehen neue Forderungs-Verbindlichkeits-Paare (Nämlich das Giralgeld mit dem die GB kauft).
</alex>
 

"Die Giralgeldschöpfung ist also ein Buchungsvorgang. Alternativ kann die Geschäftsbank dem Kunden einen Vermögenswert abkaufen und den Zahlbetrag gutschreiben. Der Kunde kann den gutgeschriebenen Betrag dann für Überweisungen nutzen oder auch in bar abheben."

Also in seiner einfachsten Ausprägung sieht der Vorgang ganz einfach aus: Bank A emittiert neue Aktien, Bank B kauft sie und schreibt Bank A den Zahlbetrag gut. So einfach ist die Welt. Hinter den neuen Aktien steht kein "echtes" Kapital, sondern nur Fiatgeld.


<alex antwort="2">
Bank A:
Aktiva: +X Aktien Bank B
Passiva +X Sichtguthaben von Bank B (auf Lorokonto)

Bank B:
Aktiva: +X Sichteinlagen bei Bank A (auf Nostrokonto)
Passiva: +X Eigenkapital

FOLGE:
=> Bank A hat ihre absolute Kapazität zur Schöpfung von Sichteinlagen nicht erhöht.
=> Bank B hat ihre absolute Kapazität zur Schöpfung von Sichteinlagen um X/Reservehaltungskoeffizient erhöht.

Soweit ich weiss ist dieser Vorgang verboten.

Das wurde auch mal hier auf der Mailingliste erwähnt.
Es wäre wunderbar, wenn jemand nochmal erwähnen könnte wie es sich nennt, wenn Banken sich gegenseitig ihre Aktien abkaufen und wie das gehandhabt wird. Welche Gesetze verbieten diesen Vorgang, bzw. alternativ, welche stellen sicher, dass dadurch nicht die Reservehaltungsvorschriften ausgehebelt werden können?
</alex>

 
Vielleicht wird der von mir oben dargestellte Zusammenhang deutlicher, wenn ich einen kleinen (unnötigen) Zwischenschritt einfüge:

1. Bilanzverlängerung (Neue Forderung auf der Aktivseite, neue Sichteinlage auf der Passivseite)
2. Bilanzverkürzung (Schuldner lässt sich sein Geld auszahlen, Kasse sinkt auf der Aktivseite, Sichteinlagen sinken auf der Passivseite)
3. Bilanzverlängung (Schuldner kauft mit dem Geld neue Aktien, Kasse steigt auf Aktivseite, Eigenkapital steigt auf Passivseite)

Damit ist bzgl. der Kasse wieder alles beim alten, nur hat die Bank auf der Aktivseite eine neue Forderung und auf der Passivseite mehr Eigenkapital.


<alex antwort="3">
Ja, diese Vorgang ist mir auch schon bewusst geworden. Das ist ein wie ich finde hochinteressanter Vorgang :-)

Beim letzten mal als dieser Vorgang auf der Mailingliste erwähnt wurde, hat irgendjemand gesagt, dass der Vorgang verboten wäre, bzw. kein unreserviertes EK erzeugt. Allerdings war dort nur der direkte Vorgang beschrieben und nicht der indirekte den du jetzt beschreibst und in dem eine Nichtbank zwischengeschaltet ist. Natürlich kann man beliebige Schachtelungen bzw. Verkettungen dazwischen schalten, bevor dann der Vorgang im Endeffekt trotzdem wieder so wirkt wie oben beschrieben.

Den würde ich gerne genauer unter die Lupe nehmen. In wiefern gibt es in der Praxis Regelungen zu dieser Art Vorgang? Weisst du das?
Welche Varianten sind vorstellbar?

Und das wichtigste: Wie sind diese zu interpretieren?

Also, wer ist im schlimmsten Fall hier GESCHÄDIGTER und wer ist SCHÄDIGER und aus welchen Gründen?
Anders gefragt: Gibt es abgesehen von der Möglichkeit auf die Reservehaltung Einfluss zu nehmen, wenn es in der Praxis keine Regeln gibt die das verbieten, noch andere Schädigungspotential?
</alex>
 
Ich hoffe, es ist anhand der beiden Sachverhalte deutlich geworden, dass Eigenkapital auch kein "echtes" Kapital ist, sondern letztlich auch nichts anderes als Fiatgeld (außer jemand bringt Sachvermögen in das Unternehmen ein, aber das ist - grade bei Banken - der absolute Ausnahmefall).


<alex antwort="4">
Moment, es war nicht so gemeint, dass Eigenkapital irgendwie "Echtes Kapital" wäre und "Fremdkapital unecht" wäre.
"ECHT" ist sowieso nur das VERMÖGEN auf der Aktivseite.
Wie "ECHT" das Vermögen tatsächlich ist, dass muss jeder Eigentümer bzw. jeder Aktionär selber beurteilen.

Das Problem ist an einer anderen Stelle.
1. Die Aktien bzw. das Eigenkapital ist KEINE FORDERUNG. Die Gesamtheit der Aktien repräsentiert das Unternehmen im Sinne von Eigentum der Aktionäre.
Das bedeutet, dass Aktionäre darauf angewiesen sind, dass ihr Unternehmen wirtschaftlich arbeitet und zahlende Kunden hat.
Es bedeutet auch, dass die Aktionäre Käufer für ihre Aktien finden müssen, denn die Aktie ist keine Forderung gegen einen Schuldner.

2. Das Fremdkapital hingegen ist eine Forderung und diese hat Vorrang vor den Rechten des Eigenkapitals.
Das bedeutet, dass ein Unternehmen, mit einem Vermögen von sagen wir einmal real 1000 EUR, welches aber über Vorgänge wie die, die du oben beschrieben hast das Eigenkapital und das "Luftvermögen" auf 9000 EUR aufgepumpt hat, durch die Aufnahme von 1000 EUR Fremdkapital im Falle der Insolvenz die 1000 EUR Realkapital abziehen kann und die Eigentümer leer ausgehen.
</alex>
 
Wenn man nun diesen "Trick" verstanden hat, dann versteht man auch, warum der Kampf um die Eigenkapitalquote ein reines Scheingefecht ist.


<alex antwort="5">
Ja, das ist richtig. Das war mir bisher noch nicht bewusst.
Bzw. als ich genau diesen Zusammenhang das letzte mal beschrieben habe hat jemand erwähnt, dass es in der Praxis Regelungen gibt die das verhindern.
Damit hatte ich das Thema dann erstmal ruhen gelassen, aber jetzt würde mich das doch noch mal genauer interessieren.

Die EK Quote ist dann tatsächlich ein reines Scheingeschäft und es kommt dann am Ende also quasi doch nur noch auf die "Mindestreserve" an.
</alex>
 
Nehmen wir ein ganz konkretes Beispiel, bei dem eine Geschäftsbank sein Eigenkapital von 2% auf 10% erhöhen muss (schlimm, schlimm).

Ausgangssituation:
Aktiva: 100
Passiva: EK 2, FK 98

Neue Situation:
Aktiva: 100 + 9 (neue Forderungen, siehe oben)
Passiva: EK 2+9, FK 98

Und das war's! Das Imperium erzittert....


<alex antwort="6">
Ja, und wie gesagt, hier würden mich die Regeln in der Praxis interessieren. Leider habe ich mir nicht gemerkt wer auf der Mailingliste erwähnt hatte, dass es hier Vorschriften gibt, die dieser Art Vorgänge einen Riegel vorschieben.
</alex>


 
Welche Konsequenzen hat das nun für die EK-Geber (stellen wir uns mal der Einfachheit halber vor, es sei nur einer, der sich selbst einem Kredit gegeben hat)?

Die Aktiva (im wesentlichen Forderungen) bringen 5% Zinsen, auf das FK (überwiegend Sichteinlagen) zahlt die Bank im Schnitt 4%. Somit zahlt die Bank ihren Eigenkapitalhalter in der Ausgangssituation also etwa 1 an Dividende. Und hinterher?


<alex antwort="7">
japp.
</alex>
 
In der neuen Situation zahlt die Bank unverändert ca. 4 an die Halter des FK, und kriegt nun 9% mehr für die Aktiva, nun also 5,45 - dies verbessert also das Ergebnis des Eigentümers, aber da er sich den Kredit in Höhe von 9 ja selbst gegeben hat, zahlt er auch 0,45, die er wieder in Abzug bringen muss. Im Ergebnis landet er wieder bei etwa 1 - genau wie vorher! (Obwohl die Eigenkapitalrentabilität von 50% auf 13,2% gesunken ist)


<alex antwort="8">
Sehr interessant - Wie gesagt - ich habe das schonmal andenken wollen, aber habe bisher geglaubt, dass es in der Praxis regeln gibt, die diese Art von Vorgang verbieten

Ich würde diesen Vorgang gerne aber noch etwas genauer auseinandernehmen.
Wenn es überhaupt in der Praxis gestattet wird, dann frage ich mich ob die Geschäftsbank in diesen Fällen nicht auch Kredite zum Nullzins vergeben kann?
Wenn es aber nun eben ein normaler Kredit zu 5% Zinsen sein soll, so muss der Kreditnehmer 45 cent Zinsen zahlen.
Die Zinseinnahmen der Geschäftsbank für die Forderungen werden 5,45 EUR betragen.
Aber .... der "Kreditnehmer" bekommt nur 36 cent für seine 9 Aktienanteile.
Das bedeutet, dass es für den Kreditnehmer ein Verlustgeschäft ist.

Also erstmal Danke dafür dass du dieses Phänomen wieder auf den Tisch gebracht hast.
Mich würde nun sehr interessieren ob es Regelungen in der Praxis gibt die hier einschränkend wirken.
Mich würde auch interessieren, in welcher Konstruktion der Kreditnehmer, für den das ja offensichtlich ein Verlustgeschäft ist, die zu tätigen bereit wäre.
Mich würden vorallem JENE VARIANTEN interessieren, die NICHT ILLEGAL sind. ...was mich auch wieder zu den gesetzlichen Regeln bringt die in der Praxis hierzu gelten.
</alex>


 
Der Kampf um die Eigenkapitalquote ist ein sog. "weißer Elefant", man pumpt etwas, das relativ bedeutungslos ist, zu einem Riesenthema auf und lenkt dabei vom Wesentlichen ab.


<alex antwort="9">
Prinzipiell stimme ich dir nach der obigen Ausführung vollkommen zu.
Trotzdem bedeutet das noch nicht, dass "Eigenkapital" mit "Fremdkapital" gleichgestellt werden kann.
Viel mehr ist das was du beschreibst im Kontext von BASEL-Gesetzen relevant.
Es bedeutet, dass die Reservehaltung auf die Mindestreserve zurückgefahren werden könnte, wenn keine Regeln existieren, die den Vorgang den du beschreibst in all seinen denkbaren Varianten verbieten oder zumindest den Effekt auf die Reservehaltung herausrechnen.
</alex>


 
Solange die Geschäftsbanken über das Geldschöpfungsprivileg verfügen, ist ihnen mit Geld nicht beizukommen - eigentlich eine Offensichtlichkeit.

Man muss sich einfach bewusst machen, dass Banken für die Finanzaristokratie nichts weiter als Werkzeuge sind, mit denen sie die Realwirtschaft anzapft. Der ganze Bilanzierungsquatsch ist nebensächlich - das sind nur Zahlen (aber ich will nicht wieder damit anfangen).


<alex antwort="10">
Du bist immer so ungeduldig finde ich. Ich muss aber zugeben, dass ich in der Vergangenheit auch oft ungeduldig und entsprechend zugespitzt formuliert geschrieben habe. Ich will versuchen das in Zukunft ein wenig zu verändern.

Also genau das was du nun sagst "....Banken für FInanzaristokratie.... ...Realwirtschaft anzapft ... Bilanzierungsquatsch nebensächlich...".
Ist durchaus wichtig, wenn es denn zutrifft. Um das zu zeigen, lohnt es sich durchaus das Werkzeug "Bank" genauer zu untersuchen.
</alex>

 
Das einzige, was hilft, ist der Entzug des Privilegs; entweder, indem nur noch die Zentralbank Geld schöpfen darf, oder eben jeder - dann ist es nämlich auch kein Privileg mehr!


<alex antwort="11">
Ich glaube es gibt Konsens darüber, dass irgendwie 100%Geld oder Vollgeld oder vielleicht sowas wie deine Freikarten, möglicherweise besser wären als das was wir aktuell haben. Es ist aber eine absolute Minderheit an Personen die das so sieht. Selbst unter diesen würden manche sagen, dass weder 100%Geld, noch Vollgeld, noch Freikarten isoliert betrachtet eine Lösung ist. Manche wollen außerdem noch diverse ergänzende Maßnahmen.

Also:
Nicht nur um in der Minderheit mehr Einigung darüber zu erzeugen welche Variante die sinnvollste ist, sondern vorallem AUßERHALB DER MINDERHEIT für mehr Verständnis zu sorgen und aufklärend zu wirken, lohnt es sich, ohne irgendwelchen Bezug auf mögliche Alternativen, einfach nur die Mechanismen und potentiellen Probleme mit dem heutigen Geldsystem scharf herauszuarbeiten.
(Und natürlich mit entsprechenden Quellen zu belegen).

Für dein Argument reicht prinzipiell die Buchführung aus um es herzuleiten. Allerdings wurde mal auf dieser Mailingliste gesagt, dass es in der Praxis regeln gibt, die diesen Vorgang verbieten. Das würde ich gerne vorher klären, da es bei Existenz nämlich mühsig ist über das was du beschrieben hast zu diskutieren.

Gruß
Alex
</alex>


 

 




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