ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
- To: Patrik Pekrul <Patrik.pekrul AT hotmail.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel
- Date: Wed, 27 Jun 2012 16:38:34 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Patrik,
zumindest nach dieser Mail denke ich, dass unsere Einschätzungen sehr
nahe beieinander liegen, wir setzen nur den Schwerpunkt anders. Also:
2012/6/27 Patrik Pekrul <Patrik.pekrul AT hotmail.de>:
> Diejenigen, die eine hohe Sparquote haben, sind genau jene, die "mehr Geld
> haben als sie brauchen". Das bedeutet also, dass sie dieses Geld so oder so
> nicht nachfragewirksam einsetzen - weil sie schlicht materiell gesättigt
> sind. Verdienen sie noch mehr, dann legen sie eben noch mehr zur Seite,
> anderfalls eben ein bisschen weniger - das ändert an der Nachfrage gar
> nichts!
>
> Sie würden sich wahrscheinlich auch nicht zwanghaft irgendeinen Schwachsinn
> kaufen, wenn man die Geldhaltung auf irgendeine Art und Weise sanktionieren
> würde - sie würden sie höchstens in andere Wertanlagen umschichten. Das ist
> zwar immer noch besser als die Geldblase, die aktuell um die Welt wandert,
> aber es erhöht die Produktion und damit die Güterversorgung der allgemeinen
> Bevölkerung um keinen Deut. Es explodieren z.B. die Preise für Kunstwerke -
> was bereits im vollen Gange ist.
>
> Kriegt davon aber irgendwer Arbeit oder ein Zusatzeinkommen (außer dem
> Auktionator)? Nein!
Richtig. Deswegen bin ich ja auch nicht dafür, die Geldhaltung zu
sanktionieren.
> Die Behauptung, dass Sparen (oder Horten) einen Nachfrageausfall bewirkt,
> fusst auf der veralteten Vorstellung eines Geldkreislaufes mit einer
> begrenzten Geldmenge. Staut sich das Geld also auf der einen Seite in den
> Taschen, steht es für die Güternachfrage auf der anderen Seite nicht mehr
> zur Verfügung. Das war zwar ein schönes Bild für das 19. Jahrhundert, wir
> sind aber mittlerweile mindestens drei Schritte weiter.
Das ist wohl der einzige Punkt, an dem wir uns wirklich unterscheiden.
Vielleicht ist es aber auch eine Frage der Betrachtungsweise. Dein
Bild mit dem Wasserrad finde ich jedenfalls abstrus, denn:
> 1) Das Wasser regnet vom Himmel - kommt sozusagen aus dem Nichts - sammelt
> sich in Flüssen und treibt damit ein Wasserrad an. Das Wasserrad steht für
> die Volkswirtschaft, der Regen für das Geld.
Das Geld regnet nicht vom Himmel. Zumindest nicht in der Realwirtschaft.
Wenn du ein Wasserrad in deinem Bild haben willst, dann nimm doch
bitte ein Bild von Escher. Das Wasserrad ist die Realwirtschaft, es
wird von einem Wasserkanal angetrieben, das Wasser sammelt sich unter
dem Rad und fließt dann durch den gleichen Wasserkanal wieder zum Rad.
[1]
Jemand, der spart, zwackt einen Teil des Wassers vom Kanal ab, bevor
es auf das Rad fließt. Jemand, der einen Kredit aufnimmt, führt dem
Kanal neues Wasser hinzu.
Genau in diesem Sinne ist Sparen ein Nachfrageausfall.
[1] http://www.stroems.de/main/Dark/Images/WaterfallLg.jpg
> 2) Bis zu einem gewissen Grad bedeutet mehr Wasser, mehr Leistung - oder
> analog mehr Geld, mehr BIP - dieser Zusammenhang ist empirisch sogar
> nachweisbar.
Richtig. Und wenn lange genug viel Wasser läuft, dann wird auch das
Wasserrad größer, sprich: die Kapazitäten der Wirtschaft vergrößern
sich - und umgekehrt. Das nennt man dann path dependence oder
Hysterese.
> 4) Das Wasser führt nur noch zu Überschwemmungen und muss abgeleitet werden.
> Gibt es aber keinen Fluss, kann es nur noch verdunsten, also zurück in den
> Himmel verschwinden. Haben wir also eine Geldschwemme - und die haben wir in
> Form eines stetig wuchenden Finanzsektors - muss das Geld also auch wieder
> verschwinden, z.B. mittels einer Geldvermögenssteuer und einer
> Finanztransaktionssteuer
Aber genau hier geht dein Bild kaputt. Denn in der Gegend um das
Wasserrad gibt es eben *keine* Geldschwemme. Vielmehr gibt es irgendwo
anders noch ein Reservoir, das immer voller und voller wird.
> Ich denke, dass wir im Moment eine Schwemme haben. Deshalb geht es im Moment
> nicht primär darum noch mehr Wasser auf das Wasserrad zu lenken, sondern das
> überschüssige Wasser von den Feldern zu bekommen.
>
> Für rationale Gegenargumente wäre ich dankbar.
Es gibt eben *keine* Geldschwemme um das Wasserrad herum. Ja, es gibt
diese Schwemme in den Finanzmärkten. Aber die Reaktion der Politik
darauf ist zur Zeit, das Wasserrad noch weiter aus zu trocknen - und
das ist einfach unsinnig.
Schöne Grüße,
Nicolai
>
>
>
> Am 27. Juni 2012 09:27 schrieb Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>:
>>
>> 2012/6/27 Systemfrager <Systemfrager AT yahoo.de>:
>> > AUS DER SCHATZTRUHE DER PIRATEN DILETANTEN:
>> > EIN UNGESCHLIFFENER DIAMANT.
>> >
>> >>>> Angesicht der heutigen Geldschwemme zu unterstellen, dass wir einen
>> >>>> durch Geldknappheit verursachten Nachfrageausfall hätten, ist mehr
>> >>>> als
>> >>>> albern und fern der Realität.
>> >
>> > Wenn man keine Ahnung hat, was Geld ist, und wenn man nicht einmal
>> > versteht,
>> > dass Waren mit Waren gekauft werden - und nicht mit dem Geld - kann man
>> > solche Idiotie schreiben
>>
>> Ich finde die zitierte Aussage auch inkorrekt, aber was du da
>> schreibst ist einfach beleidigend. Das trägt zur Diskussion nichts bei
>> und vergiftet höchstens das Klima. Das wollen wir hier nicht, und das
>> haben wir auch schon einmal ganz explizit diskutiert, also lass diese
>> Art von Tonfall sein.
>>
>> Schöne Grüße,
>> Nicolai
>> --
>> Lerne, wie die Welt wirklich ist,
>> aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
>>
>> --
>> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
>> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
>> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
>
>
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, alex, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Andreas Schneider, 27.06.2012
- [AG-GOuFP] Hitler-Analogie Attac-Aktion gegen Fiskalpakt löst Empörung aus (SPON) - Bravo Attac, Systemfrager, 29.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Patrik Pekrul, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Systemfrager, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Axel Grimm, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Patrik Pekrul, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Axel Grimm, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Patrik Pekrul, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, alex, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Nicolai Haehnle, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Patrik Pekrul, 29.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Nicolai Haehnle, 29.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Systemfrager, 29.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Patrik Pekrul, 29.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Rainer Hotter, 27.06.2012
- Re: [AG-GOuFP] Sparen ist nicht der Teufel, Systemfrager, 25.06.2012
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