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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Was haltet Ihr davon: Die unendliche Geschichte

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Was haltet Ihr davon: Die unendliche Geschichte


Chronologisch Thread 
  • From: Christian.Seiler <christian.seiler AT hotmail.de>
  • To: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Was haltet Ihr davon: Die unendliche Geschichte
  • Date: Wed, 23 May 2012 10:53:18 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Ich fürchte du hast mich ein wenig missverstanden. Ich wollte sagen, dass die Arbeitsungleichgewichte durch eine Arbeitsmobilität ausgeglichen werden. In manchen Teilen Euro-Europas gibt es eine Überproduktion, während in anderen offensichtlich eine hohe Sockelarbeitslosigkeit herrscht die auch (nicht nur!) vom Euro verursacht wird.

Man kann sich dass doch so vorstellen.

1. Es gibt eine gewisse Sockelarbeitslosigkeit durch unsere Sicherungssystem (effektiver Mindestlohn), und Lohnuntergrenzen (z.B. am Bau), Gewerkschaftslöhne (Leontief-Modell) und Effizienzlöhne (meist dargestellt in der Prinzipal Agenten Theorie). Die lässt sich relativ einfach erklären.

2. Es gibt konjunkturelle Schwankungen um diesen Sockel herum. Deren Erwartungswert beträgt jedoch null, die sind also ein Martingale. (RBS Theorie, Schumpeterianische Modelle, Keynes)

3. Deutschland profitiert ungemein vom Euro, dadurch wird unsere Sockelarbeitslosigkeit drastisch gedrückt (Übernachfrage aus dem Ausland dank des gemittelten Wechselkurses).


Auch wäre ich sehr, sehr vorsichtig mit der Sparquote. Ich werde demnächst hier mal ein kleines Paper präsentieren dass das Solow Modell erklärt und dessen Zusammenhang mit der Sparquote.

Ich weiß nicht ob es empirische Untersuchungen zur Sparquote, zum Konsum gibt, aber ich wäre sehr vorsichtig mit der Klassifizierung von relativ hohe Sparquote = Schlecht.

Nach der Theorie der Golden Rule of Economic Growth nach Phelps gibt es eine Sparquote die den Konsum langfristig durch Wirtschaftswachstum maximiert. Weitere ausführungen nehmen aber von dieser Eindeutigkeit großen Abstand, denn wenn man von ienem gegebenen Anfangskapitalstock ausgeht, dann ist es nciht eindeutig ob die Golden Rule wirklich den Nutzen der Beteiligten maximiert. Aber näheres dazu wenn ich fertig bin mit dem Paper.


ICh habe in Folgendem Beitrag erklärt wie die Arbeitslosigkeit durch den Euro entsteht
ch denke man muss auch fragen warum das so ist.

Dert Wechselkurs impliziert eine geometrische Mittelung. Dadurch leidet die Angebotsseite in Griechenland. Sie kämpft in einem festen Wechselkurs gegen das Dumping aus den produktiveren Ländern. Es ist nicht so dass die Arbeitsplätze "wirklich" abgewandert wären. Man muss sich das viel abstrakter vorstellen.

Griechenland führt den Euro ein

--> es gibt einen festen Wechselkurs zu allen anderen Euro Ländern
--> die Währung wird real aufgewertet, da der Wechselkurs nun mit produktiveren Ländern geteilt wird. Dadurch verteuern sich Exporte real und die Importe steigen drastisch.

Weil aber sich nicht die Exporte aufgrund einer gestiegenen Nachfrage geändert haben, vermindert sich die Nachfrage des Auslands mit dem gestiegenen Preis.

Das wäre gar kein Problem, wenn die Preise drastisch nach unten gefallen wären. Das funktioniert so: Die Währung wertet auf (Drachme durch Euro ersetzt), dadurch steigen die Konsummöglichkeiten der Griechen drastisch, sie können sich nun weitaus mehr kaufen (Importieren). Nun müssten sich die Preise und Löhne aber anpassen zum ursprünglichen Gleichgewicht hin. Zunächst müssten die Preise wieder der Nachfrage angeglichen werden. Dadurch dass die Preise fallen müssten die Löhne auch nach unten gehen. Dann wäre der ursprüngliche Zustand wieder erreicht, die Konsummöglichkeitenmenge hätte sich nicht verändert.

Aber: Die Preise sind nciht signifikant nach unten gegangen, die Löhne auch nicht. DAs widerstrebt natürlich auch den Interessen jedes davon betroffenen Bürgers, denn warum soll er seine durch den Euro hinzugewonnenen Konsummöglkichkeiten einschränken? Die Regierung hat da auch nichts von, weil die Bürger sie wählen, und das größte Gift für die schönen Opportunisten ist doch dass die Löhne fallen.

Was passiert also mit der Industrie? Nun die kann natürlich nicht mehr mithalten. Erstens wird die Nachfrage aus dem Ausland (im Sinne von außerhalb des Euroraumes) torpediert. Denn plötzlich sind die produktiveren Länder relativ billiger als zuvor, während Griechenland relativ teurer ist (beides relativ zum Zustand von zuvor), die Nachfrage nach Gütern aus produktiveren Ländern steigt, die Nachfrage nach Gütern aus Griechenland sinkt.
Was passiert innerhalb des Währungsraumes. Hier haben wir einen festen Wechselkurs. theoretisch müssten die vorherigen Wechselkursunterschiede durch einen drastischen Preisverfall in Griechenland ausgeglichen werden, denn nun muss man ja plötzlich weitaus mehr zahlen für die griechischen Güter als zuvor. Auch hier bricht die NAchfrage zusammen. Hingegen wird es für die Griechen selbst weitaus günstiger sich Produkte aus den produktiveren Ländern des Euro Raumes zu kaufen. Hier steigt die Nachfrage.

Nun haben wir ein Problem, die Industrie in Griechenland schrumpft. Es entsteht eine Arbeitslosigkeit. In den USA würde dies durch Arbeitsmobilität ausgeglichen werden. Man schaue nur nach Michigan. Die Leute ziehen in eine andere Stadt. Auch in Europa passiert das zum Teil schon, aber wegen Sprach und Kulturunterschieden in einem weitaus geringeren Ausmaß. Z.B. Berlin wird zur Zeit geflutet von jungen Menschen aus den unproduktiveren Euro-Ländern, was an sich eine schöne Sache ist für Berlin. Bloß das Problem ist, die Menschen die eben nicht die Möglichkeit haben nach Amsterdam oder Berlin oder Talinn auszuwandern sind stark von der entstandenen Arbeitslosigkeit betroffen, während wir unter einer Überproduktion leiden. Ba-Wü und BAyern sind nahe an der Vollbeschäftigung.

Ein weiteres Gift für die opportunistischen Politiker ist Arbeitslosigkeit. Wie beseitigt man die? Nun da liefert die Ökonomie eindeutige Rezepte. Man erhöht einfach die Staatsausgaben (Schuldenfinanziert). Das hat natürlich unglaublich negative externe Effekte - die Administration erlahmt, private Initiative fällt dem "crowding-out" zum Opfer.

Ich denke das wäre erstmal ein solides Denkgerüst für die Fehlfunktionsweise des Euros.

Am 23.05.2012 10:32, schrieb Nicolai Haehnle:
Hallo Christian,

2012/5/23 Christian.Seiler <christian.seiler AT hotmail.de>:
Das  Arbeitslosigkeit durch den Euro "entsteht" habe ich ja in einem
weiteren Beitrag geschrieben. Das ist jetzt aber nicht so wirklich die
Schuld der Exporte an sich, sondern die Euro Konzeption. In den USA
beispielsweise wird der Schwund an Arbeitsplätzen durch die Mobilität der
Arbeitnehmer kompensiert. Die Leute ziehen weg aus Michigan und Ohio und
ziehen nach Texas oder Kalifornien.
Äh, nein. Durch die Mobilität entstehen keine neuen Arbeitsplätze, sie
werden nur anders verteilt. Dadurch gibt es in den USA nicht dieses
krasse Differenzial wie in Europa, wo in manchen Ländern die
Arbeitslosigkeit viermal so hoch ist wie in anderen. Und es hat
natürlich enorme soziale Vorteile, wenn die Arbeitslosigkeit
einigermaßen gleich verteilt ist.

Aber die durchschnittliche Arbeitslosenquote, über alle Länder
gemittelt, ändert sich durch die Mobilität nicht.


Ich finde es auch viel zu einfach zu sagen, dass höhere Löhne einfach mehr
Wohlstand bedeuten. Die Frage ist doch wer die höheren Löhne hat. Ein
Lohnniveau existiert ja nicht völlig grundlos. Wenn wir höhere Löhne per
Staatssteuerung durchsetzen welchen Trade-off gehen wir dann ein?
Ich hoffe, dir ist klar, dass die niedrigen Löhne in Deutschland auch
ein Resultat der Staatssteuerung waren. Welchen Trade-off sind wir
denn dadurch eingegangen?

Und worüber hier die ganze Zeit reden ist, mehr Einkommen bei
denjenigen zu favorisieren, die eine niedrigere Sparquote haben. Das
ist doch ganz logisch.


Arbeitslosigkeit ist in der langen Frist, und über die reden wir gerade,
kein Phänomen der Nachfrage. Warum ist das so? Überlege dir doch mal, dass
in allen Gesellschaften mit Arbeitsteilung, es unabhängig konjunktureller
Schwankungen Arbeitstätige gibt obgleich die Nachfrage ganz unterschiedlich
ausfällt.
Die Anzahl der Arbeitstätigen schwankt doch relativ konsistent mit der
Konjunktur. Natürlich gibt es da zeitliche Verzögerungen, aber genau
das beobachtet man: in der Rezession werden die Leute entlassen, im
Aufschwung werden mehr Leute eingestellt.

Schöne Grüße,
Nicolai




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